Rezension Verschlusssache

Taysal

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Verschlusssache


Cthulhu Now Spielerhandbuch


Für Freunde des Rollenspiels „Cthulhu Now“ ist das mehr als einhundertvierzig Seiten starke Spieler-Handbuch für Ermittler erschienen: „Verschlusssache“. Es bietet Hilfestellungen beim Entwurf eines Charakterkonzepts, dem Erstellen des passenden Charakters und dem Ausschmücken der Spielfigur. Das geschieht in insgesamt sieben Kapiteln.

Nach einem Vorwort von Redakteur Christoph Lang geht es sofort mit dem Werdegang eines Ermittlers los. Freunde von umfangreichen Tabellen werden sich freuen, den angefangen von der Geburt, bis über das Umfeld des Charakters, bis hin zu besonderen Ereignissen in seinem Leben, kann hier einiges ausgewürfelt werden. Das führt manchmal zu einigen merkwürdigen Konstellationen, die den Spieler aber wiederum vor echte Herausforderungen stellen. Natürlich kann man auch einfach dazu übergehen und sich nur Anregungen aus den Tabellen ziehen oder der Spielleiter generiert etwas aufwändigere Nichtspielercharaktere. Die Ideen in den Tabellen sind jedenfalls sehr stimmig. Man sollte aber im Auge behalten, dass die jeweiligen Ergebnisse die Charakterwerte verändern können.

Ist der Charakter erst einmal erstellt, geht es daran die passende Karriere zu stricken. Im Kapitel „Professionelle Ermittler“ gibt es ganze dreizehn mögliche Karrieren zur Auswahl. Diese werden von einem stylischen Text eingeleitet, beinhalten Detailinformationen und natürlich auch passende spielrelevante Daten, die gut sichtbar angebracht sind. Beispielcharaktere sind ebenfalls vorhanden und eignen sich hervorragend als Material für den Spielleiter oder um sofort ins Spiel einzusteigen. Neben üblichen Berufen wie Polizist, Drogenfahnder und Privatdetektiv, gibt es auch eher exotische Karrieren wie Kopfgeldjäger, Hacker und Kirchlicher Ermittler. Es wurde ein feines Paket geschnürt. Allerdings wird kein Profiler aufgeführt – und das ist Schade. Immerhin sind Profiler aus heutigen Kriminalserien kaum noch wegzudenken. Mit ein wenig Fantasie kann man allerdings eine der aufgeführten Karrieren entsprechend als Profiler auslegen oder ein wenig ummodeln.

Sehr spannend für Ermittler die auf eigene Faust unterwegs sind, ist das Kapitel „Ermittler ohne Dienstmarke“. Nun wird es spannend, denn ohne eine Organisation im Rücken, kann es schnell brenzlig werden. So gehen die Autoren an dieser Stelle auf die Ausrüstung der einsamen Wölfe ein. Immerhin ist es ohne Dienstmarke schwer an eine Waffe oder auch Abhörgeräte zu kommen. Da bieten sich Schwarzmärkte geradezu an. Auch die Beschaffung von Informationen oder das Leben auf der Flucht sind Kernpunkte des Kapitels. Wem kann man trauen? Wo sich verstecken? Und wie ist der Ermittler mit dem Mythos in Kontakt gekommen? Diese Fragen finden hier ihre Antwort.

Nun ist es ja so, das nur die Wenigsten Einblick in die tatsächliche Arbeit eines Ermittlers haben und sich nur schwer vorstellen können, was der denn nun anstellt. Hier hilft das Kapitel „Ermittlungsmethoden“ ein großes Stück weiter. Es wird auf die Überwachung eingegangen, wie man Verdächtige abhört, was bei einer Fahndung geschieht, wie Verfolgungsfahrten ablaufen, was bei einer Durchsuchung zu beachten ist und so weiter und so fort. Natürlich passt sich hier die Realität dem Spiel an, dennoch wird mit diesen Informationen der eigene Ermittler viel plausibler dargestellt.

„Das große Spiel“ beinhaltet die Gesamtheit hinter den Kulissen. Immerhin sollte man wissen wer die Fäden im Hintergrund zieht, was für einen Einfluss das Web 2.0 hat, wie Wirtschaft und Börse funktionieren und von wem das Kapital stammt, mit dem sich die bösen Jungs die bösen Dinge kaufen. Schlussendlich gibt es sogar einen Abschnitt, der sich um den Ermittler als Staatsfeind kümmert. Nun, wer auf einem globalen Niveau agiert, der muss sich warm anziehen.

Eines der wichtigsten Kapitel ist eindeutig „Ermittlungen im Mythos und Okkulten“. Immerhin handelt es sich hier um das „Cthulhu Now“-Rollenspiel und da gehört der Mythos einfach dazu. Da muss sich ein Ermittler auch auf gedrucktes Wissen verlassen können, durchstöbert Buchhandlungen, Antiquariate, Büchereien und Bibliotheken. Er recherchiert bei Sammlern, durchforstet Internetforen, lädt okkulte Files in Tauschbörsen herunter oder hackt sich in die Systeme von Verdächtigen ein. Genau darauf geht das Kapitel „Ermittlungen im Mythos und Okkulten“ ein. Fraglich, ob ein hohes Maß an Wissen und Erkenntnis schlussendlich wirklich gewünscht ist und nicht am Verstand des Ermittlers zerrt.

Um den Job so gut wie möglich erledigen zu können, brauchen die Charaktere natürlich auch die passende Ausrüstung. Und dazu gibt es – es war zu erwarten – ein ganzes Kapitel. Die hier aufgeführte Ausrüstung ist dabei keine lückenlose Neuaufzählung von bekannten Gegenständen, sondern bietet Neues und Brauchbares. Das ganze moderne Zeug ist auch dringend nötig, denn in modernen Zeiten nutzen auch die Diener des Mythos moderne Mittel, um ihr Ziel zu erreichen. Die Zeiten von Tagebuch, Lupe und Vorderlader sind vorbei. Automatische Gewehre, Wanzen, RFID, WLAN und Überwachungsdrohnen fordern ihr Recht. In der Ausrüstung zu stöbern macht einfach Spaß. Die Auswahl ist zwar klein, aber trotzdem umfassend und enthält alle relevanten Werte und Spielregeln.

Um dem Leser und Spieler einen Eindruck in „Cthulhu Now“ zu geben, folgt ein Soloabenteuer: „Die Kirche der Wiedererweckung“. Das Abenteuer umfasst gerade mal um die achtundzwanzig Seiten, ist leidlich spannend und bietet kurzweilige Unterhaltung ohne viel Würfelei. Ein Charakterbogen für den Protagonisten Hubert Handt ist dennoch abgedruckt. Das Abenteuer wirkt aber etwas deplatziert. Als Leser und Spieler wären mehr Infos wünschenswert gewesen – oder gar ein spannendes Gruppenabenteuer. Solisten werden aber trotzdem ihren Spaß daran haben.

Obwohl es sich bei „Verschlusssache“ laut Titel um ein Spieler-Handbuch handelt, gibt es auch ein Kapitel für den Spielleiter. Aha, gingen hier vielleicht die Ideen aus? Obwohl Informationen über den Aufbau eines Abenteuers und verschiedene Stilmittel sehr nützlich sind, wirken sie in einem Spieler-Handbuch fehl am Platze. Auch hier wünscht man sich mehr Material für Spieler. Sollen die Spielleiter doch ihr eigenes Süppchen kochen, als Ermittler braucht man einfach so viel brauchbare Informationen wie möglich.

Unterm Strich sind die Texte mal wieder sehr hochwertig, unterhaltsam und stilistisch einwandfrei. Sie passen wunderbar in die Gegenwart, sind schön aufbereitet und zeigen genau die richtige Mixtur zwischen Realität und Fiktion, die das „Cthulhu“-Rollenspiel ausmacht. Hier hat die deutsche Redaktion erstklassige Arbeit geleistet.

Erstklassig sind auch die vielen Illustrationen von Jens Weber. Einfach nur schick und im typischen „Cthulhu Now“-Stil. Webers Arbeit macht das Buch zu einem wahren Schmuckstück. Immerhin gibt es massig Illustrationen und somit wird viel fürs Auge geboten. Dazu zählt auch die feine Aufmachung und das erstklassige Layout des Buchs. Schlicht, aber schlicht genial!

„Verschlusssache“ ist ein gelungenes Spieler-Handbuch und eine hervorragende Erweiterung zu „Cthulhu Now“. Man hätte sich hier und da eine Kleinigkeit mehr gewünscht, aber das ist – ehrlich gesagt – nur jammern auf hohem Niveau. Spieler kommen an dem Buch kaum vorbei und auch Spielleiter sollten sich den Band zulegen. Man kann es auch in eine einfache Formel packen: Super Qualität mit stimmigem Spielspaß = Pegasus Press + Cthulhu Mythos.

Pegasus Press, Hardcover, 02/2009
Autoren: Oliver Adam, Marc Buscher, Stefan Franck, Christopher Lang, Andreas Melhorn, Jens-Christian Seele, Matthias Treder
Coverdesign: Manfred Escher
Hardcover, 144 Seiten, ISBN 978-3939794660
Pegasus Spiele ONLINE: Pegasus


Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
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