Sonstiges Kleine Ängste in Cthulhu

Silberstein

Sethskind
Registriert
29. April 2008
Beiträge
151
Was haltet ihr davon, den Horror in einem Abenteuer auf die Spieler maßzuschneidern?

Man könnte z.B. eine Thunfischpizza bestellen, um festzustellen, welche Spieler Fisch ekelig finden. Wenn sich da jemand besonders laut beschwert, kann man in einer Szene mit Deepones den fischigen Geruch besonders genau beschreiben, weil man weiß, dass man bei dem entsprechenden Spieler so einen Ekel hervorrufen kann. Angst vor Spinnen und Insekten oder Höhenangst sind auch relativ verbreitet. Irgendwie hat ja jeder irgend einen psychischen Knacks, den man ausnutzen könnte.

Darf der SL Spielleiterwissen über die Spieler dazu verwenden, um entsprechende Maßnahmen in der Spielwelt vorzunehmen? Spieler- und Charakterwissen sollten ja schließlich auch getrennt sein?

Es ist klar das man die Sache nicht zu weit treiben darf. Der Spielleiter ist ja in der Regel kein augebildeter Psychologe...
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Irgendwie hat ja jeder irgend einen psychischen Knacks, den man ausnutzen könnte.

Eine interessante herangehensweise, die sicher schon den einen oder anderen Kieferbruch zur Folge hatte. Du willst nicht wirklich die psychologischen wunden Punkte der Leute am Tisch ausnutzen, glaub mir. Im günstigsten Falle nehmen sie dir das übel. Im ungünstigsten Falle hast du diese Leute dann entweder gesehen (wenn sie zivilisiert sind), oder es passieren wirklich eklige Dinge.

Trennen wir bitte sauber (besser: so sauber wie möglich) Spieler von Charakter. Spielercharakter A hat keine Punkte dafür bekommen, das Spieler A Angst vor rosa Flanellpyjamas* hat, ergo hat Spielercharakter A auch keine Angst vor rosa Flanellpyjamas. Spieler A ist dabei, weil er so man für ein paar Stunden aus seiner Haut kann. Und da wir spielen um SPASS zu haben, werde ich den Teufel tun und Spieler A oder Spielercharakter A mit rosa Flanellpyjamas behelligen.

*=Setzen sie hier bitte den Knacks ihrer Wahl ein. Der Küchenchef empfieht "nicht verarbeitetes Kindheitstrauma". Da das böse Spiel mit K bereits genannt wurde überlasse ich alles weitere dem Leser.

Schön daran denken: Wir treffen uns auf freiwilliger Basis um Spass zu haben.
Von einem Hobbyneurotiker auf meine nicht unbeträchtlichen psychischen Störungen gestossen zu werden macht keinen Spass, ergo erledigt sich das mit dem "treffen auf freiwilliger Basis" dann auch gleich. Wenn ich gequält werden will, bestelle ich mir 'ne Domina, die ist wenigstens Diskret und führt mich nicht vor meinen Bekannten vor.

-Silver
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Das mit dem Knacks ist vielleicht etwas hart formuliert. Der Spass am Spiel darf auf keinen Fall auf der Strecke bleiben. Es geht ja nicht darum, die "nicht verarbeiteten Kindheitstraumata" der Spieler zu therapieren oder den Spinnenphobiker in sadistischer Weise ständig mit Spinnen zu konfrontieren...

HPL verwendet in seinen Geschichten ja auch verschiedene psychologische Tricks (u.a. adressiert er die Urängste und Hoffnungen, die alle Menschen in sich tragen) um diese besondere Gruselstimmung zu erzeugen. Im Rollenspiel funktioniert das ähnlich: Neben der Breitbandgruselberieselung kommt irgendwann jeder Spieler in den Genuss, mit seinem persönlichen Horror konfrontiert zu werden. Der Spinnenphobiker mit Raumangst wird irgendwann mit seinem Charakter in einem engen Tunnel, der vollgestopft mit kleinen weißen Spinnen ist, landen.

Die Idee ist, solche Szenen nicht willkürlich zu streuen, sondern gezielt zu platzieren - oder zumindest zu wissen, was man mit einer bestimmten Szene bei den Spielern für Effekte hervorruft. Wenn man den rosa Flanellpyjama bringt und alle lachen, ist die Horrorstimmung dahin....

Es ist mir klar, dass das eine Gradwanderung zwichen gut gemeintem athmosphärischen Stilmittel und perversen Psychospielchen ist!

Wie wichtig ist den für Dich/Euch der Horroraspekt von Cthulhu? Sollen Cthulhuabenteuer so gruselig sein, dass man Nachts Angst hat, alleine nach Hause zu gehen? Oder steht das Charakterspiel und die Erforschung des Mythos im Vordergrund und der Horror ist nur Nebensache?
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Es ist mir klar, dass das eine Gradwanderung zwichen gut gemeintem athmosphärischen Stilmittel und perversen Psychospielchen ist!

Ich weiß nicht, ob zwischen diesen beiden Extremen eine Gratwanderung möglich ist?!
Stilmittel sind allgemeingültig und nicht auf (wie ein Psychospiel) da, um Spieler zu quälen, weil sie ein Problem mit kleinen achtbeinigen Wesen haben. Und selbst wenn ich auf letztere zurückgreife ist es immer noch ein Unterschied, ob ich darüber rede oder diese wirklich loslasse...

Schlechtes Beispiel:
Das Abenteuer Paul Wegener handelt z. B. von einem Pädophilen. Jetzt stell dir bitte vor, du hast jemanden in der Gruppe, der Erfahrungen/ Erlebnisse aus diesem Bereich hat.
Fördert das irgendwas während des Spiels?!

Problem unverarbeiteter Traumata ist da mindestens das sich solche Sachen nicht auf einer kognitiven Ebene oder bewusst emotionalen abhandeln lassen, sondern die Reaktion sich unbewusst wenn nicht gar unterbewusst zeigen.
Und dann bist du ganz schnell auf der Ebene Psychospielchen (und diese gehören für mich nicht ins Rollenspiel!!)...


Wie wichtig ist den für Dich/Euch der Horroraspekt von Cthulhu? Sollen Cthulhuabenteuer so gruselig sein, dass man Nachts Angst hat, alleine nach Hause zu gehen? Oder steht das Charakterspiel und die Erforschung des Mythos im Vordergrund und der Horror ist nur Nebensache?

Diese Frage hat nichts mit den oben genannten Psychospielchen zu tun...
Der Horror bei Cthulhu hat für mich damit zu tun, dass es gruselige Situationen gibt (und wie ich eine gruselige Athmosphäre schaffe wird schon in einem anderen Thread diskutiert), aber mir geht es als SL nicht darum, den Spielern das Fürchten zu lehren.
Ich brauche auch nicht nachts auf einen Friedhof zu gehen, um Cthulhu zu spielen...
Wenn ich es als SL nicht hinbekomme mit Worten und der Sprache eine gruselige Stimmung zu erzeugen, dann helfen auch effekthaschende (vielleicht gut gemeinte) Stilmittel wenig.
Kerzenlicht und entsprechende Musik haben auch einen gewissen Vorteil zur Erzeugung einer entsprechenden Stimmung, aber mit Kunstblut rumspritzen oder ähnlich abgefahrene Sachen wirken in meinen Augen mindestens genauso lächerlich wie der oben genannte rosa Pyjama.
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

starwarschefJetzt stell dir bitte vor, du hast jemanden in der Gruppe, der Erfahrungen/ Erlebnisse aus diesem Bereich hat. Fördert das irgendwas während des Spiels?!

Bloß eine kleine generalisierte Feststellung: Der SL weiß doch oft gar nicht von den diversen Traumata seiner Mitspieler. Also kann er auch ganz unbewusst in dieses Fettnäpfchen treten...

Dennoch halte ich die Idee gezielt Schwächen der Spieler gegen sie einzusetzen für ganz eindeutig zu viel (des Schlechten)!! Der Horror den mein Charakter erlebt muss nicht im geringsten mit meinen eigenen Ängsten zusammenhängen. Horror entsteht dann, wenn es dem Spielleiter gelingt etwas atmosphärisch zu beschreiben, dieses dann eventuell (!) noch mit einer gewissen Grundstimmung (flackernde Kerzen, reales Gewitter, düstere Beleuchtung, stimmungsvolle Musik...) unterlegt ist, vor allem aber muss der Spieler bereit sein sich auf seinen Charakter einzulassen! Wenn der Spieler das nicht tut, dann kann ich wahrscheinlich sogar jemandem dem vor Fisch graust noch so oft von Fisch erzählen, er wird sich trotzdem nicht fürchten.

Übrigens: Wenn jemand wirklich eine Phobie vor etwas hat, nicht nur ein leichtes Unwohlsein oder einen kleinen Ekel, sondern eine echte, ausgewachsene Phobie (!), dann solltest du den Teufel tun und darauf rumreiten...
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Bloß eine kleine generalisierte Feststellung: Der SL weiß doch oft gar nicht von den diversen Traumata seiner Mitspieler. Also kann er auch ganz unbewusst in dieses Fettnäpfchen treten...

Richtig. Selbst bei CoC Kaufabenteuern sind Szenen eingebaut, die gezielt Phobien oder traumatische Erfahrungen der Spieler adressieren. Da kriecht z.B. ein fetter Käfer aus dem hohlen Auge eines Totenschädels, sobald ein Charakter ihn genauer untersucht. Da kratzen irgendwelche Mythoswesen an der Fensterbank. Wenn ein Spieler ein solches Problem hat, dann wird eine Nebenszene plötzlich horrormäßiger als eine Begegnung mit Cthulhu...
Gerade durch entsprechendes Ambiete und Beschreibungen, kann man bei Spielern (mit solchen Szenen) regelrecht Panik hervorrufen, ohne es zu wollen. Da ich keine Lust habe, einen Spielabend wegen soetwas abzubrechen, würde ich mir vorher überlegen, was ich in die Abenteuer einbaue.

Das mit dem Fisch ist ein gutes Beispiel. Ein Spieler der Fisch nicht riechen kann, fürchtet sich nicht vor Fisch. Ein fischiger Geruch könnte aber einen Ekel hervorrufen (wenn man ihn gut Beschreiben kann). Eine Szene, mit der man bei einem Spieler regelrecht Paranoia hervorrufen könnte, sollte man lieber mit einem anderen Spieler ausspielen. Es wird heftig genug sein, wenn er es beobachtet...

Mit Spielern, die wirklich ausgewachsene psychische Probleme haben, würde ich nicht Cthulhu spielen! Und die angesprochenen Kindheitstraumata würde ich noch nichteinmal bringen, wenn sie durch ein Kaufabenteuer angesprochen werden.
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Richtig. Selbst bei CoC Kaufabenteuern sind Szenen eingebaut, die gezielt Phobien oder traumatische Erfahrungen der Spieler adressieren.

Gezielt wäre dies nur, wenn der Autor des Abenteuers deine Spieler kennen würde...


Da kriecht z.B. ein fetter Käfer aus dem hohlen Auge eines Totenschädels, sobald ein Charakter ihn genauer untersucht. Da kratzen irgendwelche Mythoswesen an der Fensterbank. Wenn ein Spieler ein solches Problem hat, dann wird eine Nebenszene plötzlich horrormäßiger als eine Begegnung mit Cthulhu...

Verwechsle bitte nicht Horror mit Panik, Furcht oder Angst...


Gerade durch entsprechendes Ambiete und Beschreibungen, kann man bei Spielern (mit solchen Szenen) regelrecht Panik hervorrufen, ohne es zu wollen. Da ich keine Lust habe, einen Spielabend wegen soetwas abzubrechen, würde ich mir vorher überlegen, was ich in die Abenteuer einbaue.

Als SL solltest du deine Spieler einigermaßen kennen...
Und die Panik wird an der Stelle nicht durch Ambiente und Beschreibung hervorgerufen, sondern durch das Thema
(deswegen suche ich mir gerade für die deutschen Cthulhu Now Abenteuer Kati S. und Paul Wegener meine Gruppe schon aus)

Das mit dem Fisch ist ein gutes Beispiel. Ein Spieler der Fisch nicht riechen kann, fürchtet sich nicht vor Fisch. Ein fischiger Geruch könnte aber einen Ekel hervorrufen (wenn man ihn gut Beschreiben kann). Eine Szene, mit der man bei einem Spieler regelrecht Paranoia hervorrufen könnte, sollte man lieber mit einem anderen Spieler ausspielen. Es wird heftig genug sein, wenn er es beobachtet...

Was willst du uns damit sagen???
Fragst du nun nach Möglichkeiten deinen Spieler richtiges Grauen einzujagen oder beschwerst du dich darüber, dass bei Cthulhu unerwünscht ureigene Ängste der Spieler angesprochen werden...
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Silberstein: Mit Spielern, die wirklich ausgewachsene psychische Probleme haben, würde ich nicht Cthulhu spielen!

Was ich postuliere ist aber gerade, dass man eben oftmals nicht weiß, welche verborgenen Traumata in manchen Leuten aus der näheren Umgebung "schlummern". Ich erinnere mich dabei auch an das "Vergewaltigungsthema" in der AC-Diskussion, in der manche Leute berichteten, sie hätten reichlich spät erst erfahren, wie viele Leute in ihrem Bekanntenkreis mittelbar oder unmittelbar bereits mit solchen Grausamkeiten zu tun gehabt hätten.

Was dein Post aber noch impliziert ist es durchaus wert, nochmal explizit festgestellt zu werden: Wir sprechen hier von Cthulhu! (Und nicht von Plüsch, Power und Plunder) Natürlich rechtfertigt das nicht, auf den Gefühlen anderer Leute herumzutrampeln, aber "Verdammt! Wir spielen ein HORROR-Spiel"

Und die angesprochenen Kindheitstraumata würde ich noch nichteinmal bringen, wenn sie durch ein Kaufabenteuer angesprochen werden.

Aber genau das wolltest du doch?!

Irgendwie hat ja jeder irgend einen psychischen Knacks, den man ausnutzen könnte.

Natürlich habe ich deinen Hinweis nicht überlesen, dass du nicht zu weit gehen willst, aber letztlich...

Starwarschef: Fragst du nun nach Möglichkeiten deinen Spieler richtiges Grauen einzujagen oder beschwerst du dich darüber, dass bei Cthulhu unerwünscht ureigene Ängste der Spieler angesprochen werden...
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Starwarschef: Fragst du nun nach Möglichkeiten deinen Spieler richtiges Grauen einzujagen oder beschwerst du dich darüber, dass bei Cthulhu unerwünscht ureigene Ängste der Spieler angesprochen werden...

Ich spiele Cthulhu, weil ich Gruselgeschichten mag. Es ist eventuell etwas masochistisch, aber ich finde gerade das Gänsehautfeeling, das man in einer gut gemachten Szene vermittelt bekommt, besonders reizvoll. Mir ist aufgefallen, dass die Spieler ganz unterschiedlich auf bestimmte Schilderungen reagieren. Salopp geagt: Es kann sein, dass für den einen Spieler eine bestimmte Szene besonders gruselig ist, während der andere gähnend daneben sitzt. Ich habe mir Gedanken gemacht, warum das so ist, und was man beim Aufbau von Szenen besser machen kann.

Wenn man eine epische Szene in einem Fantasy Rollenspiel athmosphärisch schildert, ist die Wahrnehmung bei den Spielern relativ ähnlich. Z.b. eine Szene in der sich ein Drachen in der Morgenröte über einer weiten Ebene zum Horizont erhebt: Zwar mag der Drache und die Landschaft in der Fantasie der Spieler unterschiedlich aussehen, dass vermittelte Gefühl der erhabenheit ist aber ähnlich.

Bei einem Horrorrollenspiel ist das anders. Zwar kann man eine gruselige Grundstimmung allein mit der Hintergrundmusik/Kerzen/etc. schaffen, allerdings kommt die Schilderung eines Schoggothen ziemlich unterschiedlich rüber (von Furcht & Ekel bis lächerlich).

Eine Anpassung des Horrors auf einzelne Spieler ist, so betrachtet, relativ naheliegend. Ich habe bissher zwei Methoden ausprobiert (natürlich nach absprache mit den Spielern): Einmal Ungleichbehandlung der Charaktere, was bei manchen Spielern schlecht ankommt (Warum hat mein Charakter mehr ab bekommen als die anderen? Das ist SL-Willkür!) und eben der Versuch, die Beschreibungen von Szenen auf die Wahrnehmung der Spieler anzupassen (was eigentlich ganz gut geklappt hat).
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Bei einem Horrorrollenspiel ist das anders. Zwar kann man eine gruselige Grundstimmung allein mit der Hintergrundmusik/Kerzen/etc. schaffen, allerdings kommt die Schilderung eines Schoggothen ziemlich unterschiedlich rüber (von Furcht & Ekel bis lächerlich).

Das ist schon klar...

Eine Anpassung des Horrors auf einzelne Spieler ist, so betrachtet, relativ naheliegend. Ich habe bissher zwei Methoden ausprobiert (natürlich nach absprache mit den Spielern): Einmal Ungleichbehandlung der Charaktere, was bei manchen Spielern schlecht ankommt (Warum hat mein Charakter mehr ab bekommen als die anderen? Das ist SL-Willkür!) und eben der Versuch, die Beschreibungen von Szenen auf die Wahrnehmung der Spieler anzupassen (was eigentlich ganz gut geklappt hat).

Was bedeutet diese "Ungleichbehandlung" genau???
Die zweite Alternative bedeutet nicht unbeingt das, was du am Anfangbeschrieben hast?!
Und was meinst du mit "Beschreibungen von Szenen auf die Wahrnehmung der Spieler anzupassen"?
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Ich habe grad wenig Zeit, desswegen zuerst das Beispiel zur Ungleichbehandlung:

Ein Oneshot (Das unglaublich einsam gelegene Haus im Wald)
Drei Spieler, die sich spontan zusammengefunden haben (ich kenne z.B. keine Phobien/Ängste)
Meine Einschätzung der Spieler:
Der erste ist sehr emotional und impulsiv, er spielt einen Priester
Der zweite ist eher rational, kann ihn sonst schlecht einschätzen, er spielt einen Arzt
Der dritte ist eher introvertiert, angebrüht, relativ erfahrener Rollenspieler (auf viel älter als die anderen), er spielt einen Gangster

Meistens ist es so, dass sich das emotionale Verhalten der Spieler auf ihre Charaktere überträgt - auch bei guten Rollenspielern. Das nutze ich für das Abenteuer aus.

Nach etwa zwei-drei Stunden "nicht cthuloidem Rollenspiel" erreichen die Charaktere das Haus. Der Priester hat gleich die ersten GS-Proben nicht geschafft (Unfallopfer und Kind) und macht sich ziemlich heftige Vorwürfe (er war der schließlich der Fahrer). Der Arzt kümmert sich um den schwer Verletzten, der Gangster macht den Kamin an und der Priester untersucht den Rest des Hauses. Der Geist des letzten Sommers ist ja nicht dumm und erkennt, dass der Priester sehr labil ist und das man mit ihn relativ einfach in den Wanhsinn treiben kann...

Immer wieder trennt sich die Gruppe und während der Gangster (zunächst) völlig unbehelligt bleibt erleben die anderen beiden das volle Programm.

Zwei Szenen:
1. Der Priester findet die Falltür zum Keller. Die anderen sind nicht überzeugt das dort unten etwas zu finden ist, also geht er alleine hinunter. Unten fällt ihn die Zombiefrau an, die er mit seiner Auto & Burglar niederstreckt. (Natürlich GS-Verlust, aber Ideenwurf verpatzt). Die anderen kommen in den Keller, weil sie die zwei Schüsse gehört haben und sehen die Frau am Boden liegen. Der Arzt stellt den Tod fest (der Kopf ist über die Wand verteilt) und der Gangster lässt den Spruch ab (sinngemäß): "Erst überfährst Du den Mann auf der Straße und jetzt erledigst Du auch noch seine Frau. Kranker Bastard." - und kassiert seine Waffe ein.

2. Der Gangster bereitet einen sizilianischen Hasenbraten in der Küche zu, während die anderen im Zimmer nebenan den Horror mit der Wanduhr durchmachen. Natürlich haben sie keine Beweise und der Gangster hält sie für vollkommen durchgedreht: "Was für Drogen habt ihr genommen?". Die Szene, wie sie danach alle am Tisch sitzen, sich unterhalten und den Hasenbraten essen, ist eine der coolsten, die ich je geleitet habe. Die Charaktere haben sich eine ganze Weile unterhalten und haben ihre psychischen Trauma und Erlebnisse im Haus perfekt ausgespielt... Danach ist in den Hasenbraten a la siziliana plötzlich unheiliges Leben eingefahren...

Die Einschätzung, dass der erfahrene Rollenspieler nicht so einfach aus der Reserve zu locken ist, war richtig. Den emotionale Priester konnte man sehr gut in den Wahnsinn treiben. Diese Ungleichbehandlug hat das Spiel rollenspielerisch enorm bereichert. Nur der Spieler des Arztes fand es ein bisschen unfair, dass manche Charaktere viel mehr abbekommen haben als andere (wobei der Priester ohne Zähne im Sanatorium gelandet ist :D ).

Fairerweise muss man sagen: Ich habe sie ja nicht gezwungen sich zu trennen. Wenn sie zusammengeblieben wären, hätten sie natürlich alle das Gleiche durchgemacht!
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Das war genau meine Frage...
Ich finde das keine Ungleichbehandlung! Der Priester wollte alleine in den Keller gehen, nicht weil du ihm nahe gelegt hast, dies zu tun (klar, das er dann "mehr abbekommt"). Auch dass der Sizilianer liber den Hasen brät, als sich die Wanduhr anzuschauen, ist keine Ungleichbehandlung, der Spieler findet das für seinen Char passender als sich das Haus anzuschauen...

Und das Ausnutzen des emotional Verhaltens der Spieler ist ein uralter SL-Kniff ;)

Wie gesagt, ich empfinde das nicht als unfair...
Wenn der Priester halt die Flöte spielen muss, kann es ja schon sein, dass er die Zähne verliert (auch wenn das etwas unerwartet kommt ;) ).

Das Ungleiche dabei ist denke ich eher die unterschiedliche Spielerfahrung der Mitspieler...
erfahrene Cthultisten lassen sich manchmal schwer aus der Reserve locken, da sie wissen was ihrem Char blüht.
So hatte ich gestern Abend z. B. Probleme meine Gruppe zu einem gemütlichen gang über einen Jahrmarkt zu motivieren, nachdem sie dem Gaukler von Jusa begegnet waren...
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Ist eventuell etwas schwer zu beschreiben. Das Spieler, die unbedingt in ein finsteres Loch klettern müssen, selbst Schuld sind wenn sie drauf gehen, ist klar. Ich habe nur von Anfang an damit gerechnet, dass sie sich unterschiedlich Verhalten werden und das Ganze sogar begünstigt (z.B. durch Suggestion oder gezielte Hinweise).

Sowohl der Priester mit seiner Paranoia als auch der Gangster mit seiner abgebrühten Coolness haben sich genau so verhalten, wie ich es mir Vorher gedacht habe. So konnte ich die Szenen praktisch genau auf das erwartete Verhalten angepassen. Das Ganze wird dann sehr schnell zu einem Selbstläufer (der SL muss nur noch kleine Anmerkungen machen und die Umgebung beschreiben, während die Spieler alles andere unter sich aus machen).

Was der Spieler mit unfair meinte war, dass ich ja auch den Gangster in der Küche mit Zombies etc. hätte behelligen können. Das habe ich aber nicht gemacht, weil ich einfach die Konfrontation von einem wahnsinnig gewordenen Priester, einem rational denkenden Arzt als mittler und dem ungläubigen Gangster haben wollte.

Heute Abend schreibe ich über die erfahrungen mit Psychotricks :cool:
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Aber das man die Geschichte auf die jeweiligen Chars anpasst ist doch eigentlich normal. Ansonsten hab ich eine Jungfrau zu retten, die dann alle links liegen lassen, weil sie lieber im nächsten Dorf randalieren (um es mal überspitzt auszudrücken)
Allerdings kann ich da auch nachvollziehen, wenn ein Spieler denk, er würde im Spiel irgendwie nicht richtig eingebunden, weil die vom Abenteuer gerade vorgegebene Szene praktischer mit anderen Chars zu machen ist. Da zeichnet es sich dann aus, wenn man jedem mal was hinwirft und vor allem für jeden auch was hat (oder Spieler hat denne dasegal sind, die soweiso lieber zusehen - gibts tatsächlich)
 
AW: Kleine Ängste in Cthulhu

Ich denke Mal, dass alle Spieler die ganze Zeit über gut beschäftigt waren ;) Gerade der Arzt musste viel flicken und hatte auch einige der Rätsel gelöst. Da er normalerweise Fantasy-RPG spielt, war er es wahrscheinlich nicht gewohnt, dass sein Charakter nach dem Spielabend nicht stärker und reicher war und es keine Gruppenkasse gab... :nixwissen:

Spass hat es - soweit ich das beurteilen kann - allen gemacht.
 
Zurück
Oben Unten