Allgemein Verkauf von gebrauchter Download-Software legal

Cryn

Sethskind
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, daß auch der Weiterverkauf von rein digital vertriebener Software(Lizenzen) legal ist. Bisher war das nur für Software, die auf einem physikalischen Datenträger (+ Lizenz) verkauft wurden einigermaßen* geklärt. Der EuGH ist der Meinung, daß es unerheblich ist, ob die Software rein digital oder auf einem Datenträger vertrieben wurde. Wenn der Hersteller verhindern will, daß der Weiterverkäufer die Software trotz Verkauf weiter nutzt, soll er das halt technisch sicherstellen (über Lizenzschlüssel).
Vermutlich wird das in absehbarer Zeit auch Auswirkungen auf Steam und ähnliche Plattformen haben. Hier ist ja das Spiel dauerhaft an einen Account gebunden**. Dies wird sich vermutlich ändern müssen, wenn jemand einen Musterprozess gegen eine solche Plattform gewinnt. Interessant wird auch sein, ob es zukünftig noch Schnäppchen (zeitlich begrenzte Sonderangebote) geben wird oder an welche Bedingungen diese geknüpft werden. Es wäre ja für Reseller einfach möglich, während eines Sonderangebots zuzuschlagen und sich mit Keys einzudecken und diese dann später, wenn der Preis wieder gestiegen ist, diese Keys mit Gewinn zu verkaufen.

* z.B. Microsoft versucht immer mal wieder (ohne Erfolg) gegen den Verkauf von OEM-Versionen vorzugehen
** Bei Steam gibt es die Möglichkeit, geschenkt bekommene, nicht gespielte Spiele mit Anderen zu tauschen
 
Vermutlich wird das in absehbarer Zeit auch Auswirkungen auf Steam und ähnliche Plattformen haben. Hier ist ja das Spiel dauerhaft an einen Account gebunden**. Dies wird sich vermutlich ändern müssen, wenn jemand einen Musterprozess gegen eine solche Plattform gewinnt.
Ich weiß nicht genau, wie das rechtlich aussieht, aber eigentlich dürfte ja der Gerichtsstand dort sein, wo der Anbieter sitzt und nicht da, wo der Kunde sitzt. Demnach beträfe das ja nicht außereuropäische Anbieter.

Irgendwie kann ich mir auch gar nicht so richtig vorstellen, dass Apple jemals zulassen wird, dass man Apps weiterverkaufen kann.

Vielleicht gibts da aber auch noch Schlupflöcher, indem der Anbieter einfach keine Software mehr verkauft, sondern eben Nutzer-/Nutzungslizenzen.
 
Ich denke auch, daß die Anbieter/Plattformen versuchen werden, duch rechtliche Konstruktionen das Urteil zu umgehen. Das Problem für die Anbieter, was ich sehe ist aber, daß sie ihr Angebot auch explizit an EU-Bürger richten. Wenn es praktisch nur z.B. US-Shops wären, bei denen dann zufälligerweise auch mal Europäer einkaufen, könnten sie sich vielleicht rauswinden. Bei Shops, die in Euro abrechnen und eventuell sogar lokalisiert sind, ist es wohl schwieriger. Natürlich ist dann immer noch fraglich, welche Mittel die EU dann tatsächlich hat, ein entsprechendes Urteil tatsächlich auch gegen ein US-Unternehmen durchzusetzen.

So wie ich das verstanden habe, hatte Oracle (deren Software da weiterverkauft wurde) auch argumentiert, daß sie ja nur Nutzungsrechte/Lizenzen verkaufen, aber nicht die Software selbst. Daher wäre der Weiterverkauf aus Sicht von Oracle nicht rechtens gewesen. Der EuGH hat das aber anders gesehen.
 
Es kommt mal wieder etwas Bewegung in die Sache. Es geht noch nicht um digital erworbene Computerspiele oder Software allgemein, sondern um digital erworbene Musik.
Die Firma ReDigi will gebrauchte Musik-Downloads verkaufen. Man kann seine auf iTunes oder ReDigi erworbene Musik in der ReDigi-Cloud speichern und von dort aus streamen. Wenn man Songs, die man dort gespeichert hat verkauft, kann man sie nicht mehr streamen. ReDigi sieht sich in der Tradition von Second Hand Läden für Bücher, Platten und CDs, etc. Capitol Records / EMI sieht das anders und hat ReDigi daher verklagt. Je nach Ausgang des Verfahrens (und wie lange sich eventuelle Revisionen hinziehen) denke ich, daß das auch einen Einfluß auf den Handel von Downloads haben wird.

Quelle
 
Zu ReDigi gibt es wieder ein paar Neuigkeiten. ReDigi hat in erster Instanz verloren: Der Weiterverkauf von Musikdateien ist (erstmal) nach US-Recht illegal. Das Urteil stellt aber fest, daß der Käufer eines digitalen Musikstücks der Eigentümer des selbigen ist. Bisher galt eher die Auffassung, daß der Käufer nur eine Lizenz zum Abspielen erwirbt.
Da beim Verkauf der gebrauchten Musikdatei nicht die Orginaldatei, sondern eine Kopie der Datei übertragen wird (auch wenn das "Original" anschließend gelöscht wird), ist der Verkauf (eigentlich der Kopiervorgang) illegal.
Ich finde das Urteil etwas widersprüchlich. Auch in den USA gibt es so etwas wie den Erschöpfungsgrundsatz (First Sale Doctrine), wonach der Erzeuger einen Weiterverkauf (oder Verschenken o.Ä.) nicht einschränken kann. Weiterhin ist es einfach technisch bedingt, daß man niemals das Original einer Aufnahme erhält, sondern immer Kopien. Sobald digital gearbeitet wird, wird immer irgendwo etwas kopiert, auch wenn es nur vom Datenträger in einen Zwischenspeicher ist, damit die Datei wiedergegeben werden kann. Außerdem wäre das Kopieren auf ein anderes (eigenes) Abspielgerät illegal. In wieweit solche Kopiervorgänge unter Fair Use fallen, wurde nicht weiter geklärt, da Fair Use nur den nichtkomerziellen, privaten Bereich betrifft.
Weiterhin ist das Urteil im Widerspruch zu einem ähnlich gelagerten Fall: Weiterverkauf von Büchern illegal. Hier wurde einem Studenten in erster Instanz verboten, gebrauchte und neue Lehrbücher in den USA u.A. als Reimport zu verkaufen. In der Revision hatte das Urteil keinen Bestand.
 
Steam arbeitet anscheinend an einer Funktion, mit der man seine Steam-Spiele verleihen kann. Die Infos stammen aus Strings, die im Beta-Client gefunden wurden.

Quelle: PC Gamer
 
Die Urteilsbegründung zum BGH-Urteil zur Zulässigkeit des Weiterverkaufs von Softwarelizenzen ist veröffentlicht. Auch reine Download-Lizenzen dürfen verkauft werden, Volumenlizenzen dürfen aufgesplittet werden.
Das einzige, was einen Weiterverkauf verhindern kann sind:
- das Aufspalten einer Lizenz: ich verstehe das so, daß wenn eine Software als Paket (also z.B. eine Office Suite oder ein Spiel in GotY/Gold-Edition) verkauft wird, darf man nur das Paket, aber nicht einzelne Teile (also z.B. Word, Excel / Hauptspiel, einzelne Erweiterungen / DLCs) aus dem Packet einzeln verkaufen. Lizenzen aus Volumenlizenzen dürfen aber einzeln verkauft werden.
- zeitlich begrenzte Lizenzen dürfen nicht weiter verkauft werden. Adobe ist also mit seinem Geschäftsmodell, die Softwaare immer nur noch per Jahresvertrag zu vermieten, auf der sicheren Seite. Möglichwerweise trifft das bei Spielen dann auch auf MMO-Accounts zu, wenn das Spiel eine monatliche Gebühr (Abo) hat.
- der Weiterverkauf ist auch nicht zulässig, wenn der Erstkäufer keine "dem wirtschaftlichen Wert der Kopie entsprechende Vergütung an den Hersteller" gezahlt hat. Hier ist mir nicht klar, wie dieser Punkt zu bewerten ist. Wie ist er auf verschenkte Lizenzen anwendbar? Macht es einen Unterschied, wie groß die beschenkte Gruppe ist? Z.B. Teilnehmer einer Tagung/Event etc. vs. alle, die zu Weihnachten bei Steam L4D2 runtergeladen haben? Was ist mit Rabattaktionen wie Stream Sales? Wie groß darf ein Preisnachlass ggf. maximal sein?

Weiterhin muß der Weiterverkäufer nachweisen, daß er alle zur Lizenz gehörenden Kopien weitergegeben bzw. vernichtet hat (und so die Software nicht weiter selber nutzen kann). Wie das genau funktionieren soll, ist unklar.

via: BGH begründet Rechtmäßigkeit des Gebrauchtsoftware-Handels
 
In der Sache Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vs. Valve wegen der fehlenden Möglichkeit des Weiterverkaufs von Steam-gebundenen Titeln ist die vzvb erstmal vor Gericht gescheitert. Eine Urteilsbegründung gibt es noch nicht, es kann auch noch Berufung eingelegt werden. Das Urteil ist am Landgericht Berlin gefällt worden.
Quelle: Steam - Gericht weist Forderung nach Weiterverkauf digitaler Inhalte zurück
Da andere Urteile (z.B. BGH-Urtril weiter oben) in eine andere Richtung zeigen, muß man erstmal die Urteilsbegründung abwarten. Vielleicht ist das BGH-Urteil auch nicht weiter in dem Urteil berücksichtigt worden oder vielleicht wurde auch der Steam-Lizenzmechanismus anders bewertet als die von Oracle und MS.
 
Jetzt gibt es auch eine Begründung zum Urteil des LG Berlin.
Die Argumentation zielt im Wesentlichen darauf ab, daß Steam zusätzliche Dienste anbietet wie: Matchmaking bei Multiplayer Titlen und automatische Updates der Spielversionen, Download des kompletten Spiels nur durch Eingabe des Keys.
Die CDs/DVDs eines Steam-gebundenen Spiels darf man weiterverkaufen, ohne Steam-Key hilft das aber nicht viel.
Da die Steam-Titel ohne Steam nicht lauffähig sind (stimmt in der Realität nicht immer - manche Spiele kann man auch ohne Steam-Client starten) und damit Valve immer weiterhin eine Leistung erbringt, erlischt der Erschöpfungsgrundsatz nicht und das Urteil des Europäischen Gerichthofs greift nicht.
Quelle: Steam - Gericht: Valve darf Weiterverkauf von Accounts aufgrund von Zusatzleistungen verbieten
 
Da die Steam-Titel ohne Steam nicht lauffähig sind (stimmt in der Realität nicht immer - manche Spiele kann man auch ohne Steam-Client starten) und damit Valve immer weiterhin eine Leistung erbringt, erlischt der Erschöpfungsgrundsatz nicht und das Urteil des Europäischen Gerichthofs greift nicht.
Ja... diese "Leistung" entspricht etwa dem Verkauf von Bierflaschen, die nur die Mitarbeiter des Getränkemarktes öffnen können.
 
Wobei sich daraus zusätzlich noch die Frage ableitet, ob man dann als Nutzer nicht auch automatisch Ansprüche gegen Valve hat, wenn die Spiele nicht funktionieren. Rein rechtlich ist es ja so, daß man bei Problemen wie Bugs usw. bei Software (im Gegensatz zu physischen Produkten) mit dem Hersteller (und nicht dem Händler) auseinandersetzen muß. Wenn Valve jetzt nicht nur als Händler auftritt, handeln sie sich damit möglicherweise auch andere Pflichten ein.
 
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