Alexander war schon nervös geworden. Wenn der Kerl, Marcus Giovanni, wie er sich daran erinnerte nicht zur angegebenen Zeit erschien, was dann? Auf jeden Fall drehte es das Ruder ein wenig rum. Wobei das auch nicht wirklich stimmte. Er hatte bisher noch nichts recherchiert. Aber das sollte er vermutlich noch nachholen. Ein kleiner Besuch bei dem Herrn Giovanni und die Sache wäre vermutlich schon erledigt.
Er hatte mit dem Gedanken gespielt Greg anzurufen. Ein paar Fragen hätte er ja gehabt. Und mit der Aussage ein gewisser Giovanni wolle ihn sprechen die Reaktion betrachtet. Dafür war die Nacht allerdings vermutlich noch zu jung.
Und dann war Marcus auch schon da. Er erkannte ihn nicht von dem Treffen im Kunstmuseum wieder. Da hatte er so viele Gesichter gesehen und nur wenige waren in ihm hängen geblieben. Daher stand er erst auf, als Marcus fast schon an seinem Tisch stand und nahm die Hand entgegen. Bewusst darauf achtend, ob sie warm oder kalt war kamen die Worte über seine Lippen ohne weiter darüber nachdenken zu müssen. „Schön, dass sie erscheinen konnten, Mister Giovanni. Darf ich ihnen etwas zu trinken anbieten oder möchten sie direkt zum ‚wirtschaftlichen Aspekt’ dieses Treffens kommen?“ Er erzeugte einen etwas festeren Händedruck als er ihn üblicherweise entgegen brachte. Es war nicht schmerzhaft, sondern demonstrierte lediglich, dass er die Dinge fest in der Hand hatte. Zumindest sollte diese Geste das demonstrieren.
Marcus war allein erschienen und trug einen Anzug. Für Alexander hieß das nun, es konnte jemand sein, der wirklich wirtschaftliche Interessen besaß oder der wirklich Schutzgeld erpresste und das erst mal auf eine pseudofreundliche Art versuchte. Auf beides war er vorbereitet. Auf jeden Fall wollte er Marcus die erste Warnung zukommen lassen und tippte klimpernd gegen das Glas Bloody Mary, woraufhin die Musik etwas umsprang. Ein eindringlicher, alter Bass ertönte vor der ersten Zeile.
Ah ah ah ah ah ah.
I feel free.
Ah ah ah ah ah ah.
I feel free.
Viel Spaß Mister Giovanni.
Die Schlosser-Bar schmiegte sich in eine Straßenecke. Verchromte Tische und Stühle, bildeten die Sitzgelegenheiten und reflektierten das Licht eines überdimensionalen Vorhängeschlosses aus blauen und roten Leuchtstoffröhren. In Glasvitrinen fanden sich eine Reihe von unterschiedlichen Schlössern. Er hatte versucht hier einen gewissen Stil zu kreieren. War dabei allerdings ziemlich gescheitert. Das Licht in den Vitrinen war zu hell und die Theke funkelte daher wie eine Bordelltür, was dem ganzen eher den Charme eines Puffs verlieh, als einer gesitteten Bar.
Wie häufig mussten die Barkeeper schon Leute abwimmeln, die hier nach einer schnellen Nummer gefragt hatten? Alexander wusste nur eines. Hier musste restauriert werden. Und diesmal würde er es anders anstellen. Sollte ihm dabei noch mal dieser Kerl von Innenarchitekt zwischen die Finger kommen, würde er auch zwischen seine Fänge geraten. Einen Moment lang ermahnte er sich selbst. Nein, eine Leiche brauchte er nicht im Keller.