Der goldene Kompass... mit etwas Verspätung

Pellinore

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Verblüffend fand ich es schon, daß auch drei Wochen nach Filmstart sich noch niemand des Streifens angenommen hat. Wollen wir das einmal nachholen, denn man kann 5 - 7 Geld und 120 Minuten deutlich schlechter investieren, als sich den Goldenen Kompass im jeweiligen Lichtspielhaus des Vertrauens zu geben.

Wir leben in einem Multiversum von Parallelwelten - das läßt uns der vom Genre absolut unbeleckte Regisseur Chris Weitz gleich zu Anfang wissen - und die, die er uns nach der Romanvorlage von Philipp Pullman vorstellt, hat die eine oder andere Besonderheit - zum Beispiel, daß die menschliche Seele in Tiergestalt offen agiert - filmisch und tricktechnisch ausgezeichnet umgesetzt - oder: eine vorherrschende Steampunktechnologie, die sehr charmant dargestellt ist und - eine auch in der "Moderne" der Parallelrealität übermächtige Kirche.

Pullmans Romantrilogie His Dark Materials ist ein gewollter Gegenentwurf zum Beispiel zu C.S. Lewis' vom christlichen Erlösungsmythos geprägten und kreuzfrommen Narnia, Pate stand unter anderem Miltons Paradise Lost und die Auflehnung gegen Gott, kein Wunder, daß die Yankee-Theokraten und Fundamentalisten sowohl wegen des Texts das Messer wetzten als auch, wie etwa die Catholic League, zum Filmboykott aufriefen.

His Dark Materials ist als "Jugendroman" konzipiert und trotz der ideologisch seit 300 Jahren brisanten Vorlage worweihnachtlich familienfreundlich umgesetzt worden. Die im Text expressis verbis genannte Kirche, die in Pullmans Welt Kinder fängt und experimentiert, ob ein Abschneiden der Tierseele die kleinen Probanden zu braven Gläubigen macht, wird zum Magisterium, dramatische Momente, wie das grausige Sterben des Opfers der Experimente werden herausgenommen, Lyra, die jugendliche Protagonistin zerstört die böse Maschine, statt, wie im Roman, die gefangenen Kinder durch eine banale Mehlstaubexplosion zu befreien. Wie Weitz den sich abzeichnenden War in Heaven unter diesen Vorzeichen in den beiden Folgefilmen darstellen will, dürfte spannend sein. Denn die Romanvorlage ist düster und das ist Weitz' Parallelwelt nicht. Steampunkig skuril aber nicht düster.

Pullmans mächtige Vorbilder und sein kontroverser eigener Text verblassen in einem etwas holperig inszenierten, aber technisch gut gemachten und gut gespielten Zwei-Stunden-Streifen. Aber nicht bis zur Unkenntlichkeit. Ansehen lohnt - nicht nur für Metaphysiker und Steampunk-Devotees.
 
AW: Der goldene Kompass... mit etwas Verspätung

Wie Weitz den sich abzeichnenden War in Heaven unter diesen Vorzeichen in den beiden Folgefilmen darstellen will, dürfte spannend sein.

Da der Film in den USA floppte und trotz einigermaßen erträglicher Erfolge im Ausland viele, viele Millionen Dollar davon entfernt ist, die Produktionskosten einzuspielen, dürfte sich die Frage nach einem zweiten Teil wohl nicht stellen.
 
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Werd mir wahrscheinlich die Bücher antun, aber den (und evtl. die) Film(e) nicht.
 
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Ich find den auch immr noch gut ;)
Mal echt ne Buchumsetzung, die mir gefällt (was selten ist)
 
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