Zum Nachdenken: fake it until you become it

Maeschda

Kravallier
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14. April 2007
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Moin!
Bin letztens mal wieder über einen hochspannenden TED-talk gestolpert, der mich besonders in Richtung useres Hobbies zum Nachdenken brachte.

http://on.ted.com/eISr

Können wir uns tatsächlich in ein Rollenbild spielen, bis es (messbar) real wird? Für wie belastbar haltet Ihr die vorgestellten Ergebnisse bzw. wie sind eure persönlichen Erfahrungen?
 
Man kann einem Rollenspiel so viel Zeit und Energie widmen das es das Reale Leben massiv beeinflusst.
Ich kenn ein paar Liverollenspieler die ihr Hobby so intensiv betreiben das mehr oder minder ihre Ganze Wohnung so mit Materialen zugestellt ist das sie selbst schon halb Bewust, halb aus dem Grund das Kulissen für Größe Szenerien einfach real Platz brauchen wenn man sie lagert eben selbst aussieht als sei in der Bude ein permanentes InGame am Laufen.
In einem Liverollenspiel Charakter kann man für Gewandung, Rüstung, (Larp)Waffen, Zelte, Teilnahmegebüren für Veranstaltungen und Anfahrtskosten schon RICHTIG Zeit & Kohle stecken.

Es gab auch mal ne Zeit wo ich normalerweise mit meinem Ingamenamen angeredet wurde weil ich meine Freie Zeit mit andern Larpern mit Training verbracht habe und man sich wöchentlich gesehen hat (Schöne zeit damals)
Natürlich endet die Verschmelzung zwischen Realen Leben und Liverollenspiel mit dem Traditonellen Einfall in einem Rektorate eines bekannten Amerikanischen Fastfoodkette die man an fast jeder Autobahnraststätte findet...

Neben dem Liverollenspiel gibt es noch andere Mittelalter Leute die von sich behaupten ihr Hobby mit ein wenig mehr Ernsthaftigkeit zu Spielen, oft mit einer recht Komplexen (Und wenn ich böse währe würde ich sagen Sektenartigen) Vereinzstrucktur. *Hust Kölner Hunnen Vereine Hust* Schuldigung, verschluckt...

Die Versuchen halt ihre "Stämme" mit einer recht Komplexen und auch sehr Real-Halachischen Struktur "Lebendig" zu halten.
Das Alles ist noch am ehesten die Nachweißbare Verschmelzung zwischen Realität und Rollenspiel... aber der Nachweis der Messbaren Realität endet dann doch schon meist beim Griff zum Glimstängel der Teilnehmer.

Auf der Andern Seite:
Second Live hatte ja als Ziel genau das zu sein:

Ein "Reales" Zweites und Digitales leben. Nach dem ich darüber aber nur ein paar Skurrile Schmuddel Berichte gehört hab, hab ich es nicht weiter verfolgt. Ging halt darum Realgeld für Virtuelle Einrichtung und Virtuelle ... Dinste zu zahlen.

 
Maeschda schrieb:
Können wir uns tatsächlich in ein Rollenbild spielen, bis es (messbar) real wird?

Gehts denn darum? Geht es hier um Rollenbilder? Es geht um Posen, um Körpersprache, um Auftreten. Je nachdem, wie ich meinen Körper ausrichte, wie ich schaue, wie ich mich bewege, richtet sich meine Umwelt nach mir aus. Ein Rollenbild beinhaltet ja auch antizipierte Verhaltensweisen und natürlich ein KnowHow, die andere von dieser Rolle haben. bzw diese Rolle unterfüttern. Eine Rolle besteht aus weit mehr, als nur der Körpersprache.
Faken kann man bestimmt ne ganze Menge, aber die Sache ist halt, dass irgendwann auch mal Schluss ist. Ferner ist Realität in Rollenbildern auch schlecht oder nur auf bestimmte Weise tatsächlich messbar. Die gute Dame aus dem Video hat Speichelproben vor und nach dem Wechsel der Körperhaltung genommen und gemessen, dass sich der Adrenalin und Cortisol Anteil verändert haben. Messbare Ergebnisse bei Rollenbildern bewegen sich eher auf der Ebene der Unkenntnis oder des Unvermögens. Ein Aufreißer, der aller Welt plausibel macht der heißeste Hahn im Korb zu sein und dann kläglich scheitert, wenns drauf ankommt. Ein Mann, der sich als Feuerwehrmann ausgibt und dann keine Ahnung von der Materie hat, aber in der Uniform und dem Auftreten erstmal fesch daher kommt usw usf. Ändert doch nichts daran, dass beide am Höhepunkt ihres Schauspiels möglicherweise dennoch die erforderliche Menge Adrenalin produziert haben, während der Cortisol Spiegel hinab ging.

Ergo: Auf Basis der Studie die da betrieben wurde halte ich deine Fragestellung für verfehlt.
 
Gehts denn darum? Geht es hier um Rollenbilder?
Ich glaube nicht, dass es hier um Rollenbilder im Sinne von "Feuerwehrmann", "Arzt" oder "Aufreißer" geht, sondern eher darum, ob man "Selbstvertrauen"und "Befangenheit" sein für dritte fühlbar verändern kann. Hier wurde dies kurzzeitig durch die Einnahme bestimmter Posen erreicht, von denen man schon lange wusste, dass sie eine sofort sichtbare Beurteilung einer Person hervorrufen (Siegerpose = selbstbewusst, kauernd/zusammengesunken = befangen); aber ich glaube nicht, dass man sich bisher bewusst war, dass solche Posen auch nachhaltig wirken (können).
Und durch Training wird dieser bewusst ausgeführte Prozess Teil der Person. Das erleben wir doch immer wieder.

Ob Rollenspielcharaktere Spieler beeinflussen? Ich glaube, dass dies nur möglich ist, wenn der Spieler eine sehr starke Bindung zu seinem Charakter hat und eine sehr gute Vorstellung von dessen Auftreten, UND wenn der Spieler es zu Beginn bewusst zulässt. Wenn sich der Spieler bewusst entscheidet, nicht nur gedanklich durchzuspielen, wie der Charakter wohl reagierte, sondern auch die Posen ebendessen einnimmt, dann kann es geschehen, dass sich der Spieler sogesehen selbst konditioniert.
Am besten zu beobachten ist das wohl am Spieltisch, wenn ein Mitspieler plötzlich anders dasitzt um eine Person zu verkörpern, die er (oder sie) normalerweise gar nicht ist. Bei den meisten bleibt "die Rolle" auch auf den Spieltisch begrenzt; wobei viele sagen, dass sie durch Rollenspielen auch gewisse spziale Kompetenzen erlangt haben (freies Sprechen, Improvistion, Herangehensweise an Probleme - mehr Selbstbewisstsein), die sie vorher nicht hatten.
 
Was ist Realität? Real ist das was du als real empfindest. Fängt ja schon beim sehen an.
Erstens wir können Objekte und Subjekte nicht wirklich sehen, was wir sehen ist eine elektromagnetische Welle die von Objekten oder Subjekten reflektiert wurde.
Zweitens, auch die Informationen der elektromagnetsichen Welle kommen nie ungefiltert im Hirn an. Sie werden von unseren Augen aufgenommen, in elektrische Signale umgewandelt und dann von Teilen unseren Gehirns gefiltert und von anderen interpretiert. Dabei hängt die Interpretation von persönlicher und gesellschaftlicher Erfahrung und Erziehung ab. Es ist sehr wahrscheinlich das euer Freund/Nachbar/etc. nicht das selbe Bild von etwas im Kopf hat das ihr gerade im Kopf habt. Aber ihr habt einen anerzogenen Konsens der euch sagt das ihr das selbe seht. Was Menschen anderer Kulturen sehen oder noch extremer wild lebende Tiere werden wir wohl nie wissen.
Ihr solltet euch immer in Erinnerung halten dass, das was ihr von der Welt wahrnehmen könnt nichts anderes ist als Interpretation. Was ihr als wahr empfindet ist wahr, alles andere sind nur Modelle. Und was immer ihr auch wollt das es real wird kann real werden wenn ihr es euch nur lange genug und fest ein-bildet. Auch das was man sein will kann man werden, wenn man es nur will, jedes Rollenbild ist DENKBAR.
 
aingeasil schrieb:
Ich glaube nicht, dass es hier um Rollenbilder im Sinne von "Feuerwehrmann", "Arzt" oder "Aufreißer" geht, sondern eher darum, ob man "Selbstvertrauen"und "Befangenheit" sein für dritte fühlbar verändern kann.

Genau das sag ich doch ;) Aber versuch das mal aufs Rollenspiel zu übertragen. Das was die gute Dame da anspricht hat mit Rollenspiel null zu tun, weil es um Körpersprache/ Ausdruck/ Positur geht und nicht um fiktive Figuren. Natürlich besteht die Möglichkeit sich in die Rolle eines Charakters hinein zu steigern, sogar bis zum totalen Realitätsverlust, aber dann sind wir in einem völlig anderen Bereich, als dem vorgestellten.
 
Können wir uns tatsächlich in ein Rollenbild spielen, bis es (messbar) real wird?
In Bezug darauf das das Rollenbild ein Charaktere ist der während eines [Pen & Paper] Rollenspiel dargestellt wird, nein.
Einerseits setzt es voraus das man die entsprechende Körperhaltung, die Bewegungen und die Sprechweise der entsprechenden Rolle einnimmt.
Dafür wiederum muss man auf der einen Seite sich dieser Aspekte bewusst sein, auf der anderen Seite die eigene Wirkung hinreichend genau kennen.
Stattdessen verharrt man, nach meiner Beobachtung, eher in der einem eigenen Haltung. Mir wäre es auch bei Conbesuchen nicht aufgefallen das sich Conbesucher vor, während und nach den Runden jeweils anders verhalten.

Andererseits spielt man die Charaktere nicht hinreichend genug [wenn man nicht gar Spielleiter ist und mehrere Charaktere spielen muß].
Die Frau spricht von zwei Minuten täglich, teilweise mehrmals täglich. Ich glaube daher nicht das es reicht einmal, vielleicht zweimal, innerhalb einer Woche einen Charakter zu spielen. Das wäre als würde man erwarten das man abnimmt nur weil man während des Rollenspiel genau so wenig isst wie sein magersüchtiger Charakter.

Letztlich wird das Rollenbild bzw. der Charakter, sollte es funktionieren, darüber nicht real.
Allenfalls verändert sich der eigene Hormonspiegel. Aber das macht den Charakter nun imho nicht ansatzweise real.

Für wie belastbar haltet Ihr die vorgestellten Ergebnisse bzw. wie sind eure persönlichen Erfahrungen?
Ich halte es für belastbar, allerdings für wesentlich schwerer umzusetzen als dort der Eindruck vermittelt wird.
 
Eigentlich ist die Frage doch nahezu gleichbedeutend mit "kann man im Rollenspiel selbstbewusstes Auftreten trainieren und färbt das dann auch auf das echte eigene Selbstbewusstsein ab?".

...ernsthaft?

Genau DAS wird schon seit ...wohl seit immer schon... überall von nahezu jedem so praktiziert: Man spielt zu Übungszwecken Szenen durch, in denen man versucht so perfekt und routiniert wie möglich aufzutreten und holt sich daraus eine Selbstsicherheit, die man durch reines inhaltsgleiches Durchsprechen nicht erhalten würde.

Im Grunde könnte man die Frage also umformulieren zu:
Wäre es vielleicht denkbar, dass im Rollenspiel auch Rollenspiel-Elemente enthalten sind?

Antwort:
Offensichtlich, ja.
 
Ioelet schrieb:
Man spielt zu Übungszwecken Szenen durch, in denen man versucht so perfekt und routiniert wie möglich aufzutreten und holt sich daraus eine Selbstsicherheit, die man durch reines inhaltsgleiches Durchsprechen nicht erhalten würde.

Ich sehe da aber einen Unterschied zwischen einem Labor-Rollenspiel, oder eben auch Übungsgesprächen (für Bewerbungen, in Coaching Situationen, etc.) im Vergleich zum Pen & Paper. Bei letzterem bin es niemals ich, der sich der Situation stellt, sondern ein fiktives Gebilde bestehend aus Zahlen, aus Ideen und einer Handlungskompetenz, die sich durch mich und ein Regelwerk ergibt. Spiele ich nen Magier, kann ich mich ja toll fühlen, weil ich so wahnsinnig eloquent daher komme. Im Zweifelsfalls hat der Charakter aber immer Argumentationsverstärker wie nen Feuerball in der Hinterhand. Und sowas gibts im Coaching halt nicht oder bei Übungs-Bewerbungen ... da gibts nur mich, an vorderster Front. P&P verschleiert doch bereits dadurch, dass eine Zwischeninstanz (der Charakter) als Avatar im Raum steht. Selbst wenn ich mich selbst abstrahiere im P&P bin das doch nicht ich, dem da Dinge passieren.

Insofern: Das eine hat doch nix mit dem anderen zu tun.
 
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