AW: The Shadow of Yesterday
Skyrock schrieb:
No gods. No monsters. Just people.
Das schreibst Du so, als ob das was Gutes wäre.
TSoY ist eine Art Gammaworld-jetzt-mit-weniger-Technik-und-mehr-Magie-Setting.
Dieses Setting hat eines nicht, was (nicht nur) für Fantasy-Settings unabdingbar ist: eine überzeugende spirituelle Ausrichtung der Völker, eben ein echtes Glaubenssystem, aus dem heraus die üblichen Fragen aller Menschen (und nicht nur der) nach dem Woher?, Wohin?, Warum? beantwortet werden.
Es wirkt (auch von dem zweiteiligen Mechanismus mit einfachem oder komplexerem Abwickeln von Konflikten) wie ein HeroQuest-Klon, nur ohne brauchbaren und glaubhaften spirituellen Überbau.
Auch das uralte Gammaworld von 1978 hatte (sehr absichtsvoll und zum Vorteil der Spielleiter und Spieler) minimalistisch anmutende Settingbeschreibungen zu bieten. Aber allein durch die ideologisch oder religiös stark geprägten Cryptic Alliances gab es hier für die armen Mutanten der Wiederaufbauzeit nach der großen Vernichtung eben etwas, woran sie sich lehnen konnten, was ihnen Halt in einer besonders unsicheren Zeit gab (religio). So etwas ist bei noch so knapper Settinginformation in der Konstellation der Spielwelt, die bei TSoY vorliegt, einfach zwingende Notwendigkeit zum Überleben der dortigen Völker.
Mir erscheint (klar aus der Außenperspektive, weil ich mir das Teil garantiert nicht kaufen werde, sondern nur die Webseiten und die kostenlose Preview kenne), daß hier mit dem Kokettieren, daß es "nur Völker" oder "nur Leute" geben soll, und daß das etwas Hach-wie-Tolles sei, eine moderne, unspirituelle, völlig materialistische Sicht in für Fantasy völlig unverträglicher Weise hineingerührt wurde. Das Resultat ist ein total verkopftes nur "rational als schön empfindbares", aber jegliche Identifikation und jegliche wirkliche Phantasie einengendes Pseudo-Fantasy-Setting mit einem "Forgisten-Pleaser"-Regelsystem, welches den eigentlichen Grund für das Ganze darstellt.
Man bekommt hier - wieder einmal - ein Regelsystem aus der Forschungs-&Entwicklungs-Abteilung der Mad-Scientist-Forgisten serviert. Diesmal im Fantasy-Schlafrock. Drin ist nur was für den Kopf (so er in die richtige und einzig wahre Ideologie des Wissenschaftlichen Rollenspiels (tm) gebürstet ist), aber nichts für den Punkt, wo Fantasy eigentlich hinzielt: das Herz.
Ja. Mein Eindruck ist, das TSoY eines der herzlosesten, lieblosesten Fantasy-Rollenspiele ist, welches mir bekannt ist.
So wie serielle 12-Ton-Musik auch nur etwas für den mathematisch-überlegenen Musikgeschmacksfaschisten ist, so ist dieses Rollenspiel, wie so viele seiner Herkunftsrichtung, mit demselben Theorie-ist-das-bessere-Spiel-Mief ausgestattet. Hier hat man Rollenspieltheoriegammelfleisch kräftig in die Fantasy-Sauce getaucht - und trotzdem bleibt immer noch ein "Geschmäckle".