AW: mit Menschen nach D20 spielen
Wenn ich aber ein Kapitel mit folgender Überschrift sehe: "Alternative Regeln", dann darf ich doch wohl annehmen, dass sich jemand Gedanken gemacht hat, das es passen wird.
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Schreibt Feder & Schwert etwas von alternativen Regeln, dann müssen sie funktionieren. Das ist aus meiner Sicht so einfach und muss gelten - sonst ist das Kapitel reine Geldschneiderei.
NIEMAND hat behauptet, daß die D20-Regeln für Engel nicht funktionieren. - Meine Feststellung ist nur, daß die Engel, die nach D20-Regeln eine Abbildung in Spielwerte erfahren, ANDERSARTIGE Engel sind, als die in den Fluff-Texten beschriebenen. Das beginnt mit den Weihen, setzt sich fort über die Kompetenz verglichen mit normalen Menschen (aufmüpfigen Bauern, Söldnern, Beutereitern, Templern) oder Traumsaat-Kreaturen, und wird besonders augenfällig bei der ZWANGSLÄUFIGEN Verknüpfung der Engel-"Lebenserwartung" und -Mächte-Entfaltung mit dem Lebensalter, statt mit der Zahl angesammelter Erfahrungspunkte.
Nicht, daß Engel nicht spielbar wäre, wenn man D20 statt Arkana-"System" verwendet (eher im Gegenteil).
Doch von einer PASSENDEN Abbildung einer Settingbeschreibung, von den dort aufgeführten Fähigkeiten, Kompetenzen, dem "Power-Level" eines Engels im Vergleich zu einem Normal-Menschen, kann man erwarten, daß diese "Power-Level"-Verhältnisse nach Abbildung in Spielwerte ERHALTEN bleiben, statt aufgrund grundsätzlich von den in der Spielweltschilderung abweichenden Mechanismen VÖLLIG ANDERS zu verlaufen. - Und genau das ist bei der Abhängigkeit der Sigil- und Scriptura-Weihe (und damit dem Zugang zu den zugehörigen Mächten) der Fall: In der Spielwelt der Engel ist das ALTERSABHÄNGIG, muß aber erst durch einen Weihevorgang (Tätowierritual) umgesetzt werden (welches man - siehe Beispielcharaktere - auch vermeiden kann). Bei Engel-D20 kommen die Sigil-Feats AUTOMATISCH mit Erreichen der notwendigen Erfahrungspunktezahl.
Das erstere (und auch für das Arkana-"System" gültige) Verfahren ist ein In-Game-Verfahren, welches ohne Bruch mit den Schilderungen der Spielwelt erfolgt. - Das zweite (D20-Regel-)Verfahren verwendet die typischen D20-Regelmechaniken ohne sich um die Spielwelt zu scheren.
Resultat: Engel nach Arkana-"System" sind ANDERSARTIG als Engel nach D20-System.
Wenn mein oben geschilderter Eindruck stimmt (und Verifizieren kannst Du das SELBST, indem Du mal den Engel-Fluff-Text liest, statt nur den drögen Regelteil), dann darfst Du immer noch "annehmen, dass sich jemand Gedanken gemacht hat, das es passen wird." - Nur, wie nennst Du einen Fall, bei dem - entgegen dieser Annahme - es eben DOCH NICHT PASST?
(Ein anderes Beispiel: Für Deadlands gibt es gleich drei vom Verlag herausgebrachte Regelsystem-Adaptionen (Deadlands Classic, das Original-Regelsystem; Deadlands D20, Deadlands:Reloaded nach Savage Worlds System). - Es gibt jede Menge Deadlands-Quellenbände für Deadlands Classic. Was in Deadlands D20 davon regeltechnisch abgebildet wurde, stimmt zum Teil nicht mit den geschilderten Verhältnissen der Spielwelt von Deadlands überein. Bei Deadlands: Reloaded ist der Unterschied bei manchen Versatzstücken des Deadlands-Settings besonders krass (z.B. den Mad Scientist Charakteren). - Es war hier in jedem der drei Fälle der ORIGINAL-Verlag, der ORIGINAL-Autor, und DIE IDENTISCHE SPIELWELT. - Trotzdem ist ein und derselbe Typ an Charakter (Mad Scientist, Huckster, Blessed, Schamane, usw.) in Deadlands:Reloaded DERMASSEN ANDERSARTIG, daß es tatsächlich wie eine andere Spielwelt wirkt. - So etwas kann einem bei den unterschiedlichsten Spielwelten blühen. Man sehe sich nur einmal die unterschiedlichen Conan-Rollenspieladaptionen an, oder Gammaworld (in 6 grundverschiedenen Regelsystemen!).)
Wenn ein Verlag, gerade ein Verlag wie F&S(!), behauptet, daß es sich um "alternative" Regeln handele, dann ist es am Käufer/Kunden/Rollenspieler dies durch Durchlesen zu verifizieren. - Und wer diese "alternative" als nicht mit dem Setting-Text übereinstimmend empfindet, für den ist es KEINE PASSENDE Umsetzung.
Dies ist ein BEKANNTER Kritikpunkt an der Engel-D20-Umsetzung.
Man kann natürlich Engel-D20 spielen. Und das wird auch für sich genommen funktionieren. - Jedoch wird man beim Spielen mehr und mehr den ABSTAND zwischen D20-Regelumsetzung und den Schilderungen entdecken - und dann lebt man damit (oder versucht sich in einem Engel-D20-Bugfixing, wie ja auch in einem entsprechenden Thread hier im Forum mal angedacht).
Aber die Charakterbeschreibungen der meisten Gabrieliten lesen sich meiner Meinung nach wie eines Jahresdepression.
Das liegt eher daran, daß Engel die "Neue Deutsche Endzeit" zu "veredeln" gedacht ist. Es ist ein typisch deutsches Rollenspiel: dark, düster, dunkel, depressiv, d... - halt so, wie die anderen dark-düster-depri-DeGenerierten deutschen Endzeit-Rollenspiele eben auch.
Und die F&S-Vampire/Werewolf/usw.-gewohnte Klientel an "persönlichen Horror"-Anhängern mag halt gerne weinende Engel-Putten beim Herumdeprimieren und sich selbst anschnippeln spielen. - Da trifft die Faszination und das Interesse für solche Depri-Psycho-Freaky-Darkheit auf die Schilderungen in der Spielwelt (gerade die seelisch gestörten Raphaeliten seien hier genannt).
Natürlich KANN man Engel voller SAFT und KRAFT spielen (sonst hätte ich garantiert NIE Engel zu spielen angefangen - bei mir müssen die Charaktere IMMER ordentlich reinhauen können und SPASS dabei haben das Richtige (tm) zu tun: Buttkicking for Goodness). - Aber der "Serviervorschlag" stellt halt eher die Weinenden Engelein der Weltschmerzorden dar.
Aber wie interessant ist das ab dem 2., 3. Charakter?
Kommt darauf an, wie schnell ihr vor habt eure Engel-Charaktere umzulegen.
Nach Engel-D20 würde ich erwarten, daß die Engel eine außergewöhnlich hohe Sterblichkeit haben, da sie weder gegen die Waffen der Ketzer, noch die fiesen, starken, intelligenten(!) Traumsaat-Horden viel entgegenzusetzen haben. - Da braucht man dann am besten schon mal ein oder zwei Engel-SCs auf dem Abreißblock (jedenfalls wenn man nicht "D&D mit Engeln" spielt und den SCs nur "schaffbare" Monster-of-the-Week präsentiert - Challenge Ratings haben in der Welt der Engel nichts verloren.).
Beim Arkana-"System" kratzt ein Engel ab, wenn der SPIELER das für eine coole Idee hält und es so vor sich hin erzählt. - Es gibt KEINE REGELN für den Tod der Engel-SCs im Arkana-"System". (Wie es auch sonst KEINE Regeln im Arkana-"System" gibt.) - Da ist die Charaktersterblichkeit anders.
In einer Depri-Lover-Weinende-Engel-Gruppe werden die Spieler eher dazu tendieren ihre mehr und mehr zu klinischen Fällen werdenden Engelein einen schön tragischen und tränenreichen Tod sterben zu lassen.
In MEINEN Engel-Runden, in denen der Fokus auf Himmlische HEERSCHAREN, den STREITERN des Herrn, den Engels-Scharen als MILITÄRISCHEM Verband, der der Kirche die Luftüberlegenheit sichert, liegt, d.h. auf militärische Post-Apokalypse-ACTION im "Band of Brothers"-Stil, da kratzen die HELDEN, sprich die SC-Engel, selbst in schlimmsten Gemetzeln eben NICHT ab. - Das will weder ich als Spielleiter, noch wollen das meine Spieler. - Und wenn sich alle einig sind, dann gibt es ANDERE Arten der Niederlage, des Verlustes, die z.T. weit schlimmer (weil länger böse nachwirkend) sind, als sich schnell mal einen neuen Charakter basteln zu müssen. Und diese anderen Arten der Niederlage werden natürlich auch von den SPIELERN SELBST geschildert.
Ich komme damit klar. - Auch, wenn sich ein Engel-SC für seine Kameraden opfert. Denn das war KEIN WEICHLING-Engelein, sondern ein Harter Kampferprobter Ostfront-Engel (Steineriel, der knallharte Gabrielit mit dem Eisernen Engelskreuz).
Daher stellt sich das mit dem "Durchspielen" des gesamten "Lebenszyklus" eines Engel-SCs nicht zwangsläufig so oft, wie das in manchen Gruppen der Fall sein mag.
Wie oft braucht ihr denn so "Ersatz-Charaktere"?