Und eine eigene Note und Kreativität sind nicht möglich, wenn Bilder benutzt werden?
Habe ich das gesagt?
Mir ist ein gut gewähltes Bild ja allemal lieber als eine schlechte Zeichnung oder, noch schlimmer, eine lange Beschreibung.
Zumal doch die absolute Mehrheit (ich nehme an, irgendwas im Bereich von 100%) deutlich von Figuren aus Film und Literatur inspiriert sind. In verschiedenen Ausmaßen. Normalerweise wird dann etwas gemischt oder abgeändert, damit es nicht ganz so schrecklich auffällt. Mir erscheint nicht logisch, ausgerechnet das Äußere eines Charakters da ausnehmen zu wollen.
Wer jetzt ausgrechnet Jack Sparrow spielen will, hat meines Erachtens ein ganz anderes Problem.
Aber warum man jetzt kein Bild von Luca Brasi nehmen darf, wenn man einen Giovanni spielt, erschließt sich mir nicht.
Und den Schritt, jemandem, der seinen alternden Cowboy in nem Bild von Sam Eliott wiederfindet, "mangelnde Kreativität" zu unterstellen, finde ich auch... vermessen.
Du findest das also vermessen. Interessant. Ich habe mir meine Aussage nochmal durchgelesen und für mich liest sie sich nicht wie eine Proklamation, eher wie eine harmlose Meinungsäußerung. Wäre jetzt nicht so, als führte ich einen Kreuzzug gegen Charakterbilder aus Film und Fernsehen.
Gut gewählte Bilder sind mir auch lieber, allerdings empfinde
ich es nicht "als gut gewählt" das letzte Klischee aus der Grabbelkiste auszukramen, weil man findet, dass der Prinz von New York aussehen sollte wie Shia LaBeouf.
Es mag vorkommen, dass man gewisse Stereotypen vor Augen hat und gewisse Typen, die auch in Filmen und Büchern verarbeitet werden, finden sich sicher auch in den meisten Charakterkonzepten - trotzdem empfinde ich die Verwendung von typischen Schauspielerbildern uninspiriert. Es hat allerdings auch immer mit dem Setting und der Epoche zu tun. Wenn ich einen ägyptischen Hohepriester um 2000 v. Chr. spielte und dann ein Bild von Johnny Depp nehme, ist das in meinen Augen unpassend (es sei denn es findet sich möglicherweise ein Bild, wo er gerade zufällig aussieht, wie ein ägyptischer Hohepriester...).
Kurz gesagt: Luca Brasi mal als Charakterbild für einen Giovanni verwenden? Okay. Muss jeder Giovanni aussehen wie der Klischee-Mobster? Bitte nicht.
Ich lehne mich jetzt mal etwas aus dem Fenster und sage: Jeder SL arbeitet mit Bildern (im übertragenen Sinne und oft im auch im wörtlichen) aus Filmen, Serien, Comics oder Büchern.
Warum sollten das die Spieler (im wörtlichen Sinne) nicht auch können bzw. dürfen?
Das ist tatsächlich weit aus dem Fenster gelehnt. Im Gegensatz zu dir und RockyRacoon habe ich übrigens noch keine pauschalisierenden Aussagen getroffen. Überlegt euch mal, warum euch meine Aussage aufstößt und ob ihr nicht vielleicht diejenigen seid, die etwas zu dogmatisch an die Sache rangehen. Dem steht eine bloße Meinungsäußerung meinerseits gegenüber.
Weder habe ich nämlich geschrieben, dass Schauspielerbilder immer uninspiriert und unkreativ sind, noch, dass ich es irgendjemandem verbieten würde - von dürfen kann also schonmal garkeine Rede sein.
Ich persönlich benutze auch als SL nicht gerne Bilder aus Film, Fernsehen, Comics und Büchern. Das heißt im Gegenteil (für die Schwarzweißdenker "wenn A nicht ist, muss B" betone ichs nochmal...) nicht, dass ich krampfhaft versuche "originell" zu sein, ich mache mir bei Beschreibungen allerdings eher Gedanken darüber, welche Assoziationen ich in meinen Spielern hervorrufen will. Und das sind eben selten Assoziationen a la "stellt ihn euch vor wie Brad Pitt in Fight Club", sondern eher Emotionen, die geweckt werden und bestimmte Charakterzüge, die man vielleicht durch Geschichten kennt oder sogar im Alltag erlebt. Das ist
mir lieber. Das heißt natürlich nicht, dass ich abstreite, in der Beschreibung sicher auch von mehreren Quellen und Vorlagen inspiriert zu sein.
Allgemein: Ich empfinde als Fehlschluss, zu glauben, dass durch die zwangsweise verlaufende Inspiration von Figuren eine eigenständige Originalität auszuschließen ist - und man dann einen Schritt weiter geht und sagt "die Charaktere sind doch eh inspiriert / beeinflusst durch die Vorbilder. Kann man doch gleich auch die entsprechenden Bilder nehmen". Wenn ich eine Figur für ein Theaterstück oder ein Drehbuch entwerfe, mache ich mir natürlich Gedanken darüber, wie die Züge sind - und natürlich ist diese Figur von gewissen Vorlagen inspiriert. Die Kunst der Originalität ist, wie gesagt, in meinen Augen die Fähigkeit, ein Abziehbild und zu starkes Klischee zu vermeiden. Mit Kopien können auf der Bühne oder im Film gewisse Aussagen und Zitate vollzogen werden, die im Rollenspiel aber erfahrungsgemäß eher stören.
Wenn also jetzt Jemand ein Bild von Johnny Depp nimmt, ist das für mich erstmal ein empirischer Indikator, dass da nicht allzu viel Mühe in die Konzeption gesteckt wurde. Ich habe, vor allem früher, oft erlebt, dass solche Charakter dann auch im Spiel krampfhaft an die entsprechenden Vorlagen (Rollen etc.) angelehnt wurden und das führt auch meist nur zu Chaos. Also neige ich dazu, zu bitten, das Bild außen vor zu lassen und mir einfach zu beschreiben, wie der Charakter in der Vorstellung des Spielers aussieht bzw. welche Eigenschaften erfüllt. Allein dabei kommen meist schon völlig andere Ergebnisse bei raus und das zuerst gewählte Bild entlarvt sich als Platzhalter, weil sich nicht allzu viel Mühe gegeben wurde.
Trotzdem kann natürlich ein genialer Charakter dabei rauskommen, wenn ich ein Bild einer bekannten Persönlichkeit als Richtwert annehme. Aber selbst das geschieht in meiner Erfahrung meist dann, wenn das Bild mit der Zeit in den Hintergrund tritt und nicht dominant bleibt. Letztlich ist es eine Frage des Geschmacks und auch in vielerlei Form Thema wissenschaftlicher Debatten über Figurenkonzenption. Auch in der subjektiven Wahrnehmung kann ein Film, ein Buch oder ein Stück auf der Bühne punkten, wenn die Figuren originell sind - und andererseits können als originell gedachte Figuren wie Abziehbilder rüberkommen. Natürlich ist es auch möglich, dass ich mir selbst ein sehr eigenständiges Bild male, den Charakter dann aber im Spiel in einer sehr klischeehaften Form verkörpere.
Für mich, sehr subjektiv, ist das kein erstrebenswertes Ziel im Rollenspiel und es stört meinen eigenen Vorstellungsraum, wenn allzu unpassende Konzepte, Beschreibungen und / oder Bilder für bestimmte Settings benutzt werden. Sehr kritisch wird das vor allem, wenn man (wie bei den erwähnten Online-Runden) dann einen ganzen Kader von Hollywoodstars und Models in teilweise absurder Charakterkonzeption vorfindet. Wenn Prinz Joaquin Phoenix da über einen Hofstab von Sheriff Orlando Bloom, die Geißel Megan Fox und die Primogene Jason Isaacs, Catherine Zeta Jones, Jared Leto und Jared Padalecki regiert (nicht zu vergessen der unglaublich mysteriöse
Assamit) - dann ist das einfach nicht mein Ding. Wer damit Spaß hat und wen das nicht stört, der soll aber doch bitte damit glücklich werden.