[20.05.2008] Vernetzt

"Ich bin mir der Sensibilität des Themas bewusst und es ist einer der Gründe weshalb ich das Gespräch mit Fonti suchte. Ein wenig umsichtiges Handeln könnte sowohl die Beziehung zwischen mir und der Person belasten als auch dazu führen das er den Dienst nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren mag.
Meines Strategie hinsichtlich der Problematik ist die belastenden Informationen fern zu halten. Die genauen Umstände, die Benennung der Beteiligten ist sicherlich nicht nötig wenn es darum geht ein Leben zu retten."

Es war nicht unbedingt das was Michael gesagt hatte, jedoch eine naheliegende Vorgehensweise. Allein schon weil es schwer würde die Taten der Personen zu prüfen.

Vicente nahm sich durchaus die Zeit die Worte des Don, dessen Frage anzunehmen und seine Antwort nicht zu hastig zu gestalten.

"Bei meinem ersten Gesprächen mit Fonti erwähnte ich deutlich das ich vor meiner Ankunft hier Kontakte zu russischen Geschäftspartnern unterhielt sowie für vermittelnde Gespräche tätig war.
Es ist mir durchaus bewusst das eine Kontaktaufnahme meinerseits als Anlass zu weiteren Misstrauen gesehen werden kann. Gerade hinsichtlich Angestellter sowie Soldaten welche es beobachten."

Hinsichtlich des weiteren Misstrauen Fontis hatte Vicente nur bedingt den Eindruck das es ausbaufähig war. Den weiteren Punkt hatte er durchaus nicht aus dem Blickfeld verloren. Selbst wenn ihn die Männer noch nicht kannten, es bestand die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit der Wiedererkennung.

"Der Anlaß weshalb ich es dennoch in Betracht ziehe sind meine Geschäftsbeziehungen. Man wird wissen das ich Bolzano vor einer Woche verlassen haben. Es wird wohl für einige Unstimmigkeit sorgen sollte ich meine Präsenz nicht bekannt geben.
Wenn sie mich bereits für einen Spion halten wenn ich sie nun aufsuche, wie werden sie dann wohl verfahren wenn sie den Eindruck erhalten das ich sie mied, mich versteckte.
Mein Anliegen mit dem Handeln wäre ihnen zu begegnen wie es die Umgangsformen verlangen."

Er machte eine Pause. "Ich habe in Betracht gezogen einen längeren Aufenthalt in Hamburg oder eine weitere Reise vorzuschieben, allerdings befürchte ich wird es allzu offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechen.
Meine Gestalt ist recht auffällig und die privaten und geschäftlichen Fortschritte werden wohl einen längeren Aufenthalt nahelegen."

Für Vicente stellte die Aussicht darauf russisches Roulette mit einem Cafe Besuch zu spielen keine sehr angenehme, erstrebenswerte Beschäftigung da. Dennoch schien es unter den gegebenen Umständen als ein notwendiger Schritt.
 
"Nun, ich kann Dir nichts vorschreiben, aber an Stelle von Fonti wäre ich über diese Kontakte nicht glücklich und es wäre möglich das sie der Grund sind für dessen Zurückhaltung. Umgekehrt würde ich an Deiner Stelle nicht damit rechnen das die Russen in der momentanen Lage Dir gegenüber entgegenkommend sind. Du steuerst da einen riskanten Kurs. Wer sich in der Mitte aufhält wird oft von beiden Seiten erschossen.
Das mit dem Aufenthalt in Hamburg kann ich für Dich engagieren. Ich werde mit einer milden Gabe dafür sorgen das Daten über Deinen Aufenthalt dort vorliegen, unter anderem wirst Du am Zoll am Hamburger Flughafen eine Schachtel Zigarren und eine Flasche Whiskey verzollt haben und in einem renommierten Hotel in der Innenstadt abgestiegen sein. Die Kosten dafür werde ich Dir in Rechnung stellen, aber Du wirst dadurch keine Armut leiden müssen."
 
Vicente hob ob der Worte des Don irritiert die Augenbraue. Das letzte halbe Jahrhundert hatte er in seinem Heimatort zwischen seinen italienischen Landsmännern und seinen russischen Brüder vermittelt. Es lag noch etwas weiter zurück das er auch mit den Russen Geschäfte machte. Die russische Sprache war neben Deutsch die einzige lebendige Sprache die er gelernt hatte und stach dadurch hervor die einzige Sprache zu sein welche er sich nicht mit direkten Blick auf sein Studium angeeignet hatte. Dennoch beherrschte er sie weitaus akzentfreier als das Deutsche.

"Natürlich habe ich ebenso deutlich dargelegt das Blut dicker ist als Wasser. Ich habe desweiteren mit meiner Tat, mit dem Mord bewiesen das ich mein Blut, meine Landsleute vor die Verstrickungen mit Russen stelle. Das ich bereit bin für die Familie meine Bindung zu diesen zu gefährden. Stattdessen behandelt man mich wie einen Fremden, nimmt es nicht einmal zur Kenntnis geschweige den das man sich auch nur zu einer kleinen Gabe bereit zeigt."
Es war das eine für einen normalen Mord keine Anerkennung zu finden, das andere für einen solchen der eine klare Aussage darstellte.

"Ihr habt mir Fonti empfohlen und obwohl Ihr der Ansicht seit das er mich zurecht behandelt wie einen Fremden bin ich ihm wie einem entfernten Verwandten begegnet. Es wäre nicht nur unehrlich sondern ebenso ein Zeichen mangelnden Respekt gewesen wenn ich meine Verstrickung in die Angelegenheiten der russischen Seite, meine Geschäfte mit diesen und wichtiger noch meine Verhandlungsposition nicht dargelegt hätte."
Tatsächlich ging Vicente sogar davon aus das zu der Beschreibung seiner Person gehörte die der alte Don neben der Empfehlung weitergereicht hatte. Wenn bereits dies fehlte, welche anderen wichtigen Details wurden noch ausgelassen?

"Ihr wisst in welcher Art und Weise ich innerhalb dieser 'Mitte', wenn man den Berich so nennen mag, gehandelt. Jahrzehnte lang habe ich dergestalt in Bolzano gelebt. Es ist mir vertraut, ein gewichtiger Teil meines Handels.
Das ich in Gefechte wie dem letzten dergestalt eingreife stellt eine Ausnahme dar."
Wenn eine Leistung wie diese nicht anerkannt wurde stellte es für den Vampir ein Problem dar. Er war gut, sehr gut, darin Leute zu foltern, aus Toten Informationen zu holen, verfügte über die Abwesenheit von Skrupel und vermochte auf russisch ohne Vorurteile zu verhandeln. Für Aufträge wie Einbrüche oder Morde war er nur sehr eingeschränkt geeignet. Wenn daran die Akzeptanz hing,.. er verzichtete darauf den Gedanken fortzuführen.

"Weder kann noch möchte ich dies hinter mir lassen. Selbst wenn die Gefahr wie von Euch ausgeführt versteht.
Das Angebot des Arrangements ehrt euch mein Freund und gerne würde ich darauf zurück kommen." Es folgte eine Pause. "Ich verfüge jedoch über kein Einkommen."
Der Blick senkte sich zum Boden.
Er arbeitete als Bestatter und hatte nie nur das eigene Beerdigungsinstitut geführt. Dazu musste allein in den letzten vier Tagen die Unterkunft dreimal wechseln, die beiden Ghule natürlich mitversorgen. Normalerweise überließ er Sebastiano die Finanzen allerdings vermochte selbst er abzusehen das der Erwerb zweier Gebäude, die notwendigen Renovierungsarbeiten, die Einrichtung des Institut selbst mit einer großzügigen Spende von Michael seine Finanzen wohl an die Kapazitäten brachten.
Der Whiskey und die Zigarren waren wohl kein Problem, Wochen in einem renommierten Hotel hingegen. Er versuchte es zu überschlagen, abzuschätzen.
 
"Bedenke das nicht jede Seite solch enge bindungen unterhält wie wir. Die Russen arbeiten oft eher in von einander unabhängigen Strukturen. Niemand kann Dir garantieren wie ihre Vertreter in Finstertal mit dieser Angelegenheit umgehen werden. Tu was Du für richtig hältst, aber geh nicht davon aus das Du derzeit bei diesen Leuten willkommen bist...es ist imnicht die Zeit für Frieden in Finstertal, daher wäre es vielleicht besser sich derzeit nicht aus der Deckung zu begeben. Dies ist mein Rat, aber Du musst tun was Du für richtig hälst.
 
"Ich bin mir natürlich der Unterschiedlichkeit der Struktur, der Andersartigkeit der Bindungen bewusst. Es gibt natürlich keine Garantien wie die hiesigen Vertreter auf mich reagieren werden. Gerade Angesichts das ich in diesem Bereich keine so starke Fürsprache wie durch Euch genieße.
Dennoch, wenn die Zeit gekommen ist und man reden muß, sei es nicht zn des Friedenswillen sondern der gemeinsamen Feinde die ihr erwähntet, werde ich bereit stehen. Mein Talent offerieren.
Ich gehe davon aus das einem Mann wie Hergül oder Fonti die neuen Fronten natürlich schon bewusst sind?
Ansonsten danke ich Euch für euren Rat und mag gerne auf euer Angebot zurück kommen. So bald ich die Mittel habe werde ich natürlich geben was Euer ist"
 
"Welche neuen Fronten? Du meinst die anderen kriminellen Organisationen? Nun, die agieren schon lange in Finstertal. Aber die Öffnung der EU nach Osten und irgendwelchen mysteriösen Vorfälle in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion sorgen dafür das viele Osteuropäer in den Westen drängen, das hat dazu geführt das sich die Kräfteverhältnisse verschieben. Ich denke Hergül wollte nur einmal ein Zeichen setzen im Sinne von: Bis hierher und nicht weiter. Ich fürchte nur das er die Russen und ihre Entschlossenheit falsch einschätzt. Das bisher dezent auftretende Fraktionen wie die Chinesen und Kolumbianer im Windschatten dieser Auseinandersetzung jetzt mutiger werden könnte das Fass schnell zum Überlaufen bringen.
Geh nicht davon aus das Hergül das alles wie ein Schachgroßmeister durchdacht hat. Dieser Mann reagiert hie und da emotional um damit seine Macht zu demonstrieren. Er könnte Deine Versuche Frieden zu stiften in dieser Phase des Konflikts falsch verstehen.
Der alte Don sprach nun eindringlich zu Vicente.
"Jetzt ist noch nicht der Zeitpunkt für Frieden. Es gibt böses Blut in Finstertal und so lange nicht alle beteiligten Fraktionen ihren Anteil daran vergossen haben wird niemand nach einem Unterhändler rufen. Wenn die Geschäfte zu leiden beginnen und die ersten Frauen ihre Männer begraben haben wird sich das ändern. Dann ist Deine Zeit gekommen."
Der Don trank einen Schluck Vino wie Vicente durch den Hörer mitbekam.
"Nun Vicente, Du weisst ich bin ein alter Mann und brauche viel Schlaf. Lass uns an einem anderen Abend weitersprechen. Es wird Zeit das ich zu Bett gehe. Gehabe Dich wohl und der Segen der Mutter Gottes sei mit Dir."
Nach Vicentes Verabschiedung beendete der alte Mann das Telefonat.
 
Vicente verabschiedete sich wie es angemessen war, freundlich. Für den guten Rat dankend.
Das entsetzen darüber das Hergül kein Schachgroßmeister war, kein Stratege verbarg er. Es war vielleicht wohl ein Ansatzpunkt mit dem arbeiten konnte anstelle dem neuen quasi Don Inkompetenz vorzuwerfen und es sich mit der eigenen Seite zu verbrennen während der Grund bei den Russen latent vor sich her glimmte.
 
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