Ioelet
I am Iron Man!
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Choice of Games
Vom Spielleiter zum Spiele-Autor [Team-Rezi] von Ioelet
Kennt ihr das auch:
Es ist Mittwoch, 3 Uhr in der Nacht, und ihr könnt gerade nicht einschlafen. Die Tatsache, dass gerade Semesterferien sind und ihr nicht früh raus müsst, ändert leider nichts daran, dass um 3 Uhr unter der Woche gerade nichts Interessantes passiert. Ihr hättet Lust auf ne kleine Rollenspielsitzung, aber erstens ist es dafür viel zu spät, zweitens hättet ihr jetzt eigentlich keine Lust eine Spielsitzung vorzubereiten und den anderen geht es da ja bestimmt nicht anders...
So kommt man schließlich auf eine der Ersatzdrogen zurück. Ein gutes Buch, ein immersiver Film – besser noch ein gutes Computer-Rollenspiel oder auch das, womit meine ganze Rollenspielkarriere einst eingeleitet worden war:
Die guten alten Spielbücher.
Wenn ihr wissen wollt, wie es weiter geht, lest den Abschnitt Hinein ins Abenteuer.
Wenn es euch nicht interessiert, endet der Artikel hier. ENDE
Hinein ins Abenteuer
Choice of games ist gleichzeitig ein Unternehmen, ein Label, ein Projekt und eine Online-Community, das/die sich mit der Entwicklung und Verbreitung von englisch-sprachigen interaktiven Geschichten beschäftigt. Die Verbreitung geschieht über diverse Online-Stores, sowie die Homepage http://www.choiceofgames.com/ mit Forum, die einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Und noch mehr.
Neben einer Übersicht der kostenpflichtigen Spiele, die sich hier als gekürzte Demos auch direkt einmal testen lassen, findet man dort auch einige Fanprojekte, von denen viele komplett kostenlos online spielbar sind – leider ein wenig versteckt, wie man zugeben muss:
Erst ein Klick auf „Make your own games“ leitet den Seitenbesucher zu diesen „Hosted Games“ weiter, die für mich das absolute Herzstück des Projektes sind – und der primäre Grund dafür, dass ich es hier vorstellen möchte. Aber dazu später mehr.
Die Spiele decken inzwischen eine ganz nette Bandbreite ab. 12 offizielle Choice-of-Games und 18 Hosted Games hat das bald drei Jahre alte Projekt inzwischen insgesamt zu bieten. Darunter unter anderem ein Anne-Rice-artiges Vampir-Spiel, ein Drachen-Rollenspiel, einige Science-Fiction-Spiele, Zombiespiele, Krimi-Spiele, Fantasy-Spiele und auch ein Superheldenspiel. Sollte also für jeden Geschmack etwas zu finden sein.
Schwieriger wird es, wenn es kostenlos sein muss und/oder man allzu hohe Ansprüche an die Qualität stellt. An den Kosten sollte es eher weniger scheitern, schließlich bewegen sich diese bei den kostenpflichtigen Apps auf normalem App-Niveau, d.h. es bewegt sich im Bereich von 2-5 €. Leider steht der Preis nur selten in erkennbarem Zusammenhang mit der Qualität und auch das Choice-of-Label ist absolut kein Garant für höhere Qualität. So gilt mit Way Walkers eines der Hosted Games als eines der besten Spiele überhaupt, das der Autorin kürzlich sogar einen Vertragsabschluss mit einem Verlag für ihren ersten Roman einbrachte, der in der selben Fantasy-Welt spielt. In der selben Kategorie findet man aber auch Spiele wie Dilemma, dessen „moralische Dilemmas“ ehrlich gesagt völlig langweilig sind.
Unter den Choice-of-Games, deren Autoren bis zu 10.000€ für das fertige Spiel erhalten, findet man solche Perlen, wie das erwähnte Vampir-Spiel, gerailroadete (aber immer noch unterhaltsame) Geschichten wie das Superhelden-Abenteuer „Heroes Rise“… aber eben auch „To the City of the Clouds“, das ich selbst nur kurz angetestet hatte, weil es mich nicht begeistern konnte und über das ich auch sonst bisher nur negative Kritik gelesen habe.
Wo ich gerade auf die Bezahlung zu sprechen kam…
Hosted Games
Wie ich bereits erwähnte, sind die Hosted Games für mich das eigentlich Interessante an dem Projekt. Warum?
Dies liegt an ihrer Entstehungsgeschichte. Während die offiziellen Spiele weitgehend anonym von Autoren geschrieben werden, die dafür entweder einmalig 10.000 € bar auf die Kralle oder 2.500 € plus eine 25%ige Beteiligung an erzielten Einnahmen erhalten, werden die Hosted Games meist von Spielern für Spieler geschrieben. Hierfür gibt es extra einen Aufruf auf der Homepage, ein eigenes Wiki, das die Funktionsweise der eigens entwickelten Scriptsprache Choicescript erklärt, ein Forum für den kreativen Austausch und auch einen gewissen finanziellen Anreiz:
Die Betreiber von CoG veröffentlichen nicht nur kostenlos JEDES fertiggestellte Spiel, das gewisse Regeln einhält, auf der Homepage sowie in diversen Stores, sondern bieten auch an, diese kostenpflichtig zu vertreiben und beteiligen jeden Autor zu 25% an allen Einnahmen, die durch Verkauf der App oder Werbung erzielt werden.
...und wie bereits erwähnt, konnte bereits eine Autorin die Plattform als Sprungbrett benutzen um eine Fanbase für eine Romanserie aufzubauen.
Spiele schreiben
Und jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, der mir an CoG am meisten Spaß macht. Ich bin ein Spielleiter durch und durch – und auch an einem interaktiven Roman reizt mich die Vorstellung ihn zu schreiben mehr als ihn zu lesen.
Die Scriptsprache hierzu ist äußerst elegant und einfach, wie ich finde. Allerdings gebe ich zu, dass ich als Mathematiker natürlich nicht zum ersten Mal programmiere. Doch auch für totale Anfänger scheint es eine machbare Sache zu sein, wenn man ein wenig im CoG-Forum stöbert. Dort tummeln sich zahlreiche Personen aller Altersklassen, Berufe und Nationalitäten und tauschen voller Begeisterung ihre Ideen aus. Eine Hand voll Programmiercracks kann nahezu jedes gepostete Problem in Kürze lösen, Horden von Kiddies warten darauf kreativen Input geben oder sich als Beta-Tester zu Verfügung stellen zu dürfen und wer doch eigentlich nur spielen und nicht selbst schreiben möchte, finden unter den zahlreichen Work-in-Progress-Projekten zahlreiche noch unfertige Spiele, die zum Teil vielversprechender sind als alles, was bereits veröffentlicht wurde.
Fazit
Zugegeben, ich war bereits ein Fan das Projektes, bevor ich auch nur überlegt hatte, ob ich eine Rezension zu schreiben. Damit fällt das Fazit natürlich positiv aus.
Am Projekt als solchem gibt es meiner Meinung nach auch kaum etwas zu kritisieren. Einzig der nicht wirklich sichtbare Qualitätsunterschied zwischen den Geschichten professioneller Autoren (die offiziellen CoGs) und den Hosted Games rechtfertigt in keinster Weise, dass man letztere auf der Homepage so versteckt, den höheren Preis oder die niedrigere Bezahlung. Verständlich ist es natürlich dennoch, da man als Unternehmen natürlich sicher stellen möchte, dass man regelmäßig Geschichten einer verlässlichen Mindestqualität veröffentlichen kann – und diese Verlässlichkeit bei Hobby-Projekten kaum gegeben sein kann.
Um dies zu erreichen fördert und unterstützt man eben die professionellen Autoren stärker als die anderen. Schade, aber völlig verständlich.
Die Auswahl ist mit 30 Projekten zwar noch klein, aber vielseitig und wenn man die vielen halbfertigen Spiele mit hinzurechnet, dann hat man problemlos einen Pool von doppelt so vielen kostenlosen Spielen zur Auswahl.
Für Spielleiter und Hobby-Autoren ist es zudem eine tolle Plattform um eigene Ideen zu veröffentlichen und eine Möglichkeit noch ein paar Euro Taschengeld zu verdienen – reich wird man damit allerdings sicherlich nicht.