[18.05.2008] Knock, knock ... Who's there?

Demagyar

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Ca. zwei Stunden vor Morgengrauen fuhr der britische Bullide vor der Finstertaler Kunstakademie vor. Nicht, wie sonst üblich, mit quietschenden Reifen und aufheulendem Motor, nein, ganz ruhig und gemächlich...

Der wummernde Puls des eisernen Herzens des TVR erstarb und Alexander verließ das Fahrzeug. Ein leises, zweimaliges Piepen ließ die Zentralverriegelung ihren Dienst versehen und die Alarmanlage hochfahren.

Alexander richtete sein schwarzes Sakko und ging auf den Nebeneingang der Akademie zu. Er war heute in einen maßgeschneiderten schwarzen Anzug, weißes Hemd und eine schwarze Krawatte gewand.

An der Tür angekommen, welche heute scheinbar offen stand, betätigte er dennoch den schmiedeeisernen Türklopfer drei mal und schaute erwartungsvoll in die Überwachungskamera über der Tür. Dann trat er ein und lenkte seine Schritte in Richtung des Büros Buche.....nein....des Büros des neuen Prinzen - Lena Cruiz.

Seine Schritte hallten laut auf dem verlassenen Flur der Akademie...
 
Sehr weit musste er nicht gehen, der kleine Vorraum war schnell durchschritten.
Durch eine weitere Tür gelangte der Ventrue in das Büro des Sekretärs, dass häufig auch durch den bestellten Seneshall besetzt worden war.

Heute Nacht aber, saß die Prinz höchstpersönlich hinter diesem Schreibtisch und lächelte ihren Besucher freundlich an.
Auch wenn sie mittlerweile Prinz war, bot dieser Anblick doch seltsam vertrautes, zu lange hatte sie tatsächlich auch den Posten des Seneshalls inne gehabt. Es mochten nur wenige Nächte gewesen sein, realistisch betrachtet, aber anhand dessen was alles geschehen war, mochte es einem wie eine Ewigkeit vorkommen...
 
Alexander stockte nicht im geringsten in seinem Schritt, als er die Tür zum Büro Romeros durchschritt. Ein Lächeln hüschte über sein Gesicht. Dies war bei weitem kein Lächeln der Überschwänglichkeit oder der Verachtung - nein, dieses Lächeln war ernst gemeint. Es hatte etwas erfrischendes, dass die neue Würdenträgerin der Stadt Finstertal hier im Büro saß und sich nicht hinter der sicheren Eichentür ihres eigenen Büros versteckte.

Alexander trat, mit zwei Schritten Abstand, vor den Prinzen, beugte ein Knie und senkte das Haupt.

"Senora Cruiz, es ist mir eine Ehre!" begann der Ventrue und wartete, dass man ihm erlaubte den Kopf zu heben, bevor er fortfuhr...

"Ich beglückwünsche euch zu eurem neuen Amt und wünsche euch alles erdenklich Gute bei der Ausführung. Ich bin mir sicher, ihr seid der Führung der Domäne mehr als gewachsen und werdet den nötigen Schutz und alle einhergehenden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung Finstertals gewährleisten.

Ich muss mich für meine Abwesenheit bei der Verhandlung des Falles Oliver Buchet entschuldigen. Wie ihr unzweifelhaft wisst, habe ich durch die Gefangennahme und die darauf folgende Flucht aus der Mine der Garou schwerwiegende Verletzungen physischer, als auch psychischer Natur davon getragen. Ich muss der Tatsache ins Auge blicken, dass ich scheinbar durch den schwerwiegenden Heilungsvorgang meiner Wunden in Stasis verfallen bin und erst nach der Verhandlung wieder eine gesellschaftstaugliche Verfassung zurück erlangt habe. Dementsprechend war es mir nicht möglich, der Verhandlung beizuwohnen. Ich bitte dies zu entschuldigen, Prinz Cruiz!"

Alexander hatte die kniende Position beibehalten und würde es noch weiter tun, solange wie Lena ihn nicht aus dieser entließ.

Hier hieß es "Schadensbegrenzung" betreiten und das tat man am besten, in dem man Reue zeigte...
 
"Guten Abend Herr Stahl!"

Auch das Lächeln der Prinz war freundlich.
Sie wies Alexander an sich zu setzen, dann erst beantwortete sie seine Ausführungen.

"So sehr ich die Gründe für Ihr fernbleiben auch nachvollziehen kann, Herr Stahl... Die Ladung zur Verhandlung ließ keine Entschuldigungen zu und war unmißverständlich an alle Primogene und Amtsinhaber gerichtet. Gerade durch Ihre schrecklichen Erlebnisse in der Mine waren Sie ein unverzichtbar wichiger Zeuge. Nicht in Fragen der Gerechtigkeit und dem Ansinnen die tatsächliche Wahrheit aufzudecken, sondern auch bei der abschließenden Wahl des Prinzen. Ich hatte auf Sie gebaut, Herr Stahl! Auf Ihr Vertrauen in mich und Ihr Verständnis dafür, schlussendlich das richtige zu tun."

Die Entscheidung Lena zum Prinzen zu wählen, war zwar eindeutig aber doch erschreckend knapp ausgefallen. Einige ihrer Gegner mochten in dieser knappen Entscheidung eine Art Schwäche erkennen und sich in ihrer Ablehnung dadurch bestätigt fühlen. Eine zwei Stimmen mehr hätten da einen wesentlich deutlicheren Strich gezogen und kritische Stimmen bereits im Keim erstickt. (Oder wenigstens etwas leiser aufschreien lassen....)

"Ich war also gezwungen, Sie entsprechend des Reglements Ihres Amtes zu entheben und Ihren Status zu senken. Um es offiziell zu machen: Herr Stahl, Sie sind, bereits seit der gestrigen Nacht, nicht länger Primogen des Clans Ventrue. Ihr gesellschaftlicher Status beläuft sich fortan auf den Rang eines Ancilla. Moishe BenLevi hat bereits die Geschicke der Ventrue übernommen. Bezüglich aller weiteren Fragen Ihres Clans betreffend, wenden Sie sich bitte an ihn."

Soviel zum offiziellen Teil.
Lena heftete ihren Blick auf Alexander, man sah ihr an das sie nicht glücklich mit diesem Verlauf war.

"Jetzt mal unter uns, Alexander! Wir kennen uns nun schon so lange, haben allerlei Höhen und Tiefen durchgestanden. Was ist wirklich passiert? Warum waren Sie nicht da?"
 
Alexander erhob sich und ließ sich auf einem der unglaublich gemütlichen, unsäglich teuren, Sessel nieder und legte die Hände gefaltet in den Schoß. Dann lauschte er den Ausführungen der Lenas.

Mit einem abschließenden Nicken nahm er die Degradierung seiner selbst hin. Somit befand er sich wieder unter dem Fußvolk.

"Ich beschwere mich nicht, oder lege Veto ein über ihre Entscheidung, ... Senora Cruiz. Meine Abwesenheit ist unverzeilich und muss sanktioniert werden." schloss er die "Standpauke" des Prinzen ab. Was Lena bemerkte, war das leichte Zögern bei der Ansprache seiner Gegenüber. Wie sie bereits erwähnte, sie kannten sich schon ziemlich lange, deswegen ließ ihn die übliche Anrede mittels ihres Vornamens kurz stocken...Er saß der neuen Regentin gegenüber. - sie war nun Senora Cruiz.

Als sie dann den kurzen, aber förmlichen Teil des Besuches abschloss, lockerte sich die Haltung des Ventrue ein wenig. Möglicherweise sackten seine Schultern dabei ein wenig nach unten...

"Ich...mir ist es nicht gelungen meine Verwundung vollständig zu regenerieren, ohne auf einen großen Vorrat an Blut zurück zu greifen. Die Sache mit Zacharii hat nicht nur den Vorrat der Stadt, nein auch meinen persönlichen Vorrat massiv ausgedünnt, sodass mein Körper nicht die notwenigen Reserven stellen konnte."

Er hielt kurz inne und atmete, das erste Mal seit seiner Anwesenheit hier, einmal durch. Vielleicht fiel es Lena darüber hinaus auch auf, dass sich der Blick, der Ausdruck in den Augen des freundlichen Ventrue, gewandelt hatte. Es lag eine ungewohnte Härte in ihm...

"Ich...nein...ES hat sich die Vitae woanders geholt." begann Alexander die Ausführung.

"In den letzten Nächten drangen zwei unbekannte Personen in mein Anwesen ein und durchsuchten meine Privatgemächer. Dabei stolperten sie scheinbar über meinen leblosen Körper.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, saß ich in den blutigen Überresten dieser zwei Menschen. Wie gesagt...Es hat sich das Blut woanders geholt..."

Kurz flackerte die Gestalt eines jungen Mädchens mit blutiger Kleidung und verfetzter Kehle hinter der Regentin auf, sodass sich der Blick Alexanders für den Bruchteil einer Sekunde von dieser löste und zu dem Aktenregal hinter ihr zuckte. Dann war dieser Moment jedoch wieder vorüber...zurück blieben lediglich der Ventrue-Ancillae und der Prinz...
 
Es war anzunehmen, dass Alexander das Tier in seinem Inneren meinte, wenn er die Worte ES wählte. Aber jemand wie Lena, die selbst über längere Zeit besessen war, konnte solche Aussagen nicht leichtfertig abtun.

"Was meinen Sie mit ES? Ihren Hunger? Aufgestaute Wut? Und warum waren Sie bewusstlos?"

Vielleicht sollte sie nicht soviel Fragen auf einmal stellen, aber hinter den Aussagen des Ventrue lagen größere Probleme verborgen. Nicht nur für ihn, sondern für die gesamte Stadt und ganz besonders zur Wahrung der Traditionen.

"Verzeihen Sie, dass ich diesbezüglich nachhake, aber ich erkenne größere Probleme hinter Ihren Worten. Probleme derer wir uns annehmen müssen. Nehmen Sie sich also Zeit, Alexander und erzählen Sie mir alles was Sie können. In Ruhe und in der tiefen Gewissheit hier bei in Sicherheit und unter Freunden zu sein!"
 
"in Sicherheit...unter Freunden"

Alexander zog eine Augenbraue leicht in die Höhe. War er hier in Sicherheit? Konnte ihm überhaupt wer Sicherheit geben? Und was hieß dieses Wort überhaupt?
Und Freunde? Konnte man Freunde unter diesen untoten Bastarden der Vampirwelt haben? Ein Klüngel mit gleichen Interessen - Verbündete also. Vielleicht sogar soetwas wie Vertraute, aber Freunde?

"Wie ich bereits sagte, die Heilung meiner Wunden hat mehr Energie beansprucht, als mein Körper bereit stellen konnte, sodass ich das Bewusstsein verloren habe. Ich kann nicht sagen, ob das ganze sich Starre schimpft. Ich habe diesen Zustand noch nie mitgemacht und es ist ja auch nicht so, dass das in dem kleinen Reiseführer steht, welchen wir nach unsere Wandlung erhalten" gab Alexander leicht sarkastisch von sich.

"Jedenfalls hat irgendetwas das Tier in mir geweckt. Ich schätze, dass es der Herzschlag eines der Jugendlichen war. Das Tier vor meiner selbst aufgewacht und hat die beiden getötet und sich genommen, was es brauchte - ihr Blut."

Alexander saß Cruiz direkt an. Er hatte keine Angst vor etwaigen Bestrafungen.

"Die Vernunft hat dann kurz vor Sonnenaufgang wieder die Kontrolle übernehmen können. Da war es jedoch bereits zuspät gewesen."

Kurz schüttelte Alexander den Kopf, eine Bewegung, die etwas ziemlich menschliches an sich hatte - dieser Vampir hier war fern ab jeglicher Menschlichkeit
 
Wenigstens keine Besessenheit!

Langsam nickte die Monarchin.

"Was haben Sie mit den beiden Leichen gemacht? Können die menschlichen Ordnungsbehörden eine Spur zu Ihrem Heim zurückverfolgen? Ich hoffe, Sie konnten das Problem lösen!"

Kurz, war die Maskerade gefährdet?
Die vergangenen Wochen hatte die Hemmschwelle vieler Vampire auf ein nicht mehr zu akzeptierendes Maß gesenkt. Die vielen Kämpfe und Katastrophen schienen den Eindruck erweckt zu haben, dass die Maskerade in Finstertal keinen wirklichen Bestand mehr hatte. Dagegen musste unbedingt etwas unternommen werden.

Lena war entschlossen ihre Heimat zu befrieden. Dazu aber musste sie erst einmal eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Lage machen. Allen Fakten nach, die sie bisher in Erfahrung bringen konnte, sah es nicht besonders rosig aus. Und das waren nur die Dinge, die freiwillig an sie herangetragen wurden. Die berühmte Dunkelziffer sah mit Sicherheit schlimmer aus und das ließ ihr die Haare zu Berge stehen...
 
"Glauben sie mir, Senora Cruiz, die menschlichen Ordnungsbehörden sind das kleinste Pronlem für mich. Ich bin ziemlich weit in deren Organisationsstrukturen verflochten und weiß, ob etwaige Probleme in meine oder in anderweitige Richtung rollen. Ich habe mich gründlichst um die Überreste gekümmert..." ...eine Säge...ein Beil...5m² Teichfolie und das in dreifacher Ausführung. Sollte reichen! Und die Finster schluckt einfach alles! Wenn jeder Aasfresser wüsste, was in dem ollen Fluss liegt, würde er sich für Jahre keinerlei Gedanken über etwaige Nahrungsprobleme machen müssen!

"Ich habe das Problem gelöst. Es wird niemand in meine Richtung ermitteln können!"
 
"Dann ist wenigstens die Maskerade gewährt! Nach allem was war, müssen wir uns der alten Werte besinnen. Die Menschen müssen zur Ruhe kommen und vergessen was ihnen alles angetan wurde. Wenn nicht bald Ruhe einkehrt, werden sich die Sterblichen irgendwann gegen uns wenden."

Das Problem konnte gar nicht hoch genug aufgehangen werden. Viele Kainiten waren durch den Krieg verroht und hatten aus den Augen verloren was es hieß aus dem Verborgenen heraus zu agieren. Dazu noch die lästigen Caitiff, die nie gelernt hatten sich halbwegs anständig zu benehmen. Nicht nach Knigge, über so etwas konnte man hinweg sehen, sondern nach den Regeln des Überlebens. Die Traditionen hatten nicht umsonst so lange überdauert. Sie waren existentiell für den Fortbestand der kainitischen Art.

"Antworten Sie mir ehrlich, Alexander. Wie geht es Ihnen heute? Nicht nur körperlich. Was mich in erster Linie interesiert, wie geht es Ihrer Seele?"
 
Alexander legte den Kopf kurz schief und horchte in sich hinein...Tief in seinem Inneren vernahm er das nun allgegenwärtige Knurren des Tieres. Vor dem Vorfall war dies nicht so gewesen. Er war sich dessen zwar bewusst, konnte jedoch jederzeit die Gitter verstärken und die Bestie hinter diesen in Schach halten. Nun schien es jedoch so, als wenn die Gitter mit Eisenrost überzogen wären. Das letzte Aufbäumen des Tieres hatte einige der zuvor stabilen Eisenstanden aus der Verankerung gerissen, sodass es sich, zwar mit Mühe, aber dennoch hinaus zwängen konnte - wäre die sichernde Kette seines Willens nicht gewesen, würde das Tier möglicherweise noch jetzt herum streunen. Seine eiserne Willenskraft jedoch hatte dem Treiben des Tieres einen Riegel vorgeschoben und es wieder in seinen Käfig gedrängt.

"Mir geht es gut - wenn man das so ausdrücken kann. Ich bin mir der blutrünstigen Tat bewusst, die mein Körper getan hat. Aber wir sind nunmal Raubtiere auf zwei Beinen." Alexander verzog den Mund zu einem schiefen lächeln und richtete sich dann wieder auf.

"Mir geht es gut. Sie können auf mich zählen, eure Exzellenz"
 
Zweifel huschten über das Gesicht der Toreador.
Alexander wirkte nicht gerade wie ein ausgeglichener Mann. Aber er hatte sich in der letzten Zeit mehrfach bewährt und stets in der ersten Reihe gekämpft, Lena war ihm einen gewissen Vertrauensvorschuss schuldig. Auch wenn sie sich absolut nicht sicher war, dass sie damit richtig handelte. Stahl glich einem über die Maßen strapazierten Gummieband, Sekunden davon entfernt zu reißen und zielos durch den Raum zu flitschen. Aber gut, Prinz zu sein hieß auch schwierige Entscheidungen zu treffen.

"Das freut mich zu hören, Alexander! Es freut mich aufrichtig, dass es Ihnen etwas besser geht und ich hoffe sehr dass Sie bald wieder ganz der Alte sind. Bis dahin bleibt mir nur Ihnen meine Hilfe und Unterstützung anzubieten. Melden Sie sich bei mir wenn irgendwas ist. Jederzeit!"

Und mach um Himmelswillen keinen Unsinn!

"Wenn Sie keine weiteren Punkte haben, steht es Ihnen frei zu gehen. Es hat mich wirklich gefreut mit Ihnen zu sprechen!"
 
Alexander stand aus dem Stuhl auf und richtete sich sein Sacko. Er deutete eine leichte Verbeugung an und lächelte die Würdenträgerin freundlich an

"Senora Cruiz, ich bedanke mich dafür, dass ihr mich empfangen habt!
Habt Dank für eure großzügige Hilfsbereitschaft! Ich wünsche euch eine nicht mehr ganz so lange Nacht. Gehabt euch wohl!"

Alexander verließ den Raum, ohne Lena den Rücken zuzuwenden. Nicht aus Misstrauen, sondern aus Höflichkeit. Erst nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wand er sich um und verließ die Kunstakademie.
 
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