[09.05.2008] Vater, wo bist du?

AW: [09.05.2008] Vater, wo bist du?

"Das erklärt aber noch lange nicht, warum du mich damals auf das Mordkommando gegen die Caitiff mitnahmst und warum du diesen Monstern nach wie vor hörig bist!", schnauzte Esteban empört ins Telefon. Wo ist denn da bitte die Logik???
 
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Julian Lorca:

"Du musstest es mit eigenen Augen sehen. Du musstest wissen, wie es ist, was es bedeutet. Und ich arbeite für sie, weil ich so etwas verändern kann. Ich töte für sie, damit ein größeres Übel bekämpft wird. Der Sabbat ist bei weitem schlimmer. Deshalb töte ich für sie. Und damit gewinne ich ihr Vertrauen."
 
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Die Situation, das Gesagte beanspruchte alle Grauen Zellen von Esteban. Ihm fiel es schwer, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Zu viel Misstrauen durchfloss ihn. Auch wenn er Julians Worten glauben und bei ihm Rückhalt finden wollte, so traute er ihm noch immer nicht. Was waren seine wirklichen Motive? Ein ganzes Jahrzehnt voll quälender Leere, Einsamkeit und Stille?

"Sag mal, hältst du mich für einen Idioten? Hättest du mich direkt in das System integriert, hätte ich sehr wohl gemerkt, dass das alles Bullshit ist! Wie damals, als ich nach Deutschland kam und all die Kids von der Straße auflas - sie wieder integrieren wollte und feststellte, dass der Staat nur aus einem Haufen hohler, bürokratischer und selbstbedachter Penner besteht. Die wollten doch gar nicht, dass die Kids wieder integriert werden. Die wollten doch, dass sie an einer Überdosis sterben, sich selbst aufgeben und ein Leben in Armut führen oder sich aus Verzweiflung umbringen. Somit sprichst du mir doch die Fähigkeit ab, selbst zu entscheiden, was richtig oder falsch ist. Und wie du siehst, kann ich das sehr gut! Mit so fadenscheinigen Argumenten führst du mich garantiert nicht hinter das Licht und in eine Falle, JULIAN!"
 
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Julian Lorca:

"Glaub mir, oder glaub mir nicht. Ich werde mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen. Du kommts schon gut alleine zu Recht. Das hast du immer. Und jetzt sag ich dir was, was ich dir noch nie gesagt habe: Ich bin Stolz auf deine Taten."
 
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War dies nur ein weiterer Trick? Wo blieb die nötige Überzeugung? Julian war doch kein Idiot! Der wusste ganz genau, was er tat oder bleiben ließ. Esteban hakte weiter nach.

"Nehmen wir an, dass ich dir glaube. Wer sagt mir, dass das, was du sagst, der Wahrheit entspricht? Wo bleiben deine Argumente? Und wo bleiben deine Erklärungen? Du weißt schon, dass ich einen Arsch voll offener Fragen habe, oder?!? Was sollte diese ganze Nummer? Okay, wir haben nun wirklich alle Zeit der Welt... Aber zehn verdammte Jahre?!? Zehn Jahre, Julian! Weißt du eigentlich, was ich in all der Zeit hätte bewirken können? Wem ich hätte helfen können? Und allem Anschein nach standen nur dein Ego und eine verquere Erziehungsmethode all diesen Taten im Wege - vorausgesetzt, dass ich dir glaube. Gehts eigentlich noch? Warum haben wir uns nie ausgesprochen? Warum hast du jedes Gespräch verweigert? Wir hätten uns abseilen können, Mann! Wir hätten wer weiß was erreichen können!"
 
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Julian Lorca:

"Du musstest lernen alleine zurecht zu kommen. Ich kann diesen Kampf nicht offen führen. Du jedoch... In einer solchen Stadt... Ja das kannst du! Und du wirst überleben, denn dazu habe ich dich ausgebildet, Sohn.!
 
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Eine vage Theorie dämmerte in Estebans Bewusstsein. Vielleicht erzählte Julian gerade wirklich die Wahrheit. Aber war seine alte Domäne wirklich derart verkalkt und festgefahren? Er konnte es nie selbst erfahren. Julian hielt ihn davon ab. Was, wenn es stimmte?

"Okay, Julian, eines muss ich zugeben: In Sachen Überleben hast du mir wirklich vieles beigebracht. Was ich aber nicht verstehe und weswegen ich dir nach wie vor misstrauisch gegenüber stehe ist die tatsache, dass du einen ganz anderen, wichtigen Aspekt vollkommen außen vor gelassen hast. Hat man dich beschatten lassen? Oder woran lag es, dass du nie offen mit mir über unsere Gesellschaft gesprochen hast? Wir hätten es so viel einfacher haben können. Wir hätten gemeinsam so viel erreichen können! Irgendwo anders, Mann! Das Resultat deines Vorgehens ist nun, dass du ein unbändig wütendes Kind hast, welches weder dir, noch sonstwem außer seinen Freunden traut und sich mit etwas Pech auf einem Höllentrip mit 170 km/h gegen eine Betonwand befindet."
 
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Julian Lorca:

"Man wird immer beschattet. Hab ich dir das nicht beigebracht? Das überall Tiere sind und dich beobachten? Viel Glück, Sohn."
 
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Esteban genügte es gerade mit dieser Unterredung. Julian wollte nicht kooperieren; er wollte seine Gedanken für sich behalten. Bitteschön!

"Gut, Julian. Wir verbleiben folgendermaßen: Ich tue erstmal so, als würde ich dir glauben. Du überlegst dir indes, wie du mich davon überzeugen kannst. Und bis dahin kommen wir uns beide nicht in die Quere!"

Esteban nahm das Mobiltelefon von seinem Ohr weg und drückte den roten Knopf. Verärgert schmiss er es auf den Beifahrersitz, startete den Motor und drückte wutentbrannt das Gaspedal durch. Die Maschinerie ächzte, der Wagen fuhr mit quitschenden Reifen los. Rollsplitt wirbelte unter dem Karosserieboden umher und eine Staubwolke bildete sich um die Hinterachse des Ford

"Mann, so'ne Scheiße!!!", fluchte er.
 
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