Daidalos

Ace_van_Acer

Zombie Schauspieler
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Ich habe seid kurzem das Regelwerk und mal durchgelesen. Hört sich intressant an, hat es jemand mal gespielt und kann ein wenig darüber plaudern?
 
AW: Daidalos

Darum: Daidalos - das freie Rollenspiel

Was es ist

Daidalos ist ein freies Rollenspiel.

Es steht, wie bereits angesprochen, kostenlos zur Verfügung. Aber das ist nicht der eigentliche Grund, warum ich es "Das freie Rollenspiel" genannt habe.

Daidalos besitzt - anders als bei vielen Rollenspielen üblich - keine eigene Hintergrundwelt. Es soll einen Leitfaden zum Rollenspiel selbst bieten, der für jeden beliebigen Hintergrund verwendet werden kann.
Der grundlegende Gedanke bei Daidalos war, ein Rollenspielsystem bereitzustellen, bei dem das Vergnügen im Mittelpunkt steht.

In letzter Zeit war im Bereich der Rollenspiele eine Entwicklung in Richtung immer größerer Freiheit zu erkennen.

Die ersten Spielsysteme kannten nur wenige Charakterklassen bzw. Berufe, die Möglichkeit von Beginn an "einzigartige" Helden zu erschaffen, war sehr begrenzt. Als Beispiel seien Dungeons&Dragons oder MERS oder auch die Anfänge von "Das Schwarze Auge" genannt.

Abenteuerszenarios beinhalteten vor allem das Besiegen von Monstern und das anschließende Einheimsen von Schätzen, um mit dem Gewinn bessere Waffen kaufen zu können, mit denen sich noch gefährlichere Monster bezwingen ließen.
Gut, dies mag etwas pauschal klingen, aber im Großen und Ganzen ist es wohl zutreffend.

Bald zeigte sich, daß die bloße Unterscheidung in Charakterklassen nicht ausreichte und Spielsysteme kamen auf den Markt, die eher an Fertigkeiten orientiert waren. Damit war es leichter, Charaktere zu erschaffen, die nicht genau in ein Schema passen mußten. Helden waren nicht mehr nur Magier, Kämpfer oder Diebe, sondern die Spieler hatten nun bessere Möglichkeiten, ihre Charaktere mit Leben und Farbe zu erfüllen.
Typische Vertreter dieser Systeme sind DSA, wie es sich mittlerweile präsentiert, oder Shadowrun.

Aber die Entwicklung blieb dort nicht stehen. Mittlerweile gewinnen sogenannte "freie Rollenspiele" mehr und mehr Anhänger. Diese Systeme zeichnen sich durch ein besonders hohes Maß an Freiheit bei der Charaktererschaffung und -entwicklung aus.
Die meisten dieser Systeme legen einen sehr großen Wert auf beschreibende und erzählende Elemente.

Eine besondere Rolle unter diesen Spielen nehmen dabei die Würfellosen Rollenspiele ein.
Mit Daidalos verfolge ich dieses Konzept der Würfellosen Rollenspiele. Auf diese Weise soll der Schwerpunkt im Spiel auf den Charakteren und ihrer Persönlichkeit liegen und ihre Entwicklung betont werden, während das Sammeln von Erfahrung bzw. Erfahrungspunkten und dem damit verbundenen "Verbessern" der Charaktere in den Hintergrund tritt.
Zu den Würfellosen Rollenspielen kam ich über das System "Amber - Diceless Role-Playing" von Erick Wujcik, das auf den Amber-Romanen von Roger Zelazny basiert.

An dieser Stelle möchte ich beides empfehlen, sowohl das Rollenspielsystem als auch die Bücher. Letztere, da sie zu den besten Romanen gehören, die ich im Bereich Fantasy gelesen habe. Das Rollenspiel selbst ist eine geballte Ansammlung bester Ideen für Rollenspiele an sich. Wer sich für anspruchvolle Rollenspiele interessiert, der wird "Amber" bald nicht mehr vermissen wollen. In unserer Spielrunde haben wir es den Amber-Virus genannt, der einen nicht mehr loslassen wird, sobald man davon befallen ist.

Trotz aller Vorbilder ist Daidalos ein eigenständiges Werk und ich hoffe, daß es Gefallen finden und als Quelle für Anregungen im Rollenspiel gerne immer wieder zur Hand genommen wird.


Was es nicht ist

Daidalos ist vermutlich nicht das, was im Allgemeinen als richtiges Rollenspiel angesehen werden würde. Ich habe bewußt auf eine eigene Hintergrundwelt verzichtet. Daidalos ist vom Konzept her nicht auf ein bestimmtes Genre oder gar auf eine bestimmte Spielwelt zugeschnitten. Es soll den Spielern und dem Spielleiter vielmehr Hinweise und Tips für gelungenes Rollenspiel bieten und stellt so vielleicht eher eine Sammlung von Spiel-Philosophien dar, da sich kaum traditionelle Regeln finden werden. Vor allem an Beispielen aus bekannten Rollenspielen und dort vorkommenden Gegebenheiten möchte ich aufzeigen, daß es möglich ist, sehr komplexe Charaktere zu entwickeln, ohne daß Spieler und Spielleiter Dutzende von Quellenbücher ihr eigen nennen und Hunderte von Sonderregeln beherrschen müssen.

Man sollte von Daidalos also einige Dinge nicht erwarten.

Daidalos ist kein Gesetzbuch. Im Gegenteil favorisiert Daidalos die Regellosigkeit im Rollenspiel. Wer also nach einem System sucht, das jede Situation mit absoluter Genauigkeit beschreibt, wird mit Daidalos nicht glücklich werden.

Auch ist Daidalos kein Versandhandel. Wer sich auf seitenlange Materiallisten, Waffenkataloge und Ausrüstungstabellen freut, wird vermutlich gleichfalls bitter enttäuscht werden.

Ebenso wird es Spielern und Spielleitern ergehen, die nur in einem präzisen und komplexen Kampfsystem ihre Erfüllung finden.

Eine weitere Einschränkung muß ich machen: Daidalos ist anspruchsvoll. Es verlangt sehr viel Gespür von Spielern und Spielleitern für die Geschichte, die Atmosphäre und die Dramatik. Darum ist es eher weniger geeignet, um damit seine ersten Schritte ins Leben jenseits unserer Realität zu wagen. Allerdings habe ich mit einer Gruppe absoluter Rollenspiel-Neulingen gespielt, ohne daß sie Regeln kannten, und es hat dem Spiel und der aufkommenden Stimmung keinen Abbruch getan, ganz im Gegenteil.

Und noch etwas...

Daidalos ist mit Sicherheit nichts neues. Die Konzepte und Ideen, die mit Daidalos beschrieben werden, haben schon viele vor mir gehabt und auch ich habe mir nicht selbst alles ausgedacht. Daidalos ist das (Zwischen-)Ergebnis aus mittlerweile 16 Jahren Rollenspielerfahrung mit vielen verschiedenen Ansätzen und Systemen. Vielleicht faßt es nur zusammen, was jeder Rollenspieler eines Tages erkennt, wenn er nur lange genug spielt.

In diesem Sinne wünsche ich viel Vergnügen beim Spielen und mit Daidalos.
 
AW: Daidalos

[...] hat es jemand mal gespielt und kann ein wenig darüber plaudern?
Ist lange her. Mit Daidalos habe ich meine ersten Versuche als SL unternommen.

Woran ich mich erinnere:
Das "System" lebt deutlich mehr als andere von den Ideen der Spielrunde. Es gibt keine Spielregeln, die Fiktion generieren.
Lediglich der Gruppenvertrag bildet einen groben Rahmen.

Zum Spielen braucht man:
Spieler, mit denen man sich versteht - mit denen man in etwa auf "gleicher Wellenlänge" ist. Alles andere ist nebensächlich.
 
AW: Daidalos

Ich habs mir jetzt auch mal durchgelesen und befinde: Aus heutiger Sicht ist eine Verschwendung von Bits und Bytes. (In den 90ern war wahrscheinlich alles anders.) Alleine bei dem Satz hätte ich schon fast Schreikrämpfe bekommen:

Daidalos ist kein Gesetzbuch. Im Gegenteil favorisiert Daidalos die Regellosigkeit im Rollenspiel

Es gibt kein regelloses Spiel. Und wenn ich ein Spiel lese, erwarte ich, dass mir die Regeln erklärt werden. Und zwar präzise. Wenns mir dann nicht gefällt, werde ich es anders machen. Dazu brauche ich keine Aufforderung.

Der nächste Knaller ist, dass nicht erklärt wird, was ein "Spielleiter" ist, tut und soll. Ein paar mal findet sich im Text, dass der Fraggle irgendwas entscheidet. Da würd ich schon bei den Grundsätzen gegenhalten: Wenn man eine Sache über Spielleiter sagen darf, dann dass sie bitte sehr nichts entscheiden. Sie präsentieren den anderen Teilnehmern Probleme, über die jene entscheiden sollen.

Danach hab ich herrlich amüsiert über jenes:

Der Gedanke bei Daidalos ist, die Attribute nicht mehr durch Zahlen auszudrücken.
"Mein Held hat Stärke vier."
Schön. Und?

Schön und mag ja stimmen, aber die Frage ist nicht, was "vier" bedeuten soll, sondern was "Stärke" bedeuten mag. Wenn ein Spiel Zahlen benutzt, dann nicht um irgendwas zu beschreiben, sondern damit irgendwer gewinnt. Wenn man das nicht möchte, ist das natürlich legitim. Aber auch dann brauch ich keine Erklärung, was das Spiel nicht ist. Es würde schon reichen präzise hinzuschreiben, was der Spieler (das schließt selbstverständlich "Spielleiter" ein, denn Spielleiter gibt es nicht unabhängig von einem gegebenen Spiel) tun soll.

Generell frage ich mich, was der Sinn des Zeugs sein soll. Wozu tut man das? Der Autor sagt sogar selbst, dass vielleicht jeder Rollenspieler dahinterkommt, das so zu tun. Warum sollte dann jemand dieses Daidalos benutzen, wenn er es sowieso von allein macht? Der Witz bei einem neuen Spiel wäre, dass ich mich dem Zwang aussetze, etwas zu tun, worauf ich nie gekommen wäre.

Dazu wäre es aber eben nötig, genau gesagt zu bekommen, was zu tun ist.
 
AW: Daidalos

Ich habs mir jetzt auch mal durchgelesen und befinde: Aus heutiger Sicht ist eine Verschwendung von Bits und Bytes.
Kann ich nicht so sehen. Die Idee dahinter ist immer noch gut. Die Ausführung dagegen: Völlig verstaubt.

(In den 90ern war wahrscheinlich alles anders.)
Definitiv. Vor allem, wenn man sich die "großen" Spiele der Zeit ansieht: Das zerstückelte und an (z.T.) kruden Regelelementen überbrodende AD&D 2nd bei Amigo; das metaplot- und splatbook-verseuchte Vampire bei Feder & Schwert und das unspielbar verregelte Shadowrun 3.

Daidalos braucht vor allem eines: Eine Generalüberholung!
 
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