Magnus Eriksson
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- Registriert
- 18. Mai 2006
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Das sind sie also, die besorgten Bürger von denen man so viel hört, die patriotischen Europäer, die das Abendland beschützen wollen, dachte von Bredow mit einem Anflug von Belustigung. Links und rechts wurden Plakate hochgehalten und voller gerechtem Zorn geschüttelt. Keine Sharia in Europa, kann man dort lesen. Alibaba und die 40 Dealer. Ausweisung sofort, stand auf einem anderen.
Er sah sich erneut in der Kirche um, die diesmal als Treffpunkt der Protestierenden gewählt wurde. Die Bankreihen an deren äußerstem Rand auch von Bredow Platz gefunden hatte, waren gut gefüllt. Sogar in den Gängen standen noch einige von den Wutbürgern, johlten, klatschten oder reckten wütend die Fäuste an den Stellen in die Luft, wo es von ihnen erwartet wurde.
Seit von Bredow nach Finstertal gekommen war, hatte er schon einige von diesen Versammlungen besucht. Hatte nach Mustern in Abläufen gesucht und nach Köpfen, die dahinter steckten. Den Schreihälsen im Publikum galt dabei nur ein flüchtiges Interesse. Dies waren nur die Sympathisanten, Mitläufer und Marionetten und selbst wenn nicht, würden sie es bald sein. Denn von Bredow hatte beschlossen, heute Nacht seinen Zug zu machen.
Die meisten Menschen und auch eine überraschend große Anzahl von Kainiten, hingen noch dem antiken Ideal des Anführers an. Doch die Tage von Alexander von Mazedonien waren lange vorbei, wo ein Einzelner dank seiner individuellen Fähigkeiten an vorderster Front die Schlachten entscheidet. „Leading from behind“ oder heutzutage besser bekannt als die Obama-Doktrin würde es der Bewegung erlauben, ihre öffentlichen Gesichter zu behalten. Neben Napoleon und Frau Merkel zählte auch von Bredow zu den Anhängern dieses moderneren Führungsstils. Und war das am Ende nicht auch stets die Idee bei der Gründung einer Kamarilla?
Auch wenn er noch nicht die Erfahrung eines Ahnen hatte, wusste von Bredow, dass es Orte wie diese waren, egal ob Münchner Bierkeller oder Leipziger Kirchen, an denen Geschichte geschrieben wurde.
Im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen machte sich von Bredow keine Illusionen darüber, dass Vampire seit dem Bestehen der Maskerade bestenfalls eine Fußnote der Geschichte waren. Selbst die besten unter ihnen konnte Revolutionen nicht weit voraus sehen, geschweige denn erzeugen oder gar lenken. Selbst von Bredow hätte seine Mühe auch nur diese Kirche voll Bauernopfer länger als eine Nacht direkt zu kontrollieren, wie er sich ungern eingestehen musste. Es waren einfach zu viele von ihnen. Aber sehr wohl konnten die nächtlichen Parasiten von den Ereignissen profitieren und wenn von Bredow eins gelernt hatte, dann die Chancen zu nutzen, die der Lauf der Geschichte ihm bot.
Quis custodiet ipsos custodes?, fragte sich Juvenal Angesichts des Sittenverfalls im alten Rom. Ich, würde von Bredow ihm ohne zu zögern antworten.
Und so hielt er jetzt Ausschau nach des Pudels Kern, nach den Chef-Ideologen, den Vordenkern, den Strategen, Planern und Lenkern, um die Strippenzieher mit eiserner Hand im Samthandschuh zu beugen oder zu brechen und an seinen Fäden tanzen zu lassen.
Von vorne feuerte eine menschliche Stuka eine weitere Wort-Salve auf die Zuhörerschaft ab. Grölender Applaus. „Genau“, geiferte eine ältere Dame neben ihm. „Ganze Viertel haben die Ausländer bereits übernommen,“ schrie sie ihm ins Ohr, um den Lärm zu übertönen. Von Bredow nickte ihr zustimmend zu und erhob sich würdevoll, um zu applaudieren. Schnell folgten die anderen seinem Beispiel. Herde, Bauern, willensschwacher Pöbel. Ihr wisst doch gar nicht, was ihr wollt. Aber ich werde es euch mitteilen lassen. Seid unbesorgt, es wird zu unser aller Besten sein.
Zum Abschluss der Kundgebung wurden noch die drei Strophen der Nationalhymne angestimmt. Dann begann die Menge sich langsam aufzulösen. Die meisten strömten den Ausgang zu. Von Bredow blieb noch einen Moment im Gespräch mit der Gruppe von Leuten um sich herum stehen, konnte aber aus ihren wirren Gedankengängen keine neuen brauchbaren Informationen gewinnen. Immerhin ein paar Gesichter und Namen der kleinen Lichter für später. Dann bahnte er sich gegen den Strom einen Weg auf das Podium zu, vor dem sich der innere Kreis der Veranstaltung versammelt hatte. Dort hatte er Simon Kauwell ausgemacht, einen der Abgeordneten der Freien Wähler.
Die Partei der Freien Wähler gehörte inhaltlich zur politischen Mitte, ohne eine besondere Nähe zu den etablierten Parteien aufzuweisen. Je nach Themengebiet vertraten sie liberale, konservative oder sozialliberale Themen, was ihnen oft den Vorwurf des Populismus oder der Beliebigkeit eingebracht hatte, wohingegen die Freien Wähler in ihren Worten nach einer pragmatischen Politik jenseits ideologischer Festlegung strebten und parteiübergreifende Zusammenarbeit ausdrücklich begrüßten. Im Zuge der Finanzkrise der EU hat die Partei jedoch einen Rechtsruck erfahren und deutlich nationalistischere Töne angeschlagen.
Von Bredow ging auf einen der Ordner zu, die bei der Organisation halfen, der aber momentan Pause hatte, bis mit dem Abbau des Podiums begonnen werden konnte. Manche führen, stand vorne weiß auf schwarz in altdeutscher Schrift auf seinem Hemd und das hatte von Bredows Gefallen gefunden.
„He da, guter Mann,“ sprach er ihn an.“Ich würde gerne Herrn Kauwell sprechen. Können Sie mich ihm bitte vorstellen?“ Von Bredows Stimme war höflich, aber er machte nicht Eindruck, als würde er ein Nein als Antwort akzeptieren.
Er sah sich erneut in der Kirche um, die diesmal als Treffpunkt der Protestierenden gewählt wurde. Die Bankreihen an deren äußerstem Rand auch von Bredow Platz gefunden hatte, waren gut gefüllt. Sogar in den Gängen standen noch einige von den Wutbürgern, johlten, klatschten oder reckten wütend die Fäuste an den Stellen in die Luft, wo es von ihnen erwartet wurde.
Seit von Bredow nach Finstertal gekommen war, hatte er schon einige von diesen Versammlungen besucht. Hatte nach Mustern in Abläufen gesucht und nach Köpfen, die dahinter steckten. Den Schreihälsen im Publikum galt dabei nur ein flüchtiges Interesse. Dies waren nur die Sympathisanten, Mitläufer und Marionetten und selbst wenn nicht, würden sie es bald sein. Denn von Bredow hatte beschlossen, heute Nacht seinen Zug zu machen.
Die meisten Menschen und auch eine überraschend große Anzahl von Kainiten, hingen noch dem antiken Ideal des Anführers an. Doch die Tage von Alexander von Mazedonien waren lange vorbei, wo ein Einzelner dank seiner individuellen Fähigkeiten an vorderster Front die Schlachten entscheidet. „Leading from behind“ oder heutzutage besser bekannt als die Obama-Doktrin würde es der Bewegung erlauben, ihre öffentlichen Gesichter zu behalten. Neben Napoleon und Frau Merkel zählte auch von Bredow zu den Anhängern dieses moderneren Führungsstils. Und war das am Ende nicht auch stets die Idee bei der Gründung einer Kamarilla?
Auch wenn er noch nicht die Erfahrung eines Ahnen hatte, wusste von Bredow, dass es Orte wie diese waren, egal ob Münchner Bierkeller oder Leipziger Kirchen, an denen Geschichte geschrieben wurde.
Im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen machte sich von Bredow keine Illusionen darüber, dass Vampire seit dem Bestehen der Maskerade bestenfalls eine Fußnote der Geschichte waren. Selbst die besten unter ihnen konnte Revolutionen nicht weit voraus sehen, geschweige denn erzeugen oder gar lenken. Selbst von Bredow hätte seine Mühe auch nur diese Kirche voll Bauernopfer länger als eine Nacht direkt zu kontrollieren, wie er sich ungern eingestehen musste. Es waren einfach zu viele von ihnen. Aber sehr wohl konnten die nächtlichen Parasiten von den Ereignissen profitieren und wenn von Bredow eins gelernt hatte, dann die Chancen zu nutzen, die der Lauf der Geschichte ihm bot.
Quis custodiet ipsos custodes?, fragte sich Juvenal Angesichts des Sittenverfalls im alten Rom. Ich, würde von Bredow ihm ohne zu zögern antworten.
Und so hielt er jetzt Ausschau nach des Pudels Kern, nach den Chef-Ideologen, den Vordenkern, den Strategen, Planern und Lenkern, um die Strippenzieher mit eiserner Hand im Samthandschuh zu beugen oder zu brechen und an seinen Fäden tanzen zu lassen.
Von vorne feuerte eine menschliche Stuka eine weitere Wort-Salve auf die Zuhörerschaft ab. Grölender Applaus. „Genau“, geiferte eine ältere Dame neben ihm. „Ganze Viertel haben die Ausländer bereits übernommen,“ schrie sie ihm ins Ohr, um den Lärm zu übertönen. Von Bredow nickte ihr zustimmend zu und erhob sich würdevoll, um zu applaudieren. Schnell folgten die anderen seinem Beispiel. Herde, Bauern, willensschwacher Pöbel. Ihr wisst doch gar nicht, was ihr wollt. Aber ich werde es euch mitteilen lassen. Seid unbesorgt, es wird zu unser aller Besten sein.
Zum Abschluss der Kundgebung wurden noch die drei Strophen der Nationalhymne angestimmt. Dann begann die Menge sich langsam aufzulösen. Die meisten strömten den Ausgang zu. Von Bredow blieb noch einen Moment im Gespräch mit der Gruppe von Leuten um sich herum stehen, konnte aber aus ihren wirren Gedankengängen keine neuen brauchbaren Informationen gewinnen. Immerhin ein paar Gesichter und Namen der kleinen Lichter für später. Dann bahnte er sich gegen den Strom einen Weg auf das Podium zu, vor dem sich der innere Kreis der Veranstaltung versammelt hatte. Dort hatte er Simon Kauwell ausgemacht, einen der Abgeordneten der Freien Wähler.
Die Partei der Freien Wähler gehörte inhaltlich zur politischen Mitte, ohne eine besondere Nähe zu den etablierten Parteien aufzuweisen. Je nach Themengebiet vertraten sie liberale, konservative oder sozialliberale Themen, was ihnen oft den Vorwurf des Populismus oder der Beliebigkeit eingebracht hatte, wohingegen die Freien Wähler in ihren Worten nach einer pragmatischen Politik jenseits ideologischer Festlegung strebten und parteiübergreifende Zusammenarbeit ausdrücklich begrüßten. Im Zuge der Finanzkrise der EU hat die Partei jedoch einen Rechtsruck erfahren und deutlich nationalistischere Töne angeschlagen.
Von Bredow ging auf einen der Ordner zu, die bei der Organisation halfen, der aber momentan Pause hatte, bis mit dem Abbau des Podiums begonnen werden konnte. Manche führen, stand vorne weiß auf schwarz in altdeutscher Schrift auf seinem Hemd und das hatte von Bredows Gefallen gefunden.
„He da, guter Mann,“ sprach er ihn an.“Ich würde gerne Herrn Kauwell sprechen. Können Sie mich ihm bitte vorstellen?“ Von Bredows Stimme war höflich, aber er machte nicht Eindruck, als würde er ein Nein als Antwort akzeptieren.
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