[11.5.2008] Ankunft der Komparsen

smilingjack

brightly shining MADNESS
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Grete hatte sich in die Gastdomäne begeben und dort auf einen Platz in der Nähe des Gästehotels "El Privilegio" gesetzt und Mike, Johnny und Pfropp die Adresse gesimst. Dort wartete sie nun auf die Ankunft ihrer Diener.

So verging eine gute halbe Stunde. Nach einiger Zeit vernahm sie das klappernde Scheppern einer alten, überbelasteten Blattfeder, als ein Lieferwagen im Stile der 70er um eine Ecke bog. Die Reifen quietschten, für den Bruchteil einer Sekunde drohte der Wagen aus der Spur zu brechen. Dann hatte der Fahrer wieder die Kontrolle über ihn. Der Lieferwagen rollte aus und kam einige Meter vor Gretchens Sitzplatz zum stehen.

Es war ein etwas eigenartiges Modell: In Schwarz und Weiß gehalten, mit der Aufschrift eines mobilen Clowns-Dienstes "Buddy Button" und einer Fake-Aufziehschraube, so als würde das Mobil von einem interenen Aufziehmechanismus und nicht von einem Otto-Motor betrieben.
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Kurz dröhnte noch eine Kindermelodie aus den Lautsprechern, jedoch zu kurz um sie zu identifizieren. Dann war auch schon Stille. Es war nur noch das Knallen abkühlenden Metalls und das zischen von zu heißem Kühlwasser zu hören.

Grete hörte auf, an einem ihrrer Zöpfe zu drehen, mit denen sie gerade noch gespielt hatte und setzte sich erwartungsvoll auf.
Die Türen des Wagens öffneten sich und heraus stiegen zwei optisch sehr unterschiedliche Männer.
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Der eine war sehr hager, fast schon ausgemergelt. Doch durch seine nahezu dürre Statur konnte man deutliche die Muskelpakete an seinen Armen und Schultern spielen sehen. Der andere war nahezu das komplette Gegenteil von ihm: Bullig gebaut, speckige Wangen, dicker Nacken. Ein schwabbeliger Bauch und Babyspeck an den Gliedmaßen "rundeten" ihn im wahrsten Sinne des Wortes ab.

"Höä... die 'Smiling Jacks' sin' da, Mutti..." meinte der Speckige.
Grete zog resigniert eine Augenbraue hoch.
"Klappe, Johnny!" fuhr ihn der Hagere an.
"Mama Gretchen... es hat etwas länger gedauert, wir..."

"Solltet ihr nicht auf Günther warten? Ihr wisst, dass man Euch alleine lieber nicht durch halb Deutschland reisen lässt! Also, wo ist er?"

Just in diesem Augenblick war das leise Schnurren eines alten aber wohlgepflegten Dieselmotores zu hören und eine alte aber robuste Mercedes-Limousine bog um die Ecke, aus deren Richtung gerade noch der Lieferwagen gekommen war.
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Auch dieses Auto hielt nur wenige Meter von Gretchen entfernt und es stieg ein Mann aus, der schon von weitem wie die Inkarnation des Begriffes "Langeweile" wirken musste.

Ihn konnte man weniger 'hager' als viel mehr 'ausgehärmt' und 'verbittert' nennen: Sein Gesicht war von einer ungewöhnlichen Strenge, die Augen kalt. Und trotzdem brannte in ihnen die Hingabe an eine Sache, die normale Sterbliche wohl kaum verstehen hätten können.

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"Ah... Pfropp...."
Grete wirkte nachdenklich.
"Hatte ich Euch nicht befohlen, die beiden hier nicht aus den Augen zu lassen?"

"Höhö... auf dem letzten Kilometer haben wir noch ein bißchen Vorsprung herausgeholt..." witzelte Johnny.
Ein böser Blick von Gretchen brachte ihn zum schweigen.

"Wir haben die Erlaubnis, uns hier in der Stadt niederzulassen."

tbc....
 
Pfropp schirtt langsam auf Grete zu. Dabei zeigte er nicht wirklich ein Gebrechen, aber seine Gehweise hatte etwas an sich, dass einen automatisch an ein schweres, unbeholfenes Hinken denken lies. Es war klar: Dieser Mann arbeitete am besten, wenn er auf seinem knochigen Hintern saß. Ihm fehlte die ausgeprägte Körperlichkeit der beiden Anderen. Auf der anderen Seite war das definitiv nicht schlimm. Dr. jur. Günther Pfropp arbeitete schließlich hauptsächlich mit seinem Hirn.

Die nasale Stimme, mit der er zu sprechn begann, klang quengelig und wäre den meisten Menschen auf Anhieb unsympathisch gewesen:
"Hmnja... Frau Worre... ich konnte soweit mir bekannt alle risikobehafteten Situationen auf der Herfahrt entschärfen. Sie wissen ja um die Vorlieben ihrer beiden... hmnja... Angestellten hier."

Pfropps Miene behielt dabei ihren verächtlichen, abfälligen Ausdruck bei. Scheinbar war ihm der mit in die Wiege gegeben worden oder hatte sich irgendwann zu dem Zeitpunkt in seinem Leben ausgebildet, ab dem er sich für etwas Besseres zu halten begann.

"Einzig ein paar... hmnja... Schülerinnen auf einem Autobahnrastplatz erlitten einen kleinen hrrhrr Schreck... aber nichts, was Konsequenzen nach sich ziehen würde."

Grete blickte Johnny mit einem Blick an, der Knochen geschmolzen und Fleich verfaulen lassen hätte können. Sie war in ihren Anweisungen sehr explizit gewesen!
Sie wusste, dass der Fettwanst seine Einfalt oft nur vortäuschte und einen scharfen, wenn auch sehr instinkthaften Verstand besaß. So minderbemittelt der feiste Schläger auch wirken mochte, diese seine Masche hatte er perfektioniert.

Schließlich seufzte die Malkavianerin resigniert, kramte die Anmeldungsmappe und ihr Smartphone hervor und fotografierte die Karte Finstertals, in die die unterschiedlichen Domänen eingezeichnet waren.
Sie verschickte das Foto an Pfropp.

"Pfropp, sie werden sich, nachdem sie ein paar Stunden geschlafen haben, morgen tagsüber nach einer eigenen Unterkunft für uns erkundigen. Sie wissen, wie es um meinen Geschmack bestellt ist. Beeiligen sie sich, ich denke, nach den jüngsten Ereignissen sollte in Finstertal keine Wohnungsnot herrschen. Ich kann mir zumindest redlich vorstellen, dass einige der Bewohner hier durchaus vorhaben, fortzuziehen. Sollten sie Schwierigkeiten haben, informieren Sie mich!

Zuerst aber müssen wir uns für die heutige Nacht im Hotel el Privilegio niederlassen. Soweit ich weiß, werden dort Gast-Suiten für Besucher zur Verfügung gestellt. Ich fahre bei Ihnen mit, Pfropp. Ihr zwei Schießbudenfiguren kommt mit dem Lieferwagen nach... und trödelt nicht!"


Und so machte sich eine kleine Karavane auf richtung Hotel el Privilegio. Der Benz und der Lieferwagen fuhren auf dem Parkplatz vor und Grete machte sich mit ihren drei Bediensteten im Schlepptau auf zur Rezeption.

Dort klingelte sie...
 
Klingeln war bei der Ansammlung von Kuriositäten ziemlich unnötig, kaum einer würden nicht hinschauen, immerhin hätte es nicht auffälliger sein können, wenn hier die gesamte Besetzung der Puppet-Show hereingetrabt wäre.

Auch der Rezeptionist hatte es nur seiner Routine zu verdanken, daß es nicht lachen mußte bei der Truppe, die entweder einem Zirkus oder einer Irrenanstalt konnte.

"Was kann ich für sei tun?" fragte er freundlich und sah dabei allerdings den sauertöpfischen älteren Mann an und nicht Grete.
 
Pfropps Mien wurde noch abfälliger - wenn das denn überhaupt möglich war! - und er trat demonstrativ einen Schritt vom Thresen zurück um sich hier nicht um die Angelegenheit zu kümmern.

Grete blieb mit einer Hand an den Thresen gelehnt genau dort stehen, wo sie war und lächelte den Rezeptionist von schräg unten an. (Sie hatte nicht wirklich die Statur eines Kindes, aber als zierliche Frau musste sie zu ihm aufschauen) Von dem Blut, das sie teilweise bei einigen der Begegnungen heute Nacht noch auf den Lippen getragen hatte, war nichts mehr zu sehen. Lediglich ein ganz offensichtlich kalkweiss geschminktes Gesicht, kräftiger schwarzer Eyeline. Der Rezeptionist hätte beim besten Willen nicht sagen können, welche Augenfarbe sie hatte.

Sie blieb höflich. Freundlich. Nett.
Sie war in den 60ern alleine als Frau zurecht gekommen, in den 50ern, den 40ern, ja sogar in den 30ern und 20ern. Da würde sie sich in diesen pseudo-emanzipierten Zeiten sicherlich nicht wegen ihres Geschlechts herumschubsen lassen!

"Guten Abend."
Wieder ein Zuckerwatte-Lächeln.
"Mir wurde in der Akademie mitgeteilt, dass ich hier eine Unterkunft beziehen könnte?"
Zumindest steht das in den Anmeldeunterlagen...

Gretes Fingernägel trommelten einen klackenden Stakatto-Rhythmus auf die Theke...
 
Die Akademie hatte ja schon einige merkwürdige Gäste geschickt, aber das war wohl der Gipfel. Meistens rief auch vorher Helena O'Niell oder jemand von der Akademie an. Er würde wohl nachher nachfragen, wenn sich rausstellte, daß die Truppe sich hier ein Zimmer erschleichen wollte, dann würde er sie eben rauswerfen lassen.

"Ja, das stimmt", erwiderte er. "Ein Zimmer für alle oder ein zusätzliches für das Personal?" Er blickte auf seinen Bildschirm, während er auf die Antwort wartete. "Bitte reichen sie mir doch ihren Ausweis für die Anmeldung."
 
Grete blickte fast schon ein wenig bestürzt, fing sich dann jedoch sofort wieder.
Sie kramte die Empfangsmappe der Akademie hervor, entnahm ihr den Bogen mit den Informationen über die Anmeldung im Hotel el Privilegio - zum Glück war der so formuliert, dass beim Hotelpersonal kein unnötiger Verdacht aufkommen würde. Dann wühlte sie noch ein paar Sekunden in ihrer Handtasche und kramte einen alten Reisepass der BRD hervor. Eselsohrig und abgegriffen, auf dem Cover mit einem kleinen, glitzernden Hello-Kitty-Aufkleber verunstaltet, aber immer noch gültig. Diesen schlug sie auf, legte ihn auf das Blatt mit den Anmeldeinformationen und beides ihn dem Portier.

"Worre, Grete Worre ist der Name." Er stimmte mit dem Namen im Ausweis überein. War ja auch astreine Fälscherware, so was brauchte man schließlich als Vampir. Man konnte ja schlecht mit dem alten Ausweis von anno Dazumal daherkommen. Damals hatte es noch einen Kaiser gegeben.

"So lange sich im Zimmer neben der üblichen Schlafgelegenheit" lichtdicht, heißt das... "auch noch zwei Couchen befinden, auf denen mein Personal schlafen kann, müssen Sie wegen mir bitte keinen besonderen Aufwand betreiben. Ein Zimmer würde völlig reichen."
Frag noch mal so blöd und das Hotel braucht nen neuen 1€-Portiers-Jobber!

Sie hüstelte. Pfropp kuckte weiter missmutig. Johnny und Mike wühlten unruhig mit den Schuhspitzen im dicken Teppich und versuchten die großen Koffer mit Gretes Gepäck ruhig zu halten. Still halten war scheinbar nicht ihr Ding...
 
Der Mann nahm nur den Ausweis, das Blatt der Akademie interessierte ihn nicht wirklich, darüber würde nur die Rechnung abgerechnet werden. Nein, für einen Job als Portier würde auf Garantie keiner der Personen vor dem Tresen eigenen, soviel war klar, das hier war ein Spitzenhotel und keine Absteige für Kuriositäten.

"Dann habe ich für sie Zimmer 12, gleich hier im Erdgeschoss", sagte er und trug die Daten ein. "Es besteht aus zwei getrennten Räumen, einem Wohnraum und angrenzendes Schlafzimmer." Sollte er ihr sagen, daß sie es nicht bezahlen mußte? ... Ach, was.

Es dauerte nicht lange, dann gab er den Ausweis zurück.

"Frühstück gibt es im Frühstücksraum, solange sie das Schild raushängen, wird keiner ihren Raum betreten." Anschließend überreichte der Mann Grete eine Chipkarte für die Tür. "Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt."
 
Gretchen schlug in einem vollkommenen Bruch ihrer bisherigen Förmlichkeit die Augen nieder und blinzelte mit langen Wimpern verführerisch.

"Vielen Dank, äußerst zuvorkommend. Um Gepäck brauchen sie sich nicht zu kümmern, das erledigt mein Personal. Ich danke Ihnen!"

Grete wandte sich nach einer angemessenen Verabschiedung um, winkte ihren Guhlen ihr zu folgen und bezog das Zimmer. Johnny und Mike wurde aufgetragen, das Gepäck zu holen - vor allem den Schminkkoffer! - und die Malkavianerin nahm sich ein paar Minuten Zeit um zu überlegen, ob sie heute Nacht noch einmal auf die Jagd oder ins Getümmel hinaus sollte...

Esteban vernichtet.... Sie schüttelte stumm den Kopf.
Alle lassen Sie mich im Stich, auf ihn hatte ich vertraut! Aber wie konnte es soweit kommen? Er hatte so gewirkt, als könne er auf sich selbst aufpassen... nun... körperlich...
Ich muss wissen, wie das geschehen konnte.


Geistesabwesend spielte sie mit einer Visitenkarte...
 
Mit einem Ruck steckte sie die Visistenkarte, die Herr Stein ihr gegeben hatte, wieder ein, griff sich ihren Schminkkoffer und setzte sich an eine kleine Anrichte. Dort baute sie ihren Schminkspiegel auf und drapierte die Uttensilien, die Frau so braucht. Kritisch betrachtete sie ihr Antlitz im Spiegel:

Die glitzernden Augen, bei denen so viele ihrer Gesprächspartner oft nicht sagen konnten, welche Farbe sie hatten, obwohl sie sich in ihnen verloren. Die langen Wimpern, das schmale Gesicht.
Fahrig riss Grete einen Maskara hervor, nestelte an ihren Wimpern herum. Griff nach Theaterschminke und Puderdose und frischte ihr knochenweisses Makeup wieder auf. Sorgfältig achtete sie darauf, jedwede Blutreste von ihren Lippen zu entfernen und zog diese mit einem 'nuttenroten', knalligen Lippenstift nach.

Schön schaust Du aus, meine Kleine!

HA! Dass ich nicht LACHE! Wie eine läufige Hündin machst Du Dich zurecht, Du kleine SCHLAMPE!

Schhh.... hör nicht auf sie... sie ist nur neidisch...


Grete lächelte verzückt und wandt sich ihren Guhlen zu.
Die drei waren derweil damit beschäftigt, die Habseligkeiten ihrer Herrin (und die wenigen eigenen, die sie mitgebracht hatten) zu verstauen.

"Pfropp! Sie kommen mit! Ich brauche einen Fahrer, der mich in der Öffentlichkeit nicht lächerlich macht!"

Kritisch blickte sie auf ihre beiden etwas weniger vorzeigbaren Bediensteten.

"Und ihr zwei bleibt hier im Zimmer, lasst Euch nicht blicken und benehmt Euch! Sonst wird Mama Gretchen sauer!"
Naja. Wenigstens hatte sie es ihnen gesagt. Sollten sie doch einfach einen Monat ohne Blut auskommen, wenn sie ihr nicht gehorchten!

Grete winkte Pfropp, ihr zu folgen, und warf sich spontan doch noch einmal ins Nachtleben von Finstertal.
An der Rezeption nahm sie noch einen Brief in Empfang, der scheinbar an alle Kainskinder Finstertals gerichtet war. Ah... man lud sie zu einer Feier ein... Ein neuer Prinz stellte sich vor... Nun... gut! Wenigstens einer, der ihr gegenüber noch nicht voreingenommen war - oder zumindest nicht mehr, als gegenüber jedem anderen Malkavianer auch!
 
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