AW: Encounter Savage (Encounter-Critical-Konvertierung)
Schon beim groben Überfliegen sehe ich zahlreiche Sachen, die man bei einer Conversion einfach nicht machen sollte:
Diese Conversion zeigt, was passiert, wenn man versucht das REGELSYSTEM der Vorlage in das SW-Regelsystem reinzuzwängen: Man bekommt eine unrunde, eine UNSAVAGE Conversion, die jedoch noch als schlechtes Beispiel herhalten kann - zur Untermalung einer Predigt über den Psalm "Don't convert the SYSTEM! Convert the SETTING!".
Die passende Setting-Conversion gibt es ja auch schon: Slipstream. Einfach mit den (absichtsvoll knapp gehaltenen) Settinginformationen in EC zusammen verwenden.
- Robot Nature (verhaltensbestimmende Hindrance), lässt sich großartig über "Quirk" abbilden: da spielt der Spieler diese aus, weil er Bennies dafür bekommt, statt so etwas einschränkendes wie einen Spirit-Wurf zwischenzuschalten
Gerade dieser Punkt erntete bei mir einen ganzen Sack an Minuspunkten. - Hier wird eine REGELMECHANIK aus der Vorlage AUF KRAMPF in SW hineingepfriemelt.
Da zeigt sich wieder einmal die Grundfrage: "Warum sollte man denn überhaupt ein Rollenspiel auf SW konvertieren?" - Nicht einfach nur "weil man es kann", sondern weil man sich einen wie auch immer gearteten Vorteil gegenüber der Verwendung des Originals verspricht.
Im Falle solcher Retro-Nostalgie-Rollenspiele liegt aber gerade die Begeisterung für das Original als Begeisterung für die REGELN vor, nicht etwa nur für das Setting. Das macht es grundsätzlich schwerer eine zufriedenstellende Conversion zu erstellen, weil diese ja der Vorlage erst einmal das Regelskelett herausreißen wird, um dann das Settingfleisch mit dem SW-Skelett zu stützen. - Wenn man aber alte Subsysteme der Vorlage übernehmen will, so ist aufgrund des in manchen Bereichen etwas ungewöhnlichen Ansatzes von SW-Regelmechaniken ein einfaches "Hinzufügen" des Vorlagen-Subsystems oft nicht möglich und auch nicht sinnvoll.
Als Faustregel für eine Conversion-Machbarkeitsbetrachtung sollte hier die Klärung der Begeisterungsschwerpunkte der erste Schritt sein. Liegt die Begeisterung für das Original zum überwiegenden oder auch nur zu gleichen Teilen auf dem Original-Regelsystem, ist eine SW-Conversion normalerweise nur unter erheblichen Einbußen an "begeisterungstragenden" Elementen möglich (siehe DL:R als ein besonders deutliches Beispiel dafür). Liegt die Begeisterung zum überwiegenden Teil auf dem Setting-Fluff, oder wurde - idealerweise - eh ein generisches Regelsystem für die Erschließung dieses Settingfluffs auch schon im Original verwandt, dann läßt sich das Fleisch rückstandsfrei von den Knochen lösen und das alte Regelgerippe verwerfen. Das sind gute Voraussetzungen für Conversions.
Savage Worlds kann die SETTINGS der allermeisten der Retro-Nostalgiewelle-Rollenspiele mit den "Bordmitteln" des Grundregelwerks erschließen. Da ist bestenfalls noch für Fantasy-08/15-Rassen das Wizards&Warriors-PDF als Ergänzung zur SW:EX sinnvoll.
Die Retro-Nostalgiewelle zeichnet sich dadurch aus, daß sie REGELGETRIEBEN ist, nicht so sehr settinggetrieben. - Regelgetrieben bedeutet, daß ein guter Teil des Begeisterungsmoments an den Regelmechanismen festgemacht wird. Da diese bei einer Conversion praktisch vollständig dem "Entbeinen" zum Opfer fallen, bleiben Conversions, die für das SW-Regelwerk voll funktionstüchtig sind, bei denen alles RICHTIG gemacht wurde, eben diese rein regelfixierten Begeisterungsmomente schuldig.
Umgekehrt die regelgetriebene Begeisterung als Motivation für Eingriffe am Regelkern von Savage Worlds zu nehmen, um dadurch die begeisternden Subsysteme der Vorlage in die Conversion hinüber zu "retten", führt - wie im vorliegenden Falle - zu einer gekrampft wirkenden Chimäre.
Encounter Savage kommt bei mir in den Schrank mit den in Formalin eingelegten Zwittern, den verwachsenen Kälbern mit zwei Köpfen und Shaintar (wobei Shaintar wenigstens noch systematisch in dieselbe Richtung abweicht, während Encounter Savage wie irre torkelnd alle paar Zeilen eine andere, neue, noch weniger klare Richtung einschlägt).
Man kann anhand der Encounter Savage Conversion jedenfalls Beispiele für "So macht man es NICHT"-Erläuterungen aufzeigen. Das ist ja auch etwas wert.
Lassen wir es mal als Mahnmal stehen, oder als Ansporn damit jemand mal eine anständige EC-Konvertierung zimmert...
Mahnmal. Bestenfalls.
Wie soll denn eine "anständige EC-Konvertierung" aussehen, wo doch die EC-Vorlage ihre Begeisterungselemente im REGELWERK hat, und NICHT im Setting?
Das Setting ließe sich "out of the box" als eine (von vielen) Slipstream-Welten übernehmen. Dabei bliebe aber so gut wie ALLES an REGELTECHNIK, die ja den Retro-Fans das Wichtige ist, auf der Strecke.
Ich habe reichlich Erfahrungen mit Conversions alter Module, neuer D&D D20 und 4E Abenteuer und einiger, kostenloser Retro-Klon-Abenteuer machen können. -
Der Erste Schritt (tm): RAUS mit ALLEM, was nach regeltechnischen Angaben aussieht!
Zweiter Schritt: Anschauen der jeweiligen NSCs und sonstiger spielwertrelevanter Angaben (Fallen, Maße, Temperaturen, usw.), um einen EINDRUCK von deren Wichtigkeit für das Gesamtbild zu bekommen und um RELATIVE KOMPETENZ-UNTERSCHIEDE mitzubekommen.
Dritter Schritt: SW-Spielwerte nach dem Gefühl, nach dem Eindruck aus dem Zweiten Schritt einfach hinschreiben. Einfach so. Aus dem Ärmel.
Fertig.
Eine "anständige" Konvertierung von EC wäre somit eine, die das gesamte Original-Regelsystem wegschmeißt. Was dann aber noch übrigbleibt, geht kaum über die paar Rassen, die man als Archetypen für Slipstream notieren könnte, und über die tatsächlich sehr interessant aussehende Spielwelt-Karte hinaus. - Und da die Begeisterung für EC eben vornehmlich im Regelwerk und dessen absichtsvoll eingebrachten Inkonsistenzen liegt, ist in Frage zu stellen, wer denn überhaupt eine taugliche SW-Conversion von EC haben will?
Die Retro-Enthusiasten würden nur mit dem Original-Regelsystem glücklich, da SW zu modern für Retro-Begeisterte ist. SW-Enthusiasten machen ein solches Setting wie das von EC nur mit dem Grundregelwerk oder mit Grundregelwerk und Sci-Fi-/Fantasy-Toolkit aus dem Ärmel geschüttelt selbst, weshalb sie das (absichtsvoll) unterspezifizierte EC-Setting nicht brauchen.
Keiner will eine Savage-Worlds-Encounter-Critical-Conversion.
Mehr als eine "Fingerübung", eine Versuchslabor-Qualzüchtung, eine Krebsmaus wird solch eine Conversion somit kaum sein können.