AW: Plastik
Zornhau, ich konnte ja nicht AHNEN, dass ich dich mit Degenesis so in RAGE versetze. Tut mir LEID. Das GROSSSCHREIBEN einzelner Wörter ist übrigens wirklich STYLISCH, vor allem raffen die ganzen Deppen dann auch besser, was man zu sagen hat, und man kann seine eigene GRANDEZZA besser rausstellen. Ist aber nix für mich. Meine Theorie: Die Leute verstehen einen Satz auch, ohne dass man vermeintlich wichtige Wörter in Kapitalen setzt. Einfach mal austesten.
Also, zu deinem Post:
Realismus und Rollenspiel - das ist ja schonmal so ne Sache. Was für Spiele spielst du denn? Wenn du sie nach ihrem Realismus-Level auswählst, dann bleibt... Nichts. Vielleicht Pendragon. Keine Ahnung. Wenn ich Realismus will, geh ich vor die Tür.
Die LETZTEN 65 Jahre haben gezeigt, daß die Materialien immer sparsamer, immer weniger haltbar eingesetzt werden. Autos aus den 20er Jahren sind als Oldtimer immer noch fahrtüchtig und mit einfachen technischen Mitteln reparierbar. Die aktuelle KFZ-Produktion setzt auf schnelleren "Verbrauch" der Fahrzeuge. Allein die vielen Steuergeräte in einem aktuellen PKW sind in spätestens 5-10 Jahren NICHT MEHR ERSETZBAR. Alle heute produzierten PKW werden KEINE Oldtimer mehr werden, wegen der starken Fahrzeugelektronikanteile. Damit ist nicht die Zündkerze, sondern ein Rechner-Bus-System im Fahrzeug, welches alle Steuergeräte wie Airbag, ABS etc. miteinander vernetzt gemeint. In einer S-Klasse sind derzeit über 50 solcher Rechner eingebaut, in einer A-Klasse noch gut 30. Das wird in nächster Zukunft wesentlich MEHR werden.
Ahja, ich wusste nicht, dass du Fahrzeugkonstrukteur bist. Daher will ich mich hier auch gar nicht mit dir anlegen. Gut, dass es bei Degenesis keine alten Fahrzeuge gibt. Bei Engel meines Wissens nach übrigens auch nicht (aber ich bin kein Engelexperte). Warum hast du das denn jetzt überhaupt geschrieben?
Außerdem geht die aktuelle Kunststoffentwicklung eben gerade NICHT zu unverrottbaren Materialien, sondern eher zu biologisch abbaubaren, verrottbaren Kunststoffen.
Die ach so tollen Kunststoffe der Zeit kurz vor dem Eschaton werden nur eine Generation später wesentlich wahrscheinlicher völlig unbrauchbar und verrottet sein, als daß sie haltbarer als heute wären.
Gerade die Allgegenwart von Kunststoffen und sonstigen, nur mit komplexen Produktionsketten industriell überhaupt erhältlichen Materialien führt dazu, daß bei einem Zusammenbruch der entsprechenden Industrien, Lieferketten, Grundwerkstoffproduktionen es LOGISCH ist, daß diese Materialien eben NICHT mehr - auch nicht von einer re-industrialisierten nordafrikanischen Wirtschaftszone - hergestellt werden können. Da bleiben nur einfachste Materialien aus der Urzeit der Polymerchemie, Naturkautschuk, Holz, Leder, Metalle.
Chemiker auch noch! Aber meinst du wirklich, dass das Militär auf recyclebare und vor allem verrottbare Kunststoffe setzt? Die Schläfer und die Hellvetiker bei Degenesis machen das jedenfalls nicht, schließlich sind ihre Bunker für die Ewigkeit gedacht. Ansonsten: Reden wir von Degenesis? Da hat kaum etwas Voreshatologisches die 500 Jahre überstanden.
Es ist sogar noch unwahrscheinlicher, daß es nach dem Eschaton eine bewahrte Produktion von integrierten Schaltelementen geben wird, welche man für Rechner etc. benötigt. Man schaue sich mal die aktuell dazu notwendige Verzahnung quer durch viele Industriebereiche an, die man braucht um auch nur eine CD oder einen Taschenrechner oder ein Handy zu produzieren. Das ist nicht mit "Manufaktur" oder (prä-)industrieller Gründerzeit zu bewerkstelligen. Unsere heutigen Produkte setzen auf einer GLOBALEN Lieferkette höchster Komplexität und einer hochgradig spezialisierter Arbeitsteilung auf.
Wenn diese komplexen Gebilde zusammenbrechen, dann ist Schluß damit. Aus. Ende. - Und zwar solange, bis man eine nicht mehr nur lokale, sondern wieder eine globale Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur hat, die diese komplexen Produkte überhaupt erst herstellen kann.
Ah, jetzt hab ich's! Du bist Wirtschaftswissenschaftler! Ich schlage vor, du liest das Grundregelwerk mal, denn es würde dich freuen zu sehen, dass es bei Degenesis keine Produktion von integrierten Schaltelementen gibt.
Das alte Zeug wird daher sehr bald nicht mehr funktionieren. Und neue Produkte selbst nach bekannten alten Bauplänen herzustellen wird schlichtweg unmöglich sein.
Du hast es erfasst.
Was LOGISCH wäre, wäre eine Dampftechnologie mit viel Eisenarbeit und wenig polymeren Materialien. Darauf aufbauend eine Benzintechnologie, einfachste Verbrennungsmotoren (so Stand 1900 etwa). Das könnte man nach ein paar Generationen wieder hinbekommen, weil man dazu auch nur LOKALE Resourcen benötigt.
Quatsch. Finde mal in der Tundra ausreichend Brennstoff für eine Dampfmaschine: Das Gras brennt kurz und hell. Und dass die Kohlebergwerke sich in 500 Jahren wieder aufladen, ist dann doch eher unwahrscheinlich. Ähnlich mit dem Benzin. Die Weltproduktion von Öl soll für die nächsten 30-50 Jahre reichen, bei der momentanen Fördermenge. 2073 ist da nichts mehr.
ABER: Bei den Neolibyern geht trotzdem was. Keine Steamtech, aber was mit Öl (AHA, also doch!). Trotz meiner von dir bescheinigten Naivität habe ich da recherchiert: Hat was mit der Geschichte Libyens zu tun, will ich jetzt aber nicht breittreten.
BTW: Was sollen denn "polymere Materialien" sein? Meinst du synthetische Polymere auf Kohlenstoffbasis oder Biopolymere oder was? Wenn wir hier schon versuchen, den dicksten Haufen aufzutürmen, dann doch bitte mit Stil - und mindestens mit Wikipedia-Wissen.
Aber wer naiv glaubt, daß man in 50 Jahren oder gar in 500 Jahren mit heutigen (oder von mir aus aus dem Jahre 2073 stammenden) Produkten noch irgendetwas anfangen kann, der täuscht sich.
Dieses naive Einschätzung ist es, die mir bei DeGenesis (und auch bei Engel) den ach so laut gerühmten "Realismus" komplett in den Gulli kippt. Wenn man nicht einmal diese einfachen Überlegungen zur Verwendbarkeit nach so langen Zeiträumen angestellt hat, dann kann man sich den "Realismus" gleich sparen. Dann kann man sagen - wie in Maddrax - Hauptsache Frauen, Knarren, Action. Dann kann einem keiner mehr mit Logik kommen, weil diese da keine Rolle mehr spielt.
Mhmh, da haben wir also diese "einfachen Überlegungen" nicht angestellt... Ich kann mich nicht erinnern, mit dir schonmal darüber geredet zu haben. Denn woanders kannst du es nicht herhaben, denn mit Degenesis hast du dich offensichtlich nicht auseinandergesetzt.
Nur weil man bei Gamma World und Aftermath jahrhundertealten Schrott wieder zu einem funktionierenden Fahrzeug zusammendübeln kann, bedeutet das nicht, dass das in jedem Endzeit-Rollenspiel so ist. Nicht immer verallgemeinern, auch wenn's so schön einfach ist und man mit seinem geballten Halbwissen die Arena leerfegt.
Die technologische Blauäugigkeit von so manchen Endzeit-Settings ist wirklich haarsträubend. Wenn diese Endzeit-Settings dann nicht diese herausstehend unsinnigen Annahmen mit Humor, unrealistischer Mystik, überkandidelter Action anreichern, dann wird das Ganze zu einem unerträglich sauer aufstoßenden Mix.
Was meinste denn mit "so manchen Endzeit-Settings"? Gamma World wohl kaum. Endland? Neh, ist ja mehr Fantasy. Aftermath? Auch nicht, sofern man die ersten Seiten gelesen und verstanden hat, was die Autoren wollen. Darwin's World? Mh, ok, vielleicht meinst du das. Engel? Näh, darauf spielst du ja an mit deinem "unrealistische Mystik". Oder meinst du Computerspiele? Fallout? Egal, ich denke, du verstehst, was ich meine. Ohne dass ich Großbuchstaben verwenden muss.
In diesem Sinne:
Plastik in 500 Jahren? Klar, gibt's noch überall.
Benutzbares "historisches" Plastik? Keine Chance - das rottet vor sich hin.
Neu hergestelltes Plastik? SEHR unwahrscheinlich, daß die dazu notwendige Liefer- und Produktionskette bei DeGenesis irgendwo noch oder wieder besteht.
In diesem Sinne: Bleib cool, Zornhau, hier geht's um Spiele, nicht um dein Leben oder deine Rente. Wenn du jetzt das Grundregelwerk nach Inkonsistenzen, logischen Fehlern und naiven Einschätzungen durchforschen möchtest, dann weißt du, wo du das PDF findest (für alle anderen:
http://www.degenesis.de/html_data.html). Wenn du stattdessen wilde Behauptungen aufstellen möchtest - bleib einfach, wie du bist.
Chris