21.4.04 - Geistreich

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Zuguterletzt hat sie es doch nicht getan. Die Versuchung war groß, es einfach egal sein zu lassen und auf Tiberius' Angebot diesmal zurückzukommen, im Hotel zu übertagen. Oder sich einfach die nächstgrößere Wiese zu suchen, denn inzwischen ist sie sicher, das mit dem Versinken in der Erde draufzuhaben. Aber es gibt ein paar Gründe, warum es sie in ihre Wohnung zurückzieht. Und die armen Menschen ohne Lebensfunken, an denen sie den Rest ihres Durstes löschen kann, sind keiner davon. Nein, erstens hofft sie, Tatjana vielleicht dort anzutreffen... auch eine Garou kann nicht ewig durchkämpfen und ihren Caern verteidigen. Und zweitens braucht sie einen ruhigen Ort, um nachzudenken und Sylvia zu kontaktieren. Was wohl auch wieder über Tatjana passieren wird, ob sie nun da ist oder ob Meyye sie anrufen muß.

So kommt es, dass die Vampirin einmal mehr triefnass im Flur steht, den Boden in einen flachen See verwandelt und sich erstmal die Haare zurückstreicht... sie kann sich eigentlich gleich in die Wanne legen und schlafen, würde viel Zeit und Ärger sparen. "Tatjana?" ruft sie ins Dunkel, auf die bloße Möglichkeit hin. Es könnte ja sein.
 
Meyye hört, wie sich jemand im Schlafzimmer auf dem Bett herumdreht. Es konnte ja nur Tatjana sein. "Was? ... Ja? ... hier ... ich bin hier ..." Die Nachtischlampe geht im Wohnzimmer an.

Meyye lächelt ein wenig. Erleichtert darüber, dass ihre Freundin da ist und es ihr gutzugehen scheint. "Ich komm gleich." sagt sie, schält sich mal wieder aus ihren nassen Sachen wringt sie aus, ihre Haare auch, trocknet sich ab und kommt ins Wohn-/Schlafzimmer - nur mit einem ebenfalls durchnässten Höschen bekleidet (sie will nicht, dass Tati die Einschußlöcher auf ihrem Oberteil sieht). "Wie gehts dir?" fragt sie und betrachtet die Garou.

Meyye fällt ziemlich schnell auf, dass es der Garou wohl doch nicht so gut ging. Sie hatte eine aufgeplatzte Lippe, ein sehr geschwollenes Auge, am linken Oberarm war ein sauberer Verband angelegt und dann war noch ein Verband über ihrer Brust. Sie hielt aber die Decke bis oben, sodas nur ein bisschen Verband herausspitzelte.

"Ähm ja ... es geht so ... danke und dir? Ich hab zwei Tage frei bekommen ... Sie haben meinen Vater wieder in die Stadt geholt, um bei der Verteidigung des Caerns zu helfen ... und auch die ehemalige Kriegsfürstin ... wir sollen nicht aufeinander treffen. Deswegen hat mich Silvia nach Hause geschickt ... wie du merkst ... könnte es also besser sein ..."
 
Mit besorgterem Blick kommt sie näher und setzt sich auf die Bettkante und hört Tatjana zu... wobei sich ihre Miene bei den letzten Worten durchaus verfinstert. "Das sind schlechte Neuigkeiten." meint sie und natürlich hat die besonders schlechte Neuigkeit, auf die sie anspielt, eine bestimmte Gestalt und einen Namen. "Aber so wie du aussiehst brauchst du ganz bestimmt mehr als zwei Tage Pause. Tut es weh? Bist du noch irgendwo schwerer verletzt? Lass mal sehen." Damit macht sie Anstalten, die Decke zurückzuschlagen.

Derweil spricht sie weiter: "Bei uns ist es auch nicht gerade rosig. Naja, wir suchen nach Möglichkeiten... und ich glaub, ich hab auch eine Idee, aber dazu brauch ich Hilfe." Sie blickt zu Tatjana auf. "Und zwar die von Silvia. Kannst du sie anrufen? Ich muß sie treffen. Kannst es ja irgendwann am Tag machen."
 
Tatjana lächelte verbissen, will zuerst die Decke festhalten, gibt dann aber nach und legt sich wieder zurück. Der Brustkorb war komplett verbunden. "Ich hatte Pech ... das war nicht besonders lustig ... da sind ja nicht nur die Wassergeister ... die gehen ja noch ... da war ein ekliges Klauen-Plagenvieh ... und das hat mich schon übel erwischt. Silvia konnte nicht alles heilen. Sie sagt ... dass das wohl die nächste Kampfnarbe ist ... und es wird auch nicht die letzte sein ... sagt sie. Kollabierte Lunge ... das heißt wohl, dass ich Zukunft keine Chance mehr haben werde, dich im Wald einzuholen ... und auf dem Fahrrad musst du auch langsamer werden, wenn ich mal wieder nach deinem Reifen schnappen will." Sie lächelte kurz. Die Garou klang etwas kurzatmig.

"Im Augenblick hat Silvia wohl auch kurz mal frei. Ruf sie doch am besten gleich mal an ..." Sie suchte das Handy aus ihrer Hosentasche und machte dabei ein leicht verbissenes Gesicht. Dann gab sie Meyye das Handy.
 
Ihre Augen weiten sich und Meyye bleibt sichtlich die Sprache weg, als sie Tatjanas Verbände sieht und vor allem hört, was passiert ist. "Verdammt nochmal! Keine Chance, dass ich dich in zwei Tagen wieder rausgehen und weiterkämpfen lasse!" schnappt sie und springt auf. "Scheiße, dieser verdammte Fluch! Ich..." Sie schaut hilflos auf Tati hinab. Sie hat sich heute mit allem Trotz gegen einen Plan gestemmt, der diesen Fluch schnell und endgültig beenden könnte. "Das... das wird so bleiben? Das mit der Lunge?" Ihrem Aussehen nach sucht sie gerade einen Weg, die Zeit zurückzudrehen oder sonstwie die Verletzung wieder rückgängig zu machen... wahrscheinlich, gerade jetzt während sie noch nach dem Handy greift, schmeißt sie alles um was sie Silvia fragen will und wird sie fragen, ob sie Tatjana wieder hinkriegt. Der Name ist schnell gesucht, und die Wahl läuft...
 
Tatjana sieht sie etwas entgeistert an. War sie jetzt wütend, weil sie mal wieder zu blöd war, dass sie nicht richtig kämpfen konnte? Ganz leise antwortete Tatjana. "Das ... das ist eine Kampfnarbe ... daran kann man nichts mehr ändern ... sei bitte nicht böse ... es tut mir ja leid ..."

Meyye hört es dreimal klingeln, dann hört sie Silvias besorgte Stimme am Telefon. "Tati ... was gibts? Ist alles in Ordnung?"
 
"Nichts mehr? Gar nichts mehr?" fragt sie, und es ist fast nicht als Frage erkennbar was sie sagt, so tonlos klingt ihre Stimme. Sie läßt sich wieder auf die Bettkante sinken. "Oh Tati, es tut mir so leid... dass sich diese verdammte Plage ausgerechnet auf dich stürzen mußte..." Sie streicht ihrer Freundin vorsichtig übers Haar. "Dir muß das nicht leid tun... aber mir..." Warum auch immer sie das meint.

Dann hebt sie das Handy ans Ohr. "Gar nichts ist in Ordnung. Aber das weißt du ja." sagt sie seltsam ruhig ohne Begrüßung. "Hör mal... ich brauche deine Hilfe, um den Fluch zu brechen. Kann ich mich mit dir treffen, nach Sonnenuntergang?"
 
Tatjana sieht ihre Schwester nur etwas verständnislos an. Wie meinte sie das ... Nun zuerst telefonierte sie ...

Am anderen Ende hörte sie dann Silvias Stimme ... bedrückt aber klar. "Hallo Meyye ... du hast recht. Nichts ist in Ordnung. Es sieht hier wirklich sehr schlimm aus ... und es ist nicht gewiss, ob wir das überstehen werden. Aber das liegt alles an dem verdammten Fluch. Wenn ich dir irgendwie helfen kann ... dann sag mir wie! Wir können uns gerne treffen. Das hat vorrang. Ich kann nur nicht mehr zum Kloster. Diesem können wir uns gar nicht mehr nähern."
 
Meyye fühlt wieder einmal eine Gelegenheit, zu der sie gerne tief durchatmen würde, wenn es nicht so künstlich wirken würde. "Ist mir klar, mit dem Kloster. Hm, vielleicht kannst du ja über den Tag schonmal Vorbereitungen treffen... am besten erzähl ich mal alles." Also fängt sie an... sie berichtet von dem Zusammentreffen mit Zacharii am Brunnen in der Nacht, nachdem Tatjana mit blutenden Ohren die Vampire am Dom verlassen hatte. Sie spricht von dem Kampf, Viktors Ahnung und Einflußnahme in Geistersachen, dem Stein im Brunnen, der Quelle von Zachariis Macht, den selbst ein alter und sicher ziemlich mächtiger Vampir nicht zerstören konnte. Dann kommt sie auf das Pergament zu sprechen und das, was Tiberius über seinen Inhalt erzählt hat (also alles). Sie schweigt kurz, dann fährt sie fort: "Viktor und ich und noch ein paar finden das Ritual nicht gut. Die erste Idee war natürlich, irgendeinen Menschen von einem Ventrue beißen zu lassen, ihn zu unseresgleichen zu machen und ihn dann zu opfern. Da machen wir nicht mit. Ich war dagegen, verstehst du... und wenn wir es getan hätten, wäre der ganze Scheiß-Fluch vielleicht schon vorbei..."

Sie hat sich in Rage geredet und braucht wieder ein paar Sekunden, in denen sie die Augen schließt und sich beruhigt. Vielleicht war es ja das, was sie gemeint hat, könnte es Tatjana in den Sinn kommen. "Ich will was andres versuchen." sagt sie. "Wir müssen den Stein vernichten. Kannst du sowas machen? Zum Beispiel... na, Zach hat's mit Wasser, irgendeinen großen Feuergeist in nen Talen?"
 
Silvia hörte aufmerksam zu. "Ja ... wie gesagt, ich kann dir alles an Geistern binden, was du willst. Ich hoffe, dass dein Plan auch funktioniert ... aber meinst du nicht ... naja, auch Rituale können lügen. Aber trotzdem. Für den Notfall binde ich dir auch noch einen von diesen Wassergeistern ... falls ihr wirklich keine andere Lösung mehr finden solltet. Wie gesagt ... für den Notfall. Du machst das schon richtig. Ich bring dir den Talen morgen im Laufe des Tages vorbei und geb ihn dann Tatjana ... die hat ja erstmal einen Tag frei ... Oder musst du dich auch noch aus einem anderen Grund mit mir treffen?"
 
"Nein..." kommt es ein wenig zögernd aus Meyyes Mund, eigentlich war das Feuertalen alles was sie haben wollte. Wenn sie allerdings noch einen gebundenen Wassergeist dazubekommt, umso besser, oder? Schließlich könnte als allerletzte Möglichkeit, wenn alles andere versagt hat, ja vielleicht doch... Du verdammte Heuchlerin! zischt eine böse kleine Stimme in ihrem Inneren. Sie ignoriert beides, Verlockung und Stimme. "Nein, das war eigentlich alles. Bring mir aber auch den mit dem Feuer, das will ich zuerst ausprobieren. Was meinst du... soll ich damit eher den Stein knacken oder Zach im Umbra zuleibe rücken?"

Jaja, Ablenkung... bloß weg von dem Gedanken an die Opferung. Alles Blut eines Ventrue... hm... da steht nichts vom Ende eines Ventrue... ob es vielleicht einen Trick gäbe...?
 
Silvia überlegte kurz. "Meyye ... ich habe keine Ahnung. Ich konnte diesen Zacharii noch nicht einmal richtig sehen ... geschweige denn, habe ich die Möglichkeit gehabt, ihn richtig einzuordnen. Er ist auf jeden Fall mehr als nur ein normaler Geist. Gib also auf dich acht. Aber ich würde dir empfehlen, dass zu zerstören, was ihm die Kraft gibt ... und das wird wohl der Stein sein. Danach gehts dann ans eingemachte und ihr müsst euch um den Geist kümmern. Du schaffst das schon. Ich bringe dann die Talen vorbei. Schlaf gut ..." Silvia legte dann nach dem Gespräch auf.

Tatjana sah Meyye an. "Pass bitte auf ... Mit Feuer ist nicht zu spaßen ... und du gerade du, solltest davon die Finger lassen. Bring dich bitte nicht in Gefahr." Ihr Stimme klang wieder voller Sorge.
 
Meyye hört sich den Rat der Ritenmeisterin aufmerksam an, denn die kennt sich deutlich besser mit solchen Geistern aus als sie, auch wenn sie sagt dass sie sich mit dem speziellen nicht so auskennt. Aber außer Viktor ist sie die einzige Expertin, die sie kennt, sozusagen die Frau der Stunde, weil sie außerdem noch andere Geister besorgen kann, die hilfreich sein könnten. "Alles klar, ich werd's beherzigen. Danke."

Damit gibt sie das Telefon an Tatjana zurück und schaut sie an. Deren Warnung quittiert sie mit einem schwachen Lächeln. "Glaubst du ich bin begeistert davon, ein feuriges Inferno zu entfachen? Hoffentlich baut Silvia was mit Zeitverzögerung..." Sie tastet nach Tatis Hand und sagt sanfter: "Hey... ich häng an meinem Dasein. Außerdem könnt ichs dir und Julian nicht antun, draufzugehen." Sie sieht ihre Freundin und Schwester noch ein paar (ihrer) Herzschläge an, dann erhebt sie sich. "So... und jetzt geh ich schlafen." sagt sie, schlendert zu ihrem Sofa hinüber und legt sich hin. Und wenn mein Opfer die Sache beenden könnte? Würde ich es tun? Ja, gerade für Tati und Julian. Du bist und bleibst ein Vampir.. du belügst sogar deine Freunde...
 
Tatjana seufzte tief und dabei rasselte es etwas in ihrer Lunge. Entschuldigend sah sie kurz zu Meyye. "Ich denke, dass Silvia daran bestimmt denken wird. Die mag dich ja auch ... und ... und sonst? Ich meine ... was ist denn mit diesem Tschimischi. Will der dich immernoch töten? ... Oder du ihn? ... Weißt du ... ich hab echt Angst. Nicht nur deswegen ... Papa ist wieder in der Stadt ... meinst du, dass er was versucht?"
 
Noch ist es nicht ganz soweit. Meyye blickt an die Decke, während sie auf die Tagstarre wartet und lauscht dem Rasseln von Tatjanas Lunge, ein Geräusch das ihr eine Nadel blanken Entsetzens durchs untote Herz treibt. Irgendwann wird sie Silvia fragen ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, ihr zu helfen. Und wenn sie das ganze Umbra umgraben muß. Auf die Frage nach dem Tzimmie zuckt sie nur die Schultern. "Weiß nicht... haben wohl so ne Art Waffenstillstand solang der Fluch wütet..."

Als dann Lost Shadow erwähnt wird, verhärtet sich ihre Miene. "Den hab ich nicht vergessen... soll er nur kommen. Der wird was erleben. Aber... wohl auch erst nach dem Fluch." Sie seufzt innerlich. Wenn sie es schaffen. Wenn sie es überstehen. Wenn sie Finstertal nicht verlassen muß. Und vor allem... wie soll sie es machen, ohne Tati miteinzubeziehen? Nur sie kann andere Leute finden, Meyye kanns leider nicht. Und in ihrem Zustand will sie sie nicht in einen Kampf hineinziehen. Endlich kommt die bleierne Schwäche des Tages über sie und entzieht sie allen Gedanken. Sie schließt die Augen.
 
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