Die Stadt
Die Stadt wurde bereits im Frühmittelalter bekannt. Die alte Substanz ist jedoch nur noch wenig zu bewundern, die Jahrhunderte und die Kriege haben ihre Arbeit getan. Unter der heutigen Innenstadt sollen sich allerdings noch die Ausläufer der alten Bauten befinden.
Einzig erhaltenes Wahrzeichen der Stadt ist der Dom. Wie durch ein Wunder wurde in den Kriegen nur der Kirchturm zerstört, dieser konnte aber in den Nachkriegsjahren nach altem Vorbild wieder erstellt werden. Die Grundfesten des Doms sind auf das 6. Jahrhundert zurückdatiert worden. Das alte Glockenspiel der Kirche ist eine einmalige Handarbeit. Die schweren Bronzeglocken wurden damals in osteuropäischer Erde gebrannt und waren unter unvorstellbarem Aufwand nach Deutschland gebracht worden. Noch heute zieht dieses einzigartige Beispiel der Handwerkskunst zahllose Touristen in die Stadt.
Die Stadt ist eine alte Universitätsstadt mit einer großen (und wichtigen) Kunstakademie, die seit vielen Jahren existiert.
Die Städtische Fußballmanschaft spielt in der zweiten Bundesliga. Ein grosses Stadtion ist daher ebenso selbstverständlich wie unkontrollierbare Massen, die zu den Spielen strömen.
Im Umland hat die Stadt eine bekannte Großraumdiskothek (das "Mexican") zu der am WE ebenfalls viele Städter und Dörfler aufbrechen.
Eine Einleitungsstory:
Das \'Mexican\'
Fhhhh fh-fh fh-fh fh. Die Ärmel seines longsleeve-shirts machten das gewohnte Geräusch, während seine Schläge blitzschnell auf seinen Gegner niedergingen. Seine Fäuste bildeten eine gerade Linie mit seinem Arm, wenn der Treffer landete. Er schlug schnell und hart zu. Mit einer Drehung des Handgelenkes aus der Senkrechten in die Waagerechten holte er die größtmögliche Kraft aus seinen Schlägen.
Nicht umsonst hatte er jahrelang trainiert, um zu einer effektiven Kampfmaschine zu mutieren. Sein Gegner war überheblich, hatte aber gute körperliche Voraussetzungen. Toms geschultes Auge erkannte das sofort. Er hoffte nur, daß seine Klamotten ungeschoren davonkommen würden. So ein fight konnte schnell seine Kleidung ruinieren.
Tom war gut gekleidet, er zog immer das Beste an, wenn er in die Disco ging. Sein longsleeve war nagelneu. Er hatte es gerade erst im internet bestellt. Sündhaft teuer wie es war, war es doch jeden Cent wert gewesen. Sein shirt, seine neue, an den Oberschenkeln und am Gesäß aufgehellte, Jeans, seine neuen Treter und natürlich sein gestählter Körper sollten heute Abend richtig Eindruck machen.
Tom nutzte seine überdurchschnittlichen Chancen bei den weiblichen Discobesuchern des \'Mexican\' seit vielen Monaten schamlos aus. Einige würde es billige Abschleppe nennen, er definierte es als Selbstbestätigung. Ja, Tom war mit sich selbst im Reinen. Er hatte nichts an sich auszusetzen und damit andere das auch nicht hatten, hatte er auch immer zwei Kondome in der Tasche. Falls die Mädels danach fragten, war er zumindest gerüstet. Wenn nicht - na, auch egal.
Nun, heute würde er auch die Mädels beeindrucken. Zwar nicht so wie geplant, aber er würde gut dastehen. Dessen war er sich sicher. Eigentlich war es noch nichtmals Toms Absicht gewesen die bullige Lederjacke anzugreifen. Aber der war selber Schuld gewesen. Was mußte er ihn auch anrempeln...
Tom kam immer recht spät ins \'Mexican\'. Deshalb hatte er noch in der Schlange gestanden. Der große Kerl war doch tatsächlich so dreist gewesen, sich vor ihm in die Reihe zu stellen. Das war nichts, was er auf sich sitzen lassen konnte. Schon gar nicht der vielen Mädels, in ihren bauchfreien Tops, wegen. Leider hatte der schnell eskalierende Kampf sie weiter auf den Parkplatz zurückgedriftet. Doch er war sich sicher, daß viele bewundernde Blicke auf ihm liegen würden.
Sein Gegner war groß und massig, und seine Schläge kamen wie Dampfhämmer daher. Tom hatte Achtung vor dieser Kraft, doch er wußte, daß er es schaffen konnte. Beinahe mühelos blockte er die Schläge seines Gegenüber ab und lenkte sie ins Leere. Er tänzelte um ihn herum, ja, er wurde gerade erst mal warm. Hätte sein Gegner vermutet, was in ihm steckt, dann wäre er sicher schon geflohen.
Wieder wich Tom einem besonders harten Schlag aus und die Lederjacke stolperte an ihm vorbei. Toms Bein schoß vor. Der andere stolperte darüber und landete lang im Dreck des Parkplatzschotters. Wie er überhaupt aussah mit seiner zerschlissenen Lederjacke. Komplett in schwarz war er hier aufgetaucht. Wen er damit wohl beeindrucken wollte?
Mit einem wütenden Schnauben war der Fremde wieder auf den Beinen. Schade, er blutete nichtmals.
Schneller, als Tom gedacht hatte, sein Gesicht zu einer Maske der Wut verzerrt, stürzte er sich brüllend wieder auf Tom. Wow, der Schwarze drehte noch mal richtig auf. Er war definitiv schneller geworden. Als hätte er vorher nicht alles gegeben. Verbissen drosch er auf Tom ein.
Tom gab nun seinerseits auch alles was in ihm steckte. Doch es kristallisierte sich heraus, daß der Große schneller noch als er selbst war. Doch Toms Training sollte sich heute endgültig auszahlen. Während der andere blindlings um sich schlug, erahnte Tom die nächsten Schläge bereits in den Augen seines Gegenübers. Ein verräterisches Aufblitzen hier und ein auffälliges Zucken da. Tom war sich wohl bewußt, daß er die Schläge nur durch konzentriertes Beobachten abwehren konnte. Das große Problem dabei war, daß er zwischendurch auch mal einen Schlag landen mußte.
Jetzt war Zeit für einen besonderen Auftritt. Sorgsam begann er den Kampf in eine Richtung zu wenden, die ihm einen freien Rücken bieten würde. Da! Ein passender Schlag gegen Toms Kopf. Tom drehte sich geschickt zur Seite, machte einen schwungvollen Schritt nach hinten und nutzte die Energie seiner Bewegung für einen rückwärtigen flic-flac. Hart trafen seine Hände auf den scharfkantigen Schotter. Doch als Tom wieder auf den Beinen war, war er gute zwei Meter aus der Reichweite des Angreifers gekommen, obwohl dieser schon nachsetzte.
Sein Gegenüber kämpft nur mit den Fäusten. Tom wußte dagegen, seinen ganzen Körper einzusetzen. Ein Schritt auf die nächstgelegene Stossstange, ein weiterer mit einer halben Drehung auf die Motorhaube. Dann gab Tom alles was seine Sprunggelenke hergaben. Er katapultierte sich mit einer vollendeten Drehung in Richtung des Gegenübers. Ja! Volltreffer! Der Kiefer des Getroffenen dankte den Tritt mit dem Geräusch eines brechenden Astes. Der Kopf des Typen wurde hart nach links geschleudert, ruckte aber augenblicklich zurück. Das Gesicht von Zorn und einer gebrochenen Kinnlade entstellt, schlug er auch schon wieder zu.
Verflucht, das kann doch nicht... Während Tom noch seinen Sprung abfederte traf ihn die Faust der Lederjacke mit der Wucht einer Dampfwalze an der linken Schulter. Tom wurde herum gewirbelt und fand sich auf der Motorhaube des nächsten Wagens wieder.
Der Schwarze drehte sich in die Runde und brüllte die Umstehenden mit irgend etwas Unverständlichem an. Tom verstand nur ein lauthalsiges "VERSCHWINDET!" am Ende des Satzes.
Toms drehte probehalber die Schulter und ein heftiger Schmerz durchzuckte ihn. Das Schlüsselbein war irgendwie ausgehakt. Jede Bewegung wurde neben den Schmerzen mit einem lauten \'Knock\' beantwortet, als sein Schlüsselbein über den Schulterknochen schabte und dann abrutschte. Tom preßte beide Handflächen vor seiner Brust gegeneinander und senkte den Kopf. Er hörte in sich hinein und lokalisierte den Schmerz. "Ignorier ihn. Ignorier ihn. Ignorier ihn." intonierte seine innere Stimme wie ein sich endlos wiederholendes Mantra.
Da wirbelte die Hackfresse auch schon wieder herum. Doch Tom war diesmal schneller. Er wußte, daß er jetzt seine Chancen nutzen mußte, sonst würde ihn der Fremde noch zu Brei verarbeiten. Spätestens jetzt waren Tom alle Mittel recht. Noch während der Große zu ihm herumwirbelte traf ihn ein Tritt in die Eier. Ja. Mitten in die Zwölf frohlockte er innerlich. Er setzte ohne zu Zögern nach. Seine Rechte traf den Kehlkopf des Hünen. Blitzartig ging Tom in die Hocke und drehte sich dabei um seine eigene Achse. Hart traf sein Fußfeger das Wadenbein des Schwarzen. Der lange Kerl wankte, wollte aber einfach nicht fallen. Tom warf sich vollends zu Boden, stütze sich gegen den Untergrund ab und trat erneut gegen die Beine des Arschlochs.
Doch schon im Fallen trat auch sein Gegner noch mal zu. Schwer trafen Tom eisenbeschlagene Springerstiefel an Gesicht und Schulter, erst dann fiel er neben Tom zu Boden.
Der Schmerz zerriß Tom nahezu in seiner Körpermitte entlang seiner Wirbelsäule. Bitterer Gallengeschmack machte sich in seinem Mund neben mindestens zwei abgebrochenen Zähnen breit. Sein Schlüsselbein hatte sich nun vollends aus der Verankerung gelöst und war durch seine Haut nach außen geplatzt. Die Wucht der schweren Stiefel hatte den Knochen sogar durch sein shirt gebohrt. Blut pulsierte aus der Wunde.
Ein Wort, das nach "Sseisse" klang kam durch Toms Zahnlücken. Müde blickte Tom über den gefallenen Riesen neben ihm. Dann schwenkte er seinen Blick über die Reihen der Schaulustigen. Doch alle waren fort. "Ssei...". Wieder wollte dieses Wort über seine Lippen kommen, doch er brach ab - es hörte sich nicht gut an.
Neben ihm wälzte sich ein schwarzer Berg herum, richtete sich halb auf und zog seinen Körper ruckweise zu sich heran. Hilflos sah Tom mit an, wie er immer weiter unter den Körper des anderen gezogen wurde. Die Fresse seines Kontrahenten war jetzt fast über ihm.
Da fanden die wild umhersuchenden Finger Toms in seinem Hosenbund endlich das Gesuchte. Er zog eine unförmigen Metallgegenstand - eine Gaspistole - hervor und drückte hastig aus nächster Nähe ab. BANG! Der Krach hallte von den umstehenden Wagen zurück und betäubte Toms Trommelfell. "Headshot!" jubelte Tom innerlich.
Doch die neue Wunde schien den Schwarzen nicht sonderlich zu stören. Seine Pupillen zuckten wild umher und seine Lippen entblößten etwas, daß im Schein einer fernen Laterne hell aussah. Verflucht! Das waren Zähne! Ein tiefes Knurren drang aus der Kehle der Lederjacke und seine Fänge gruben sich in seine blutende Schulter.
Toms Augen schlossen sich und mit flimmernden Lidern erlebte er den besten Orgasmus seines Lebens. Dann kam die Müdigkeit und Tom glitt in einem seeligen Schlaf. Als er die Augen wieder aufschlug lag er auf dem Schotter eines Parkplatzes zwischen den parkenden Autos und sah im Schein der Laterne eine große Gestalt mit einer schwarzer Lederjacke über einen Zaun hinwegsetzen. Dann verschwand er in der Dunkelheit.
Toms Kopf fiel zur Seite - er würde noch ein wenig schlafen...