[Unknown Armies] Warum UA nicht total vermurkst ist

Dom W.

Ghul
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Im diesem Thread ist das Thema aufgekommen, ob nicht UA aus moderner, rollenspieltheoretischer Sicht alles falsch macht.

Mein Ausgangspunkt war folgende Aussage von Zornhau:
Interessant ist es tatsächlich auch in der Hinsicht, daß UA so ziemlich ALLES FALSCH macht, was nach theoretischen Erkenntnissen Das Gute Rollenspiel (tm) ausmachen soll - wenn man den lautstarken Verfechtern von dem ganzen Metagaming-Zeug mit Aufweichen der klassischen Spielleiterrolle Glauben schenken darf. Bei UA ist der Spielleiter noch uneingeschränkter Herrscher über die Realität dessen, was die Spielercharaktere wahrnehmen. Ihm pfuscht keiner in seine Geschichte, die Spieler dürfen sich nur auf ihre Charakterinnereien konzentrieren, aber der Plot läuft genauso klassisch spielleitergesteuert ab, wie in D&D oder Cthulhu schon seit Jahrzehnten. - Komisch, daß dann gerade ein deutscher UA-Mitarbeiter sich so stark zur resignierten Theoretiker-Kaste zählt. - Naja. Wenn's schee macht...

Ich habe behautet, dass das nicht so ganz stimmt:
Gerade D&D ist ein positives Beispiel für ein funktionales und kommerziell erfolgreiches Spiel, auch UA macht vieles richtig.

Wollen wir doch mal überlegen: Ein gutes Spieldesign ist funktional. Funktional bedeutet, dass die Regeln das, was gespielt werden soll, unterstüzten; das hat mit Meta und Stakes nichts zu tun. Das Problem ist, dass man sich hier darüber klar werden muss, was überhaupt gespielt werden soll. Das ist tatsächlich einer der größten Schwachpunkte von UA, wie vor nicht allzu langer Zeit festgestellt wurde. Von daher ist natürlich UA vermurkst. Trotzdem finden viele Gruppen ihren Spielstil. Ob jetzt die Regeln gut oder schlecht sind, hängt also davon ab, was man spielt. Ich behaupte einfach mal, für ARS ist UA nicht so wahnsinnig gut.

Ich selber habe bisher UA erst einmal und nur in der Version Mindfuck/Anfängerkampagne gespielt und ich gehe mal davon aus, dass das eine wichtige Art ist, UA zu spielen. Dabei hat mich als SL das Spiel aber in diversen Punkten gut unterstützt:
1. Durch Auslöser, Obsession und Temperament verhindert das System zu glatte Charaktere, an denen alles abprallt. Durch die Boni beim Einschalten wird der Spieler angeregt, diese auch wirklich auszuspielen. Auch der Geisteszustand geht in die gleiche Richtung
2. Die Kampfregeln sind einfach und tödlich. Durch die verdeckten Wunden hat der SL offiziell die Mittel, um Panik bei den Spielern auszulösen, was für diese Art von Geschichten hilfreich ist
3. Die Dreistufung der Proben (einfach, ehrgeizig, entscheidend) mit der ziemlich eindeutigen Zuordnung vermeidet bei der benutzten Task Resolution logische Brüche und erhöht die Geschwindigkeit
4. Im SL-Teil werden dem Spielleiter umfangreiche Tipps zur Gestaltung und Ausarbeitung von Mindfuck-Szenarien gegeben

Was nicht so dolle ist, ist für eine Anfängerkampagne die Konzentration der Regeln auf die Kämpfe; dadurch rücken diese natürlich stark in den Vordergrund. Wobei das wegen des Geisteszustands nicht ganz so ablenkend ist (wie z.B. bei DSA) und der Spielleiter auch Nicht-Kämpfe präsentieren kann, die dann mechanische Auswirkungen auf die Charaktere haben.

In Sachen Eingeweihten- oder gar Erleuchtetenkampagne sehe ich bei UA allerdings keine so große Unterstützung, allerdings habe ich das noch nie gespielt. Wenn ich das richtig einschätze, soll es ja da mehr um Intrigen gehen. Ok, einerseits hat man da den Crunch, der das Spielen von Avataren und Adepten ermöglicht, jedoch klärt das irgendwie nicht wirklich, was man spielen soll. Da bräuchte man dann eher Regeln für Verbindungen o.ä.

Um Leute beim Design zu unterstützen, haben Theoretiker aus Amiland sich die Big3 und die Power19 ausgedacht. Das sind Fragen an den Designer, die dabei helfen sollen, die Gedanken in die richtige Richtung zu lenken und nichts zu vergessen. Allerdings lassen diese Fragen den Hintergrund fast komplett aus, dagegen wird in hiesigen Blogs der Hintergrund deutlich mehr betont (vgl. z.B. die 1of3's 8. Auch der Begriff "funktional", den ich oben betrachtet habe, lässt den Hintergrund ziemlich aus. Daher müsste man aus meiner Sicht dazu noch analysieren, wie gut die Regeln den Hintergrund stützen. Das überlasse ich aber gerne anderen ;)

Dom
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Ganz im Ernst- ich les gerade das GRW(bei der MS07 glorreich in der Tombola gewonnen- 12 Nieten und genau das was ich haben wollte!) und ich drücks mal so aus- es is einfach alles da!

Wenn man mit U.A. nen Charakter baut, dann ist der irgendwie direkt da- man könnte sogar mit Thauma und Härtekerben anfangen wenn man will und der Char ist einfach rund! Super! Ich könnt jeden einzelnen dieser Plothooksätze die überall verteilt sind sofort spielen wenns nach mir ginge. Die Sache mit Avataren und Adepten rafft man sofort und wie die Welt und die Psyche der Menschen behandelt werden ist absolut einleuchtend. Ausserdem ist das Buch nett geschrieben- Jestocost hat echt gute Arbeit geleistet!

Und das Schöne ist... alles ist so groß oder klein wie man will!
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Zu viel Rollenspieltheorie in einem System zu finden verdirbt den Blick als auch den Spass am spielen. Und wahres Rollenspiel fängt sowieso erst da an, wo die Regeln in den Hintergrund gehen und man sich von den Regeln lösst.
Darüber hinaus: Lese das GRW auch gerade und bin auch begeistert.
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Zu viel Rollenspieltheorie in einem System zu finden verdirbt den Blick als auch den Spass am spielen. Und wahres Rollenspiel fängt sowieso erst da an, wo die Regeln in den Hintergrund gehen und man sich von den Regeln lösst.

Du hast ja komische Theorien. ;)
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Nein, das meine ich vollkommen ernst. In meiner bis jetzt besten(subjektiv gefühlt) Cthulhu-Runde kamen wir eigentlich bis auf die Stabiwürfe und ganz wenig anderes ohne Regeln bzw Bögen aus. Was bringt dir ein tolles Regelwerk, wenn die Stimmung nicht rüber kommt. Regeln und Systeme sind meiner Meinung nach sowieso Überschätzt, die Gruppe, der Meister, die Umgebung und äussere Einflüsse zeichnen viel mehr gutes Rollenspiel oder subjektiv empfunden stimmiges Rollenspiel aus als ein Regelwerk. (Was natürlich einen gut erarbeiteten Hintergrund vorraussetz)
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Und wahres Rollenspiel fängt sowieso erst da an, wo die Regeln in den Hintergrund gehen und man sich von den Regeln lösst.
In dem Moment, wo Du Dich von den Regeln löst, fängt das BESCHEISSEN Deiner Mitspieler an. - Wenn DAS für Dich "Wahres Rollenspiel (tm)" ist, dann gute Nacht!
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Im diesem Thread ist das Thema aufgekommen, ob nicht UA aus moderner, rollenspieltheoretischer Sicht alles falsch macht.
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Ich selber habe bisher UA erst einmal und nur in der Version Mindfuck/Anfängerkampagne gespielt und ich gehe mal davon aus, dass das eine wichtige Art ist, UA zu spielen. Dabei hat mich als SL das Spiel aber in diversen Punkten gut unterstützt:
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In Sachen Eingeweihten- oder gar Erleuchtetenkampagne sehe ich bei UA allerdings keine so große Unterstützung, allerdings habe ich das noch nie gespielt. Wenn ich das richtig einschätze, soll es ja da mehr um Intrigen gehen. Ok, einerseits hat man da den Crunch, der das Spielen von Avataren und Adepten ermöglicht, jedoch klärt das irgendwie nicht wirklich, was man spielen soll. Da bräuchte man dann eher Regeln für Verbindungen o.ä.
Die "Mindfuck"-Variante für eine Street Level Runde ist ja nur EINE von vielen möglichen Varianten, die man so mit UA spielen kann. - Ich sehe bei UA einen ENORM starken Spielleiter. Ein Spielleiter, der bei UA mehr Kontrolle über regeltechnische Aspekte hat, als in den meisten anderen, ebenfalls eher "klassisch" zu nennenden Rollenspielen. Allein die GEHEIME Verwaltung von Spieldaten, von denen der SPIELER aber weiß, daß es sie gibt und daß sie seinen Charakter und damit seine Teilnahmemöglichkeit am gemeinsamen Spiel direkt beeinflussen, ist hier schon weitaus heftiger als Spieler zu schlucken, als bei CoC, wo man wenigstens die Hitpoints und die Sanity OFFEN verwaltet.

Außerdem: Wenn es schon eine HARTE ZAHLENSKALA gibt, die den Verletzungsgrad betrifft, warum diesen dann durch den sprachlichen Filter der eventuell ziemlich verzerrenden Darstellungsfähigkeit des Spielleiters schicken? - Meine Erfahrung: Wenn ein Charakter nur 12 Hitpoints hat und ich ihm sage: Du verlierst jetzt 11 Hitpoints, dann ist GENAU DAS der blanke Horror! - Da ist der Tod des Charakters SPÜRBAR zum Greifen nahe.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß - je nachdem wie der Spielleiter drauf war - die Beschreibungen für praktisch dieselben mechanischen Einschränkungen massiv differieren konnten. In einem Falle verharmlosend, so daß man den Eindruck hat, daß man noch voll fit ist und eh nichts passiert ist. Im anderen Falle übertreibend. Und beides z.T. in derselben Kampfsequenz bei unterschiedlichen Spielern, weil der Spielleiter bei UA ziemlich unter DRUCK steht, die Effekte, die sich auf eine ABSTRAKTE Spielwert-Skala abbilden, mit KONKRETEN Beschreibungen zu untermalen. - Das macht Rolemaster besser und mit weit weniger Streß für den Spielleiter.

Bei UA ist die GRUPPE gleich zu Beginn der Charaktererschaffung das Wichtigste, damit die Charaktere zusammenpassen.

GELOGEN!

Wenn die Gruppe wirklich so WICHTIG wäre, dann gäbe es auch REGELN für die ERSCHAFFUNG und CHARAKTERISIERUNG von Gruppen. - Bei HeroWars/HeroQuest oder bei Angel RPG gibt es so etwas, weil bei beiden die Gruppe TATSÄCHLICH vom Regelsystem so prominent unterstützt wird, wie es ihr vom Setting her zukommt.

Bei UA habe ich nicht den Eindruck, daß - außer fluffigem Blabla zur Gruppe und so - das Regelsystem wirklich die Wichtigkeit solche Bünde im Occult Underground unterstützt.

Auch die Mages und die Avatare sind REINE EINZELKÄMPFER. - Wenn man nicht VERDAMMT AUFPASST bei der Charaktererschaffung der Charaktere einer Spielergruppe, dann bekommt man lauter "Chaotic Neutral"-Gestörte, die bei der ersten Gelegenheit alle in verschiedene Richtungen auseinander laufen.

Es wird NICHTS regeltechnisch getan, etwas zu bieten, was die Gruppe ZUSAMMENHÄLT.

Es gibt KEINE Anleitungen für die Charaktererschaffung, die es einem Spieler ermöglichen seinen Charakter auf Verträglichkeit mit anderen Charakteren hin zu prüfen bzw. gleich auf eine Gruppentauglichkeit hin zu entwerfen.

Allein in diesen Punkten merkt man WIE ALT das UA-Regelsystem wirklich ist, welches ja auch einer der vielen BRP-Klone ist, die sich so seit Jahrzehnten herumtreiben.

Die regeltechnische "Luft" wird bei Global und Cosmic Level Kampagnen eher noch dünner. - Wenn ich mir z.B. Rippers anschaue, wo man seine eigene Loge strukturieren, führen, ausbauen, stärken, aber auch Risiken aussetzen kann, dann fehlen mir offengestanden die Charakterbögen für die Organisationen UND die Fertigkeiten, die in Richtung FÜHRUNGSKRÄFTE für Organisationen gehen.

Auch in dieser Hinsicht ist UA ein ziemlich klassisches Rollenspiel: die Charaktere sind ein Haufen Individualisten, die einfach so miteinander Sachen machen. Wenn sie etwas mächtiger werden sollten, dann arbeiten sie innerhalb größerer Organisationen mit - da ist dann der Auftraggeber stets gesichert. Und sollten sie NOCH mächtiger/wichtiger werden wollen, so bietet ihnen das Regelsystem NICHTS an Unterstützung, wie sie es anstellen die für die Führung von vielen Leuten wichtigen Eigenschaften zu bekommen. - Sie sind wie die Individualisten-Dungeon-Crawler, die nun ein ganzes Heer mitsamt der Logistik anführen sollen, aber nur Zeugs für den Einzelkampf Mann gegen Mann/Monster drauf haben, und leider KEINE führungsrelevanten Fertigkeiten besitzen.

Das KÖNNTE ein Regelsystem bieten, welches zumindest in zwei von drei angebotenen Spiel-Ebenen den Fokus auf größere Gemeinschaften legt, aber eigentlich auch schon auf Street Level von einem Gruppenzusammenhalt ausgeht (zumindest im reinen Fluff-Text).

Das heißt nicht, daß man nicht in einer Organisation einsteigen kann, sich dort "nach oben dienen" kann und die Leitung friedlich oder anders übernehmen kann. Nur muß das der Spielleiter zulassen und aus dem Ärmel schütteln. - Der Spieler hat nichts an Anhaltspunkten außer Fluff-Gelaber, um seine Ziele finden oder gar sie anzustreben. Mit Zielen meine ich hier Ziele innerhalb einer Organisation, nicht die allein individuellen Obsessionen, die ihm hier auch nicht wirklich weiterhelfen werden.

Ist das nun "funktional"?

Mein Eindruck aus dem, was ich von dem Theorie-Geschreibe über funktionale und - leichter auffindbar - über "Dysfunktionales" zu verstehen glaube, ist das nicht funktional, weil wesentliche Teile des Hintergrundes, wesentliche Elemente (die Core Story für Global und Cosmic Level mindestens einmal) nicht regeltechnisch unterstützt werden, sondern dem Spielleiter zum "Regeln nach Bauchgefühl" überlassen werden.

Sehe ich das richtig? Oder hat die Theorie-Expertenrunde da andere Punkte aufzubringen?
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Naja, da prallen die Rollenspielphilospohien aufeinander. Da gibts nix zu diskutieren, entweder schwarz oder weiss!
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Und jetzt weist du ja wo der Fehler liegt:
Du DACHTEST.
Zornhau dagegen ist ÜBERZEUGT.

Das ist auch der Grund warum es immer mehrer Posts dauert bis man das was er schreibt ernst nimmt . Obwohl ich erhlich gesagt, immer noch nicht weis ob das Ironie oder Überzeugung ist. Und ich habe seine Posts dazu in mehreren Threads verfolgt.
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Hmm, nein, er ist schlicht und einfach durch sein Alter im Vorteil. Er braucht es nicht zu denken, er weiss es einfach ;)
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Der Fehler in sting3rs Post ist ja dieser hier:
sting3r schrieb:
Was bringt dir ein tolles Regelwerk, wenn die Stimmung nicht rüber kommt.
Denn wenn die Stimmung nicht rüberkommt ist es kein tolles Regelwerk.

Die Regeln sind toll, wenn sie das Setting und die Stimmung stützen. Ob das Freeform oder harte Regelungen enthält, ist erstmal egal. Aber es sollte zueinander passen.
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Falsch! - Es sind RELIGIONEN!

Es kann nur EINE geben!

Und meine ist die RICHTIGE und die WAHRE!
Der letzte der mir mit so nem Spruch den Kommunismus verkaufen wollte, ist in hohem Bogen aus unserer Spielrunde geflogen und hat seitdem bei mir Hausverbot.

Naja, dachte immer mit Alter kommt Weisheit!
Leider falsch gedacht.
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Was definierst du den als harte Regelung, Skar?
 
AW: Warum UA nicht total vermurkst ist

Was definierst du den als harte Regelung, Skar?
Einfach locker formuliert als Gegensatz zum freeform. Ich hatte das aber nur geschrieben, weil du sagtest, dass ihr Regeln gestrichen habt.

Für mich sieht ein tolles Regelwerk so aus:
  • Es stützt das Setting und das Gefühl für das Setting.
  • Um dabei nicht zu weit auf einen Spielstil oder einen Spielertyp festgelegt zu sein, spricht es Empfehlungen aus.
Diese Empfehlung könnten sein:
  • Die Regeln sind auf das Spiel als Gesamtbild ausgerichtet. Sollte in ihrer Spielgruppe die Meinung vorherrschen, dass die Regeln geändert werden sollten, dann legen sie mit den Spielern verbindliche Hausreglen für ihre Gruppe fest. Anregungen dazu finden sie im Appendix I.
So hat das Spiel verbindliche Regeln (wie fast jedes andere Spiel auch). Und der SL wird auf den richtigen Weg geführt (Änderungen in der Gruppe absprechen und verankern).


Das Regelwerk sollte nun mal die Grundlage fürs Spiel sein. Dort steht, wie das Spiel gespielt wird. Kein SL sollte im Alleingang die Regeln ändern und kein SL sollte seine potentiell vorhanden Macht missbrauchen. Alle Spieler müssen sich auf die Einhaltung der Regeln verlassen können.
 
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