- Registriert
- 17. September 2008
- Beiträge
- 2.009
Der Kristallpalast (I)
Plaschka, Flory, Mösch [T-Rezi]
Am Vorabend der Weltausstellung im Jahre 1851 wird ein Mitglied der königlichen Kommission auf mysteriöse Weise ermordet. Dabei handelt es sich um den Auftakt einer Verkettung von Ereignissen, in deren Mittelpunkt drei Menschen stehen, die ziemlich unterschiedlich sind: Die exotische Miss Niobe, der niederländische Ingenieur Frans und der Geheimagent Captain Royle.
Obwohl sich die drei auf sehr gegensätzlichen Seiten befinden, besteht trotzdem eine Verbindung zwischen ihnen. Etwas Großes geschieht und alle Spuren führen zum Kristallpalast, einem prunkvollen Bauwerk aus Eisen und Glas, in dem auf der Weltausstellung die bekanntesten Köpfe ihrer Zeit zusammentreffen werden.
Ausgestattet mit übernatürlichen Fähigkeiten und hochentwickelten Waffen, treten Niobe, Frans und Royle gegeneinander an und erkennen irgendwann, dass sie aufeinander angewiesen sind. Doch wem können sie trauen? Und Vor allem, können sie sich selber trauen …?
Der Roman selbst kommt mit knapp etwas über dreihundertneunzig Seiten daher, der Rest ist einer Zeittafel und einem Nachwort von Oliver Plaschka vorbehalten. Vor allem das Nachwort ist sehr aufschlussreich und gibt einige intime Informationen an den Leser weiter, was die Zusammenarbeit von Plaschka, Alexander Flory und Matthias Mösch angeht. Denn diese drei Literaturprofessoren haben den vorliegenden Roman gemeinsam verfasst. Ziel des Multiautorenprojekts war es – laut Oliver Plaschka – mittels rollenspielerischen Kniffen den Handlungen der Romanfiguren zu mehr Realismus zu verhelfen. Das Projekt wurde erfolgreich beendet.
Jeder der drei Autoren hat sich einer der Figuren angenommen und schreibt die Geschichte aus der jeweiligen Perspektive. Das geschieht kapitelweise und ist sehr spannend umgesetzt, da die unterschiedlichen Wesenszüge der Hauptfiguren durch die unterschiedlichen Stile der Autoren um so eindringlicher wirken. Denn natürlich lässt jeder der Autoren ein Stück seines eigenen Stils und seiner eigenen Persönlichkeit einfließen. Leicht könnte die Erzählung aus dem Ruder laufen, doch Plaschka, Flory und Mösch erweisen sich als Mannschaftsspieler und legen sich gegenseitig gekonnt die Bälle vor. Ein jeder von ihnen weiß zu schreiben und seiner Figur Leben einzuhauchen, sowie die beiden anderen Hauptfiguren trotzdem in sein Kapitel einzubinden. Das führt zum Ende des Romans hin zu einem rasanten und verstörenden Zusammenschluss, der toll inszeniert und umgesetzt wurde. Die emotionale Bandbreite der Figuren ist einfach sehr groß und bindet den Leser schnell an sich.
Das gelingt auch weil "Der Kristallpalast" in einem spannende Ambiente spielt. Die Geschichte passiert im viktorianischen England, also in einer farbigen Zeit, die von gewaltigen Umbrüchen und Unruhen geprägt ist. Das bringt ordentlich Farbe ins Spiel und ist sehr atmosphärisch. Immerhin halten sich die drei Autoren sehr eng an tatsächliche Ereignisse und Erfindungen, um eine authentische Atmosphäre zu erzeugen. Somit wird die Vermischung aus Fiktion und Realität glaubhaft und wirkt wie aus einem Guss. Auch hier muss den Autoren applaudiert werden.
Drittes Standbein des Romans – neben den lebendigen Figuren und der prächtigen Kulisse – ist die Handlung selbst. In der gibt es nun alles, was das Herz begehrt. Seien es nun furiose Kämpfe, Geheimorganisationen, kleine Romanzen, mysteriöse Geheimnisse aus alter Zeit, Tagebuchberichte aus den Kolonien, viel Exotik, etwas Erotik, ein Hauch von James Bond und eine Prise Indiana Jones – es ist eine wunderbare Mischung, die in ihrer Substanz an scharfes Curry, mit einer feinen Zimtnote und fruchtigem Aroma erinnert: Sehr exotisch, sehr schmackhaft und sehr originell.
Im Mittelpunkt der Autorenriege steht natürlich Oliver Plaschka, der als Träger des deutschen Phantastikpreises (für "Fairwater oder der Spiegel des Herrn Bartholomew", ebenfalls erschienen bei Feder & Schwert) von sich reden machte. Während sein Roman "Die Magier von Montparnass" (erschienen bei Klett Cotta) doch eher aktionsarm ist, so ist "Der Kristallpalast" sehr dynamisch und reißt den Leser mit. Die Zusammenarbeit mit Flory und Mösch frodert Plaschka regelrecht zum Umdenken und formt auch dessen Stil.
"Der Kristallpalast" ist ein sehr unterhaltsames Buch, bietet Spannung und sogar ein wenig Humor. Dazu eine Portion Exotik und ein großes Geheimnis, ein wenig Steampunk, politische Ränke und Mystery. Einfach Top!
Copyright © 2010 by Günther Lietz
Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.
Oliver Plaschka, Alexander Flory, Matthias Mösch
Der Kristallpalast
Feder & Schwert Taschenbuch (07. 2010)
Origin, Steampunk
402 Seiten, ISBN 9783867620765
Willkommen in der Welt der phantastischen LiteraturDen Artikel im Blog lesen
Plaschka, Flory, Mösch [T-Rezi]
Am Vorabend der Weltausstellung im Jahre 1851 wird ein Mitglied der königlichen Kommission auf mysteriöse Weise ermordet. Dabei handelt es sich um den Auftakt einer Verkettung von Ereignissen, in deren Mittelpunkt drei Menschen stehen, die ziemlich unterschiedlich sind: Die exotische Miss Niobe, der niederländische Ingenieur Frans und der Geheimagent Captain Royle.
Obwohl sich die drei auf sehr gegensätzlichen Seiten befinden, besteht trotzdem eine Verbindung zwischen ihnen. Etwas Großes geschieht und alle Spuren führen zum Kristallpalast, einem prunkvollen Bauwerk aus Eisen und Glas, in dem auf der Weltausstellung die bekanntesten Köpfe ihrer Zeit zusammentreffen werden.
Ausgestattet mit übernatürlichen Fähigkeiten und hochentwickelten Waffen, treten Niobe, Frans und Royle gegeneinander an und erkennen irgendwann, dass sie aufeinander angewiesen sind. Doch wem können sie trauen? Und Vor allem, können sie sich selber trauen …?
Der Roman selbst kommt mit knapp etwas über dreihundertneunzig Seiten daher, der Rest ist einer Zeittafel und einem Nachwort von Oliver Plaschka vorbehalten. Vor allem das Nachwort ist sehr aufschlussreich und gibt einige intime Informationen an den Leser weiter, was die Zusammenarbeit von Plaschka, Alexander Flory und Matthias Mösch angeht. Denn diese drei Literaturprofessoren haben den vorliegenden Roman gemeinsam verfasst. Ziel des Multiautorenprojekts war es – laut Oliver Plaschka – mittels rollenspielerischen Kniffen den Handlungen der Romanfiguren zu mehr Realismus zu verhelfen. Das Projekt wurde erfolgreich beendet.
Jeder der drei Autoren hat sich einer der Figuren angenommen und schreibt die Geschichte aus der jeweiligen Perspektive. Das geschieht kapitelweise und ist sehr spannend umgesetzt, da die unterschiedlichen Wesenszüge der Hauptfiguren durch die unterschiedlichen Stile der Autoren um so eindringlicher wirken. Denn natürlich lässt jeder der Autoren ein Stück seines eigenen Stils und seiner eigenen Persönlichkeit einfließen. Leicht könnte die Erzählung aus dem Ruder laufen, doch Plaschka, Flory und Mösch erweisen sich als Mannschaftsspieler und legen sich gegenseitig gekonnt die Bälle vor. Ein jeder von ihnen weiß zu schreiben und seiner Figur Leben einzuhauchen, sowie die beiden anderen Hauptfiguren trotzdem in sein Kapitel einzubinden. Das führt zum Ende des Romans hin zu einem rasanten und verstörenden Zusammenschluss, der toll inszeniert und umgesetzt wurde. Die emotionale Bandbreite der Figuren ist einfach sehr groß und bindet den Leser schnell an sich.
Das gelingt auch weil "Der Kristallpalast" in einem spannende Ambiente spielt. Die Geschichte passiert im viktorianischen England, also in einer farbigen Zeit, die von gewaltigen Umbrüchen und Unruhen geprägt ist. Das bringt ordentlich Farbe ins Spiel und ist sehr atmosphärisch. Immerhin halten sich die drei Autoren sehr eng an tatsächliche Ereignisse und Erfindungen, um eine authentische Atmosphäre zu erzeugen. Somit wird die Vermischung aus Fiktion und Realität glaubhaft und wirkt wie aus einem Guss. Auch hier muss den Autoren applaudiert werden.
Drittes Standbein des Romans – neben den lebendigen Figuren und der prächtigen Kulisse – ist die Handlung selbst. In der gibt es nun alles, was das Herz begehrt. Seien es nun furiose Kämpfe, Geheimorganisationen, kleine Romanzen, mysteriöse Geheimnisse aus alter Zeit, Tagebuchberichte aus den Kolonien, viel Exotik, etwas Erotik, ein Hauch von James Bond und eine Prise Indiana Jones – es ist eine wunderbare Mischung, die in ihrer Substanz an scharfes Curry, mit einer feinen Zimtnote und fruchtigem Aroma erinnert: Sehr exotisch, sehr schmackhaft und sehr originell.
Im Mittelpunkt der Autorenriege steht natürlich Oliver Plaschka, der als Träger des deutschen Phantastikpreises (für "Fairwater oder der Spiegel des Herrn Bartholomew", ebenfalls erschienen bei Feder & Schwert) von sich reden machte. Während sein Roman "Die Magier von Montparnass" (erschienen bei Klett Cotta) doch eher aktionsarm ist, so ist "Der Kristallpalast" sehr dynamisch und reißt den Leser mit. Die Zusammenarbeit mit Flory und Mösch frodert Plaschka regelrecht zum Umdenken und formt auch dessen Stil.
"Der Kristallpalast" ist ein sehr unterhaltsames Buch, bietet Spannung und sogar ein wenig Humor. Dazu eine Portion Exotik und ein großes Geheimnis, ein wenig Steampunk, politische Ränke und Mystery. Einfach Top!
Copyright © 2010 by Günther Lietz
Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.
Oliver Plaschka, Alexander Flory, Matthias Mösch
Der Kristallpalast
Feder & Schwert Taschenbuch (07. 2010)
Origin, Steampunk
402 Seiten, ISBN 9783867620765
Willkommen in der Welt der phantastischen LiteraturDen Artikel im Blog lesen