Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Bislang habe ich es so erlebt das nur körperliche und mentale Werte mit einbezogen werden *sich an eine lustige Runde mit 4 Strunzdummen Logik 1 Chars errinnert*
Sozial habe ich es bislang wirklich nur so gehabt das die Leute ihre Charaktere ausspielen wie sie "lustig" sind, das mag für einige langweilig klingen aber es waren bislang immer Charaktere mit einer deutlichen Persönlichkeit die zu irgendeiner Richtung tendiert ist.
Sei es der Streetsam der den armen kleinen Weisenkindern aus seinem ehemaligen Heim hilft und auch sonst eine soziale Ader hat. Der introvertierte reiche Sack der sich so reich gibt wie er ist. Der Hacker der die Realität nur noch als ein Spiel wahrnimmt und wirklich in der Matrix lebt und so weiter...

Charaktere die so ausgespielt werden wie der Spieler sich eben selbst darstellt, bzw. Entscheidungen nicht nach den interessen des Charakters fällt sondern nach seinen eigenen, finde ich auch langweilig.

Nur finde ich auch ein System welches "zu viele" Regeln für soziale Interaktionen bietet einfach nur lästig bzw. für meine Bedürfnisse unnötig. Was nicht heißen soll, das dies anderen keinen Spass macht...
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Das bedeutet also "Unsicherheit, Zufall und dadurch Spannung" ist bei sozialer Interaktion nicht gewünscht? [...] Die Verwendung der Worte "hingegen" und "um" (im Kontext) implizieren dies sehr wohl sehr stark.

Nein, das implizieren sie nicht. "Hingegen" steht in dem Fall offensichtlich für "andererseits", also
Andererseits lasse ich den Kampf gerne mal auswürfeln um eine gewisse Unsicherheit, Zufall und dadurch Spannung reinzubringen [was beim Kampf im Gegensatz zu sozialer Interaktion nötig bzw. sinnvoll ist].

Unsicherheit und Spannung sind automatisch bei (ausgespielter) sozialer Interaktion gegeben, weil unvorhersehbar ist, was und wie die Spieler etwas sagen, ja selbst die Ziele der Spieler sind für den SL oft nicht sehr eindeutig und können sich während des Gesprächs auch ändern. Umgekehrt sind die Ziele und Reaktionen des NSCs bzw. Spielleiters für die Spieler zu Beginn eines Gesprächs natürlich oft noch weniger zu durchschauen und so ergibt sich für alle Parteien Spannung und Unsicherheit.
Der Gesprächsausgang ist oft stark abhängig von der Gesprächsführung der Spieler. Bei Kämpfen ist die Zielsetzung dagegen meist sehr simpel und Kämpfe vollkommen ohne Würfeln würden aus meiner Sicht nur albern wirken (habe ich noch nie ausprobiert und werde ich auch nicht).
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Das wird halt spätestens dann doof, wenn der SL nicht der große Rhetoriker ist, und ständig von der Gruppe an die Wand gespielt wird...

Tja, andererseits ist das nur eine von vielen Anforderungen an einen "guten" Spielleiter. Im übrigen nehme ich an, dass bei den meisten Runden nicht gleich auf Charisma+Überzeugen oder so gewürfelt wird, sobald ein gesprächswilliger NSC am Horizont erscheint, sondern immer zumindest ein Teil des Gesprächs ausgespielt wird. Wenn der SL das nicht gut auf die Reihe bringt, dann reduziert das halt den Spaß.
Außer natürlich, wenn Dungeons leerzuräumen den einzigen Aspekt des Abenteuers darstellen und Gespräche nur aus "STIRB!" und "Scheiße, ich glaub ich bin tot." bestehen, aber das ist nicht so ganz meine Sache.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Nein, das implizieren sie nicht. "Hingegen" steht in dem Fall offensichtlich für "andererseits", also
Andererseits lasse ich den Kampf gerne mal auswürfeln um eine gewisse Unsicherheit, Zufall und dadurch Spannung reinzubringen [was beim Kampf im Gegensatz zu sozialer Interaktion nötig bzw. sinnvoll ist].
Okay. Da ich den Zusatz in der Klammer irgendwie verwirrend finde, ziehe ich mich zu meinen einfachgestrickten Weibern beim Autoscooter zurück.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Konsequent zuende gedacht, ergibt sich dann die Situation, dass man an Charakterwerten nur noch körperliche braucht, da soziale und mentale Fähigkeiten des Charakters immer nur so gut sein dürfen wie die des Spielers.
Das wäre z.B. der Fall in "Abenteuer in Magira". Dieser "Stiefbruder" von Midgard hat nämlich nur die Attribute Stärke, Geschicklichkeit und Konstitution. KEIN "mentales" Attribut. - Hier soll die Schlauheit, die Beredsamkeit, das Einfühlungsvermögen, die Überzeugungskraft des Spielers allein den Ausschlag geben.

Trotzdem kommen auch bei AiM Fertigkeiten mit sozialem Einsatzgebiet vor!
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Warum mach ich mir eigentlich die Mühe, einen ernsten und konstruktiven Post zu verfassen, wenn ihn keiner liest???
:nixwissen:
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Warum mach ich mir eigentlich die Mühe, einen ernsten und konstruktiven Post zu verfassen, wenn ihn keiner liest???
:nixwissen:
Einfach um das Karussel etwas am laufen zu halten bis einem langweilig wird und man zu unsinnvollen Posts wechselt, bis einem Langweilig wird und man den Thread verlässt... :sleep:
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Okay. Da ich den Zusatz in der Klammer irgendwie verwirrend finde, ziehe ich mich zu meinen einfachgestrickten Weibern beim Autoscooter zurück.

Der Zusatz in Klammern soll betonen, dass der ursprüngliche Satz nicht notwendigerweise impliziert, dass Unsicherheit, Zufall und Spannung bei sozialer Interaktion unerwünscht sind, wie Du geschrieben hast, sondern genauso gut gemeint sein kann, dass Würfeln bei sozialer Interaktion nicht notwendig ist, um Unsicherheit, Zufall und Spannung zu erzeugen.
Was zufälligerweise auch meine Meinung ist.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Einfach um das Karussel etwas am laufen zu halten bis einem langweilig wird und man zu unsinnvollen Posts wechselt, bis einem Langweilig wird und man den Thread verlässt... :sleep:

Hm, ich könnte auch einfach meinen letzten Post solange zitieren, bis jemand drauf eingeht, oder ich eine Verwarnung bekomme...

Oder ich könnte ein OT-Gespräch anfangen, weil du einen sympathischen Eindruck machst, und ich heute einen guten Tag hab. Wie ist das Wetter bei euch in Berlin, auch so gut warm wie bei uns in Ba-Wü? Hat dich mal eigentlich mal jemand drauf aufmerksam gemacht, dass dein Username auch ein gesprochenes Anagramm sein könnte?
:)
MFG

p.s.: Ich wünsch dir einen angenehmen Abend!
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Warum mach ich mir eigentlich die Mühe, einen ernsten und konstruktiven Post zu verfassen, wenn ihn keiner liest???
:nixwissen:
Gelesen wurde er ja. Aber was erwartest Du Dir an "Stellungnahmen" dazu:
Werte Herren, schaut euch mal Burning Empires an, das bietet einen Mechanismus an, um auch sozialen Konflikt
auszuspielen, so dass ein Wortgefecht auch tatsächlich einem Kampf gleicht, die Mechanik ist exakt die selbe wie die Gefechtsmechanik, auch mit ähnlichen "Aktionen"
Ja. Es gibt Rollenspiele, die sogar z.T. sehr elaborierte Mechaniken für soziale Konflikte haben und wo es klare KONSEQUENZEN bei solchen sozialen Konflikten gibt, statt schwammiger "Nach Lust und Laune"-Entscheidungen.

Burning Empires hat so etwas. Dying Earth auch. HeroWars/HeroQuest auch. Dogs in the Vineyard auch. AGON auch. Houses of the Blooded auch. <usw. usf.> auch.

Und nun?

DASS es solche Regelsysteme gibt, sollte man auch beim Eröffnungsbeitragsersteller als bekannt voraussetzen.
Seine Wahrnehmung von "typischen" Rollenspielen, in denen es keine Charakter-Fähigkeiten für soziale Konflikte gäbe, deutet zwar auf einen sehr eingeschränkten Kenntnisstand bezüglich unterschiedlicher Rollenspiele und deren Regelsystemen hin, könnte aber eine bewußt provokativ formulierte, gespielte Unkenntnis sein.

So oder so: Es EXISTIEREN nicht gerade wenige Rollenspiele mit Regelsystemen, die vom völligen Gleichstellen von Sozialen oder Physischen Konflikten (HeroWars/HeroQuest), über ähnliche, aber im Detail unterschiedliche Mechanismen analog zum Kampfsystem, bis hin zu klar formulierten Effekten bei Einsatz sozialer Fertigkeiten und - als Mindestumsetzung - bis hin zu unklaren Wirkungen der durchaus vorhandenen sozialen Fertigkeiten (z.B. DSA) reichen.

Nochmals: Was nun?
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

ich glaube in jedem GRW sollte als IT/OT Bruchstrich stehen:
Es wird nicht verlangt dass die Fähigkeiten des Spielers denen seines Charakters gleich sein müssen. Als Gegenzug darf der Spieler nicht erwarten, dass sein Char all das kann was er auch kann."

(verbales) Ausspielen neben dem Auswürfeln, halte ich deshalb für gut, weil es die Stimmung rüberbringt und die Farbe auf die gespielte Story aufträgt.

Wenn mir aber jemand (dessen Chara den Verstand von Weissbrot hat und die Sozialfähigkeiten eines Holzwurms) durch blumige Redeweise die (N)SCs von etwas überzeugen will und dann mit "ausspielen statt würfeln" kommt würd ich ne Krempe kriegen weil sein Char das eben nicht kann egal wie eloquent der Spieler ist.

ausspielen statt würfeln gibt dann u.U einen unausgleichbaren reallife-Bonus. Um das auszugleichen, müsste man z.b. von jedem Dieb-Spieler fordern dass er zumindest theoretisch weiss wie man Schlösser mit Dietrichen öffnet, und von jedem Waldläufer-spieler, wie man Feuer macht, häutet, und Leder konserviert.
Die nächste Stufe wäre "fliessend Latein" beim Alchemiker.
Leuchtet jetzt dem einen oder andern ausspiel-Fan ein warum es Skillwerte gibt?
Wie hier schon treffend gesagt wurde, kein (vernünftiger) SL wird bei einem Nahkampf vom Spieler die körperliche Darstellung der entsprechenden Kata fordern.

Warum scheint es für manche so schwierig das selbstverständlich gleichartig bei Ausübung sozialer Aktivitäten im RP zu handhaben? weil weitaus mehr der Spieler das Sprechen beherrschen, als Karate, Einbruchtalente, oder z.B. Metallurgie?
nicht nur IT/OT Wissen, sondern auch soziale Interaktion sind zu unterscheiden.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

ausspielen statt würfeln gibt dann u.U einen unausgleichbaren reallife-Bonus. Um das auszugleichen, müsste man z.b. von jedem Dieb-Spieler fordern dass er zumindest theoretisch weiss wie man Schlösser mit Dietrichen öffnet, und von jedem Waldläufer-spieler, wie man Feuer macht, häutet, und Leder konserviert.
Die nächste Stufe wäre "fliessend Latein" beim Alchemiker.
Leuchtet jetzt dem einen oder andern ausspiel-Fan ein warum es Skillwerte gibt?
Wie hier schon treffend gesagt wurde, kein (vernünftiger) SL wird bei einem Nahkampf vom Spieler die körperliche Darstellung der entsprechenden Kata fordern.

Warum scheint es für manche so schwierig das selbstverständlich gleichartig bei Ausübung sozialer Aktivitäten im RP zu handhaben? weil weitaus mehr der Spieler das Sprechen beherrschen, als Karate, Einbruchtalente, oder z.B. Metallurgie?
nicht nur IT/OT Wissen, sondern auch soziale Interaktion sind zu unterscheiden.

Weil die entscheidende Frage nicht ist, welche Art des Rollenspiels nach irgendwelchen Dir vernünftig erscheinenden Kriterien am fairsten ist, sondern wie es am meisten Spaß macht. Und meine Erfahrung ist da eindeutig.

Was soll überhaupt der Unsinn von wegen unfair, weil manche Leute rhetorisch besser drauf sind als andere? Manche sind taktisch besser drauf und daher besser im Kampf. Andere sind besser in Langzeitplanung und sind besser im Min-Maxen. Manche sind überhaupt intelligenter und bei ner ganzen Reihe von Sachen im Vorteil. Es geht halt schlicht und einfach darum seine Fähigkeiten bestmöglich zu nutzen und nach Möglichkeiten aus den Schwächen herauszuwachsen - nicht darum Kniffel zu spielen.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

bloss dass ein RL sozialvorteil beim ausspielen 1:1 in die spielwelt einfließt.
minmaxen ist da ein schlechtes beispiel weil ausserhalb der spielebene. das ist kein charavorteil sondern bleibt spielervorteil Der Char minmaxt nämlich nicht wenn du hingegen Sozialinteraktionstalent des Spielers im Spiel einbringst wird es zum Charaktervorteil. Der Char ist es dann plötzlich der völlig grundlos und ohne die entsprechende Investition des Spielers (XP für Skillpunkte, oder Ingame-lernzeit) geschenkterweise zusätzliche Fähigkeiten bekommt.

Wer so spielt muss dann auch jemandem der (als Beispiel) Harfe/Mandoline/foobar tatsächlich spielen kann, dieses Talent gratis für jeden seiner Charaktere zugestehen. Gleiches gilt für jedes RL nachweisbare Talent.
Alles andere wäre Regelverbiegen und bescheissen.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

nachtrag:
und die die "taktisch besser drauf sind" sind es halt nur taktisch
denen darfst du gern irgendwelche Taktiktalente gratis geben.
Du vermischst hier reallife mit ingame boni und mit sowas würde ich mich aus Plausibilitätsgründen nur als LARP-Sonderregel zufriebengeben, denn da wirken fairerweise auch alle RL-Mali. Wenn einer nunmal rund und kurzatmig ist wird er auf einer Flucht der letzte im Pulk sein... egal was auf seinem Charblatt steht.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Wenn ein Spieler die kampftaktischen Möglichkeiten, die das Spiel bietet, besser nutzt und sein Charakter deswegen stärker im Kampf ist als ein anderer rein theoretisch ebenbürtiger Charakter, soll ich ihm noch extra Taktiktalente schenken? Da kann ich Dir nicht ganz folgen, gibts da ein Missverständnis zwischen uns?

Das alte Argument "Regelverbiegen" ist sowieso jenseits von Gut und Böse, das davon zeugt, dass zu viele Leute offenbar nicht in der Lage sind, einen vernünftigen SL zu finden. Entweder man sorgt dafür so zu spielen, dass es möglichst viel Spaß macht oder man ist den ganzen Tag besorgt, dass möglichst alles "fairnessoptimiert" ist und der SL ja keine Möglichkeit bekommt, einen Mitspieler bösartig zu begünstigen.

Es ist natürlich vollkommen richtig, dass viele Rollenspiele schlechte Regeln für soziale Interaktion (SI) stellen, egal, auf welche Art man spielt. Da ich persönlich eine Spielweise hinsichtlich SI bevorzuge, bei der das Ausspielen im Schnitt etwas bedeutsamer ist als das Würfeln, führt das immer wieder dazu, dass ich zusammen mit den Spielern überlege, wie man das Regelsystem entsprechend etwas anpassen kann (z.B. weniger XP-Kosten für Steigerung von sozialen Attributen/Fähigkeiten etc.). Andererseits ist das wiederum auch gar nicht so oft nötig, weil SI in den letzten Jahren bei meinen Abenteuern meist einen höheren Anteil hat als Kämpfe.

Insgesamt bin ich auf jeden Fall froh, dass ich es bisher immer vermeiden konnte, irgendwelche obskuren Regeln (skill challenges *schauder*), die in der Praxis immer das freie Ausspielen der SI stören, anzuwenden und meine Spieler Spaß hatten, auch wenn Transparency International vielleicht Probleme damit hätte, wie ich die Regeln "verbiege".
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

In diesem Forum gibt es so ein paar Ideen und Theorien, die immer wieder auftauchen und anscheinend mehrheitsfähig sind. Dazu gehören insbesondere:
- Regeln sollten zweckdienlich aber möglichst einfach sein. Viele Regelwerke sind unnötig kompliziert.
- Die Spieler sollten möglichst wenig daran gehindert werden, das Abenteuer in ihrem Sinne zu beeinflussen, sagt ja zu den Ideen und Vorschlägen der Spieler und setzt ihnen nur dann Grenzen, wenn nötig.

Zum Thema soziale Interaktion scheint in beiden Fällen aber das Gegenteil vorzuherrschen. Spieler haben nirgendwo sonst so große Möglichkeiten, einem Abenteuer eine neue Wendung zu geben als während der sozialen Interaktion. Es scheint Leute zu geben, die glauben, dass Gegenteil von Railroading ist es, den Spielern die Entscheidung zu überlassen, ob sie an einer Kreuzung rechts oder links gehen. Ebenso scheinen viele zu glauben, dass die meisten Rollenspiele nicht genug Regeln bereitstellen, um den SL einzuschränken. Der SL scheint für viele Leute eine Bedrohung darzustellen, statt jemand, der die Spieler und ihre Ideen unterstützt.
In anderen Worten, lasst dem SL seine Freiheit, damit auch die Spieler ihre Freiheit haben!
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Ich finde ja eine der begeisternden Eigenschaften von Rollenspielen die Möglichkeit Charaktere zu spielen, die ANDERS sind und ANDERES Können besitzen, als man selbst.

Klar, die Charaktere existieren NICHT. - Es ist IMMER der Spieler selbst, der da agiert. Jedoch ist der in Spielwerten und sonstigen, nicht einmal schriftlich fixiert sein müssenden Überlegungen festgelegte Charakter ein (selbstgewählter) FILTER für das Spielerverhalten im laufenden Spiel.

Das bedeutet, daß ein an sich sehr taktisch begabter Spieler auch mal einen von jeder taktischen Herausforderung völlig überforderten Non-Kombattanten-Charakter spielen kann. Und zwar mit Verve, mit Elan, mit Engagement, mit VOLLER POWER!

Wie geht das?

Zum einen überlegt sich der Spieler, wie SEIN FIKTIVER CHARAKTER in der konkreten Situation wohl handeln würde. Anders als im Tabletop, wo nicht die "Charakterzüge" der in dem rein siegorientierten Spiel eingesetzten Figuren "zählen", ist im Rollenspiel eben nicht die taktisch "optimale" Lösung immer die spielerisch befriedigende, sondern die CHARAKTERGERECHTE Vorgehensweise. Auch ein noch so ausgemaxter Kämpfer kann, wenn er vom Spieler als "vorsichtig" oder gar "feige" erdacht wurde, eben NICHT seine optimale Kampfposition in einer Kampfszene einnehmen, sondern wird vom Spieler BEWUSST dort eingesetzt, wo ihm wenig passieren kann.
Das ist charaktergerechtes Spiel durch Selbstbeschränkung des Spielers, der unter den ihm selbst gegebenen Möglichkeiten zur Lösung der Herausforderungen an den Charakter spielt, dafür aber die Herausforderungen an das SPIELEN des Charakters mit Schwung angeht.

Manche Regelsystem HELFEN einem Spieler beim Einhalten der charakterbezogenen Einschränkungen. So gibt es für den feigen Kämpfer die Möglichkeit ihn mit einem niedrigen Mut-Wert auszustatten oder seinen Guts-Skill niedrig zu lassen. Andere Möglichkeiten sind Nachteile, die Verhaltensbeschränkungen umsetzen - entweder durch Einschränkungen (negative Modifikatoren) oder durch ANREIZE (Belohnung für das Beachten der Selbstbeschränkung z.B. durch Bennies oder (weil oft viel später als die konkrete Szene verteilt, eine schwächer wirkende Belohnung) Erfahrungspunkte).
Diese Regelsystem-Unterstützungen sollen nur HELFEN einen Charakter so umzusetzen, wie ihn sich der Spieler gedacht hat, und sie sollen HELFEN den Charakter eines Spielers - insbesondere aus Sicht des Spielleiters - besser einzuschätzen.

Ich glaube, daß kaum jemand einen Spieler für einen "schlechten Rollenspieler" halten würde, der seinen feigen Krieger oder den überforderten Kommandeur so spielt, daß nicht das von demselben Spieler in anderen Rollen nachgewiesene Vermögen taktische Herausforderungen zu meistern oder unterstellte Verbündeten-Charaktere optimal zu führen und einzusetzen zum Tragen kommt, sondern der Charakter ERWARTUNGSGEMÄSS ineffektiv handelt.

Erwartungsgemäß?

Wer erwartet denn hier etwas?

Die ANDEREN MITSPIELER natürlich! (Der Spielleiter und die anderen Spieler sind ja IMMER das "Publikum" für jede spielerische Handlung eines Spielers - egal ob Würfelwurf, gewitzte Antwort oder ausgeklügelter Plan.)

Wie kommen denn die anderen Spieler überhaupt dazu irgendwas zu erwarten?

Das ist der eigentlich interessante Punkt, meine ich, an welchem die Diskussionen über "Ausspielen 'oder' Würfeln" gerne vorbeigehen.

Wenn ich einen Charakter NICHT mit irgendwelchen Spielwerten versehen habe, sondern einfach rein erzählerisch und ohne irgendeine schriftliche Fixierung der Eigenschaften des Charakters das Spiel begonnen habe, dann kennen die anderen Spielenden NUR das tatsächliche VERHALTEN meines Charakters. - Was können sie also erwarten? Nur etwas, was aufgrund meines bereits IM SPIEL gezeigten Verhaltens stimmig bzw. plausibel ist. Nichts sonst. Alles andere wissen sie nicht!

Entscheidend ist in solch einem Fall des "unbekannten Charakters" nur das tatsächlich gespielte Verhalten und dessen KONSISTENZ.

Konsistenz. Das ist wichtig, da es - nach dem menschlichen Erfahrungsschatz, den JEDER Spieler ins Spiel mitbringt - zum wesentlichen Ausbilden und Festigen von Beziehungen zwischen Menschen gehört. Eine Person, die ständig sprunghaft und unvorhersehbar Stimmungsschwankungen und grundsätzlich andersartige Verhaltensweise an den Tag legt, wird als GESTÖRT in ihrem Verhalten wahrgenommen.

Ein Charakter, der nicht BEWUSST einen Gestörten verkörpern soll, braucht daher in der WAHRNEHMUNG durch die anderen Spieler eine gewisse KONSISTENZ seines Verhaltens, um zu diesem Charakter nicht-gestörte Beziehungen aufbauen zu können.

In einer Spielgruppe ist aufgrund des vorausgesetzten Willens zum GEMEINSAMEN Spielen aller Beteiligten von einer in dieser Gruppe verträglichen Verhaltensweise auszugehen. Verhaltensweise des SPIELERS, sowie des Charakters. - Verträglich kann dabei in der Charakter-Ebene durchaus bedeuten, daß man den anderen Charakteren auf den Geist geht, oder gar sie zu hintergehen oder umzubringen sucht. Das macht in manchen Rollenspielen eben die Würze des Spiels aus. - Verträglich bedeutet aber auch, daß der Charakter nicht so handelt, daß es aus der Wahrnehmung der anderen Spieler für diese und für deren Charaktere völlig unakzeptabel wird, mit solch einem Charakter noch weiter Umgang zu pflegen.

Spielrunden, in denen alle anderen Mitspieler angekotzt sind von den "Ich spiele doch nur meinen Charakter aus"-Aktionen eines anderen, kennen vermutlich viele Rollenspieler. - Extreme Charakter zu spielen ist eine Herausforderung. Noch viel mehr, weil man damit nicht nur in der Spielwelt extrem spielt, sondern weil man seinen MITSPIELERN damit auf die NERVEN gehen kann, wenn man nicht weiß, wo die Grenze des (V)Erträglichen ist.

Im Folgenden möchte ich die "Störenfriede" unter den Spielern, die "Mein Charakter ist halt so" als Entschuldigung für das Spaßverderben an ihren Mitspielern heranziehen, ausklammern. - Ich gehe also davon aus, daß ein Charakter VERTRÄGLICH für seine Spielwelt-Umwelt und für die MITSPIELER gespielt wird, um überhaupt ein gemeinsames Spiel nicht gleich abzuwürgen.

Auch verträglich gespielte Charaktere können extrem sein. Und in manchen Spielwelten passen diese besser in einer SC-Gruppe zusammen als in anderen.

DASS die Charaktere in einer SC-Gruppe irgendwie zusammenpassen müssen, ist natürlich auch nicht immer notwendig oder gegeben. - Es gibt auch einige Rollenspiele, wo Charakter-gegen-Charakter (PvP) der gesetzte Normalfall ist (AGON z.B. oder HotB oder Paranoia).

Also wird man den "schlechter Rollenspieler"-Vorwurf nicht zwingend hören, wenn man extreme, ja gar die anderen SCs angreifende Charaktere spielt. Das kann alles verträglich, weil passend und in allgemeiner Zustimmung zur Art des Spiels ablaufend, sein.

Den "schlechten Rollenspieler" bekommt man eher bei Spielern, deren Charaktere die Konsistenz vermissen lassen. Diese Charaktere wirken UNGLAUBWÜRDIG.

So, wie der Spielleiter die Konsistenz seiner Regelungen und die Plausibilität der Reaktionen seiner Spielwelt auf die Aktionen der Spieler zu erhalten versucht, um seine Spielwelt und seine Kampagne GLAUBWÜRDIG zu halten, so ist auch die ERWARTUNG von allen Mitspielern, daß jeweils die anderen Charaktere ebenfalls GLAUBWÜRDIG gespielt werden sollten.

Das geschieht durch Konsistenz des Verhaltens und Übereinstimmung mit dem, was man bislang an Erfahrungen mit diesem Charakter gemacht hat. - Ohne jegliche Spielwerte zu kennen, weiß man, daß der eine besser Klettern kann als alle anderen, der andere ist ein Schweigsamer, der aber der beste Schütze in der Gruppe ist, und wieder einer ist ein Charmeur, der jede und jeden um den Finger wickelt. Das weiß man, weil man sie so im Spiel ERLEBT hat. Daher ERWARTET man, daß sie in neuen Situationen ähnliche Eigenschaften zeigen.

Hier kommen die Regelsysteme ins Spiel - wörtlich. Denn sie HELFEN den Spielern diese Konsistenz der Charaktere zu wahren.

Auf dem Charakterbogen stehen Spielwerte. Diese ändern sich meist nicht sprunghaft, sondern sind ein Anhaltspunkt für den SPIELER, wie sein Charakter im Vergleich mit anderen der Spielwelt seine Eigenschaften ausgeprägt hat. Der gute Kletterer hat einen hohen Fertigkeitswert in Klettern. Der beste Schütze hat einen Vorteil "Scharfschütze". Der Charmeur hat einen hohen Attributswert in Charisma, einen hohen Fertigkeitswert in Beredsamkeit und einen Vorteil Charmant - alles zusammen macht ihn verglichen mit einem Normalbewohner der Spielwelt zu einer Figur, die andere um den Finger wickeln kann, wenn sie nur will.

Die Spielwerte HELFEN beim Spiel eines Charakters, weil der Charmeur-Spieler sich sicher sein kann, daß sein Charakter mit all den auf den "Bau" dieses Charakters aufgewandten Charakter-Bastel-Resourcen auch garantiert ein wirklich sehr charmanter Charakter in der Spielwelt ist, als solcher von der Spielwelt wahrgenommen wird, und somit ein GLAUBWÜRDIGER Charakter mit konsistentem Erfolg beim Spielenlassen seines Charmes ist.

Ein Charakter, der bei Spielrundenbeginn zu schwach war, um alleine einen Kartoffelsack zu heben, hat meist nach einer Stunde Spielzeit nicht plötzlich die Stärke einen anderen Charakter, den fetten Zwergenmagier, der doppelt so viel wie der Kartoffelsack wiegt, aufzuheben und aus dem Gefahrenbereich herauszutragen. - Das ist auch Konsistenz des Charakters.

Zur Konsistenz gehört, daß Steigerungen der Fähigkeiten von Charakteren mit plausibler Geschwindigkeit erfolgen. Also nicht binnen zweier Tage Spielzeit von unterdurchschnittlicher Stärke hin zur Körperkraft eines Eisriesen gelangen, sondern in Schritten, die - je nach Genre - mehr oder weniger eng an realistischen Fortschritten orientiert sind, um noch plausibel zu sein. (Manche Genres erlauben das rasante Fähigkeitenwachstum, so daß das an sich kein Problem darstellt - aber in "low power"-Settings wird man weniger "superhelden-artige" Fähigkeitenzuwächse haben wollen, um noch glaubwürdig zu sein.)

Die Spielwerte (und deren Änderung mit der Spielzeit) stellen also HILFEN für den Spieler dar, seinen Charakter konsistent und glaubwürdig zu spielen.

Alleine auf Spielwerte kann man sich dabei aber bei den meisten Rollenspielregelsystemen nicht verlassen. Das würde bedeuten, daß der Interpretations-SPIELRAUM durch harte Regeln und harte Ergebnisse eingeschränkt wird.

Als Rollenspieler WILL man aber Freiheitsgrade haben. Gerade im Pen&Paper-Rollenspiel! - Hier muß nicht wie in einer Programmierung eine feste Handlungsauswahl und feste Ergebnisse nur abgerufen werden, sondern in Pen&Paper-Rollenspiel schätzt man besonders die FREIHEIT des Spielers die Rede und die Handlungen seines Charakters zu bestimmen. - Manche dieser Handlungen führen zur Regelsystem-Anwendung, andere wiederum werden vom jeweils verwendeten Regelsystem nicht abgedeckt. Je nach Regelsystem kann es hierbei sehr frei oder unter sehr viel Regeleinsatz ablaufen - das hängt immer vom jeweiligen Rollenspiel, der konkreten Situation und der Handhabung des Regelsystems innerhalb der Spielgruppe ab.

Das Spektrum der Regelunterstützung für unterschiedlichste Handlungen in Rollenspielen reicht von KEINER (Engel-Arkana-"System") bis zu den allseits bekannten Regel-"Schwergewichten", in denen möglichst viel von den Regeln abgedeckt wird, um den Spielleiter nicht zum Improvisieren bzw. zum ad hoc Treffen von Regelungen zu nötigen. (Dies Improvisieren und Regelungen-Treffen wird von den Erstellern solcher Regel-Schwergewichte oft als nicht erstrebenswert angesehen. Um daher das "lästige" Improvisieren und die unerwünschten ad hoc Regelungen zu vermeiden, muß das Regelwerk eben viel vollständiger sein, als bei Rollenspiel-Entwicklern, die einfach vorraussetzen, daß man problemlos die Stellen, die nicht vom Regelwerk abgedeckt sind, durch spontan getroffene Regelungen schließen kann, ohne dazu viele, selten gebrauchte Regeln aufstellen zu müssen. - Beispiel für die erste Gruppe: Das auf Midgard-Basis entstandene Perry-Rhodan-Rollenspiel. Beispiel für die zweite Gruppe: Barbarians of Lemuria oder die diversen OD&D-Klone.)

Gibt nun ein Rollenspiel für einen bestimmten Handungsbereich der Charakter besonders breite Regeln an, so ist dies ein Bereich, der von den Entwicklern als kritisch, wichtig und - für den Unterhaltungswert - besonders interessant angesehen wurde. BESONDERS interessant, heißt nicht, daß andere Bereiche "uninteressant" wären, sondern nur, daß hier ein besonderes Interesse vorliegt, das die besondere Behandlung durch mehr Regeln rechtfertigt.

Oft sind die Regelbereiche von besonderer Breite die Kampfregeln und die Magie-Regeln.

Warum ist diese Breite der Kampf- oder Magie-Regeln quer über wirklich viele, in sich sehr unterschiedliche Rollenspielregelsysteme so ausgeprägt? Man findet mehr Rollenspiele mit breiterer Kampfregeldarlegung, als mit breiter Heilungsregeldarlegung oder Fahrzeugreparaturregeldarlegung.

Kampf ist natürlich WICHTIG. - Kampf bedroht den SPIELER direkt. Und zwar bedroht jede Kampfszene den SPIELER mit dem Verlust seines einzigen Mittels, um in der Spielwelt zu agieren, um am Spiel teilzunehmen - seines Charakters.

Eben WEIL es letztlich in JEDEM Kampf um das weitere Mitspielen-Können des Spielers geht, ist Kampf von so herausragender Bedeutung, daß auch entsprechend breiter Raum in den Regeln dafür geschaffen wird.

Das muß so sein, damit alles FAIR zugeht.

Man kann als Spielleiter einem Spieler auf einen verbal dargestellten Versuch bei der Barmaid im Bett zu landen rein verbal entgegnen "Sie lacht Dich aus und sagt: 'Du Milchgesicht? Du weißt doch mit einer Frau nichts anzufangen!' Die gesamten Besucher der Schenke haben das mitbekommen und lachen sich eins." - War das unfair? - Vielleicht. (Vielleicht hatte der Spieler ja einen ausgemaxten Charmeur und Verführer-Charakter gespielt - dann wäre die Reaktion der Barmaid eventuell unstimmig gewesen.) - War das "schlimm"? - NEIN. Denn es ging nicht um etwas Kritisches - weder für den Charakter noch für den Spieler.

Man kann als Spielleiter einem Spieler auf einen verbal dargestellten Versuch bei der Barmaid im Bett zu landen rein verbal entgegnen "Sie zieht aus ihrem Ausschnitt einen Dolch und sticht ihn Dir mehrfach in den Hals. Du brichst blutüberströmt zusammen. Die gesamten Besucher der Schenke haben das mitbekommen und lachen sich eins. Einer lallt: 'Ja, ja. Die Bloody Mary läßt sich nicht so leicht flachlegen und ist sehr nachtragend. Hähähä!' Der Wirt kommt, um Deine Leiche aus dem Schankraum zu ziehen." - War das unfair? - SICHER! Nun darf der Spieler sich einen neuen Charakter machen, den die anderen Spielercharaktere nicht nur nicht kennen, sondern der keine Beziehungen zum bisherigen Verlauf der Kampagne haben wird. Zudem hatte der Spieler KEINE CHANCE diese überaus harsche Reaktion eines minderwichtigen NSCs auf einen eher der Interaktion mit dem Lokalkolorit zuzurechnenden, unwichtigen Verführungsversuch irgendwie ABZUWENDEN.

So etwas wird zumeist als UNFAIR und frustrierend empfunden. - Das ist NICHT SPANNEND und NICHT UNTERHALTEND.

Daher bieten für solche und ähnliche, harte Konsequenzen austeilenden Handlungen die meisten Rollenspiele besondere Regeln. - Manche scheren alle Konflikte über den gleichen Kamm, was z.T. zu etwas schwer in der Spielwelt umsetzbaren Ergebnissen führt: Wie spielt man eine erhaltene mittelschwere soziale "Wunde"? Wie stellt man das dar? Wie im Unterschied zu einer leichten oder einer schweren?

Kampfszenen mit physischen Konsequenzen sind oft recht eindeutig umzusetzen und zu spielen. Arm ab ist Arm ab. Da ist kaum etwas zu deuten, keine Unsicherheit. - Abstraktere Wundensysteme erlauben mehr Deutungsmöglichkeiten, weil sie nur ebenso abstrakte Abzüge auf weitere Handlungen oder andere eher im Regeltechnischen bleibende Effekte verwenden.

Man kann so etwas auch für soziale Konflikte machen. Eine "Wunde" stellt eine Einschränkung bei weiteren sozialen Fähigkeitsanwendungen dar. Doch hakt es hier immer wieder spürbar.

Warum?

Die meisten Menschen, so auch die meisten Rollenspieler, haben KEINERLEI Erfahrungen damit, was in einem Ernstkampf so passiert und wie reale Wunden aussehen, sich auswirken und zu behandeln sind. - Auch die meisten Rollenspiel-Ersteller wissen das nicht und WOLLEN das auch nicht wissen. - Daher sind Regelsysteme oft ausgesprochen unrealistisch in allem, was Kampf, Verwundungen und Heilung anbetrifft. Und das sind sie GEWOLLT! - Heroische Heldengeschichten als Vorlagen lassen ja auch nicht den Helden nach einem klassischen "Schuß in die Schulter" immer wiederkehrende Schmerzanfälle erleiden, den Arm auf der betroffenen Seite nie wieder richtig anheben, ständig von einer OP zur nächsten, von einem Physiotherapeuten zum nächsten gehen. Der HELD ist in der nächsten Szene meist schon wieder so fit, als hätte er nie etwas abbekommen.

Daher ist Kampf an sich schon eher von cinematischen oder literarischen Vorlagen geprägt in Regeln abgefaßt worden.

Der Kampf, den Rollenspiele so bieten, soll bestenfalls Kampfszenen mit einem Spielgefühl "wie im Kino" oder "wie im Buch" erzeugen können. Nicht mehr, aber möglichst auch nicht weniger. - Einen wirklich "realistischen" Kampf will NIEMAND zu den Unterhaltungszwecken haben, wegen derer man überhaupt Rollenspiele spielt.

Und wenn ein Rollenspiel mal wirklich versuchen würde eine knackige Realitätssimulation von Ernstkämpfen zu machen, dann würde das keiner spielen wollen - geschweige denn, daß es jemand überhaupt als "realistisch" EMPFINDEN würde.

Einschub: Bei Vorführungen in Wushu, Kali oder Mittelalterlichem Fechten sind Zuschauerkommentare sehr gute Gradmesser - die bestens vorbereiteten, einstudierten, vielfach geprobten Partnerformen, die choreographierten Gefechte sind flüssig, schnell und von einer inneren Dynamik, die einem Zuschauer gefällt, während die eingeflochtenen ECHTEN Freikämpfe im Vollkontakt oder Leichtkontakt (mit stumpfen Waffen natürlich!) bei den Zuschauern als "das wirkte ja so abgesprochen" angekommen sind. Grund: Die Zuschauer kamen mit der natürlich ob der Gefährlichkeit des Gezeigten wesentlich vorsichtigeren und auf kleinste Positionierungsänderungen bereits reagierenden Dynamik eines Kampfes mit gebrochenen Rhythmen und dem Kontern von Aktionen, noch bevor sie für den Zuschauer erkennbar entstanden sind, überhaupt nicht zurecht. Das ist erst etwas, das sich einem in der Kunst selbst Geübten erschließt, da dieser die notwendige Urteilskraft mitbringt.

Urteilskraft ist das Schlüsselwort hier.

Zurück zum Kampf im Rollenspiel. Die meisten Rollenspieler haben NICHT diese Urteilskraft und können somit nur anhand ihrer eigenen Kenntnisse (Filme, Comics, Bücher) Kampfregeln und deren Ablauf und Ergebnisse im Spiel beurteilen.

Bei sozialen Fähigkeiten ist das jedoch ANDERS!

Nur schwer Kontaktgestörte haben hier eine ähnlich eingeschränkte Urteilskraft hinsichtlich sozialer Konflikte und deren Folgen, wie dies bei physischen Konflikten üblich ist.

Ein normaler Mensch WEISS SEHR GUT, wie soziale Konflikte entstehen, ablaufen, geführt werden, bereinigt werden, und welche Konsequenzen unterschiedliche soziale Konflikte haben können.

Vor allem: Rollenspieler kennen die Gefühle AUS EIGENER ERFAHRUNG, die man infolge unterschiedlicher sozialer Konflikte empfindet.

Der Kampf läßt sich gut abstrahieren. Man kann hier kaum von eigener Gefühlslage oder eigener Erfahrung ausgehen. Man hat andere Medien mit Kampfdarstellungen als Vorlage.

Aber für GEFÜHLSLAGEN braucht man keine "Ersatz-Darstellung" in Form von Filmen, Büchern oder Comics. Die kennt man alle SELBST!

Somit unterliegen die Ergebnisse bei einem im Rollenspiel auftretenden sozialen Konflikt zwischen Charakteren einer wesentlich HÖHEREN URTEILSKRAFT der beteiligten und der nur zuschauenden Spieler!


Das ist der Hauptunterschied zu physischen Konflikten.

Ich weiß, wie es ist im Vollkontakt mit Stöcken oder Körperwaffen einzustecken. Ich weiß, wie es ist, wenn man trotz einer heftig blutenden Schnittwunde weiterkämpft. Ich weiß, wie es ist, wenn man durch einen einzigen Schlag mit einem Langstock sofort kampfunfähig wird. - Ich weiß NICHT, wie es ist, angeschossen zu werden. Und ich WILL DAS AUCH NICHT WISSEN!

Trotzdem kann es mir beim Deadlands-Spielen passieren, daß mein Charakter einen Bauchschuß bekommt. - Doch wie spielt man das dann? Was kann ich als SPIELER da tun, um den erhaltenen Bauchschuß PLAUSIBEL für die anderen Spieler rüberzubringen?

Was mir hier hilft sind die Kampfregeln von Deadlands: Wunden, Blutverlust, Schock, Handlungseinschränkungen, usw. - Das ist alles NICHT realistisch, aber für die Umsetzung des gewollten Genres der Italo-Western-Filme durchaus passend, stimmig - glaubwürdig.

Was aber, wenn ich in Deadlands mit einem anderen Charakter in ein Gespräch komme, und ihn einschüchtern will?

Da hilft mir Deadlands mit Regeln für die Anwendung der Fertigkeit "Einschüchtern", Regeln für den Widerstand gegen Einschüchtern, Regeln für die Konsequenzen eines Einschüchterns. - HALT!

Genau bei den Konsequenzen wird es problematisch. - Mitten im Kampf ist es ja noch ganz interessant, wenn der Gegner durch Einschüchtern eine seiner Handlungen verliert. Aber was ist, wenn ich OHNE laufenden Kampf jemanden Einschüchtern will? Und wie verhält sich nun der Betreffende bei einem Erfolg, einem Erfolg mit Erhöhung, einem Erfolg mit zwei Erhöhungen, usw.? - Wie wirkt sich die QUALITÄT meines Einschüchtern-Versuchs auf das Verhalten des anderen Charakters aus?

Da läßt einen das Deadlands-Regelwerk im Stich. Man muß es sich selbst je nach Situation überlegen. - Nicht immer so einfach. Nicht immer so befriedigend. - Und wird es immer fair sein? Bestimmt nicht immer.

Natürlich kann man auch ohne jedes Regelwerk für soziale Konflikte spielen. Man spielt dann seinen Charakter, und der schüchtert jemanden ein, oder auch nicht. Ob und wie gut das klappt, entscheidet dann der Spielleiter oder der Spieler des anderen Charakters. - Aber ist diese Entscheidung auch GLAUBWÜRDIG?

Beispiel in einer DSA-Runde, die ich vor bestimmt Jahrzehnten auf einem Con mitgespielt habe. Ich konnte mich an einen Wächter heranschleichen und ihm meinen Dolch an den Hals setzen, um ihn einzuschüchtern und ihn zur Herausgabe seines Schlüsselbundes zu bewegen. Da sagt mir der Spielleiter: "Der ignoriert Dich einfach, weil Du mit dem Dolch nicht genug Schaden machen kannst, um ihn zu töten. Das hält der einfach aus. Daher läßt der sich nicht einschüchtern."

Das nennt man dann "Plausibilitätsbruch, schwerer".

Hier hatte es also KEINE klaren Regeln für Einschüchtern (oder Meucheln/Unentrinnbare Treffer an vitalen Lokationen) gegeben und der Spielleiter war ein Idiot, der seine NSCs nicht wie Personen, sondern wie Lebenspunkte-Beutel gespielt hat.

Wie hätte das anders laufen können?

Mit anderen Regeln? Mit "besseren" Regeln?

Oder mit dem berühmten "Gesunden Menschenverstand"?

Ja, genau!

Der GMV, der oft als eine schlechte Entscheidungsgrundlage bezeichnet wird, stellt genau das dar, was oft abgeht: URTEILSKRAFT.

JEDER weiß, daß ein Messer an der Halsschlagader eine lebensbedrohliche Situation ist. - Diese plausibel, spielweltstimmig gespielt bedeutet, daß der NSC so etwas als ERNSTE BEDROHUNG auffaßt und sich entsprechend verhält.

GMV. - Ich will jetzt nicht den oftmals eben NICHT "gesunden" Menschenverstand hier verteidigen. Oftmals ist eben die Urteilskraft - gerade bei Kampfaktionen - eben NICHT gegeben.

Aber bei sozialen Aktionen sollte man davon ausgehen können, daß sie gegeben ist. - Das ist zumindest die Position, die seit den alten D&D-Ausgaben meinen Einstieg ins Rollenspielhobby begleitet hat. - OD&D brauchte außer Charisma überhaupt KEINE sozialen Fähigkeiten, sondern nur die Wahrung der Glaubwürdigkeit der Spielwelt, des Verhaltens ihrer Bewohner, als ausreichende Grundlage für eine FÜLLE an sozialen Konflikten, wüsten Bluffs, hartäugigen Einschüchterns, zungenfertigen Überredens.

Charisma als Attribut zeigt einem Spieler an, wie gut er mit anderen Personen so "kann". Wie seine Ausstrahlung, seine Wirkung auf andere ist. - Der Paladin mit hohem Charisma kommt als "I am the LAW!" Judge-Dredd-Ritter daher. Der Dieb mit hohem Charisma kommt als schnellredender Trickbetrüger an. Der Zauberer mit hohem Charisma kommt als glaubwürdiger, weiser Ratgeber und Planer an. - Auch wenn diese ROLLE innerhalb der Spielwelt nicht von den anderen Spielwerten der Charaktere gestützt sein mag, so stellt doch allein schon der Charisma-Wert einen guten Anhaltspunkt für die INTENSITÄT dar, mit der ein Charakter in seiner (arche)typischen Rolle (Kämpfer, Dieb, Kleriker, Magie-Anwender) in der Spielwelt auftritt und wahrgenommen wird. - Im Guten wie im Schlechten.

Das konkrete Umsetzen ist old-school-typisch eine Frage der Wahrung der Glaubwürdigkeit von NSCs und Spielwelt insgesamt.

Andere Regelsysteme hatten schon damals soziale Fertigkeiten wie Liaison, Carousing, Steward, Admin, usw. - Die hier genannten kommen in Travellers Little Black Books vor.

In der Kampagne "The Traveller Adventure" kommt ein ganzes Abenteuer NUR durch eine Unmenge an sozialer Interaktion, sozialen Konflikten innerhalb eines ausgedehnten Behördenapparats zustande. - Das Ganze ist deshalb abenteuerlich, weil man die jeweiligen NSCs erst einmal kennenlernen muß, ihre Schwachstellen bzw. ihre Historie entdecken muß, und dann den richtigen Charakter mit der richtigen Fertigkeit, dem richtigen Hintergrund und den richtigen Worten hinschicken muß. - Spannend!

In diesem Szenario wird besonders die Karma-Seite (Vorgeschichte des Charakters, seine Laufbahn, seine Erfahrungen und Kenntnisse, seine sozialen Fähigkeiten, sein Sozialer Stand(!)) vor der Schicksals-Seite (Zufallseinfluß) betont. - Macht die Gruppe es gut, dann hat der Zufallsfaktor kaum noch etwas mit dem Erfolg der Gruppe zu tun. Dann haben sie diese soziale Herausforderung durch Herausarbeiten von jeder Menge vorteilhafter Positionen gemeistert.

Mehr noch als in einen physischen Konflikt geht in einen psychischen Konflikt die Vorgeschichte des Charakters bis zum Zeitpunkt des Konflikts ein. Diese Vorgeschichte liegt aber in den meisten Regelsystemen NICHT in Spielwerte gefaßt vor. Sie ist Teil der Überlegungen des Spielers bei Charaktererschaffung, und sie ist Teil dessen, was der Charakter im Spiel bereits erlebt hat, und - ganz wichtig - wie der Spieler ENTSCHIEDEN hat, daß sein Charakter das Erlebte verarbeitet haben soll!

Da befindet man sich wieder im "Schwammigen". - Klare Spielwerte, klare Charakterlaufbahnen, Klassen, Berufe, usw. lassen sich noch für alle anderen in der Runde nachvollziehen, aber was ist mit den "Innenwelten"?

Wieso reagiert der sonst so cholerische, über-aggressive Charakter bei den frechen Vorwürfen des Priesters so beherrscht? - Ist das nicht unplausibel? Sonst läge der Priester doch schon da und hätte seine Zähne als Bausatz in der Hand.

Es ist schwierig solche Innenwelt-Motivationen für einen - nach außen wie einen Bruch in der stimmigen Charakterdarstellung wirkenden - Verhaltenssprung offenzulegen. Man kann da etwas aufschreiben, aber das ist nicht jedermanns Sache. Und 50 Seiten Nabelschau eines Charakters möchte ich mir als Spielleiter auch nicht antun. Nicht mal 5 Seiten. Besser keine Seite.

Wenn die beiden "Barden" Jake und Elwood sich von NIEMANDEM etwas sagen lassen, außer von einer bestimmten Nonne, dann gehört das eben auch zum Charakter. Das gibt Profil.

Also wird man solche Fälle auch NICHT als "schlechtes Rollenspiel" im Sinne von "unglaubwürdige Charakterdarstellung und Charakterhandlung" bezeichnen.


Die bekannten Beispiele für "schlechtes Rollenspiel" sind eher der Charisma <Minimalwert des Regelsystems einsetzen> -Charakter, der allein aufgrund der Eloquenz des Spielers dem Spielleiter alles mögliche abquatschen kann. Oder der Intelligenz <Minimalwert des Regelsystems einsetzen>-Charakter, dessen Spieler JEDES Rätsel, JEDE knifflige Beweislage, JEDE noch so ausgeklügelte Taktik des Spielleiters für seine NSCs durchschaut.

Was machen diese Spieler, das so "verwerflich" ist?

Sie spielen nicht nach den gleichen Regeln, wie die anderen in der Gruppe! - Sie BESCHEISSEN!

Warum denn gleich so brutal und diesen Spielern BESCHISS vorwerfen?

Weil es BESCHISS ist.

Charakter werden mit begrenzten Charakter-Bastel-Resourcen erstellt. Wenn nun ein Spieler im Vertrauen darauf, daß die Regeln, die für soziale Aktionen vom Regelsystem angegeben sind, auch angewandt werden, seinen Charakter zu einem Charmeur und begeisterndem Redner durch Ausgabe dieser knappen Resourcen macht, dann hat er weniger Resourcen für Kampf oder Magie oder sonstwas übrig. Der andere Spieler, der seinen Charakter aber auf Kampf ausgemaxt hat, hatte nichts in "Labersachen" gesteckt, weil "Labern kann ich doch sowieso!".

Nun labert der beredsame Spieler sich alles herbei, obwohl er einen sozial beschränkten, unsympathischen, undiplomatischen Charakter spielen SOLLTE (diese ERWARTUNG liegt darin begründet, daß von den anderen Mitspielern ja das Spiel entlang der Spielwerte vorausgesetzt wird). - Während dessen darf der Spieler des Redner-Charakters ab und an mal auf sein Reden würfeln (immer mit der Chance hier auch zu versagen oder gar einen kritischen Fehler zu begehen). Das allein ist schon UNFAIR und BESCHISS durch den Spieler des Undiplomaten.

Manchmal kommt es noch schlimmer: Wenn ein Regelsystem sogar einmal recht KLARE Konsequenzen für soziale Konflikte vorsieht, und ein Spieler möchte mit einem anderen Spieler einen sozialen Konflikt austragen, dieser Spieler hat sogar einen Redner-Charakter, der darin also recht gute Chancen hätte sich durchzusetzen, aber der Spielleiter LÄSST diese Regelanwendung NICHT ZU. - Das ist auch BESCHISS ersten Ranges!

Der andere Charakter darf dem Redner-Charakter mit seiner Battleaxe eine reinhauen, wenn er will, und es werden die Kampfregeln angewandt, nach denen der erfahrene Axtschwinger aller Wahrscheinlichkeit nach siegen wird. Aber der Redner, der Überzeuger, der Charmeur DARF NICHT EINMAL VERSUCHEN die Meinung des anderen Charakters zu beeinflussen, weil der Spielleiter diese "Spieler gegen Spieler"-Anwendung sozialer Fähigkeiten einfach wider alle Regeln nicht zuläßt.

Das ist klassisches "Mit zweierlei Maß messen". Der Kämpfer darf den Nicht-Kämpfer umhauen, aber der Nicht-Kämpfer darf den Kämpfer nicht einmal versuchen ihn von der Gewaltanwendung abzubringen. - BESCHEISSEN nennt man das.

Warum trifft das so hart?

Weil hier ganz klar VERHINDERT wurde, daß der Spieler des Redner-Charakters seinen Charakter plausibel und glaubwürdig ausspielt! - Ein Charakter, der abgehärtete und widerspenstige NSCs belabern kann, der Faceman #1 ist, dessen plausibles Vorgehen bei Unstimmigkeiten mit anderen SCs ist doch auch, daß er diese Belabern wird.

Hier auf der "Beschneidung" der freien Entscheidung und Verfügung über seinen Charakter herumzureiten, bekommt man nur von Spielern zu hören, die sich nicht den Konsequenzen ihrers Charakterbaus stellen wollen.

Wer ein Combat-Monster so gebaut hat, daß es leichtgläubig und leicht verbal auszutricksen ist, der lebt mit dieser Schwachstelle und fängt nicht an herumzujammern. - Vor allem: Auch notorisch überzeugungskräftige NSCs sollten ja eine Chance haben auch einem SC einen Bären aufzubinden und ihn für ihre Seite zu gewinnen (auch OHNE Magie!).

WIE diese Chance zur geistigen Einflußnahme auf die Meinungen, Ansichten oder die Gemütslage von SCs genau umgesetzt wird, ob regeltechnisch durch elegante oder weniger elegante Mechanismen, oder ob rein durch das MITSPIELEN des jeweils Beeinflußten, ist egal. - Es bleibt die Stimmigkeit der Szene gewahrt UND die Fairness der Behandlung aller Spieler.



Regeln für soziale Konflikte gibt es viele.

Auch unterschiedlich umfangreiche, unterschiedlich detaillierte, unterschiedlich ausgerichtete.

So ist in einem Regelsystem, welches klar den sozialen Stand eines Charakters mitsamt aller Erwartungen an das standesgemäße Verhalten abbilden soll, überhaupt erst möglich "Angriffe" auf den sozialen Stand als sozialen Konflikt mit harten Regeln umzusetzen. - Hat ein Regelsystem so etwas wie sozialen Stand nicht, kann es auch keine harten Regeln dazu bieten.

In diese Richtung geht es auch bei Systemen mit bzw. ohne solche Spielwerte für Ehre, Ruhm, Status, Publicity, Einschaltquoten, Ansehen, Ruf, usw. - Gibt es solche Werte, so können diese sich auch ändern. Auch gegen den Willen des Charakters. Somit gibt es Konflikte mit dem ZIEL diese Werte zu ändern.

Das sind andere Konflikte, als die detaillierungsmäßig tieferliegenden Konflikte wie "Schüchtere ich den Gegenüber ein?", "Kann ich den Profi-Zocker bluffen?", "Kann ich mich in diese Veranstaltung auch ohne Eintrittskarte hineinreden?". - In vielen Regelsystemen wird hier mit - verglichen mit Kampf-Szenen - sehr einfachen Mitteln, damit auch sehr schnell ein Ergebnis erzielt. Der Konfikt ist schnell aufgelöst (auf die eine oder andere Art).

An sich ist solch ein Klein-Konflikt ja auch nicht lebens- oder existenz-bedrohlich. - Das sieht bei Konflikten um den sozialen STAND anders aus! Hier kann jemand degradiert werden, sozial absteigen, Ämter verlieren, usw. - Die Konsequenzen sind HÄRTER als nur für den Moment eingeschüchtert zu werden, vom Profi-Zocker doch noch um die letzten Kröten gebracht zu werden, oder nicht am Türsteher vorbei zu kommen.

Für Konflikte in solch einer Größenordnung, daß sie tatsächlich (potentiell) Existenzbedrohungen für die Charaktere enthalten, sehe ich den BEDARF nach einer regeltechnisch ausgedehnteren Behandlung. (HeroWars: Extended Contest). Konflikte mit minderwichtigen oder sehr beschränkten Konsequenzen brauchen das hingegen nicht (HeroWars: Simple Contest).

Ideen oder gar Forderungen soziale Konflikte auf dieselbe Breite wie die IMMER Existenzbedrohung für den Charakter UND das Ausscheiden (temporär) aus dem Spiel für den Spieler beinhaltenden physischen Konflikte zu bringen, halte ich für unangemessen.

Wenn ich am Türsteher vorbei will, dann möchte ich aus dieser kurzen Szene KEINE 20-Minuten-Hin-und-Her-Laberei machen, sondern wenn ich der Überzeugungsmeister bin, dann komme ich so rein, und wenn nicht, dann muß ich vielleicht ein paar Scheine rüberschieben als Argumentationshilfe. - In Spielzeit am Spieltisch darf das nicht länger als wenige Minuten dauern, da das Überwinden von solchen Alltags-Hindernissen genauso spannend ist, wie die Parkplatzsuche. - Und die spielt HOFFENTLICH auch niemand mittels der Fahrzeugregeln haarklein - und analog zum Kampfsystem in Zehntelsekunden-"Ticks" - aus!

Wie bei ALLEN Regeln, so muß man sich auch bei Regeln für soziale Konflikte fragen, WAS WILL ICH DAMIT?

Sollen in einem höfischen Setting nach dem Spielfilm "Ridicule" bösartig-unterhaltsame Wortgefechte spannender als jedes Degenduell sein, dann stellt sich die Frage nach der Breite zugehöriger Regeln nicht: Ist es ein KERNPUNKT im Setting, der ständig im Mittelpunkt des Spielerinteresses steht, dann braucht es Regeln dafür, weil es auch effektiv das LEBEN der SCs hochgradig in Gefahr bringen kann. - Somit wären in diesem Setting breite, "kampfartige" Regeln für Rededuelle angebracht.

Will ich einen Western spielen, dann will ich nicht, daß die Hombres die ganze Zeit über quatschen. Wer schießen will, soll schießen, und nicht quatschen. Ein klassisches Zitat. Stimmt immer noch. - Provozieren ("Ich hab gehört, Du sollst schnell mit Deinem Messer sein. Ich sage, Du bist nicht so schnell wie ich mit meinem Schießeisen."), Verspotten ("Ich spüre durch mein Hemd, wie Du schwitzt."), Bluffen ("Wenn noch einer schießt, dann zünde ich die Kanone und Joes Eingeweide fliegen durch die ganze Stadt."), Überreden ("Hey, Jungs, ich will keinen Ärger in meinem Saloon. Warum geht Ihr nicht auf die Straße, dann hat die ganze Stadt was davon?"), Verwirren ("Wissen sie, ich kannte da mal'nen Mann ..."), usw. - Das alles hat seinen Platz im Western, ABER KEINE LANGEN LABEREIEN! Soziale Konflikte in ähnlich ausgedehnter Form wie eine Schießerei am OK Corral braucht kein Western. Hier wären solche Regeln wie im "Ridicule"-Setting völlig fehl am Platze.

Somit ist es für mich IMMER eine Frage des jeweiligen SETTINGS, ob und wie breit Regeln für soziale Fähigkeiten, oder soziale Konflikte im Regelbestand eines Rollenspiels enthalten sein müssen.

Es ist auf alle Fälle KEINE GRUNDSATZFRAGE für ALLE Rollenspiele, da jedesmal eine andere Antwort gegeben werden muß. - Wie übrigens auch bei allen anderen Regeln. (Das Setting des Angel RPG mit den Kampfregeln in der Breite wie sie Aces&Eights bietet, wäre ausgesprochen unstimmig umgesetzt. Das Angel-Setting verträgt soviel Details überhaupt nicht - und vor allem nicht, daß diese Details massive auf Kosten des Tempos gehen.)


Die wesentliche, limitierende Eigenschaft mit Einfluß auf die Aufnahme eines Regelbestandteils für soziale Konflikte ist aber IMMER die bei allen Menschen vorhandene HOHE URTEILSKRAFT bezüglich sozialer Konflikte und deren plausiblen Verlaufs und derer Konsequenzen.

Mit der GLAUBHAFTIGKEIT der durch solche Regelbestandteile für soziale Konflikte erzeugten Ergebnisse, der FAKTEN in der Spielwelt, steht und fällt die Akzeptanz für solche Regeln.

Wenn beim Kampfsystem nach den Regeln bestimmte Waffen "effizienter" sind als andere, so ist das in Ordnung, weil eh kaum jemand wirklich Ahnung von diesen Waffen haben wird. - Wenn aber in einem Regelsystem Verspotten deutlich vorteilhaftere Resultate bei JEDEM Gegner auslösen wird, als Einschüchter, Überreden oder Bluffen, dann kommt man in den Bereich, der durch die eigene Urteilskraft der Spielenden als UNSTIMMIG und damit UNGLAUBWÜRDIG erkannt wird. - An diesen Stellen hat das Regelsystem keine überzeugende Umsetzung zu bieten.

Nicht überzeugende Ergebnisse bei Anwendung von Regeln zu sozialen Fähigkeiten ist im Rollenspiel besonders kritisch, da eben JEDER ausreichend Urteilskraft hat, um die Unstimmigkeit zu erkennen.

Dabei ist der REGELUMFANG völlig sekundär. - Dieser muß nur zur Bedeutung für die mit dem betreffenden Rollenspiel zu spielenden Schwerpunkte der Szenarien passen. Aber es ist unabhängig vom Umfang, ob die Resultate der Regelanwendung überzeugend und glaubwürdig sind, oder nicht. Auch einfache Regeln können "seltsame" Resultate ergeben.



Ein Fazit für mich:

Soziale Konflikte und schon allein soziale Fähigkeiten sollten in einem Regelwerk in irgendeiner Form enthalten sein, weil sie eine HILFE für die Spieler zum glaubwürdigen Spielen ihrer Charaktere darstellen.

Wenn soziale Konflikte regeltechnisch umgesetzt werden sollen, dann nur in einer Regelbreite, die der tatsächlichen Breite in den mit diesen Regeln gespielten Szenarien entspricht - mehr ist NICHT besser.

Die Regeln für soziale Fähigkeiten und soziale Konflikte müssen Ergebnisse liefern, die auch gegen die bei JEDEM Menschen diesbezüglich ausgeprägte Urteilskraft bestehen können - unstimmige Ergebnisse sind echte Schwachpunkte in einem Regelwerk.

Eine auch nur an Kampf-Systeme angelehnte Umsetzung von Regeln für soziale Konflikte führt zu einer Überbewertung von Schicksal (Fate) und einer Unterbewertung von Karma. Letzteres ist aber bei sozialen Konflikten der entscheidendere Faktor. Somit taugt eine direkte Anlehnung der Regeln für soziale Konflikte an Kampf-System-Mechanismen allenfalls für SEHR abstrakte Rollenspielsysteme (HeroWars), nicht aber für detailliertere und konkretere.

Der Ergebnisraum bei sozialen Konflikten ist in der eigenen Erfahrung der Spielenden wesentlich vielfältiger und wirkt auf viel mehr Ebenen nach, als dies Rollenspielregeln auch nur halbwegs glaubhaft vermitteln können. Insbesondere die Konsequenzen sowohl aus "Siegen" wie aus "Niederlagen" in sozialen Konflikten sind oft nicht klar genug in die Spielwelt als Fakten zurücktransportierbar.

Da der Charakter nur eine "Maske" auf der Persönlichkeit eines Spielers ist, besteht bei sozialen Konflikten - insbesondere solchen, in denen er unterliegt - das Problem, daß nicht nur der Charakter unterliegt, sondern - eben WEIL es ein sozialer Konflikt ist - auch der Spieler vom Ergebnis betroffen ist. Daher rührt auch die oft anzutreffende Abneigung des Einsatzes von Regeln für soziale Konflikte gegen SCs. Hier wird der SPIELER einem "Zwangsverhalten" unterworfen, da er ja die Konsequenzen z.B. eines Eingeschüchterten im Spiel beachten und spielen muß. (Ja, es gibt die "reifen" Spieler, die so etwas bewußt in Kauf nehmen, weil das für sie eine rollenspielerische Herausforderung ist - diese sind dann auch bei Spielen, bei denen andere in ihren Charakteren "herumpfuschen" können, nicht verärgert. Jedoch stellen solche Spieler nach meiner Erfahrung eher seltene Sonderfälle dar.)

Es bleibt letztlich aufgrund der Besonderheit von sozialen Konflikten nur der Rat STETS auf die VERTRÄGLICHKEIT des Spiels dieser Konflikt-Art in der Gruppe zu achten.
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Zornhau sagt es unter anderem schon. Da haben meine angeblichen Spam-Themen wohl doch Früchte getragen. :p

Erstmal sollte man sich genau überlegen, ob eine Gleichbehandlung von Kampf- und sozialen Proben überhaupt notwendig ist. Denn sonst landet man schnell auf einer rein theoretisch inspirierten (Forge)-Schiene, die für das Experiment an sich zwar wertvoll ist, für ein gutes Spiel aber weniger.

Wir brauchen im Rollenspiel Freiheit, um Charktere zu spielen. Charaktere sind Leute mit Charakter und Gesicht. Dessen Definierung während des Spiels Freiraum erfordert, um das Spielerlebnis zu bereichern.

Letztlich ist Rollenspiel aber auch ein Spiel und da wäre eine freie Entfaltung aller Spieler und derer eingesetzter Mittel hinderlich:

Ein Bauer bräuchte nicht gegen einen König im Schach antreten, wenn nicht die gleichen Regeln für beide gelten würden.
Zumal ja gerade diese regeltechnische Gleichstellung erst ermöglicht, dass man Dinge vollbringen kann, die im wahren Leben unmöglich wären. Kein Bauer kann sich allein über einen König erheben oder ihn direkt zu Fall bringen (das geht interessanter Weise beim Schach auch nicht. Der Bauer muss dafür erst in eine "höhere Lebensform" upgraden).

Ich behaupte einfach mal, dass der Charaktertod das Schlimmste ist, was einem Spieler passieren kann (*). Also brauche ich für Situationen, die das Leben des Charakters als Einsatz fordern Regeln. Denn diese gewährleisten, dass ich eine verlässliche, kalkulierbare und gleichberechtigende Basis habe, auf der ich arbeiten kann.

(*) Klar könnte man erwidern, dass zum Beispiel Erniedrigungen viel schwerer wirken, als ein Charaktertod und dass daher auch in der sozialen Interaktion dedizierte Regelkontrukte Anwendung finden müssen. Das wäre in manchen Fällen auch durchaus nachvollziehbar. Es beschneidet dabei aber die quantitativ viel häufiger auftretenden Fälle in denen freie Interaktion das Spielerlebnis viel mehr beflügelt. Und damit hat man es als eher theoretischen Ansatz entlarvt.
Nicht dass die Forge mit den stakes nicht auch dafür eine "Lösung" gefunden hätte... ;)
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Wenn mir aber jemand (dessen Chara den Verstand von Weissbrot hat und die Sozialfähigkeiten eines Holzwurms) durch blumige Redeweise die (N)SCs von etwas überzeugen will und dann mit "ausspielen statt würfeln" kommt würd ich ne Krempe kriegen weil sein Char das eben nicht kann egal wie eloquent der Spieler ist.

Wo ist das Problem bei solchen Versuchen?
Wenn wir versuchen unseren SL derartig zu beschwatzen, dann fängt er irgendwann (vor allem bei sozial etwas minderbemittelten Chars) an zu grinsen und verlangt den passenden Wurf. Spielerseufzen, Würfelgeklapper und unter Umständen ein kleinlautes "Naja, dann halt nich....".
Problem gelöst ;)


Im Gegenzug versuche ich zB. bei Charakteren die sich in deutlich anderen Bereichen auskennen als ich, das entsprechende Wissen aufzustocken. Ich spiele einen Arzt? Hurra, dann wird eben mal im med. Lexikon geblättert und ein wenig an der Sprache gefeilt. Muss ja nichtmal richtig sein was man dann in der Rolle von sich gibt, es muss nur richtig genug klingen für die Mitspieler. :blah:
 
AW: Soziale Interaktion vs. Kampf - Ausspielen vs. Auswürfeln.

Zornhau hat es mal wieder sehr passend formuliert.
Der Punkt ist, weil Leute von einigen (meistens Kampfskills) keine Ahnung haben, gibt es kein Murren über die Regelverwendung. da ist jeder dankbar dafür, dass es eine allgemeinverbindliche Schiene gibt, die nicht vom Spieler und SL Unmengen von Zusatzwissen einfordert, dass für plausible ad-hoc rulings nötig wäre.
Zornhau schrieb:
Ich weiß NICHT, wie es ist, angeschossen zu werden. Und ich WILL DAS AUCH NICHT WISSEN!
Trotzdem kann es mir beim Deadlands-Spielen passieren, daß mein Charakter einen Bauchschuß bekommt. - Doch wie spielt man das dann? Was kann ich als SPIELER da tun, um den erhaltenen Bauchschuß PLAUSIBEL für die anderen Spieler rüberzubringen?
Eben. und deshalb beschwert sich k(aum) einer über RAW beim Kampf.


Weil SI allerdings im realen Leben andauernd zur Anwendung kommt, ist den Leuten nicht bewusst dass das genauso Fähigkeiten sind wie Schwertkampf, schmieden, oder programmieren. Es geschieht en passant und kaum jemand geht üblicherweise bewusst daran mit dem Hintergedanken "jetzt setze ich gezielt Sozialskills ein" Weil den meisten eine so abstrakte Sichtweise auf den Alltag abgeht.
Out of Character
Dass Ausnahmen die Regel bestätigen können, beweist die Hacker Subkultur, die das Faceman-artige abluchsen von sicherheitsrelevanten Informationen wie login-Daten als explizite Methode mit dem Fachbegriff social engineering belegt hat.


Stattdessen heisst es wie Zornhau treffend sagte:
Labern kann doch jeder.
Da sind dann Werte nicht mehr gefragt und es heisst ausspielen. Über die Gründe warum es Beschiss ist sind wir wie ich sehe gleicher Meinung:
Zornhau schrieb:
Charakter werden mit begrenzten Charakter-Bastel-Resourcen erstellt. Wenn nun ein Spieler im Vertrauen darauf, daß die Regeln, die für soziale Aktionen vom Regelsystem angegeben sind, auch angewandt werden, seinen Charakter zu einem Charmeur und begeisterndem Redner durch Ausgabe dieser knappen Resourcen macht, dann hat er weniger Resourcen für Kampf oder Magie oder sonstwas übrig. Der andere Spieler, der seinen Charakter aber auf Kampf ausgemaxt hat, hatte nichts in "Labersachen" gesteckt, weil "Labern kann ich doch sowieso!".

Nun labert der beredsame Spieler sich alles herbei, obwohl er einen sozial beschränkten, unsympathischen, undiplomatischen Charakter spielen SOLLTE (diese ERWARTUNG liegt darin begründet, daß von den anderen Mitspielern ja das Spiel entlang der Spielwerte vorausgesetzt wird). - Während dessen darf der Spieler des Redner-Charakters ab und an mal auf sein Reden würfeln (immer mit der Chance hier auch zu versagen oder gar einen kritischen Fehler zu begehen). Das allein ist schon UNFAIR und BESCHISS durch den Spieler des Undiplomaten.

Nun möchte ich aber die andere von Zornhaus Aussagen widerlegen:

Zornhau schrieb:
Zurück zum Kampf im Rollenspiel. Die meisten Rollenspieler haben NICHT diese Urteilskraft und können somit nur anhand ihrer eigenen Kenntnisse (Filme, Comics, Bücher) Kampfregeln und deren Ablauf und Ergebnisse im Spiel beurteilen.

Bei sozialen Fähigkeiten ist das jedoch ANDERS!

Nur schwer Kontaktgestörte haben hier eine ähnlich eingeschränkte Urteilskraft hinsichtlich sozialer Konflikte und deren Folgen, wie dies bei physischen Konflikten üblich ist.

Ein normaler Mensch WEISS SEHR GUT, wie soziale Konflikte entstehen, ablaufen, geführt werden, bereinigt werden, und welche Konsequenzen unterschiedliche soziale Konflikte haben können.
Ich bin mal so mutig und sage hier nein. Warum?

Soziale Konflikte und "Wunden" (nennen wir sie mal Traumata) wie sie in der Dimension eines (gerade heroischen) RPG settings entstehen können sind mit den Alltagserfahrungswerten eines heutigen Durchschnittmenschen nicht vergleichbar.

Wie viele Spieler haben keine z.B. so gearteten Unfälle hinter sich, dass sie sich aus Erfahrung in ein absolutes Gefühl von Hilflosigkeit mit Todesnähe und höllischen Schmerzen hineindenken können? Andere Beispiele wären, lähmende Ohnmacht und Apathie (gerne auch inmitten der Schlacht) durch z.B. Verlust der geliebten Person, kompletter psychischer Zusammenbruch durch Anblick unbeschreiblicher Gräuel.

Das ist der Punkt wo die Durchschnitts-Urteilskraft kollabiert und das von Zornhau selbst festgestellte Problem entsteht.
Zornhau schrieb:
Ja, es gibt die "reifen" Spieler, die so etwas bewußt in Kauf nehmen, weil das für sie eine rollenspielerische Herausforderung ist - diese sind dann auch bei Spielen, bei denen andere in ihren Charakteren "herumpfuschen" können, nicht verärgert. Jedoch stellen solche Spieler nach meiner Erfahrung eher seltene Sonderfälle dar.

Auch ein recht unreifer Spieler hat genügend GMV um "Die Schnittwunde in deinem Bein beeinträchtigt Dich im Moment so stark dass $_Aktion schlichtweg nicht drin ist." Nachvollziehen zu können und abzunicken - und sei es nur deshalb weil er mal höllisch mit dem Schienbein gegengedonnert ist und weiss dass es nunmal Momente im Leben gibt, da einen der simple Schmerz einfach kurzfristig aus der Handlung nimmt.

Die Einschränkung: "$_Aktion ist gerade nicht drin weil Du seelisch zusammenklappst" Schluckt nur der (lebens)Erfahrenere als ad-hoc ruling - -weil er weiß dass es auch ein psychischer Effekt sein kann, der einen einfach kurzfristig aus der Handlung nimmt.
Und das ist der erste Grund warum es vernünftiger psychosozialer Regeln bedarf.

Der zweite Grund ist der schon angesprochene Irrglaube:
a) es ist einfach nur labern
b) das kann jeder

Wer glaubt Beeinflussung sei so simpel der müsste etwas mehr lesen, angefangen bei einigen sehr manipulativen Flirt-Ratgebern, bis zu Sachen wie:
Kurzer Leitfaden der Manipulation zum Gebrauch für ehrbare Leute, und bestimmt eine Menge mir unbekannter Werke, von Soziologen, Psychologen sowie Werbe- und Verkaufsprofis.

Wer glaubt bluffen sei simpel, der spiele mal ne Poker Runde um (kleines aber echtes) Geld
meinetwegen 1k in Chips für 10 €, ein Spiel mit 5 Leuten, bis zum letzten.
Wer die ganze Zeit mit dem Gedanken im Hinterkopf dass alle Verlierer 10 Tacken ärmer und der Gewinner um 40 reicher vom Tisch aufstehen werden, sich soweit im Griff hat, dass er das Spiel blufftechnisch nicht komplett vergeigt, der hat es halbwegs drauf. Btw. meinen Respekt - mir ist das schlichtweg zu stressig und erfordert ne Menge Konzentration und Selbstbeherrschung. Dagegen ist ne Schachpartie n Spaziergang.

Von einem Bluffmanöver in Gefahrsituation, wie z.B. den drohenden Kampf mit einem körperlich Überlegenen, der letzteren dazu bringt vom Kampf abzusehen, rede ich gar nicht erst.

Deshalb ist dies der zweite Grund. anstatt von Leuten zu fordern, dass sie sich einfach RL überzeugen, dass es mehr als reden ist (weil dieser Lernprozess gefährlich werden könnte), setze ich ihnen passende Regeln vor die Nase und schaffe spieltechnisch ein status-quo.

Also
Zornhau schrieb:
Somit unterliegen die Ergebnisse bei einem im Rollenspiel auftretenden sozialen Konflikt zwischen Charakteren einer wesentlich HÖHEREN URTEILSKRAFT der beteiligten und der nur zuschauenden Spieler!
an dieser Stelle von mir ein entschiedenes nein, nicht zuletzt, aber auch aufgrund der Intensität der im Spiel vorkommenden Konflikte.

Natürlich strebe ich dabei nicht an, dass Charaktere in Dauergefahr sind, zu psychischen Wracks zu verkommen, denn wir,
Zornhau schrieb:
lassen ja auch nicht den Helden nach einem klassischen "Schuß in die Schulter" immer wiederkehrende Schmerzanfälle erleiden, den Arm auf der betroffenen Seite nie wieder richtig anheben, ständig von einer OP zur nächsten, von einem Physiotherapeuten zum nächsten gehen.
und Gleiches soll für die Psychoebene gelten.

Ich spreche mich lediglich für die Notwendigkeit entsprechender Regeln aus, weil der Durchschnittsspieler von professionellen Bluff- und Manipulationstechniken und psychischen Traumata genauso wenig Ahnung hat wie von Verwundungen, Betäubungshieben und Schwertkampf.
 
Zurück
Oben Unten