Ich selbst mache mir meist recht viel Arbeit bei der Ausarbeitung der Hintergründe meiner Charaktere. Hier mal als Beispiel ein selbstverfasstes Interludium, in dem mein Charakter (Alutius) seinem Ghoul (Gerome) den Kuß schenkt. Alutius ist übrigens Malkavianer, Tatjana (die ja auch erwänht wird) eine Gangrel, deren Mentor er ist.
Kronstadt, Kloster des Ordum Angeli Noctis, 8. Juli 1367 Anno Domini
Gerome kniete vor dem Altar in der Kirche, die innerhalb des Klosters errichtet worden war. Die letzten sechs Stunden hatte er hier so verbracht. Nicht mehr lange, und Alutius würde ihm den Kuß schenken. Dreimal hatte Alutius Gerome gefragt, ob dieser wirklich wünscht, ein Wesen der Nacht zu werden, und dreimal hatte Gerome darauf mit „Ja“ geantwortet. Nun war es soweit, auf den Tag 200 Jahre nach dem Tag, an dem Alutius Gerome zum Ghoul gemacht hatte, würde er zu einem Engel der Nacht werden.
Sechs Stunden hatte Gerome gebetet, den himmlischen Vater um die Kraft gebeten, den Fluch, der bald auf ihm liegen würde, zu ertragen, die Kraft, die Macht, die er bald besitzen werde, zum Guten zu nutzen und sich nicht von den Verlockungen des Bösen beirren zu lassen.
Gerome wußte: er muß diesen Schritte gehen. Er würde ein „Angeli Noctis“ werden, ein Engel der Nacht. Die Kraft, die er durch den Kuß empfangen würde, ist Fluch und Segen zugleich. Mit dem Fluch würde er leben können, und die Segnungen ürde er zum wohle des Guten nutzen. Er war bereit. Als Mensch war er ein Ritter gewesen, ein Kämpfer des Guten. Als Ghoul diente er Alutius, ebenfalls als Ritter, doch mit größeren Kräften, gegen stärkere Gegner. Auch als Kainit würde er Ritter bleiben, ein Ritter der Nacht, mit größeren Kräften, um noch stärkeres Übel bekämpfen zu können. Ja, er war bereit.
„Gerome?“ Gerome blickte auf. Es war die Stimme Tatjanas. Sie trug ihre Ordenstracht, eine Mischung aus Nonnentracht und ritterlichem Wappenrock. Sie blickte ihn ernst an. „Seid ihr bereit, Gerome?“ Gerome nickte, dann stand er auf. Er bewunderte Tatjana, fast so, wie er Alutius bewunderte. Sie hatte nie eine Wahl gehabt. Ihr Erzeuger hatte sie einfach zu dem gemacht, was sie nun ist. Ohne Fragen, ohne Erklärungen. Er, Gerome, hingegen, ging diesen Weg aus freien Stücken. Er hatte eine Wahl, die ihr niemals offenstand. Doch ist sie daran nie verzweifelt. Sie hatte ihren Weg gefunden, ihren Frieden geschlossen. Alutius hatte ihr dabei viel geholfen, doch hatte er sie nie gedrängt. Nachdem sie zu dem geworden war, was sie nun ist, ist sie aus freien Stücken dem Weg gefolgt, den Alutius ihr angeboten hat. Gerome konnte in ihren Augen lesen, das sie sich um ihn sorgte. Ihr Blick verriet ihre Gedanken. ‘Seid ihr sicher, das ihr dies tun wollt?‘ Gerome nickte stumm auf die unausgesprochene Frage, und Tatjana nickte ebenfalls. Sie hatten in den letzten Jahren oft darüber geredet, und Gerome glaubte, das Tatjana ihn zumindest teilweise verstehen konnte.
Gemeinsam erreichten sie den kleinen Raum im Keller des Klosters. Alutius hatte bereits alles Vorbereitet. In der Mitte des runden Raumes standen zwei kleine Kniebänke, mit Kissen gepolstert. Um sie herum standen sieben Kerzenständer, auf denen, in lateinischer Sprache, die sieben Kardinalstugenden niedergeschrieben waren. Auf jedem Ständer steckten vier brennende Kerzen, je eine für jeden der Erzengel Gabriel, Michael, Raphael und Uriel. Dort stand Alutius. Gerome betrat den Raum, und Tatajana schloß die Tür von außen. Alutius blickte Gerome tief in die Augen. „Seid ihr bereit?“ Gerome nickte. „Ja, ich bin bereit.“ Alutius deutete auf eine der beiden Bänke. „Dann kniet nieder.“ Gerome tat wie ihm geheißen, und atmete noch einmal tief durch. Alutius kniete sich ihm gegenüber. „So laß uns beten...“ Beide falteten ihre Hände zum Gebet.
Tatjana wartete. Gerome hatte sie darum gebeten. Beim Ritual selbst wollte sie nicht zugegen sein, selbst wenn Alutius es ihr erlaubt hätte. Einerseits konnte sie verstehen, das Gerome diesen Schritt ging. Er war ähnlich stark Überzeugt von der Sache wie Alutius, und hätte man ihr auch 200 Jahre Zeit gegeben, darüber nachzudenken, hätte sie vielleicht auch diesen Weg gewählt. Vielleicht. Nun, jetzt hatte sie selbst über 150 Jahre Zeit gehabt, über ihr neues Dasein nachzudenken, und der Weg, den Alutius ihr eröffnet hatte, gab ihrem Dasein Sinn, sogar mehr noch, als ihr früheres Leben einen Sinn gehabt hatte. Trotzdem, im Gegensatz zu Gerome hatte sie selbst nie die Wahl. Aus Gesprächen mit Alutius wußte sie, das man auch ihm nie die Wahl gelassen hatte. Sein Erzeuger war auch mehr oder weniger über Alutius hergefallen. Dies, so sagte er, sei der Grund, warum er selbst niemandem den „Kuß“ aufzwingen wolle. Deshalb hatte er Gerome auch dreimal gefragt, ob er sicher sei.
Die Tür öffnete sich, und Alutius und Gerome traten aus der Kammer. Tatjana mußterte Gerome intensiv, versuchte zu erkennen, ob sich etwas an ihm geändert hatte, aber sie erkannte nichts. Er war immer noch der alte, jener edle Ritter, der Alutius all die Jahre begleitete, und mit dem sie schon unzählige Male den Waffengang geübt hatte. Nun, eine Änderung war schon da. Seine Aura war... blasser. Er war jetzt ein Kainit. Alutius blickte von Gerome zu Tatjana. Dann lächelte er: „Begrüßt euren Bruder, Tatjana. Nun ist er auch ein’Engel der Nacht‘.“
Kleine Storys wie diese schreibe ich ständig zwischendurch, meist in den "Zeitsprüngen", die aufgrund der Chronik (Transsylvanische Chroniken) passieren, um den Hintergrund etc. des Charakters weiter auszuarbeiten. Das Präludium für Alutius habe ich natürlich auch geschrieben, aber das habe ich z.Zt. nicht parat (liegt auf dem heimischen Rechner)....
Alutius