[24.04.06] Vertragen?

Juniver

Munchkinmeisterin
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Carola erwachte etwas übertagt. Aus welchem Grund auch immer war dieser Schlaf für sie nicht erholsam gewesen. Neben ihrem Bett lagen noch die verheulten Taschentücher. Sie stemmte sich aus dem Bett und schlich ins Badezimmer.
Ian schien schon auf und machte wie üblich seine Morgengymnastik.
Carola versuchte ihn zu ignorieren. Sie verschwand ins Bad, schloß die Tür ab und stellte die Dusche an. Das warme Wasser prasselte auf ihre Haut. Ihr verheultes Gesicht wurde vom Wasser gesäubert, blutig rot sammelte ein sich am Boden, bevor es im Ausguß verschwand.
Das warme Wasser war angenehm, vertrieb ein wenig die Kälte in Carolas Inneren.
Nach dem Duschen zog sie sich an.

Es trieb sie auf den Balkon. Sie betrachete die Sterne, den klaren Nachthimmel. Ihre Haare fielen ihr nass über den Rücken. Ihr für diese Jahreszeit schon leicht zu dicker beiger Rolli wurde nass. Sie wirkte verloren und einsam, so, wie sie sich fühlte. In Gedanken verloren schaute sie in die Nacht.
 
Ian machte seine Liegestütze. Es half die Starre loszuwerden und man fühlte sich irgendwie etwas lebendiger. Ian war in Gedanken versunken.
Ich sollte mit ihr reden...
Ach was... ist nocht nichts großen gewesen, God...
Aiyo, sie ist eine Frau und sie ist nicht lange tot, einige würden sagen noch nicht lange kalt. Sie nimmt so etwas mit! Also red mit ihr, du Idiot...

Ian stand auf und zog sich nur kurz ein Unterhemd drüber. Dann ging er ins Wohnzimmer. Er fand sich geradewegs in der Türe des Balkons wieder.
"Hey du!" sagte er vorsichtig und leise. "Wie geht es dir?"
Seine Stimme war direkt beruhigend angelegt. Er wollte reden und das wurde deutlich.
 
Carola hatte die Arme verschränkt, hielt sich dadurch selber in den Armen.
Ian war dar, der Ian, der sie gestern so verletzt hatte. Sie hatte jemanden zum anlehnen gesucht und er hat sie an sich herangezogen und weggestoßen. Sie sollte nicht weinen, das war alles.

Ganz gut, ich bin immerhin tot. Wie soll es da einem schlecht gehn.

Ihre Stimme verriet, dass es ihr nicht gut ging. Sie war verletzt und einsam.
 
God, ein Schlag in den Magen...

Ian machte den Schritt auf den Balkon. "Oh Carola..." Er atmete durch, bevor er weiter redete.
"Ich bin auch tot, aber... mir gehts dreckig, wenn es dir dreckig geht."

Er stellte sich neben ihr. Nur einen Schritt entfernt. Ian stütze sich auf dem geländer ab und blickte in den Himmel.
Carola schwieg und wie Ian dadurch lied. Es machte ihn nervös. Er wankelte rum, ging leicht in die Knie und streckte sich dann wieder durch, aber blickte Carola nicht an.
"Bitte... sag was!... Irgendwas!" platze er gequält in die Stille der Nacht.
 
Kalt, verletzt antwortete Carola
Dich hat es ja auch nicht groß interessiert gestern als es mir nicht gut ging. Nur die Maskarade, die dumme Maskarade. Die mir verbietet meinen Freunden zu sagen, was in letzter Zeit ist. Wegen der ich umziehen muss. Wegen der ich nicht mehr weinen darf.

Zählen Gefühle in dieser Welt denn gar nichts mehr?


Immernoch schaute sie Ian nicht an. Ihr Blick war weiterhin in die Nacht berichtet.
 
Ian blickte nach unten. Er war geschlagen. Er atmete durch.

"Was willst du von mir hören?" fing er ganz ruhig an.
"Es tut mir Leid!
Aber du hast Marco gestern selbst gehört, wie er darüber geredet hat, oder?" Langsam wurde er etwas von seinen Gefühlen mitgerissen.
"Was soll ich machen? Die Welt komplett ändern?" Er stand auf und blickte auf Carolas Profil.
"Ich mein, es ist nun einmal die Wahrheit, das, was ich gestern sagen musste. Den Meisten sind ein Menschleben, mein Leben und sogar dein Leben sicher total egal. Die Welt ist so.
Also frag mich nochmal, ob Gefühle etwas zählen!" Einen Moment Pause. "Die Antwort ist 'JA', God. Gerade deswegen zählen sie noch etwas.
Ich bin nicht wie die meisten. Ich habe viel zu viel durchgemacht, um so zu sein. Aber ich kann auch nichts machen als dir die Wahrheit über die Welt zusagen." Er gestikulierte etwas, warf den Arm hin und her. Aber beruhigte sich wieder in den letzten Worten. Seinen Höhepunkt hatte er in der eingentlichen Antwort der Frage gesetzt. Jetzt machte die Spannung wieder der traurigen Wahrheit platz.
Er lehnte wieder auf den Geländer und blickte in die Tiefe. "Dich anzulügen, hätte dir irgendwann sicher viel mehr geschadet... und das wollte nunmal nicht!" Ian schien aus Erfahrung zu sprechen. Er war wieder ganz ruhig, fast melacolisch.
Er atmete tief durch. "Gerade weil mir das Leben von anderen recht wichtig ist, ist mir die Maskerade besonders wichtig.
Denk mal drüber nach, was wäre, wenn niemals jemand auf die Idee mit der Maskerade gekommen wäre! Glaubst du wirklich du hättest so leben können wie du es getan hast?"
So und hier verlor Ian seine Kraft. er konnte nicht mehr. Er blickte in den Abgrund zwischen den Häusern vor ihm.
 
Ians Worte nahmen Carola mit. Irgendwie hatte sie es gewußt und dennoch. Das er so hart war gestern, das hatte weh getan. Das er nur, dass bloß weg hier im Kopf hatte und nicht lass uns wohin gehn, wo wir ungestört sind.

Sie war sauer, naja eigentlich ehr verletzt. Und dennoch sie konnte nicht sagen wieso, sie fühlte sich zu ihm hingezogen, vertraute ihm. Oder sagte sie es nur aus Gedankenlosigkeit.

Würde es nach der Maskarade, nach den Traditionen gehn, wäre ich jetzt tot!

Selbst erschreckt über das was sie gesagt hatte, schlug sie die Hand vor den Mund. Sie ging einige Schritte rückwärts zurück ins Wohnzimmer.

Dann leiser von ihr, es war schon fast ein Flüstern:
Sag das niemals zu jemandem ja? Behalte es für dich!
 
Ian richtete sich wieder auf, als sie begann zu sprechen.

Ian war für einen Moment geschockt udn verstand auch garnicht wirklich, aber es dämmerte ihm. Carola ging ins Wohnzimmer. Ian stand noch draußen.
"Dann weißt du ja, wie die Welt ist. Egal was man macht, es ist verkehrt."
Ian trat nun auch wieder durch die Türe ein. "Ich würde nie etwas tun, was dir schadet. Zumal du nicht viel besser bist als ich, aber das ist eine andere Gesichte!" ergänzt er ganz leise.
Ian schien durch die Tatsache nicht sonderlich berührt. Was machte das schon? Er war schwarz und einige würde das schon stören. Alles Dinge, die den Menschen überhaupt nicht betreffen.
"Aber du siehst es ja selbst... Es ist nunmal die Wirklichkeit." Er war niedergeschlagen. Am Liebsten wäre er in der Zeit zurück gegangen und hätte alles anderes gemacht. Das Gespräch war einengender als gedacht.
 
Ian erwähnte ihren Fehler nicht groß, und das tat ihr gut. Schnell war ihr Schock verflogen. Wie gesagt, im Grunde aus irgendeinem Grund vertraute sie Ian. Doch immernoch war Carola wutend, mittlerweile doch nicht mehr auf Ian selbst, sondern vielmehr auf die Situation und ihre eigene Machtlosigkeit.
Carola schlug mit der Seite der Faust gegen die Wand.

Ja, die Wirklich. Ich weiß dass sie so ist....
Nur....ach.....egal....


Auch Carola wußte nicht so recht was sie sagen sollte. Ian hatte ihr weh getan und doch spielte es keine Rolle. Er war da und sie nicht alleine.
vorsichtig strich Carola über ihre Hand. Sie tat weh. Jedoch nicht so sehr wie sie eigetnlich weh tun sollte. Die Schmerzen verebten langsam, wurden nebensächlich. Ob auch wohl Gefühle nachlassen nach der Zeit. Vielleicht ist dann ja der Schmerz tot zu sein, nicht mehr ganz so groß.

Ich will jetzt auch gar nicht streiten, es ist passiert. Es lässt sich nicht mehr ändern. Ich hab mich wohl einfach in etwas geirrt. Lassen wir das einfach.

Carola schaute niedergeschlagen zu Boden. Immernoch schien sie verletzt. Langsam bewegte sie sich auf ihren Schreibtisch zu und setzte sich. Ihr Blick fiel auf das Bild das dort stand. Es zeigte einen jungen Mann.
 
Ian lächelte nun. Er war über ihre Reationen überrascht.
Das Reiben der Hand hatte er gemerkt und die Worte gingen runter wie Butter.
Er bügte ich etwas, lächelte jedoch in Carolas Gesicht.
"Nein, es ist nicht egal. Ich merk doch das irgendwas ist, also los. Raus damit, God!" Er lachte etwas begeistert über Carolas Ausbruch. So war es richtig. Man schaffte nicht eine Ewigkeit lang alles in sich hineinzufressen, irgendwann geht man daran zu Grunde. Ian wollte Carolas Geist befreien, wenn sie in dieser Welt schon kein Halt fand.
 
Carolas Blick wanderte von dem Bild langsam zu Ian. Sie schaute ein wenig bedröppelt.
Naja, ich dachte halt nur, naja Maskarade hin oder her, wir hätten das ganze ja auch einfach woanders bereden können, anstatt es so abzuhaken.
Sonst nichts.


Ja, das war das eigentlich Problem von gestern. Aber da war noch mehr, nur Carola rückte nicht mit der Sprache raus.
 
Aufrecht gestellt, hätte er sich am liebsten geschlagen.
Das war alles... God... What?... Nee... Damn!...

er kratzt sich am Kopf. " Ähm... nun... Marco hat mich etwas gereizt... ähm... es tut mir Leid... ich wollte einfach nur weg!" Er war leicht verlegen, doch ne Ohrfeige hätte ihn besser getan.
 
Carola nickte.
Mh, ist gut.

Kurze Zeit saß Carola einfach nur auf ihrem Stuhl und dreht sich ein wenig hin und her.
Es war ein komischer Tag heute, wenn man mit so einem Niedergeschlagenen Gefühl aufstand, war es schwer, es so einfach wieder abzuschütteln.

Leise kam dann von Carola
Sag mal, du hast vorhin Andeutungen gemacht, dass du auch etwas angestellt hast. Ich mein ja nur.....
Du musst natürlich nichts sagen, ich weiß ja, dass du nicht gerne über deine Vergangenheit redest.
 
Ian ließ sich auf die Couch fallen.
Das musste ja kommen...
"Jahh... was denkst du denn?
Ich bin im Ghetto groß gewurden. Mit 14 hatte ich das erstemal eine Knarre in der Hand. Ich habe ein ganz andere Erziehung genossen, dort wo ich herkam, war sowas nichts ungewöhnliches." Ian redete als wenn das nichts wäre. Es ist entweder schon Alltag gewesen oder er redet noch nicht über die wirklich schlimmen Dingen. Doch dann lehnte er sich plötzlich vor, mit den Ellebogen auf den Knie stützend.
"Zwei Tage vorher wurde mein Cous, ein Freund, aus einem fahrenden Auto heraus erschossen... heh..." Er lacht kurz und dumpf auf. "Und dabei wollte das Schwein eigentlich einen anderen älteren Typen auf dem Basketballcourt treffen.
Das war wohl ein sehr einschneidendes Erlebnis in meinem Leben. Ich sehe ihn heute noch vor mir.
Dann bin ich nach Deutschland gezogen mit meiner Mutter, auf den Stützpunkt.. heh... und dann wieder zurück ins Loch!
Ich war älter, aber nicht unbedingt klüger. Ich habe einige Dinge mit meinen Kollegen gedreht. Meine Karriere, die da begann, war mir in dem Punkt auch egal.
Ich wurde angeschossen und musste wieder warten bis... nunja... bis ich ihn rächen konnte. War ein glatter Schuss in die Seite." Er hob sein Shirt und zeigte die kleine Narbe. "Heh... hätte schief gehen können, God.
In der Nacht in der ich dann starb habe ich es dann geschafft."
Er blickt vom Boden auf und sieht Carola an. In seinem Blickfeld lag sie waagerecht, aber das lag nur an der Position von Ians Kopf. Er wollte ihre Reaktion sehen.
Natürlich war das nicht alles. Das schlimmste begann dann. Er wurde für den Sabbat ausgebildet und es war hart unter Vater, aber das ist Vergangenheit und gehört nicht hierher. Sein Erzeuger wurde entdeckt und damit endet es... naja fast.
"In meinem Viertel konnte man wirklich sagen, dass wenn man es bis zum 25 Lebensjahr geschafft hatte, dann hat man es schon weit gebracht... heh..."
Und immer dieses Auflachen dazwischen, dass die Sinnlosigkeit neben der Monotonie nur noch mehr unterstrich.
 
Carola ging auf Ian zu. Ihr Gesicht, war nicht mehr so kalt wie eben noch. Es war voller Wärme. Sie setzte sich neben Ian, ergriff seine Hand und streichelte sie. Sie war für ihn da, wollte für ihn da sein, egal was da jetzt kam. Er hatte ihr zugehört, nun war sie dran. Carola unterbrach Ian nicht, wenn er schon einmal am reden war, sollte er ruhig reden. Sie hatte hin und wieder bemerkt, das da irgendetwas war, was er nicht sagen wollte. Aber nun sagte er es und es war gut so. Und wenn schon, denn schon. Wenn man es hinter sich hat, fühlt man sich für gewöhnlich immer besser. Also am besten jetzt gleich.
Carola war für ihn da, komme was wolle und genau das konnte man in ihrem Gesicht lesen.
Sie kam zwar aus gutem Hause, aber sie hatte Toleranz gelernt. Sie war nicht von Vorurteilen geprägt und vor allem sie kannte Ian. Was sollte seine Vergangenheit da schon ändern.
 
Er nahm ihre Hand und lächelte leicht gezwungen. Ein Moment verging, dann sagte er: "Na komm her." Er lächelte und umarmte sie. Nun wusste er, dass er ihr alles sagen konnte, nur noch tat er es nicht wirklich.
Sie saßen etwas umschlungen da, Carola wusste, dass er es ihr so dankte.
 
Carola erwiderte seine Umarmung. Zärtlich drückte sie ihn an sich.
Du kannst mir alles sagen, wenn du magst. Es freut mich, wenn du so ein vertrauen zu mir hast, dass du es tust. Aber was für mich zählt bist du. So wie du bist. Da ändert deine Vergangenheit auch nichts dran. Also Kopf hoch ja?
Du hast mir zugehört und nun bin ih dran, wenn du magst.
Hey, I love you! I didn't think that I could love anyone else, after my boyfriend had died. But now I've you.

Bei den letzten Worten schaut Carola Ian in die Augen. Ihre Worte waren ernst gemeint. Ihr Englisch hatte einen leichten britischen Akzent, war aber gut zu verstehn.

Sie mochte Ian, sie mochte ihn wirklich. Und nun wo er sogar über seine Vergangenheit sprach hatte er sich ihr geöffnet. Sie wollte für ihn da sein. Sie hatte sonst niemanden mehr, also konnte es ihr egal sein, was andere davon dachten. Sie hatte sich, entgegegen allen Geschehnissen in letzter Zeit verliebt. Und nun hatte sie ihm das das erste mal offen gesagt.
 
Ian lächelte und sein Lächeln wurde immer breiter. Er schloss die Augen ließ die Worte arbeiten.
Dann öffnete er sie wieder und lächelte weiter. Dann begann sie mit zu lächeln. "Nun... häh... ja... ok..." Er wurde etwas verlegen. Kaum zu glauben bei dem großen schwarzen Mann, aber im inneren war es mehr Unsicherheit über sich und auch über sie als Paar.
Aber dann fasste er sich und kam ihr souverän näher. Kurz bevor seine Lippen die ihren berührten, sagte er klassisch: "I love you, too."
 
Langsam kam Carola Ian näher, sie küsste ihn.
Sie genoß die Wärme seiner Lippen und die Nähe seiner Umarmung.

Er ist so lieb. Irgendwie auch verständlich das von gestern, dass es für ihn ehr nebensächlich war. Er hat anderes im Kopf. Und trotzdem ist er hin und wieder so einfühlsam.

Dennoch endete der Kuss irgendwann und Carola schaute Ian aus großen Augen an.
 
So damit wäre das auch wieder aus der Welt, God... ein Problem weniger...
Aber mich stört immernoch die Sache mit Marco! Was ist wenn er recht hat?...

Er lächlte sie an. "So und was fangen wir jetzt mit der angebrochenen Nacht an? Irgendseine Idee?"
 
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