Wieviel Phantastik ist gut für mein Kind?

Skar

Dr. Spiele
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Als ich damals 1984 (mit 12 Jahren) mit dem Rollenspielen anfing, war ich schon ziemlich überwältigt davon.
Ich beschäftigte mich tagein tagaus damit und meine schulischen Leitungen sackten ab.

Trotzdem brenne ich immer wieder darauf meinem Sohn (7) irgendwelche coolen Sachen zu zeigen. Den puny-god-Videoschnipsel auf youtube, meine Tabletop-Minis vorführen, mit ihm zusammen mein Hobbyzimmer aufräumen, mit ihm Burgen malen oder eben das abendliche Vorlesen aus Beast Quest.

Trotz puny god glaube ich dabei relativ verantwortungsbewusst vorzugehen und Dinge zu erklären bzw in einen relativierenden Kontext zu stellen.

Trotzdem frage ich mich, ob ich das alles so richtig mache.

Habt ihr da Erfahrungen?
 
Machst du alles richtig bei der Erziehung deines Sohns, Skar? Es gibt nur wenige Experten auf dem Gebiet, die das tatsächlich beantworten können. Du bist einer davon. Du kennst deinen Sohn am besten.

Als Außenstehender kann ich dir nur sagen, dass mich solche Dinge auch hin und wieder beschäftigen, mit meinem Patensohn. Mittlerweile steht er hin und wieder mal alleine in der Kita herum, weil die anderen Kinder mit Sandeimern und Schäuffelchen spielen wollen und nicht wissen, wer "Optimus Prime" und "Sauron" sind und es auch nicht wissen oder spielen wollen. Das macht ihm Schwupps! auch mal zum Außenseiter. Zum kleinen Nerd, der mit seinen jungen Jahren alleine in der Ecke steht und Transformationsgeräusche macht, oder das Imperial Theme summt.

Ist das schlecht gewesen, ihn in diese Welt einzuführen? Denke ich nicht. Uns zuhause macht es Spaß, ihm macht es Spaß. Er hat Präferenzen, Hobbies, und er hat sich für Star Wars entschieden, statt immer nur Sandburgen zu bauen. Wichtig ist nur, so denke ich, ihm auch die anderen Dinge nicht auszureden. Er soll ruhig auch mal Sandburgen bauen. Auch gerne mit uns, aber vor allem mit anderen Kindern. Er soll lernen, dass seine Präferenzen nicht über denen anderer Kinder stehen, aber gleichwertig sind.

Sandburgen sind nicht schlechter, als Marvel. Memory ist nicht besser, als Warhammer 40K. (Alles davon wird noch aufgewertet mit Lego, aber das ist eine andere Debatte. :D) Wichtig ist meiner Meinung nach lediglich, sich nicht nur auf eine Sache zu konzentrieren und dem Kind soviel wie möglich an Alternativen zu bieten. Immer wieder. Immer wieder neu. Zu unterstützen. Zu kommunizieren. Das ist beim Essen toll, das kann bei Hobbies auch nicht falsch sein. Hauptsache, du blockst nicht ab, wenn er lieber Fussball spielen gehen will und lässt ihn stattdessen "immer nur" Burgen bemalen. Und gehst mit ihm auch mal auf den Bolzplatz. Dann machste schon nix falsch.

Und wenn die schulischen Leistungen irgendwann leiden sollten, dann ist es dein Job, ihm klar zu machen, dass die Schule wichtig ist. Statt dann irgendwann mal daran zu zweifeln, was du falsch gemacht haben könntest, finde lieber Wege, die Dinge besser zu machen und wieder auf Kurs zu bringen. (Zeitmanagement ist 'ne Sache, die man mir auch mal besser hätte beibringen sollen, das habe ich bis heute nicht drauf. Nur so als Tipp.)
 
Keine großartig anderen als Du, außer das meine Tochter (9) sich nicht für Burgen aber sehr wohl für Pferde interessiert.;)

Selbstverständlich reflektiert man anhand eigener Erfahrungen, was gut für die eigenen Kinder sein könnte.

Ich denke, Du machst alles richtig, solange Du ehrlich zu Dir und Deinem Sohn bist. Soll heißen:
  • Du zeigst ihm "coole" Sachen, die ihn interessieren könnten, und nicht, um zu zeigen, wie "cool" Papas Hobby ist.
  • Fördere seine Interessen. Nicht Deine.
In erster Linie geht es dabei um scharfe Trennlinien, die nicht immer einfach zu erkennen sind.

Was die schulischen Leistungen angeht, ist ein Einbruch immer ärgerlich, und Eltern sollten da natürlich klug gegensteuern, aber dieser Einbruch kommt glaube ich bei den meisten Kindern sowieso irgendwann.
Ob nun wegen Jungs/Mädchen oder Hobbies.
 
Ich denke man muss gar nicht viel aktiv zeigen oder vermitteln, was Eltern lieben geht auch meist irgendwie auf Kinder über, entweder indem sie halt ständig davon umgeben sind, oder weil sie die Freude und Leidenschaft der Eltern sehen und teilen. Klar, das kann auch ins Gegenteil umschlagen, ist vielleicht ein wenig wie eine Münze werfen mit einer leichten Tendenz zu der Seite, die auch Vater oder Mutter gefallen hätte.

Die Interessen des Kindes unterstützen heißt natürlich auch, sie zu kennen. Also kann ich mich dem Kommunikationsaspekt nur anschließen. Und natürlich ist Fiktion gut, um Kreativität anzuregen, aber es gibt sicher Grenzen. Ich denke es ist immer gut möglichst viele Optionen zu öffnen und das Kind schließlich einfach entscheiden zu lassen, für was es sich interessiert.

Aber rein von dem urteilend, was du selbst beschreibst, machst du sicher alles in dieser Sparte richtig. Ich meine du kümmerst dich um deinen Sohn, du interessierst dich offensichtlich für ihn, du bist für ihn da, du liest ihm vor (!) - das ist alles nicht selbstverständlich. Es gibt viele Kinder, die das nicht haben. "Da" zu sein ist denke ich sowieso das Wichtigste. Deswegen wird das alles schon passen.

Und wie Kemo schrieb: aus welchem Grund auch immer, Probleme wird es immer geben - unter anderem vielleicht auch absackende Schulnoten. Das kann man dann auffangen. "Zu viel Fiktion" wird womöglich sogar das geringste Problem sein. Zum Außenseiter wird man in der Regel nicht, weil man das D&D Buch liest oder Figuren bemalt, sondern weil sich Niemand so wirklich dafür interessiert, was man tut und man sich daraufhin isoliert. Und das betrifft zuerst eigentlich immer die Eltern.
 
Ich habe meinem Sohn mit 5-6 Jahren Worldworksgames Pappmodelle gebaut/bespielt.*
("Ja, Herr Paladin, der Totenbeschwörer ist beschäftigt, wenn ihr wollt könnt ihr solange Tee trinken mit der Frosthexe und dem Guhlkönig. Der Oger hat gerade das Lagerfeuer angezündet")
Mit 8 Jahren habe ich mit ihm angefangen RPG zu spielen, anfangs eben ein Zwei-raum Dungeon aus pappe (Savage Worlds). Er erinnert sich noch heute gerne an Atmar-Herr des Feuers, seinen vegetarischen asketischen Zwergenmagier.
Später (10 Jahre) haben immer wieder mal Star Wars RPG gespielt (meistens 3-4 Sitzungen in kurzer Folge mit 2 Freunden), dann mal Cyberpunk ("irgendwas mit dicken Wummen"), dann wieder Star Wars.
Wir haben eine Zeit lang immer Munchkin gespielt, mit Frau, Cousin und Schwager (alles keine RPG-Zocker)
Ich gehe mit ihm seit er 10 ist auf die Spiel nach Essen (und dieses Jahr waren wir auf der RPC).

Inziwschen ist er 15 Jahre, wir haben in den Osterferien noch zwei-drei mal ein War of the Dead gespielt (Savage Worlds). Ansonsten hat er kein Interesse an RPG, Computer-RPG findet er öde. Er ist eher ein Star Wars Nerd-aber die "alten" Filme findet er reichlich öde. Er hatte eine Lego-Star Wars Phase, die Modelle stehen noch im Schrank. Er hatte eine NERF-Phase und würde gerne eine Air-soft Phase durchmachen, die wir noch etwas unterbinden. :) Er zockt stundenlang Computer und Handygames, und wir denken das er sich öfters mal mit seinen Kumpels treffen sollte anstatt immer nur über Skype oder Minecraft-Chat miteinander zu reden. Er findet es meistens langweilig Brettspiele mit uns zu spielen-wenn spielt er nur mit um seiner Schwester (5 Jahre) eine Freude zu machen.

Mit anderen Worten er ist eigentlich ein ganz normaler Juegndlicher-obwohl ich versucht habe einen Nerd aus ihm zu machen. :)

Aber vielleicht gelingt es mir ja bei seiner Schwester. :)

Ich denke solange man es nicht übertreibt wird es sogar so sein daß es irgendwann eine Phase gibt in dem die Kinder versuchen "erwachsen" zu werden und nicht mehr das zu spielen was die Eltern cool finden-sondern eben das was die Kumpels spielen.
Natürlich könnte er immer noch in drei Jahren einen Kumpel finden der RPG auch kennt und cool findet und dann anfangen regelmäßig zu spielen-aber das ist wäre dann nicht wirklich mein Verdienst.

Genieße die Zeit mit deinem Sohn, macht was ihm Spaß macht, macht was euch Spaß macht, macht was seinen Freunden Spaß macht. Solange die Mischung stimmt kannst du eigentlich nichts falsch machen-Ihr habt gemeinsam Spaß.


* Ich habe ihm schon mit 3 ein (Bilder-)Buch vorgelesen, die Jim Knopf (zeichentrickserie) Geschichte, hab es zum Teil jeden abend vorgelesen, auch bei einem Ausflug, und hab damit eine andere Mutter schockiert-weil ich eine Geschichte mit bösen Drachen vorlese!!!???? (Frau Mahlzahn!?)
 
Unsere Tochter hat ihrem Papa sein Lichtschwert geklaut und findet Aesoka saucool und will zu Fasching als diese verkleidet werden. Als sie das German Battalion der 501st Legion live gesehen hatte, war sie hin und weg. In Ihrem letzten Fragebogen stand bei der Frage, was sie mal werden will, wenn sie groß ist: "Jedimeister". Und ihre Oma hat Ihr nun einen Meister Yoda auf Leinwand gemalt. Außerdem liebt sie es, mit meinem Computer zu spielen, die Figuren aus Papas Computerspielen zu steuern und mit ihrem Papa spielt sie am liebsten Skylanders. Außerdem ist sie vollkommen verrückt nach My Little Pony (und wir boykottieren aktiv die Filly Ponies) und hat den anderen Kindern ganz genau erklärt, was ein Basilisk ist und warum der böse ist.

Sie ist vier.

Als sie grade mal so laufen konnte war ihr Lieblingsbilderbuch das World of Warcraft Artbook.

Und trotzdem ist sie auch noch ein "normales" Mädchen, das ihre Barbie liebt. Ihre Lieblingsfarben sind gelb und rosa und am liebsten zieht sie Kleidchen an. Und Pferde sind total toll. Und Schaukeln und aus Sand und Wasser Matsch fabrizieren ist absolut faszinierend. Und Eiscreme auch. Und vorgelesen werden soll auch jeden Abend und mittlerweile auch Bücher mit weniger Bildern. uNd Disneyfilme sind toll. Und sie hat sich voll in das Cello verliebt, seit sie mal auf einem spielen durfte.

Also immer noch ein vollkommen normales Mädchen, auch wenn wir aktiv daran arbeiten, aus ihr einen Nerd zu machen ^^
 
Ich glaube Vorlesen ist tatsächlich so eine Art absoluter Kicker für Phantasie und persönliche Bande. Das "Geschichten erzählt bekommen" berührt wahrscheinlich irgendeinen Urinstinkt und gibt unserem Gehirn Zündstoff. Ähnlich wie selbst lesen oder andere kreative Arbeit. Das und Malen und in der Natur rumspringen und Rangeln und Klettern ist wahrscheinlich die Ursache für Vieles bei mir heute :D
 
Nachtrag:
Ob du dein Kind "richtig" erziehst, wenn du viel Phantastik mit einfließen lässt, kann ich dir nicht sagen. Aber meine Welt wäre wesentlich ärmer, wenn es keine Phantastik in ihr gäbe und deshalb gebe ich diese auch gerne an meine Tochter weiter. Wenn sie mal was anderes findet, was die Phantasik für sie adäquat ersetzt, dann ist das doch auch toll. Aber solange ich noch mit ihr spielen muss und meine Anwesenheit beinahe zwingend verlangt wird, so lange wird isie auch mit dem leben müssen, was mir Spaß macht :)
 
frei nach Paracelsus die Dosis macht es, sicherlich etwas schadet nicht, zu viel sicherlich. Auch Reiten kann schädlich sein, wenn man dann nur noch Pferde im Kopf hat und menschliche Kontakte vernachlässigt.
 
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