Die Verbliebenen und der letzte Weg

Freako

Der Kriegerpoet
Registriert
4. April 2004
Beiträge
445
[OOC: Diese Geschichte spielt zeitlich um einiges später als die vorhergehenden. Die Aphadrim haben sich verstreut, um auf das Erwachen eines viel größeren und mächtigeren Elfenfürstentums zu warten, und Freako Lainvendil hat sein eigenes Fürstentum, gemeinsam mit einigen wenigen engen Freunden, gegründet. Doch schon früh in diesem Zeitalter kommt es zum Krieg- eine hoffnungslose Übermacht dunkler Zwerge überfällt wehrlose Städte der Jendár Phaigrim, Freakos Fürstentum, und so bleibt ihm nichts anderes übrig als den Krieg zu erklären- obwohl klar ist, dass dieser Krieg nicht gewonnen werden kann.

Meinen Dank an Numinos, der mit ein oder zwei seiner Beiträge die Story noch ein bisschen verbessert hat :)

Ach ja, noch ne Anmerkung: ich habe die einzelnen Beiträge der Übersichtlichkeit in genau der Länge hier reingepostet, um die einzelnen Kapitel genau auseinanderzuhalten ;) OOC]


Die Verbliebenen und der letzte Weg

Das Licht des Mondes spiegelte sich in dem klaren Wasser des kleinen Flüsschens und fiel von dort auf die blankgezogene Klinge, ein sich bewegendes Wassermuster aus silberfarbenem Leuchten nachzeichnend. Angrist ruhte auf Freakos Knien, so wie er selbst auf dem saftigen Gras am Flussufer ruhte. Die Stille und natürliche Kraft dieses Ortes nahe seiner Hauptstadt stärkte seinen Geist und ließ ruhe in seine wirbelnden Gedanken einkehren.

So vieles war geschehen, und nichts davon konnte mehr rückgängig gemacht werden. Freakos Bruder, Konst Mandóviel, war spurlos aus den Landen verschwunden, mitsamt seines Reiches; und seine Tochter Aredhél... nein, darüber wollte er nicht nachdenken.

Doch nun sah es aus, als würden die Reiche der Jendár Phaigrim mit Krieg überzogen werden, wo sie doch so lange in Sicherheit existiert hatten. Allerdings war es für den Kriegerpoeten keine Überraschung, dass die Zwerge der Finsternis irgendwann einmal, sobald keine freien Städte mehr zum expandieren in der Nähe waren, ihre Äxte wetzen und einen Krieg vom Zaun brechen würden. Die fadenscheinigen Versuche, ihn hinzuhalten, hatte er durchschaut; doch schmerzte es den Kriegerpoeten sehr, dass sie von seinem alten Gefährten Numinos selbst stammten. So war wohl auch dieser Zwerg der Beutegier und Habsucht verfallen.

Immer mehr Hilferufe aus den Reichen hatten Freako erreicht; Die Zwerge der Finsternis rissen sich jede Stadt ohne Mauern unter ihre gierigen Finger, und zweifellos würden sie auch bald die befestigten Metropolen unter sich aufgeteilt und ihre Armeen zusammengezogen haben. Dann würde die Kriegserklärung folgen, und es würde keinen Ausweg mehr geben.

Doch den gab es ohnehin nicht. Sie waren umringt von Feinden, die allesamt stärker waren als sie selbst... Während Freako versonnen die alte Klinge auf seinen Knien betrachtete glaubte er schon beinahe das Hämmern der zwergischen Schmieden zu hören.

Zudem war Freako zu stolz um um Hilfe zu bitten. Es wäre ohnehin niemand mutig genug sich aufzuraffen und gegen jene Zwerge zu kämpfen. Er hatte jene sonderliche Art von Feigheit in jedem Alter, das er schon auf New Hope weilte, erlebt, und sie ekelte ihn an... Nein, sie würden allein kämpfen und untergehen.

Langsam erhob sich Freako und schob Angrist zurück in die Schwertscheide; genau in diesem Moment hörte er Schritte hinter sich.

"Es wird Zeit, Surion, mein Alter Freund." sagte Freako, ohne sich umzudrehen.

"Zeit zu sterben?" fragte der gewaltige Elf mit den breiten Schultern und flammenden Augen, der Freako nun schon so lange als Leibwächter diente, und ein leicht belustigter Unterton schwang in seiner Stimme mit, obwohl auch er den Ernst der Lage kannte.

Freako drehte sich nun doch herum und schüttelte sachte den Kopf. Sein hellblondes, seidiges Haar raschelte leicht auf seinem Gewand.

"Zeit zu kämpfen."

Surion nickte, und gemeinsam verließen die beiden Elfen den ruhigen Ort.
 
Zwei Tage später führten zwei Gestalten ihre Pferde durch einen dunklen Wald, nicht fern von den nördlichen Grenzen der Reiche. Sie wirkten völlig ruhig und gelassen, doch ihre Bürden waren schwer.

Der Wind rauschte in den Wipfeln der uralten Bäume, und es roch nach fruchtbarem Waldboden und Leben. Der Mond schien durch die Lücken im Blätterdach, und seine Strahlen zauberten seltsam anmutende Flecken aus Licht auf den schmalen Waldweg.

Nach einer Weile gelangten die beiden auf eine kleine Lichtung, und ohne dass es einer Absprache bedurft hätte ließen sie die Zügel ihrer Pferde los, welche sich gemächlich daran machten frei umherzulaufen und vor sich hin zu grasen.
Die kleinere der beiden Gestalten verschwand kurz im Unterholz und kam kurz darauf zurück, mit dicken, trockenen Ast- und Wurzelstücken auf den Armen. Die größere Gestalt trat hinzu und die beiden knieten sich zu Boden. Einen Augenblick später flammte ein kleines, rauchloses Feuer auf und erhellte die ernsten Gesichter der Männer.

Surion überragte seinen Herren selbst im Sitzen noch, und seine Gestalt war um einiges massiger, obwohl auch Freako zu den kräftigeren seiner Art gehörte. Es hieß, dass Surion der gewaltigste Elf war, der jemals auf New Hope gewandelt war; er mochte über mehr Körperkraft als ein wütender Uruk verfügen. Mit einem leisen seufzen löste er den Gurt über seiner Brust und legte das gewaltige, geschwungene Zweihandschwert ohne die geringste Kraftanstrengung neben sich ins Gras. Dann strich er sein langes, goldenes Haar, das in kräftigen Locken auf seine Schultern fiel, zurück und blickte in die lodernden Flammen.

Schweigsam und ernst saßen Freako und Surion sich gegenüber, und das knacken und knistern des Feuers waren die einzigen Geräusche, die sie hörten.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Freako schließlich leicht den Kopf schieflegte und sagte: "Sie kommt."

Surion war sich keiner Näherung eines Wesesn gewahr, doch er vertraute auf die scharfen Sinne und das Gespür des so viel älteren Elfen. Freako Lainvendil mochte zwar aussehen wie ein junger Elfenmann in den besten Jahren, doch er war wohl einer der ältesten seiner Art, die es noch gab. In all der Zeit, die er hier gelebt und gekämpft hatte, hatte er schweres durchmachen müssen; und ein bestimmter Ausdruck, der manchmal in die Augen des Kriegerpoeten trat, ließ einen aufmerksamen Beobachter zumindest erahnen, wie es in diesem uralten Geist wirklich aussah.

Einige Augenblicke später wurde Surion einer Bewegung gewahr und wandte den Kopf in die Richtung, aus der sie kam. Eine hochgewachsene, drahtige Gestalt trat aus dem Dickicht hervor, mit langem, wallenden Haar und einem Funkeln in den Augen, das selbst durch die Dunkelheit hindurch zu erkennen war. Sie hatte sich so leise bewegt, dass Surion sie erst gesehen und dann erst gehört hatte.

Schweigend und mit eleganten Schritten kam sie näher und setzte sich zu den beiden Elfen. Im Licht des Feuers waren ihre Gesichtszüge deutlich zu erkennen- die schmalen, hohen Wangen und die großen, blauen Augen standen in erstaunlichem Kontrast zu den kräftigen, schwarzen Locken ihres Haares. Natu war eine schöne Elfin, doch b ei weitem nicht so zierlich, wie es den Anschein hatte. Ihre fein gearbeitete Armbrust war gefürchtet unter den Feinden, und wer sich auf Streit mit ihr einließ hatte selten Gelegenheit, es zu bereuen.

"Was ist mit den anderen?" fragte sie mit ihrer glockenhellen Stimme, die die Kraft ihres Ganges Lügen strafte.

"Mein Bruder Konst ist fort. Niemand weiß, wohin. Aredhél ebenso... Elúrin, der Heiler, hat die Verwaltung ihres Reiches übernommen." antwortete Freako, ohne sie anzusehen. Bei der Erwähnung des Namens seiner Tochter zuckte sein Gesicht kurz, doch er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle.

"Was ist mit Cshabo Lin? Wird er uns..."

"Er wird nicht kommen. Wir sind auf uns allein gestellt."

Natu wirkte sichtlich erschrocken. Ihre Stimme war sehr leise und ernst, als sie fragte:

"Und so sollen wir kämpfen? Gegen eine solche Übermacht?"

Surion seufzte abermals; sein Harnisch klapperte leise, als sich sein mächtiger Brustkorb hob und senkte.

"Myranar wird vielleicht helfen..." sagte er, doch Freako schüttelte den Kopf.

"Wir sollten davon ausgehen, dass es dabei bleibt, wie es nun ist. Die anderen Fürstentümer werden nicht helfen. Sie werden es nicht wagen und begreifen nicht, dass sie die nächsten sein werden, wenn es uns nicht mehr gibt. Vielleicht wird ihnen unser Beispiel eine Lehre sein."

Wieder schwiegen die drei, bis Freako sich schließlich erhob.

"Wir sollten nun gehen. Die Zeit drängt."

Die beiden anderen nickten und erhoben sich ebenfalls. Natu stieß einen leisen Pfiff aus, woraufhin ein großes, graues Pferd aus den Schatten getrabt kam. Freako schwang sich auf seinen gewaltigen, schwarzen Hengst und die beiden anderen taten es ihm nach, nachdem Surion das Feuer gelöscht und alle Spuren beseitigt hatte.

Die Reise ging weiter, und jedem von ihnen war klar, dass vermutlich keiner von ihnen sie lebend überstehen würde. Dennoch zögerten sie nicht, als sie ihre Pferde umwandten und in die Dunkelheit des Waldes hineinritten.
 
Numinos schaute auf eine Karte, die auf seinem großen Tisch aus Eichenholz lag. Gut gelaunt sah er, dass nun weitere Goldressourcen im Norden entdeckt wurden und dass eine weitere Stadt mit viel Eisen im Süden hinzugekommen ist. Auch schaute er sich jene Städte an, die er nach seinem Besitz nun anderen Mitgliedern der Zwerge der Finsternis übergeben hatte. Er war zufrieden und schaute in sein großes Bierglas. Zwar hatten die Elfen, denen diese Städte früher einmal gehörten, sich öffentlich geäußert und man sagte sich auch, dass sie Paraden abhielten, um ihre militärische Stärke zu demonstrieren, doch hatten sie nichts ernsthaftes unternommen, was Numinos sehr glücklich stimmte. Sein alter Freund Freako hatte es also doch nicht gewagt, das Fürstentum anzugreifen und hatte klug den Weg des Friedens gewählt.

"Mögen sich unsere Krieger dem Aufbau meines Reiches zuwenden und nicht mehr die Grenzen dieses großen Reiches sichern" schallte seine Stimme durch den Raum und es wurde begonnen, die neu erhaltenen Städte auszubauen.Zufrieden setzte sich Numinos in seinem Schlosse auf seinen Thron und war nun froh, dass seine Verwalter während seiner Abstinenz die freien Städte angegriffen hatten und entschuldigte sich bei ihnen, dass er die Situation falsch eingeschätzt hatte.
 
Unterdessen hatten die drei Reiter nach einer zweitägigen Reise ein kleines Tal erreicht, das von zwei gewaltigen Felsmassiven überschattet wurde. Sie hatten sich keine Rast gegönnt und ihren Proviant auf den Pferden zu sich genommen. Es hatte viel geregnet, und so sahen die drei trotz ihrer prächtigen Rüstungen und der stolzen Pferde stark übermüdet und etwas abgerissen aus.

Trotzdem war der Tritt ihrer Reittiere sicher, und auch sie selbst saßen aufrecht in den Sätteln und blickten schweigend auf das nächtliche Tal unter ihnen.

Wie schon die Tage vorher sprach keiner von ihnen ein Wort, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach; Surions Gesicht wirkte ausdruckslos, aber entschlossen; seine mächtigen Fäuste in den mithrilenen Panzerhandschuhen hielten die Zügel seines Pferdes vielleicht etwas zu fest. Natus Blick zeigte deutlich Sorge, vielleicht vor dem was kommen mochte, vielleicht auch vor etwas ganz anderem. Doch auch in ihrem Gesicht war keine Spur von Zweifel oder Zögerlichkeit zu lesen.
Freako jedoch wirkte sehr nachdenklich; er fragte sich, ob es anders hätte kommen können. Doch er wusste, dass es darauf nur eine einzige Antwort gab. Die Zwerge waren in ihre Ländereien eingefallen, und selbst nachdem sein alter Freund Numinos es ihm gegenüber zugegeben hatte, dass dies nur der Vergrößerung seines eigenen Reiches diente, selbst als der Zwergenfürst die Mobilmachung im Reich der Klänge nud der umliegenden Fürstenreiche mitbekommen hatte, hatten seine Kameraden nicht mit diesen Angriffen aufgehört und suchten sich weiterhin die mauerlosen Ziele.

Freako hatte Anweisung gegeben, die Botschaft mit der Kriegserklärung zwei Tage nach seiner eigenen Abreise losschicken zu lassen. Er wusste, dass der Bote Numinos unbehelligt erreichen und seinen Auftrag zuverlässig ausführen würde. Er war ein ehrenhafter Krieger, niemand, der seinen Feind ohne ankündigung angreifen würde; zudem empfand er immer noch Respekt Numinos gegenüber; er wusste um dessen Fähigkeiten als Kriegsherr. Allein diesen feigen Angriff auf die mauerlosen Städte hätte er ihm nicht zugetraut.

Was auch immer die anderen beiden denken mochten, der Blick der drei Elfen war fest auf das Tal unter ihnen gerichtet, besser gesagt auf das, was sich dort befand.

Ein sachter Windstoß wirbelte ihre Haare leicht durcheinander, und in ihren Augen und auf den schimmernden Brustpanzern spiegelte sich das Meer aus tausenden und abertausenden von Flammen wieder, das am Boden des Tales wogte. Wie ein gewaltiger Feuerdrache sah es aus, gleich den mächtigen Flammenwesen aus ältesten Tagen.

Surion sah Freako an und sagte:

"Welch schöner Anblick. Ich wünschte, ich könnte ihn in friedlicheren Zeiten genießen."

Ohne sich zu seinem Leibwächter umzudrehen antwortete Freako mit leiser Stimme:

"In friedlichen Zeiten werdet Ihr diesen Anblick nicht erleben, mein Freund. Seid froh darüber."

"Was ist das?"

Natu hatte leicht den Kopf gewandt und sah in den nächtlichen Himmel hinauf. Die beiden anderen taten es ihr nach und blickten hinauf, doch außer dem bleichen Silbermond und einigen Sternen war nichts zu sehen. Selbst der Nordstern schien nur schwach, doch überstrahlte er die anderen Sterne dennoch bei weitem.

Nach wenigen Augenblicken wurde aber klar, was Natu mit ihrem Aufruf gemeint hatte. Freako bemerkte das kleine Wesen als erster, dessen Bewegung sie gespürt hatte: ein winziger Vogel kam aus der Nacht herangeflogen und zog einen kleinen Kreis um die Gruppe, bevor er sich auf der rechten Schulterplatte Freakos niederließ. Sein glockenhelles Zwitschern erfüllte die Nacht, und Freako schien angestrengt zu lauschen. Nach einigen Augenblicken nickte Freako unmerklich, und die Sorge in seinen Augen schien ein wenig schwächer geworden zu sein. Der Vogel indes schlug erneut mit den Flügeln, schraubte sich in die Luft und war kurz darauf verschwunden.

"Was ist los?", fragte Surion, und diesmal drehte Freako sich zu ihm herum.

"Cshabo Lin wird kommen. Seine Waldelfen aus dem Süden ziehen mit uns; doch werden sie uns nicht mehr rechtzeitig erreichen, um beim Hauptschlag zu helfen. Mögen die Götter bewirken, dass wir sie noch begrüßen können, wenn sie eintreffen."

Die beiden anderen nickten und blickten wieder in das Tal hinab. Hatte das Feuermeer sich bewegt? Es war, als hätte es seine Form verändert, sich zum Talausgang hingestreckt, doch bei seiner Größe war es kaum zu erkennen.

Als Freako wieder gen Himmel blickte, um zum Nordstern aufzusehen, war dieser verschwunden und hinter plötzlich aufgezogenen, schwarzen Regenwolken verborgen. Die Nacht war nun so schwarz, dass das Licht der zahllosen Feuer unter ihnen tatsächlich ein wenig die Umgebung für sie erhellte, obwohl es so weit weg war.

Bald würde es regnen.
 
Schon drei Tage lang hielt das Gewitter an, und es gab noch keine Aussicht darauf dass es besser werden würde. Blitz um Blitz zuckte vom Himmel, und der Boden war durchweicht vom Regen, der Faustschlägen gleich vom Himmel herunterprasselte. Das Grollen des Donners, das fast nie aussetzte, begleitete wie eine unheilvolle Symphonie gewaltiger Kriegstrommeln.

Dennoch waren sie erstaunlich gut vorangekommen, und als das Schwarz der Nacht langsam einem düsteren, schmutzigen Grau wich erstreckte sich vor ihnen das erste Ziel ihres Marsches. Die gewaltige Bergfestung hockte vor ihnen inmitten der kargen Felsebene, drohend wie ein Morlock, der all seine gewaltigen Muskeln anspannte, bevor er mit seiner ungeheuerlichen Kraft zum Angriff ansetzte. Und wie die unzähligen Muskeln eines dieser schrecklichen Wesen wuchsen die Mauern und Wehrtürme der Stadt aus dem Boden. Es war keine Stadt, es war eine Feste. Dunkel. Drohend. Mächtig.

Die drei Elfen auf ihren Pferden zeigten sich von diesem Gebilde jedoch kaum beeindruckt. Sie hatten nichts zu verlieren, und doch die verzweifelte Hoffnung in ihren Herzen. Die ersten Schläge würden hart fallen, doch wie lange würde es dauern bis ihr Vorstoß im Sande verlaufen würde? Die Zwerge waren hartgesottene Gegner, und sie waren hoffnungslos in der Überzahl. Dennoch...

Die ersten Angriffe der Zwerge waren schnell gekommen. Schneller als erwartet. Nach der Kriegserklärung hatten sie einen Blitzkrieg begonnen und viele Städte zugleich angegriffen. Freakos Generäle hatten die meisten Angriffe abwehren können, doch Lamalas, die Stadt, die Freakos altem Kameraden zu Felde zu Ehren erbaut worden war, war gefallen. Ipretíra und Regentropfen waren erfolgreich verteidigt worden, Cyrras Tempel würde nicht so einfach kampflos aufgegeben werden. Schon in den ersten Tagen des Krieges hatten fünftausend Zwerge und dreitausend Elfen ihr Leben gelassen- und das nur in Freakos Reich.

Doch davon wussten die drei Feldherren in diesem Augenblick nichts. Ihre Aufmerksamkeit galt der Schlacht, die nun bevorstand. Die Zwerge waren zweifellos gewarnt, hatten sie doch von den großen Truppenaufmärschen gehört die an ihren Grenzen stattfanden. doch wussten sie nicht, wo der Hammerschlag fallen würde, und das war die einzige Hoffnung, die die Elfen hatten.

Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde alles bereit sein. Bei Morgengrauen würden sie losmarschieren. Und ihr Schlag würde verheerend sein. Schon jetzt wusste Freako, dass die Verluste auf beiden Seiten hoch sein würden. Er hoffte, dass der Zwergenfürst so weise gewesen war und die Bevölkerung der Städte evakuiert hatte. Sie konnten es sich nicht leisten, auf Zivilisten Rücksicht zu nehmen.

Eine leichte Bewegung am Waldesrand ließ Freako aufmerken. Auch Surion hatte sie bemerkt.

"Es ist bald soweit. Wir sollten dazustoßen."

Freako nickte.

"Ja, es wird Zeit."

Eine Erinnerung glitt in seinen Kopf, und er wunderte sich, dass sie gerade jetzt kam: damals hatte er, als er zu Besuch in Numinos' Festung war, mit dem zwergischen Fürsten desöfteren eine Partie Branduhb gespielt. Es war ein altes Spiel, das kaum noch jemand beherrschte; doch Freako hatte es einst von seinem Vater gelernt, vor vielen Altern, als er noch kein Fürst sondern ein junger Prinz der Elfen gewesen war. Er hatte es schnell beherrscht, und es gab lange Zeit niemanden, der ihn darin hatte bezwingen können. In Numinos jedoch hatte er einen würdigen Gegner gefunden, und sie hatten sich stets in ihren Siegen und Niederlagen die Waagschale gehalten. Und selbst wenn eine Entscheidung gefallen war, so war sie doch stets knapp gewesen.

Freako wusste, dass Numinos die Kunst des Krieges nicht nur bei diesem alten Brettspiel beherrschte. Wenn alle seine Kameraden so gute Taktiker waren, so würden sie nicht sehr lange überleben in dieser Öde. Doch auch der brillanteste Taktiker hatte seine Schwächen... und diese zu treffen war der Schlüssel zum Sieg.

Der Kriegerpoet wünschte sich in diesem Augenblick, all dies hier wäre nichts weiter als ein Spiel, ausgetragen mit Figuren aus zwergischem Kristall; doch Elfen und Zwerge würden sterben, für eine Sache, die sich genauso hätte vermeiden lassen.

"Freako... wir sollten nun gehen." Natu hatte ihr Pferd näher an ihn gelenkt und ihm die schmale und doch kräftige Hand auf die Schulter gelegt. Er schreckte kurz hoch und lächelte kurz, doch seine Augen blieben ernst.

"Ja, Ihr habt Recht. Wir sollten die anderen nicht warten lassen."
 
"Narren! Schallte es durch den Raum..." Numinos war sichtlich erbost und seine Dienerschaft versteckte sich vor ihm. "Habe ich nicht im ganzen Land verkünden lassen, dass die Wissenschaft der Schlüssel zum Sieg ist? Ist es nicht so, dass wir ein reiches Fürstentum sind, was sich auch jene wissenschaftliche Arbeit leisten kann? WIESO erforschten dann genau die Fürsten an der Front nicht die neuen Kriegstaktiken?" Er schüttelte den Kopf und sackte in seinen Thron darnieder "Diese beiden Niederlagen hätten nicht sein müssen. Hättet ihr nur auf mich gehört. Wir werden auch so gewinnen, doch um welchen Preis? Die Zeit läuft uns davon. Baut Universitäten und lasst die besten Wissenschaftler kommen, um den Mangel auszugleichen!"

Numinos ließ die Berater der Reagwen Untertag allesamt abschlachten und stellte neue an ihrer Stelle ein, die um die schlechte wissenschaftliche Lage im Lande der Fürstin wussten. "Jetzt muss ich nun doch an die Südfront kommen, um direkt gegen Freako zu kämpfen" murmelte Numinos. "Wir haben im Norden nur noch Siege zu verzeichnen, doch der Süden hat neben den Siegen auch zwei unnötige Niederlagen gebracht. Als ob es ein schlechtes Zeichen wäre... Hatte Reagwen nicht von einem schwarzen Schleier über ihren Landen berichtet? Ich muss mir die genauer ansehen..."

Der Krieger lief umher und überlegte, wie er seinem Fürstentum beiseite stehen könnte. Ja, der Sieg war gewiss, doch was sollten die Fürsten im Süden dafür zahlen? Wieviele Zwerge werden dadurch sterben? Numinos wusste es nicht. Der Regen prasselte auf den Fenstersims und stürzte von der Laufrinne in den dunklen Burggraben. War da was? Numinos wusste es nicht.
 
Mit einem wuchtigen Schwerthieb erschlug Freako den letzten der Milizionäre, die sich ihnen in der Stadt entgegengestellt hatten. Der kräftige Zwerg war genauso schlecht ausgerüstet wie die anderen, eine schartige Axt und eine unzureichende Lederrüstung. Dennoch hatten sie sich nicht ergeben... die Sturheit des kleinen Volkes war weithin berüchtigt.

Es war ein kleiner Erfolg, denn sie waren hier auf keinen einzigen Soldaten Reangwen Untertags getroffen. Die Fürstin hatte die Stadt freigegeben, eine weise Geste von ihr; viele Zivilisten waren auf diese Weise gerettet worden. Was zurückgeblieben war waren die wenigen, die ihre Heimat nicht hatten verlassen wollen oder Abschaum aus den Elendsvierteln der Stadt, die hastig die Reste aus den Waffenkammern zusammengeklaubt hatten um die Stadt zu verteidigen. Gegen die bestens ausgerüsteten, kampferprobten und gut ausgebildeten Soldaten Freakos hatten sie keine Chance gehabt.

Reangwen hatte schneller reagiert als Freako gedacht hatte. Hätte sie den Schwachpunkt ihrer Verteidigung, nämlich die zuvor namenlose, unabhängige Siedlung am Rande ihres Kernlandes, die später als Untergang bekannt sein sollte, berücksichtigt, so hätte sie genug Zeit gehabt, eine angemessene Verteidigung zu organisieren. Der erste Trumpf dieses Krieges war ausgespielt, und es würde sich zeigen, wie weit dieser Schlag das Kriegsgeschehen für sie wenden konnte.

Der Kampfeslärm ebbte allmählich ab, und Freako ließ Angrist sinken. Die Männer um ihn herum begannen die umliegenden Gebäude nach Feinden zu durchsuchen, doch viele würden es nicht mehr sein. Der heftig prasselnde Regen bildete kleine Bächlein zwischen dem Kopfsteinpflaster der Straßen, und nicht wenige davon waren in einem blassen Rot gefärbt.

Freako sah sich um. Auf dem Platz hatte einer der Höhepunkte des Scharmützels stattgefunden. Etwa hundert Milizionäre hatten sich Freako und seinen fünfzig schwerbewaffneten Schwertkämpfern entgegengestellt. Der Kampf war kurz und hart ausgefochten worden, und nur einer von Freakos Männern war von mehreren Milizionären niedergerungen und getötet worden, bevor die anderen ihm zu Hilfe kommen konnten. Nun lagen die Leichen der Zwerge um ihn herum. Er war allein, und die letzten Schmerzensrufe aus der Ferne verstummten. Seine Armee hatte die Stadt besetzt, doch würden sie sofort weiterziehen. Sie hatten keine Zeit, um sich hier aufzuhalten und die Stadt niederzubrennen. Das Kernland Reangwens stand ihnen nun offen, und diesen Vorteil durften sie nicht aus der Hand geben.

Ein spitzer Schrei ließ Freako aufschrecken und herumfahren. Aus einer schmalen Seitengasse kamen zwei gedrungene Gestalten hervorgetaumelt. Doch schnell begriff er, dass er von ihnen keine Gefahr zu fürchten hatte. Nur von einer der beiden.

Ein überlebender zwergischer Soldat stieß eine wimmernde Zwergenfrau grob mit der Axt vor sich her. Als er Freako erblickte konnte dieser den Wahnsinn in seinen Augen sehen. Drohend packte der Zwerg die Frau bei den Haaren, riß sie grob zurück und hielt ihr die schartige, schmutzige Axtklinge an die Kehle. Das zeternde Weib verstummte und blickte Freako aus panischen Augen an.

Der Kriegerpoet überlegte blitzschnell... nein. Er würde nicht schnell genug sein. Langsam ließ er Angrist sinken und machte eine beschwichtigende Geste zu seinem Gegenüber hin. Doch dieser schien blind vor Wahnsinn und Raserei. Seine Hände zitternden immer stärker, und er riß die Frau so grob an den Haaren dass ihre Kopfhaut zu bluten anfing und sie ein schmerzerfülltes Stöhnen ausstieß. Dieses verzweifelte, leise Geräusch war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Freako wusste, was geschehen würde, noch bevor der Zwerg mit einem Ruck seinen Axtarm zurückzog.

"NEIN!!" schrie er und warf sich nach vorne. Er schloß die Augen, als sein Schwert den Zwerg im selben augenblick durchbohrte, in dem dessen Axt die Kehle der Zwergenfrau durchtrennte. Die beiden Kleinwüchsigen sanken leblos zu Boden, und ihr Blut begann sich über das nasse Kopfsteinpflaster zu ergießen.

Immer noch mit geschlossenen Augen und gesenkter Klinge stand Freako vor den beiden Toten. Schon so oft hatte er derartiges erlebt, doch niemand, der ein Herz hatte, konnte sich daran gewöhnen. Manchmal hasste er sich selbst dafür, dass er den Weg des Kriegers gewählt hatte, doch er war es bereits zu lange gewesen um die Entscheidung rückgängig zu machen.

Eine kleine Bewegung am Körper der Zwergin lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Hatte er da eben ein leises Wimmern gehört? Langsam beugte er sich zu dem leblosen Körper herunter und drehte ihn auf die Seite. Erst auf den zweiten Blick fiel ihm die seltsame Rundung am Gewand der Frau auf. Da war es wieder- ein leichtes Zucken lief durch den runden Buckel.

Erschrocken legte Freako sein Schwert beiseite und betastete die kleine Tasche. Schnell fand er eine Lederschnur, die sie zusammenhielt, und öffnete den hastig geschnürten Knoten.

Kleine, ängstliche Augen blickten ihn an, und winzige Finger streckten sich ihm entgegen. Ein kleines Zwergenkind, ein Junge, für einen Säugling stark behaart, wie es die typische Art des kleinen Volkes war. Der Kriegerpoet wusste für einen Augenblick lang nicht was er tun sollte. Der Kleine jedoch spürte die Kälte und den Regen und regte sich unbehaglich, und nach wenigen Augenblicken begann er herzzerreißend zu schreien.

Bilder zuckten durch Freakos Kopf... seine Tochter Aredhél, vor vielen Jahren...

Ohne weiter zu zögern löste er seinen Umhang von den Schultern und wickelte das Kind darin ein. Vorsichtig hob er es hoch und wiegte es sanft in den starken Armen. Fast sofort beruhigte der Kleine sich und sah Freako misstrauisch, aber etwas ruhiger an.

In diesem Augenblick wurde Hufgeklapper laut, das rasch zu einem regelrechten Getöse anschwoll, und wenige Augenblicke später kam ein kleiner Trupp schwer gepanzerter Reiter auf den Platz galoppiert, geführt von einem riesigen Elfen in einer prächtigen, silberglänzenden Rüstung. Als Surion Freako erblickte sprang er vom Pferd und eilte auf ihn zu.

"Herr! Wir haben Euch überall gesucht. Die letzten Milizen der Stadt wurden zur Strecke gebracht. Keiner der Zwerge wollte sich ergeben. Sollen wir..."

Sein Blick fiel auf das Bündel in Freakos Armen und er verstummte schlagartig.

"Was zum... was ist das, Freako?"

Der Kriegerpoet sah seinen Leibwächter ernst an.

"Ein Kind, mein Freund. Ich habe es gerettet- seine Mutter hatte weniger Glück."

"Was wollt Ihr mit ihm anfangen? wir können kein Kind auf unseren Feldzug mitnehmen! Es wird sterben!"

"Das wird es hier auch. Bitte, Surion... nehmt es mit Euch und gebt es bei meinem Heiler in Obhut. Schnell, wir müssen weiter."

Den letzten Satz hatte er etwas schärfer ausgesprochen, und Surion widersprach nicht mehr. Behutsam nahm er das Kind entgegen, das an seinem riesigen Körper nahezu verschwand, lief zurück zu seinem Pferd und schwang sich mit einer Hand hinauf. Einen knappen Befehl später setzte sich sein Trupp wieder in Bewegung, und Freako war wieder alleine.

Langsam trat er zurück und hob Angrist vom nassen Boden auf. Sorgsam reinigte er es am Überwurf eines toten Zwergenkriegers, bevor er die kostbare Klinge wieder in ihrer Scheide verschwinden ließ.

Ein Kriegswaiser... wie grausam war das Schicksal? Reichte es denn nicht, dass die Männer und Frauen in Waffen sterben und leiden mussten?

Doch er verbannte diese Gedanken aus seinem Kopf. Sie mussten weiter. Auf einen lauten Befehl hin versammelten seine Männer sich langsam um ihn, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Stadtausgang. Sie hatten noch weite Wege vor sich und größere Schlachten zu schlagen.
 
"ZU MIR!! ALLE ZU MIR!!!" brüllte Freako über den Schlachtenlärm hinweg, und wie durch ein Wunder hörten seine Männer ihn. Sie lösten sich von ihren Gegnern und nutzten ihren Vorteil in der Geschwindigkeit, um sich zu einer kompakten Phalanx gemeinsam mit ihrem Führer zusammenzuschließen.

Und dennoch war es nicht klar, ob sie überleben würden. Sie hatten die Zwerge unterschätzt- oder besser gesagt die Stärke ihrer Reiterei. Freako war es aus vergangenen Kriegen gewohnt gewesen, dass Zwerge sich vor Allem auf ihre Infanterie verließen. Doch die Zwerge um Reangwen kämpften zu einem Großteil von ihren mächtigen Kriegsbären herab, die allein für sich schon schreckliche Gegner darstellten.

Nachdem Freakos Armee Zion, eine Stadt Reangwens, erobert hatte, hatte sie sich auf seinen Befehl hin aufgespalten, um Pompeji und Eden anzugreifen. Freako selbst hatte das Heer, das Reangwens Hauptstadt zu Fall bringen sollte, geführt. Doch als sie vor den Mauern der gewaltigen Feste Eden gestanden hatten und gerade das Belagerungsgerät in Stellung hatten bringen wollten, hatten sich die Tore der Stadt geöffnet und eine riesige Armee schwer gepanzerter Bären samt zwergischer Reiter waren herausgestürmt. Die völlig überraschte Infanterie der Elfen hatte kaum reagieren können, da waren die Zwerge schon herangewesen und hatten die Triböke zerstört. Danach hatte ein erbitterter Kampf begonnen, und unter großen Verlusten waren die eintausendundzweihundert Zwerge niedergerungen worden; doch hatten sie keine Möglichkeit mehr gehabt die Stadt anzugreifen, und weitab von jeder Verstärkung hatten sie sich zurückziehen müssen. Wenigstens hatten sie es noch geschafft- der andere Heerhaufen hatte weniger Glück gehabt. Der Angriff auf Pompeji war auf die gleiche Art vereitelt worden wie der auf Eden, doch hatte sich das Elfenheer nach der Schlacht auf eine Ebene zurückgezogen. Dort waren die siebentausend Mann von fünftausend zwergischen Bärenreitern gestellt und vernichtend geschlagen worden.

Auch im restlichen Reich Freakos stand es schlecht. Fast der gesamte nördliche Sektor war an die Zwerge gefallen; Numinos, Reangwen Untertag und Tajo Untertag griffen fast unablässig an, und der westliche Vorstoß war zum Erliegen gekommen. Kaum eine eroberte Stadt konnte länger gehalten werden, und die Zwerge konnten fast ungehindert plündernd und mordend durch die einst blühenden Reiche ziehen. Ein junger elfischer Bote hatte Freako die Nachricht von seinem treuen General Tellur Rethan gebracht, und nun befanden sie sich auf dem Rückzug gen Süden, um zu retten, was zu retten war.

Mit der bloßen Klinge schlug Freako eine schwere Wurfaxt beiseite und einem Zwerg in der selben Bewegung den Schädel ein, bevor er mit der freien Hand einen weiteren Krieger am Gesicht packte und ihm mit einem harten Ruck das Genick brach. Seine Leute kämpften wie die Löwen, und der Haufen zwergischer Infanteristen, der ihnen auf ihrem Rückzug aufgelauert hatte, war bereits stark zusammengeschmolzen; doch würde es zweifellos nicht der letzte Hinterhalt sein, mit dem sie rechnen mussten.

Ja, er hatte die zwergischen Taktiker unterschätzt. Mit ihrem Blitzkrieg hatten sie seine Pläne entscheidend behindert, und das Großaufgebot an Bärenreitern war ebenfalls ein kluger Schachzug gewesen. Freako hatte von Anfang an gewusst, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen konnten; doch hatte er gehofft, dass ihnen mehr Zeit blieb. Welch ein unrühmliches Ende... Numinos mit seinen Kumpanen hatte dieses Mal eindeutig die besseren Karten gehabt.

Ein heller Hornton erklang, und das Donnern einer Vielzahl an Pferdehufen wurde laut. Freakos Herz schlug höher- die Nachhut aus schweren elfischen Panzerreitern war eingetroffen. Surion hatte lange auf sich warten lassen.

Als die Zwerge die riesige Staubwolke erblickten, die sich mit einem Male über der nahegelegenen Hügelkuppe erhob, wurden sie von Panik erfasst. Sie ließen von ihren elfischen Gegnern ab und wandten sich zur Flucht; doch für sie gab es keine Chance. Diejenigen, die nicht vom Pfeilhagel niedergestreckt wurden, den die Kriegsharfner ihnen hinterherschickten, wurden von Surions Kavallerie gnadenlos niedergeritten. Der riesige Elf schwang seinen Zweihänder ohne Mühe vom Pferde herab mit einer Hand und wütete wie ein Berserker unter den Zwergen. Während Freako sich erschöpft auf sein Schwert stützte verklangen die letzten Todesschreie, und es wurde still auf dem Schlachtfeld.

Sie hatten nicht allzugroße Verluste erlitten... doch bei der derzeitigen Lage schmerzte jeder Elf, der unter den Äxten der Zwerge fiel.

Der Himmel begann sich bereits wieder mit Wolken zu verhüllen, als könnte die Sonne den Anblick von so viel Tod nicht ertragen. Ein einzelnes Pferd näherte sich Freako, doch er sah nicht auf sondern blickte weiter zu Boden. schwere Stiefel trafen auf dem Boden auf, und Freako spürte, wie Surion sich ihm von hinten näherte. Der Elf legte ihm die schwere Hand auf die Schulter; Freako ließ es geschehen, doch zeigte keinerlei Reaktion.

"Freako... wir müssen weiter. Eure Reiche sind in Gefahr."

Der Kriegerpoet schüttelte den Kopf und lachte bitter.

"In Gefahr? Gefallen wäre der bessere Ausdruck. Natu und Aredhél, Myranar und Cshabo Lin sind beinahe schon überrannt. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht."

"Verzagt nicht, Herr. Sagtet Ihr nicht selbst, dass es immer Hoffnung gibt? Wir werden den Zwergen weiter Widerstand leisten, so lange der letzte von uns atmet!"

Ein leises Wimmern drang an die Ohren der beiden Elfen, und Surion sah stirnrunzelnd an sich herab. Er zog seine Panzerhandschuhe aus und warf seinen Mantel zurück. Unter seiner mächtigen Brust kam eine kleine Tasche zum Vorschein, aus der zwei ängstliche Augen hervorblickten. Der kleine Zwerg war unverletzt, doch blieb die Frage wie lange er das noch bleiben würde. Freakos Heiler war beim letzten Angriff von einem Armbrustbolzen so schwer verletzt worden, dass er sich nicht mehr um den kleinen kümmern konnte; und der sicherste Platz für das Baby war nun bei Surion. So lange er nicht vom Pferd fiel oder eine geschleuderte Wurfaxt noch abwehren konnte.

"Wie lange wird er es wohl überstehen?" fragte Freako, und Surion zuckte nur mit den Schultern.

"Was zum... bei allen Göttern!!" erklang Natus Stimme von der Seite her. Mit weit ausgreifenden Schritten kam sie herangestürmt und kam vor den beiden Männern zum Stehen.

"Was tut Ihr da? Woher habt Ihr dieses Kind?"

"Wir fanden es bei der Belagerung von Zion in den Straßen. Dort wäre es gestorben, also nahmen wir es mit."

"Und Ihr glaubt im Ernst dass Ihr ihm damit einen Gefallen tut? Wenn Ihr es zu Pferde mit Euch führt? Gebt mir das Kind!" Natus Augen flammten so sehr, dass Surion es nicht wagte zu widersprechen. Behutsam löste er das Kind aus seinem Platz und gab es der Elfin, die ihre Armbrust über die Schultern gehängt hatte. Sanft nahm sie es entgegen und strich dem Säugling mütterlich über den kleinen Kopf. Der Kleine quietschte behaglich... ein Geräusch das angesichts der hunderten von Toten um sie herum mehr als grotesk klang.

"Ich werde es zu mir nehmen. Bei den Bogenschützen ist es besser aufgehoben. Lasst uns nun weiterziehen."

Freako und Surion nickten, und jeder von ihnen begab sich zu dem Heeresteil, den er befehligte. Mit gemischten Gefühlen ließen sie das Schlachtfeld hinter sich. Der Untergang war nicht mehr fern.
 
Das Feuer brannte knisternd und spendete wenigstens ein wenig Wärme in der kühlen Nacht. Der Rest des Heeres hatte sich auf der weiten Ebene verstreut und ein weitläufiges Zeltlager aufgeschlagen, umgeben von großen Barrieren angespitzter Pfähle, die doch nur einen geringen Schutz gegen die zwergischen Bärenreiter boten. Wachen patrouillierten unablässig im umliegenden Gelände; doch war es unwahrscheinlich dass die Zwerge sie nun angreifen würden. Sie waren schon nahe an Freakos Grenzlanden, und die Zwerge wussten dass die Elfen ihnen bei Nacht auf freiem Gelände überlegen waren.

Natu und Surion saßen alleine um das Feuer- das hieß, nicht ganz alleine. Die Elfin hielt das kleine Zwergenbaby auf den Armen und gab ihm Ziegenmilch aus einer kleinen Feldflasche. Surion betrachtete sie stirnrunzelnd, wie sie dem Kleinen liebevolle Worte zuflüsterte und ihm zärtlich über den Kopf strich. Beinahe war er geneigt, die düstere Lage, in der sie sich befanden, zu vergessen- zu idyllisch sah diese einfache, mütterliche Geste aus. Doch Natu war in Waffen, ebenso wie Surion selbst. Und es war unwahrscheinlich, dass der Kleine das Ende des Krieges noch erleben würde.

Schritte wurden laut, und aus der Dunkelheit außerhalb des Lagerfeuerscheins trat Freako hinzu. Seine prächtige, alte Rüstung war staubig und hatte nicht wenige Dellen davongetragen in den letzten Tagen, und er selbst sah sehr müde und erschöpft aus. Als er sich zu seinen Freunden ans Feuer setzte ächzte er leise und saß dann still, ohne etwas zu sagen, während er mit leerem Blick ins Feuer starrte.

Besorgt sahen sich Natu und Surion an, bevor die Elfin mit leiser Stimme sprach:

"Wie steht es um die Männer?"

Es dauerte eine ganze Weile, bevor der Elfenfürst antwortete.

"Sie wissen, was auf sie zukommt. Sie fürchten sich nicht, doch sind sie müde vom Marsch ohne Rast und mit kaum Verpflegung... und ihre Stimmung ist nicht die beste. Dennoch... sie werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen. Sie verteidigen ihre Heimat, ihre Heime und Familien. Teuer wird die Zwerge ihr Sieg zu stehen kommen."

Wieder schwiegen die Elfen, und nur das Knistern der Flammen unterbrach die Stille um sie herum. Der Kleine war in Natus Armen eingeschlafen, und behutsam verstaute sie das Fläschchen in ihrem Mantel.

Gerade wollte Surion etwas fragen, als ein helles Hornsignal erscholl. Feinde waren im Anmarsch.

Ohne eine Sekunde zu zögern sprangen die drei auf; Natu verstaute den Säugling wieder so sicher es ging an ihrem Körper, und ohne weitere Worte eilten die drei zu ihren Männern, dem nächtlichen Kampf entgegen.
 
Blutrot ging die Sonne am Horizont auf, und ihr düsterer Schein verursachte mehr Schatten als er Licht spendete. Das Heer marschierte schweigend in die Dämmerung hinein, und nach kurzer Zeit erstreckten sich die mächtigen Mauern der Feste Iprétiras vor ihnen, die sich gegen das Licht der dunklen Sonne wie ein schwarzes Gebirge auftürmten.

Der größte Teil von Freakos zurückkehrender Angriffsarmee hatte sich von ihnen noch in dieser Nacht getrennt, um nach Aki, der Stadt der Klänge, weiterzumarschieren und sie vor dem vermutlich bald fallenden Angriff zu verteidigen. Die besten seiner Krieger jedoch hatte Freako mit sich genommen um an vorderster Front um die östlichste seiner Städte, Iprétira, gegen die Zwerge unter Tajo Untertag zu kämpfen. Schon einmal war sie angegriffen worden, doch konnte der Angriff abgewehrt werden; und nun wurden erneut massive Truppenbewegungen an der östlichen Grenze gemeldet.

Im ganzen Reich der Klänge zogen größere oder kleinere Zwergenheere umher, und die Zahl der Städte unter Freakos Befehl schrumpfte immer weiter zusammen. Zu groß waren die Truppenaufmärsche zumeist, als das an eine Verteidigung zu denken gewesen wäre.

Als der Troß die Tore der Stadt passierten, wurde der Kriegerpoet der ungewöhnlichen Stille gewahr. Die Krieger der Stadt grüßten ihn ehrerbietig, doch schweigend. Sie sparten ihre Kräfte für den bevorstehenden Ansturm.

Schon mehrmals war Ipretira angegriffen worden, und es waren nur noch knapp zweitausend der erfahrensten Verteidiger übriggeblieben. Doch auch viele Zwerge hatten, dank der ausgefeilten Verteidigungsanlagen, ihr Leben gelassen. Dies bedeutete leider auch, dass die Zwerge ihren Feind kein drittes Mal unterschätzen würden.

Dieses Mal hatte Numinos das Spiel gewonnen. Die Fehler, die den Zwergen unterlaufen wwaren, waren mit Sicherheit nicht auf seine Rechnung gegangen. Sie würden mit gewaltigen Truppen anrücken. Und Ipretira würde fallen.

Dennoch sollten sie diesen Sieg teuer bezahlen. Die Tore schlossen sich, als die letzten von Freakos Soldaten sie passiert hatten, und der Kriegerpoet begab sich mit Surion und Natu zur Zitadelle, um die Verteidigung zu organisieren.

Im Morgengrauen erspähten die Wachen auf den Zinnen gewaltige Staubwolken, die sich von Osten her näherten. Die Zwerge kamen.

Hoch oben auf den Zinnen standen die drei Helden und blickten mit gemischten Gefühlen dem Heer entgegen. Das kleine Zwergenkind in Natus Armen regte sich unruhig, als könne es spüren, was kommen würde.

"Ich werde mit Euch reiten, Freako." sagte Natu plötzlich. Bevor der Kriegerpoet widersprechen konnte fuhr sie fort: "Wenn die Zwerge unsere Mauern überwinden wird das Kind so oder so sterben. So lange wir zusammen bleiben haben wir die größten Chancen, durchzukommen.

Sie alle wussten, dass sie Recht hatte- aber selbst ihre größten Chancen waren schlecht. Wortlos wandten sie sich um und begaben sich zurück in den großen Vorhof der Zitadelle, wo die Reiterei wartete.

Wenige Stunden später war die Ebene um Ipretira schwarz vor Kriegern. Die Zwerge waren zu tausenden und abertausenden gekommen und hatten die Stadt umstellt. Soeben wurden die mächtigen Belagerungsgeräte aufgestellt, und Freako wusste, dass sie bei längerem Beschuss selbst die gewaltigen Mauern der Feste Ipretira überwinden würden. Von draußen hörte man die Kriegstrommeln der Zwerge und die lauten Schlachtrufe der bärtigen Krieger. Die Elfen in der Festung sprachen kein Wort, nur hier und da wurde ein Befehl gerufen.

Surion sah seinen Herrn schräg von der Seite an; sie saßen, so wie der große Haufen Krieger um sie herum, auf ihren gepanzerten Pferden, bereit, jeden Moment loszustürmen.

"Wir sollten losschlagen." riet Surion. Freako hob die Hand und legte lauschend den Kopf schief. . Er hörte unzählige Geräusche, das Stampfen der Eisenbeschlagenen Zwergenstiefel, das Scharren, als sie ihre Äxte schärften, das schwere Tappen der Kriegsbären... und da, da war es. Mit zwergischer Präzision erscholl beinahe gleichzeitig das metallische Einrasten der Scharniere aller mitgeführten Belagerungswaffen. Sie waren Feuerbereit. Und im selben Moment setzten sich die Schlachtreihen der Zwerge in Bewegung.

"JETZT!" rief Freako, und preschte los. Die Tore der Feste wurden gerade rechtzeitig geöffnet, um sie hinauszulassen, und als sie die gewaltige Menge der Zwergenkrieger vor sich sahen, die auf sie zustürmten, stießen die Elfen den lauten Schlachtruf aus den alten Tagen an: "AN EDHIL!! FÜR DIE ELFENHEIT!"

Die Bogenschützen auf den Mauern begannen zu feuern, und schon in den ersten Augenblicken fielen hunderte der Zwerge. Rasend schnell donnerte die Kavallerie auf die Zwerge zu, und aus den Augenwinkeln bemerkte Freako die scheren Berittenen der Zwerge, die ihnen in einem Flankenangriff von zwei Seiten entgegenkamen.

Er zog Angrist aus der Scheide und stürmte, mit einem gewaltigen Kriegsschrei auf den Lippen, an der Spitze seiner Reiter vorbei. Surion zog seinen gewaltigen Zweihänder, bereit ihn Einhändig gegen die Infanterie der Zwerge zu führen; und Natu verschoss bereits die ersten Pfeile von ihrem Pferd aus.

Wie ein Blitzkeil schlugen sie in die Reihen der Feinde ein, und das Getöse aus Schmerzensschreien, splitterndem Metall und zerfetzenden Leibern übermannte alle normalen Sinne und ließ nur noch Raum für eiskalte Entschlossenheit und Zorn.

Hinter ihnen begann der Sturm auf die Stadt, und auch ihr Kampf entbrannte mit voller Wucht, als sie sich zu den ersten Belagerungswaffen durchschlugen. Immer mehr Zwerge stellten sich ihnen entgegen, Freako erschlug einen nach dem anderen, und Angrist wirbelte mit rasender Geschwindigkeit auf die Häupter der Feinde herab. Er schlug, hackte, stach, wütete... er selbst bemerkte es nicht, doch Natu sah in einem kurzen Moment der Ruhe das leise, blaue Flackern, das in seinen Augen aufflammte.

Und dann verlor er, zum ersten Mal seit Langem, die Kontrolle über sich selbst.

Als er wieder zu sich fand hatte sich das Bild drastisch verändert. Das erste was ihm auffiel war, dass er nicht mehr auf seinem Pferd saß. Nun- es würde seinen Weg finden, so wie immer. Dann bemerkte er seine Klinge, die er schräg vor sich hielt und die vor Blut dampfte. Genau in diesem Augenblick sank ein Krieger der Zwerge mit gebrochenen Augen vor ihm in den Staub- und gesellte sich zu einer ganzen Anzahl toter Kleinwüchsiger, die um ihn herum lagen.

Dann sah er die Stadt- und sein Herz stockte. Ipretira brannte- die Mauern waren gefallen, und Zwerge stürmten zu tausenden durch die Lücken in der Verteidigung, um ihr blutiges Handwerk zu beginnen. Die Schlacht war jetzt schon so gut wie verloren.

Um ihn herum wurde immer noch erbittert gekämpft, doch nur noch wenige Elfen waren am Leben. Kaum einer hatte sich auf seinem Pferd halten können, und es waren nur noch kleine Haufen von Freakos Reitern übrig, die sich Rücken an Rücken gegen die Übermacht verteidigten.

Die Reihen der Zwerge brachen auf, und ein gewaltiger Krieger auf einem mächtigen Schlachtross stürmte hindurch, gefolgt von einem weiteren, kleineren Reiter. Surion und Natu waren verletzt, aber wenigstens noch am Leben. Als sie Freako erblickten postierten sie sich auf ihren Rossen neben ihm, um ihn vor weiteren Angriffen zu schützen. Die Zwerge starrten sie wütend an und schüttelten ihre Waffen; doch ihre gefallenen Kameraden um Freako herum, die teilweise schrecklichste Verwundungen aufwiesen, flößten ihnen einen Respekt ein, der größer war als ihre Wut.

Noch.

"Freako! Wir müssen hier fort!" schrie Surion. "Die Stadt ist gefallen! Alle die es schaffen ziehen sich nach Aki zurück! Und wir sollten das selbe tun!"

Freako starrte aus brennenden Augen hinüber zur Stadt. Surion hatte Recht. Freako wischte Angrist am Mantel eines toten Zwergen ab und schob es in seine Scheide; dann sprang er zu Surion aufs Pferd, und im selben Moment preschten sie los.

Die Zwerge hätten sie mit Leichtigkeit aufhalten, ihre Pferde zu Fall bringen können- sie befanden sich inmitten des Heeres, und allein die Masse der Kleinwüchsigen hätte sie erdrücken müssen. Doch die Krieger wichen zurück, bildeten eine Gasse für die beiden Pferde mit ihren Reitern. So brachen sie schließlich durch und sprengten hinaus in die weite Ebene im Süden, auf Aki zu, während hinter ihnen der Schlachtenlärm langsam verklang. Nur wenige Elfen überlebten diese Schlacht. Die Bastion des Ostens, die so lange durchgehalten hatte, war gefallen.
 
Es war wieder Nacht, und die Dunkelheit senkte sich gnädig über den zerschlagenen Haufen von Reitern, der zu Tode erschöpft vor sich hin zog.

Freako ritt etwas abseits der Gruppe. Er war nicht verwundet, doch spürte er eine seltsame Leere in sich... eine Leere, die er lange nicht mehr gefühlt hatte, und die er nie wieder hatte fühlen wollen. War es das Schwert? Nein, es konnte nicht sein. Es war gereinigt, und Cyrra persönlich hatte es mehrfach geweiht, um ihm Stärke zu geben und die Macht der Titanen aus der Klinge zu bannen.

Etwas davon war noch in ihm selbst- wie töricht war es gewesen zu denken, dass diese uralte Macht so leicht zu bezwingen wäre.

Er spürte, wie sich ihm jemand näherte, doch sah er nicht auf.

Surion und Natu lenkten ihre Pferde neben seines, doch dauerte es lange bis das Schweigen gebrochen wurde.

"Was ist dort auf dem Schlachtfeld geschehen, Freako? Was ist in Euch gefahren?" fragte Surion leise, doch mit großer Sorge in der Stimme. Natu blickte den Kriegerpoeten schweigend von der Seite an, doch Ihr Blick sagte das selbe wie der des Leibwächters.

Einige Augenblicke schwieg Freako weiter, den Blick starr geradeaus gerichtet, bevor er fragte:

"Erinnert Ihr Euch an die Geschichten, die über meinen Fluch erzählt wurden? Und was ich Euch selbst darüber sagte?"

Surion nickte, und ein Gefühl böser Vorahnung überkam ihn.

"Ihr wart korrumpiert von der Macht der Titanen, die in einem bösen Seelenstein gefangen war und Euch zu einem Werkzeug des Dunklen machen wollte. Ihr standet schon fast vollständig unter ihrem Bann, als Eure Tochter Aredhél Euch im Kampfe besiegte und den Stein aus Angrist, Eurem Schwert, herausbrach. Doch Ihr wurdet geläutert, das Schwert gereinigt und geweiht durch nusere Göttin- wie kann dieser Fluch jetzt noch wirken?"

Der Kriegerpoet schüttelte traurig den Kopf.

"Ich fürchte, dass Angrist wohl gereinigt wurde- doch tief in mir ruht noch etwas vom dunklen Einfluss der Titanen. Es wartet darauf, hervorzubrechen und wieder zu erstarken. Vielleicht werde ich es niemals abschütteln können, außer ich setzte meinem Leben ein Ende. Vielleicht ist diese letzte Schlacht, die uns bevorsteht, der richtige Zeitpunkt."

Natu schüttelte energisch den Kopf.

"Sprecht nicht so! Noch ist nicht alles verloren. Wir verteidigen Eure Heimatstadt- und jeder waffenfähige Krieger aus Euren Reichen und denen Eurer Verbündeten wird ebenfalls dort sein. Die Mauern sind mächtig, unsere Bögen treffsicher und Eure Krieger zu allem entschlossen- so lange Ihr am Leben seid und nicht klein beigebt. Jeder dieser Männer und Frauen wird bereitwillig das eigene Leben opfern, um Euch zu dienen."

"Doch wenn ich weiter kämpfe, wächst mit jedem getöteten Feind die Wahrscheinlichkeit dass die Macht der Titanen in mir wieder erwacht... vor der Schlacht um Ipretira hatte ich keine Furcht und war zu allem bereit. Doch nun... bin ich vielleicht bald der Fluch, der mein Reich zu Fall bringen wird an der Zwergen statt."

Darauf wusste niemand etwas zu erwiedern. Sie wussten, dass es stimmte... die dunkle Essenz wartete nur auf ihre Gelegenheit. In bedrückter Stimmung setzten sie ihren letzten Weg fort.
 
Zurück
Oben Unten