Mortimer Lych
Memento Mori!
- Registriert
- 22. September 2014
- Beiträge
- 48
Der Bauch der Lufthansamaschine öffnete sich und gab einen recht guten Blick auf die Finstertaler Skyline frei. Noch immer nieselte Regen in winzigen Tropfen vom Himmel. Lichter spiegelten sich in zahllosen Pfützen, die überall auf dem Rollfeld zu finden waren. Manche golden, manche weiß, nicht wenige im Blau der Landebahnbegrenzungsleuchten.
Der Vollgummireifen eines Gabelstaplers zeriss das anheimelnde Spiegelbild der Farben in einer schon fast sündhaften Gleichgültigkeit. Ohne sich seiner Verfehlung bewusst zu sein steuerte das Gefährt auf die geöffnete Ladeluke zu. Sorgsam hoben sich die Gabeln die dem Stapler seinen Namen gaben. Vorsichtig schoben sie sich voran und beinahe zärtlich unter eine länglich weiße Kiste. Der Fahrer schaltete sein Gefährt in den Rückwärtsgang und hob die Fracht ins Freie. Hier blitzten Lichter auf weißem Lack, flackerten über Griffe aus poliertem Eisen und eine kunstvoll gearbeitete Intarsie auf dem Deckel des Behältnisses das einen sich stolz erhobenen fahlen Hengst zeigte. Der Arbeiter am Steuer des Gabelstaplers kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. In seinen zwanzig Jahren am Flughafen hatte er schon so manches gesehen und erlebt, außerdem er war Finstertaler und damit einiges gewohnt, aber nie zuvor hatte einen derart kostbar wirkenden Sarg aus dem Bauch eines Flugzeuges geholt.
Der Mann entschied schnell das er mit solcherlei Dingen nichts zu tun haben wollte, daher steuerte er ohne weiteres Zögern auf einen bereitstehenden Leichenwagen zu.
Empfangsbstätigungen wurden unterschrieben, Papiere hin und her gereicht, Hände geschüttelt und besorgte Blicke ausgetauscht. Dann trennten sich die Männer wieder. Der eine Richung Flugzeug, der andere zu einer extra angemieteten Leichenhalle in der Innenstadt.
*Als ob es hier nicht auch so schon genug Tote gegeben hätte!*, dachte der Fahrer bei sich, würde dies aber niemals laut aussprechen. *Jetzt fliegen wir sie auch noch ein!*
Etwas mehr als eine halbe Stunde später war der Sarg entladen und aufgebahrt. Ganz so, wie es aufgetragen war. Ungewöhnlich aber gut bezahlt. So gut, dass sich weitere Fragen erübrigten. Dem Menschen Wille sein Himmelsreich, wie es so schön hieß. Die Türen der Leichenhalle schlossen sich, Dunkelheit und Stille übernahmen das Regiment.
Nur für einen Augenblick, denn schon zeriss ein dumpfes Schaben die Stille der Nacht. Vier mal, als ob Halteriegel ergriffen und an die Seite geschoben wurden. Quietschend hob sich der Deckel des Sarges. Ein halb verwester Leichnam setzte sich auf. Die Dunkelheit der Kammer machten es dem Toten unmöglich sich zu orientieren, daher griff er zu seiner Linken um eine Petroliumlampe hervorzuholen. Glas hob sich, ein Streichholz flammte auf und entzündete den Docht. Der Leichnam drehte an einem Rad der Lampe und stellte sorgsam die Lichtstärke ein. Fast schien es, als wäre es ihm wichtig kein Licht zu verschwenden. Nicht Pertroleum, nicht Energie, sondern allein die Helligkeit die er hatte entstehen lassen.
Als er endlich zufrieden war, entstieg der Tote seinem hölzernen Bett. Er war in einen maßgescneiderten Anzug gekleidet, der seinen hageren Körper ein wenig schlacksig wirken ließ. Ein weißes Hemd und eine noch duftende weiße Lilie im Reverse rundeten das Bild ab.
Sorgsam verschloss er als nächstes den kostbaren Sarg. Wie zum Abschied strich seine Hand über die kunstvolle Intarsie des Deckels, dann trat er nach draußen in die Nacht. Wie verabredet und gewünscht waren alle Zugänge unverschlossen. Der Tote hoffte, dass niemand aus dem Bestattungsunternehmen besonders neugieriger Natur war. Es würde ihm nicht sonderlich gut bekommen, denn der Tote war nicht nur eindeutig verstorben die Folgen dieses Umstandes hatten auch bereits seinen Körper angegriffen. Seine Haut war fahl und eingefallen, durchsetzt von eklig modrig scharzen Schlieren die glänzten wie Speck es manchmal tat wenn er zu lange in der Sonne gelegen hatte.
Der Tote sah in die Nacht hinaus. Genießerisch sog er den Duft der Nacht ein, der dank seiner Anwesenheit einen deutlich schwersüßlichen Geruch mit sich trug.
"Soso! Dies ist also Finstertal. Ich hatte es mir irgendwie größer vorgestellt..!?", murmelte der Mann und überquerte den Friedhof. Dabei zogen sich die Schatten um ihn zusammen. Gleichzeitig tat der Tote einen Schritt außerhalb des ihn umgebenden Interesses. Es würde besser sein, wenn man ihn nicht sah.
Eigentlich war es immer besser, wenn man ihn nicht sah.
Und doch rief man ständig nach ihm. Die Schizophrenie des Seins und ein weiterer Beweis für die Existenz Gottes. Nichts sonst, nicht einmal das Schicksal, konnte solch treffliche Pointen schreiben.
Der Tote grinste, wie Tote es manchmal taten.
Wusste er doch, dass ihm eine großartige Zeit bevorstand...
Der Vollgummireifen eines Gabelstaplers zeriss das anheimelnde Spiegelbild der Farben in einer schon fast sündhaften Gleichgültigkeit. Ohne sich seiner Verfehlung bewusst zu sein steuerte das Gefährt auf die geöffnete Ladeluke zu. Sorgsam hoben sich die Gabeln die dem Stapler seinen Namen gaben. Vorsichtig schoben sie sich voran und beinahe zärtlich unter eine länglich weiße Kiste. Der Fahrer schaltete sein Gefährt in den Rückwärtsgang und hob die Fracht ins Freie. Hier blitzten Lichter auf weißem Lack, flackerten über Griffe aus poliertem Eisen und eine kunstvoll gearbeitete Intarsie auf dem Deckel des Behältnisses das einen sich stolz erhobenen fahlen Hengst zeigte. Der Arbeiter am Steuer des Gabelstaplers kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. In seinen zwanzig Jahren am Flughafen hatte er schon so manches gesehen und erlebt, außerdem er war Finstertaler und damit einiges gewohnt, aber nie zuvor hatte einen derart kostbar wirkenden Sarg aus dem Bauch eines Flugzeuges geholt.
Der Mann entschied schnell das er mit solcherlei Dingen nichts zu tun haben wollte, daher steuerte er ohne weiteres Zögern auf einen bereitstehenden Leichenwagen zu.
Empfangsbstätigungen wurden unterschrieben, Papiere hin und her gereicht, Hände geschüttelt und besorgte Blicke ausgetauscht. Dann trennten sich die Männer wieder. Der eine Richung Flugzeug, der andere zu einer extra angemieteten Leichenhalle in der Innenstadt.
*Als ob es hier nicht auch so schon genug Tote gegeben hätte!*, dachte der Fahrer bei sich, würde dies aber niemals laut aussprechen. *Jetzt fliegen wir sie auch noch ein!*
Etwas mehr als eine halbe Stunde später war der Sarg entladen und aufgebahrt. Ganz so, wie es aufgetragen war. Ungewöhnlich aber gut bezahlt. So gut, dass sich weitere Fragen erübrigten. Dem Menschen Wille sein Himmelsreich, wie es so schön hieß. Die Türen der Leichenhalle schlossen sich, Dunkelheit und Stille übernahmen das Regiment.
Nur für einen Augenblick, denn schon zeriss ein dumpfes Schaben die Stille der Nacht. Vier mal, als ob Halteriegel ergriffen und an die Seite geschoben wurden. Quietschend hob sich der Deckel des Sarges. Ein halb verwester Leichnam setzte sich auf. Die Dunkelheit der Kammer machten es dem Toten unmöglich sich zu orientieren, daher griff er zu seiner Linken um eine Petroliumlampe hervorzuholen. Glas hob sich, ein Streichholz flammte auf und entzündete den Docht. Der Leichnam drehte an einem Rad der Lampe und stellte sorgsam die Lichtstärke ein. Fast schien es, als wäre es ihm wichtig kein Licht zu verschwenden. Nicht Pertroleum, nicht Energie, sondern allein die Helligkeit die er hatte entstehen lassen.
Als er endlich zufrieden war, entstieg der Tote seinem hölzernen Bett. Er war in einen maßgescneiderten Anzug gekleidet, der seinen hageren Körper ein wenig schlacksig wirken ließ. Ein weißes Hemd und eine noch duftende weiße Lilie im Reverse rundeten das Bild ab.
Sorgsam verschloss er als nächstes den kostbaren Sarg. Wie zum Abschied strich seine Hand über die kunstvolle Intarsie des Deckels, dann trat er nach draußen in die Nacht. Wie verabredet und gewünscht waren alle Zugänge unverschlossen. Der Tote hoffte, dass niemand aus dem Bestattungsunternehmen besonders neugieriger Natur war. Es würde ihm nicht sonderlich gut bekommen, denn der Tote war nicht nur eindeutig verstorben die Folgen dieses Umstandes hatten auch bereits seinen Körper angegriffen. Seine Haut war fahl und eingefallen, durchsetzt von eklig modrig scharzen Schlieren die glänzten wie Speck es manchmal tat wenn er zu lange in der Sonne gelegen hatte.
Der Tote sah in die Nacht hinaus. Genießerisch sog er den Duft der Nacht ein, der dank seiner Anwesenheit einen deutlich schwersüßlichen Geruch mit sich trug.
"Soso! Dies ist also Finstertal. Ich hatte es mir irgendwie größer vorgestellt..!?", murmelte der Mann und überquerte den Friedhof. Dabei zogen sich die Schatten um ihn zusammen. Gleichzeitig tat der Tote einen Schritt außerhalb des ihn umgebenden Interesses. Es würde besser sein, wenn man ihn nicht sah.
Eigentlich war es immer besser, wenn man ihn nicht sah.
Und doch rief man ständig nach ihm. Die Schizophrenie des Seins und ein weiterer Beweis für die Existenz Gottes. Nichts sonst, nicht einmal das Schicksal, konnte solch treffliche Pointen schreiben.
Der Tote grinste, wie Tote es manchmal taten.
Wusste er doch, dass ihm eine großartige Zeit bevorstand...