Soziale Regeln

Bathora

Arkanomechaniker
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Ich habe den Eindruck, dass viele Systeme (besonders ältere) eine etwas eigenartige Haltung zur sozialen Interaktion mitbringen: Es gibt zwar soziale Attribute und /oder Fertigkeiten, aber richtig verankert sind sie im Regelwerk nicht. Es heißt dann oft sogar "soziale Interaktion wird ausgespielt". Man muss also Erfahrungspunkte für etwas ausgeben, das einem im Spiel keinen Nutzen bringt. Im Gegenteil, Würfelwürfe für soziales werden sogar oft geschmäht, und bei gelungenen Proben wird dann gerne das Argument "das würde mein Charakter aber einfach nicht tun" ins Feld geführt.

Ist soziale Interaktion so anders als meinetwegen Kampf und Kartographie? Warum muss ich als Spieler selbst wortgewandt sein, um einen redebegabten Charakter spielen zu dürfen? Sollten nicht nach der gleichen Logik nur körperlich fitte Spieler Kämpfer spielen dürfen? Könnte der oben erwähnte "das würde mein Charakter einfach nicht tun"-Satz nicht auch auf Kampfsituationen angewandt werden? "Mein Charakter würde einfach nicht umfallen?"

Ich habe den Eindruck, dass sich da langsam eine Veränderung abzeichnet (wie bei Exalted mit dem sozialen Kampfsystem, das einigen Schnitzern zum Trotz eine hervorragende Durchführung des Problems ist). Was ist eure Meinung zum Thema? Sind soziale Regeln sinnvoll? Oder sollte man so etwas grundsätzlich über Interaktion lösen? Welchen Wert haben soziale Eigenschaften in Eurem Spiel?
 
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Man kann natürlich soziale Interaktion in gleichen Regeln wie Kämpfe pressen.

Es ist nur die Frage, ob das die Stärken des Rollenspiels abbildet. Eine rein mechanische Auflösung halte ich daher zum Beispiel für nicht gut.
 
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C'est très dependant...

Im allgemeinen halte ich "harte XP opfern und dann eh alles ausspielen" für die schlechteste Option.
Entweder...
a.) hält man soziale Interaktion ganz aus den Regeln raus (d.h. kein Charismaattribut, keine Überredenfertigkeit...) und lässt es ausschließlich ausspielen, wobei klar ist dass es so keine gesicherten Erfolge geben kann, man dafür aber auch keine harten Punkte opfern muss (Ur-D&D, Epos),
b.) räumt sozialer Interaktion ein hart geregeltes Subsystem ein (D&D 3.x, 7th Sea), oder
c.) greift gleich zur Gleichmacherkeule in der alle Arten von Proben und Konflikten gleich behandelt werden (Risus, HeroQuest, die meisten Forgespiele).

Mein eigenes Spiel nutzt Lösung b.
 
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In unserem Spiel gibt es keine sozialen Eigenschaften der Charaktere in Werten. Wenn Dein Charakter charmant ist, dann ist er das und wenn Du Dich in Rolle Deines Charakters wie ein Scheißhaufen aufführst, dann wird er von den anderen mit sicherheit nicht als sonderlich charmant wahrgenommen.
Soziale Interaktion findet ausschließlich durch Gespräch oder Beschreibung statt bei uns. Allerdings findet auch beispielsweise der Kampf oder die Herstellung eines Gegenstandes nicht ausschließlich durch Würfel statt, sondern da spielt die Erklärung der genauen Handlungen eine große Rolle. Daher wirkt auch die soziale Interaktion da nicht unbedingt wie eine Sonderregelung.

Spieler entscheiden selbst wie gutaussehend, charmant, manipulativ, charismatisch und dergleichen ihre Charaktere sind und sollten das dann auch so darstellen. Und wers nicht kann, der lernts im Lauf der Zeit. :)
 
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Ein kurzer Nachsatz: Mir geht es auch nicht um eine rein mechanische Lösung. Ich möchte genausowenig hören "ich überrede ihn" wie "ich greife ihn an". Aber ich finde es unfair den Leuten gegenüber, die einfach nicht besonders gut reden können, aber einen entsprechenden Charakter spielen wollen, dass sie es gar nicht können sollten - ich kann weder mit Knarre noch Schwer umgehen, und kann trotzdem einen Kämpfer spielen. Und manche lernen's eben nie. Weil sie schüchtern sind, oder ein bisschen klotzig und auch im echten Leben nicht die Sozialhengste sind.
 
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Ein kurzer Nachsatz: Mir geht es auch nicht um eine rein mechanische Lösung. Ich möchte genausowenig hören "ich überrede ihn" wie "ich greife ihn an".
Da empfiehlt sich natürlich das Social Combat-System von Exalted (das Du ja oben schon erwähnt hast). Immerhin hat man da ja noch die Möglichkeit zu stunten und sich damit sogar Vorteile zu ergattern. Da ist gleich noch der Anreiz für stimmungsvolle Beschreibungen gegeben.
 
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Nach einigen praktischen Einsätzen gefallen mir Systeme mit Regeln für Social Combat inzwischen auch am besten. Und ganz besonders gefallen mir Systeme die Stunts belohnen. Sobald die Spieler mitbekommen, dass man sich immer mal einen extrawürfel erstunten kann wird das Spiel gleich viel plastischer. Ich wünschte mir das so ein Mechanismus in mehr Spielen zur Anwendung käme.
 
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ihr habt eine möglichkeit vergessen.

Selbstkontrolle!

Ein Spieler der seine harten punkte in die soziale ausrichtung seines Charakters Powert.

DARF soziale interaktion (seinem eigenen können entsprechend) ausspielen.

Wer nunmal nur Charisma eins hat hat sich als charakter zu benehmen wie ein Scheißhaufen oder schüchterner vollnerd.

das einzige problem ist dabei natürlich jemand mit charisma 300 der allerdings niemals einen solchen wert vernbünftig ausspielen kann.

das ist die einzige grenze dieser spielvariante und ich kann damit als spieler und als leiter ganz gut leben.
 
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Ist soziale Interaktion so anders als meinetwegen Kampf und Kartographie?
Ja.

Interaktion kann am Spieltisch ausgespielt werden, bei einem Kampf geht es eben nicht.

Warum muss ich als Spieler selbst wortgewandt sein, um einen redebegabten Charakter spielen zu dürfen?
Ich weiß, das es anderen nicht so geht, aber mich stört es, wenn eine Rolle nicht so dargestellt werden kann, wie sie angelegt ist. Einen tollen Schwertkämpfer kann jeder spielen, weil er ihn am Tisch nicht darstellen braucht. Einen begabten Redner kann eben nicht jeder spielen.

Sollten nicht nach der gleichen Logik nur körperlich fitte Spieler Kämpfer spielen dürfen?
Wenn man den Krieger darstellen muß, dann ja. Wenn man sich LARP anschaut, insbesondere die regelarmen Du-kannst-was-du-(darstellen)-kannst-Systeme, dann kann ein durchtrainierter Charakterf nur von einem durchtrainierten Spieler dargestellt werden. Und das ist auch in Ordung, auch hier gilt: wer eine Rolle nicht rüberbringen kann, soll sich eine andere Rolle suchen.

Sind soziale Regeln sinnvoll? Oder sollte man so etwas grundsätzlich über Interaktion lösen? Welchen Wert haben soziale Eigenschaften in Eurem Spiel?
Grundsätzlich sind sie IMHO sinnvoll. Das mag jetzt wie ein Widerspruch zu obrigen Aussagen von mir wirken, ist es aber nicht.

Ein hoher Wert bei Interaktionsfähigkeiten ist in unserer Runde, in der viel ausgespielt wird, nicht unnütz. Wenn es wirklich wichtig ist, kommt irgendwann die Probe, und das Spiel des Charakters fließt als Modifikator mit ein, oder es wird z.B. auch schonmal auf den "ersten Eindruck" gewürfelt.

Ein niedriger Wert in diesen Fähigkeiten dagegen beschränkt den Spieler (Stichwort Selbstkontrolle, siehe Beitrag von Tzimisce_Antitribu), und zwar auch schon ohne zu würfeln. Wer also bei Scharfe Dinge durch weiche Dinge stoßen, die schreien und bluten einen hohen Wert haben will, spart vieleicht an Leute davon überzeugen, daß man immer und überall Recht hat, und das hat dann über das Würfeln hinaus Konsequenzen.


Tybalt
 
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Einen tollen Schwertkämpfer kann jeder spielen, weil er ihn am Tisch nicht darstellen braucht.

Greift das nicht auch zu kurz? "Darstellen" geht ja über die eins zu eins Nachahmung hinaus.
Man mag kein Neurochirurg sein müssen, um einen Charakter mit hohen Werten in medizinischen Fertigkeiten "glaubwürdig" "darstellen" zu können. Aber es ist ohne weiteres möglich ihn trotz hoher Werte "unglaubwürdig" "darzustellen". Davor schützen Regeln und fehlende Möglichkeiten (fehlendes Interesse) der genauen Nachstellung am Spieltisch nur sehr begrenzt. (Am ehesten noch dann, wenn das Spielgeschen vollkommen auf die Regelebene heruntergeholt wird, und diese auch keine Möglichkeiten mehr zu "unglaubwürdigen" Entscheidungen offen lassen.)

mfG
bca
 
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@Ehron & Apocalypse: Ganz meine Meinung. Das Exalted-Social-Combat-System ist nicht ideal (wozu die Initiative?) aber die Mischung aus Stunts und festen Regeln sorgen für eine stabile Grundlage.

@Tzimsisce antitribu: Selbstkontrolle ist überhaupt keine Lösung. Das ist zum einen nicht vernünftig zu kontrollieren, zum anderen, wer zieht denn die Grenzen, was noch angemessen ist und was nicht? Als Spieler hat man's immer leicht zu sagen "Nö, mach ich nicht", egal wie überzeugend der andere war. Mich kotzt vor allem dieses "Mein Charakter macht das nicht"-Argument an, und das geht mit dieser "Lösung" sehr einfach. Und die erwähnten unmenschlichen (oder auch nur ungewöhnlich hohen) Werte sind dann schon wieder nicht vernünftig umzusetzen.

@Tybalt: Du hebelst unglaublich viele Charakterkonzepte von vorneherein aus. Nach diesem Gesichtspunkt darf man nur spielen, was man selbst kann, es sei denn es handelt sich um physische Fertigkeiten - das würde mich echt langweilen.

Es ist halt einfach ärgerlich wenn man Punkte in eine Eigenschaft steckt, von der man keinen Nutzen hat. Einen hohen Angriffswert kann ich im Spiel vernünftig zum Tragen bringen. Bei einem hohen Charisma-Wert bin ich oft vollkommen der Willkür des Spielleiters und / oder der Spieler ausgeliefert. Dann heißt es halt mal schnell "Ich bin aber nicht beeindruckt." - oder, noch besser, "Ich bin zwar beeindruckt, zeig es aber nicht."
 
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Hmm... also entweder die Situationen im Spiel lassen sich durch soziale Interaktion vorantreiben (dann will ich das irgendwie regeltechnisch geregelt haben) oder sie dienen nur zum Selbstzweck (dann will ich aber auch, dass sie im Spiel keine weitere Bedeutung haben).

Ich kann beiden Ansätzen viel abgewinnen, aber so'n unklares Zwischending sagt mir nicht so zu.
 
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@Tybalt: Du hebelst unglaublich viele Charakterkonzepte von vorneherein aus. Nach diesem Gesichtspunkt darf man nur spielen, was man selbst kann, es sei denn es handelt sich um physische Fertigkeiten - das würde mich echt langweilen.
Du hast mich nicht richtig verstanden.

Es geht mir nur darum, ein Charakterkonzept glaubwürdig darstellen zu können. Wenn der SC ein eloquenter Redner ist, sollte der Spieler ihn so darstellen können.

Und nicht vergessen, es ging nur um soziale Interaktion.

Nicht mehr, nicht weniger.


Tybalt
 
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Ich hab Dich schon richtig verstanden, aber was macht soziale Interaktion so anders? Warum muss ich mich nicht mit Neurochirurgie auskennen, wenn ich einen Neurochirurgen spielen will? Das ist genausowenig glaubhaft. Und das ist nur ein Beispiel. Auch im Kampf ist es durchaus so - wenn ich keine Ahnung von Feuerwaffen habe, aber meinem Charakter eine hohen Wert in Feuerwaffentheorie gebe? Ist das dann nicht auch unglaubwürdig?

Die Frage, die ich mir einfach stelle ist warum so viele Leute der sozialen Interaktionen eine so spezielle Rolle einräumen. Klar, es ist ein wichtiger Aspekt des Rollenspiels, aber eben nicht der einzige.
 
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Einen begabten Redner kann eben nicht jeder spielen.
Ich halte eine flammende Rede darüber, warum Rollenspiel mehr ist als nur bloßes Tischtheater und mach mal einen Perform (oratory) check...

Vielen Dank auch... ^^

Die Frage ist hat immer viel LARPig man Rollenspiel betreiben möchte. Sprich wieviel man "Dein Charakter kann, was du kannst." reinbringt...
Und da bin ich ganz klar ein Fan von ganz wenig LARP, denn für mich stellt es einen großen Bonus, dass mein Charakter ganz anders ist als ich...
 
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Die Frage, die ich mir einfach stelle ist warum so viele Leute der sozialen Interaktionen eine so spezielle Rolle einräumen. Klar, es ist ein wichtiger Aspekt des Rollenspiels, aber eben nicht der einzige.

Eine einfache Frage der persönlichen Vorlieben. Für mich ist das Ausspielen von sozialer Interaktion eben der wichtigste Aspekt des Rollenspiels.


Tybalt
 
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@Ehron & Apocalypse: Ganz meine Meinung. Das Exalted-Social-Combat-System ist nicht ideal (wozu die Initiative?) aber die Mischung aus Stunts und festen Regeln sorgen für eine stabile Grundlage.
Hast Du schonmal jemanden mit einem Gespräch überrumpelt und ihn damit kalt erwischt? Deshalb gibt es den Join Combat beim Social Combat von Exalted.
 
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Ja, schon klar, es ist nicht total sinnlos, aber die genaue Tick-Iniregel hätte ich nicht unbedingt gebraucht. Aber es funktioniert halbwegs, also beschwer ich mich gar nicht richtig.
 
AW: Soziale Regeln

Als Spieler hat man's immer leicht zu sagen "Nö, mach ich nicht", egal wie überzeugend der andere war. Mich kotzt vor allem dieses "Mein Charakter macht das nicht"-Argument an, und das geht mit dieser "Lösung" sehr einfach.

Genau deshalb nenn ich es ja selbstkontrolle, und nicht den werten entsprechendes Verhalten.

damit das funktioniert muss man schon mit leuten zusammenspielen, die mit dieser lösung klarkommen. Jeder achtet auf sich selbst.

Wenn alle damit einverstanden sind funktioniert es.

Wenn alle nur gewinnen wollen und ihr ding durchziehen wollen ist es klar dass man härtere regeln braucht.
 
AW: Soziale Regeln

Selbstkontrolle läuft schlußendlich auf "Peng du bist tot" "Nein, bin ich nicht." "Bist du doch." hinaus...
 
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