Rollenspieltheorie Scheitern im Rollenspiel

Skar

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So eine Charaktererschaffung dauert seine Zeit, da wäre es unangemessen sehr oft derartig zu scheitern, dass man einen neuen Charakter benötigt.

Andererseits hat Scheitern ja auch seinen Reiz. Es erhöht die Relevanz einer Szene, wenn die Möglichkeit besteht, dass man sehr tragisch Scheitern kann. Oder es macht in einem Computerspiel vielleicht sogar einfach Spaß sich von Quicksave zu Quicksave zu hangeln, um ein Abenteuer überhaupt zu schaffen.

Im Rollenspiel wird aber sehr wenig (tragisch) gescheitert.

Haben wir einen Handlungsbedarf?
 
Im Rollenspiel wird aber sehr wenig (tragisch) gescheitert.

Wird es das?
Ich weiß es nicht. Kommt ja durchaus auch auf die Gruppe und die eigene Spielphilosophie an.

Bei uns gibt es Scheitern. Die Spielwelt reagiert logisch auf die Spielerhandlungen.
Dadurch können die Spieler natürlich auch Sachen machen, die dazu führen, dass ein Abenteuer oder gar eine ganze Kampagne scheitern.
Das hatten wir in der Form auch schon. Wobei das nicht automatisch heißt, dass die SCs sterben müssen - auch wenn das natürlich auch geschehen kann.

Natürlich, am Ende des Tages freuen Spieler sich, wenn sie ein Erfolgserlebnis haben.
Aber so richtig kann ich mich nur darüber freuen, wenn ich weiß, dass es nicht geschenkt und garantiert ist.
Daher muss die reale Möglichkeit eines Scheiterns bestehen. Und das tut sie bei uns auch.

Und auch ein fulminantes Scheitern kann mir aus dramatischer Sicht Freude bereiten.
Genauso wie ich durchaus ab und an Charaktere sehenden Auges ins Messer rennen lasse, wenn das dem Characterplay entspricht.
 
Natürlich, am Ende des Tages freuen Spieler sich, wenn sie ein Erfolgserlebnis haben.
Aber so richtig kann ich mich nur darüber freuen, wenn ich weiß, dass es nicht geschenkt und garantiert ist.
Daher muss die reale Möglichkeit eines Scheiterns bestehen. Und das tut sie bei uns auch.
Ich glaube in all unseren Rollenspielen scheitern wir selten tragisch. Einzige Ausnahme war Vampire. Da haben wir sehr viele soziale Konflikte, Ränkespiele und von Einzelnen eigeninitiierte Handlungen gespielt. Da waren richtig schwerwiegende Vorgänge des Scheiterns dabei, ich würde sogar sagen einige, die schwerer wirkten als ein läppischer Charaktertod. :) Und sie resultierten immer in neuer Motivation. Das war toll. *hach*
 
Ist denn mit "Scheitern" nur der "Tod" oder ein "negatives Ende" einer Kampagne gemeint?

Ich habe mal im D&D einen Gnomen Technikus gespielt (eigens für unsere Welt entwickelte Klasse). Der konnte sich nicht gegen einen Troll wehren. Das Scheitern hat dazu geführt das er einen Arm verloren hat.
 
Alles was weh tut. Sterben, Versagen, Unterliegen, Sozialer Abstieg und so.

Ich finde "versagen" gehört genau so zum Rollenspielen wie "siegen".
Bei uns wird auch mal ein Rückschlag eingesteckt, gestohlen, etwas verloren oder mal wer wahnsinnig gemacht. In den meisten Fällen wird sich darüber sogar amüsiert ....
Klar, es sollte nicht überhand nehmen, aber es gehört dazu. :)
 
Ich find auch, dass es dazu gehört.

Unsere größten Momente des Scheiterns waren sehr tragisch, aber das gehört zum Drama dazu.
Beispielsweise hat unsere Gruppe in einer Forschungsanlage die bösen Elitesoldaten getötet. Erst hinterher erfuhren wir, dass die eigentlich eine "gute", mit uns verbündete Untergrundorganisation waren, die diese Fraktion unterwandert hatten, und enorm wichtige Verbündete gewesen wären. Aber wir haben sie ausgelöscht. Dadurch waren wir später ohne Verbündete sehr aufgeschmissen, und die gegnerische Fraktion war gestärkt.

Wann anders hat ein Gruppenmitglied unsere Fraktion verraten und sehr viel Geheimwissen an einen bösen Hivemind weitergegeben. Unsere Seite ging nahezu unter, Hunderttausende starben, alles was wir in zwei Kampagnen aufgebaut hatten war weg. Verbündete Stadt erobert, unsere Familien auf der Flucht, alles kaputt.

In einer Runde kamen wir nur haarscharf daran vorbei, den 2. Weltkrieg früher und für die Alliierten sehr viel schlimmer zu beginnen, weil eine britische Geheimoperation fast aufgeflogen wäre. Außerdem gelangte der Gegner durch uns an wichtige wissenschaftliche Daten.
Und nach sehr viel Pech beim Schwimmen ist einer der Charaktere auch noch fast ertrunken von der Wehrmacht aus einem Fluss gefischt worden. Das war sehr heikel, wurde aber zumindest überlebt.
Hat aber dank einer unbedachten Aussage dazu geführt, dass die Bevölkerung eines Dorfs massakriert wurde. Und später wurde der Landstrich durch Versagen der Gruppe komplett verheert.

Wann anders sind wir daran gescheitert, die Kinder die wir retten sollten lebend zu bergen. Was mental für die SCs sehr schlimm war.

Charaktere verlieren liebgewonnene, wichtige NSCs. Zerbrechen unter Folter. Sind am Scheitern ganzer kriegerischen Konflikte Schuld. Werden wahnsinnig. Sterben.
Sowas passiert.
Aber das brachte Emotion, Spannung, Herzblut ohne Ende mit rein.
 
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Also bei einige Rollenspielsystemen/-Settings gehört es meiner Meinung nach fast schon dazu zu scheitern - am Anfang unserer Cyberpunkrunden (CP 2020) haben unsere SC sowas Fresse gekriegt, und war oft sehr knapp ... was letztendlich nur Glück war, aber kein Unter-die-Arme-greifen seitens des SL. Und ja, sind auch welvche draufgegangen bzw. einige haben lange gebraucht bis sie einen "spielbaren" (also fü sich selbst, das man selbst Spaß damit hat!) Charakter hatten - einer von uns hat 5 verschiedene SC'S gehabt die netweder draufgegangen sind oder aufs Abstellgleis geschoben wurden weil es nicht das war was man wollte. Jedoch war auch das System damals neu, das mag da auch hinein gespielt haben. So ein paar Möchtegern-Söldner-Straßenpunks haben es aber auch in einer solchen Spielwelt nicht gerade einfach. Mittlerweile haben unsere SC ihr MHD bei weitem überschritten und leben irgendwie immer noch, sind Egderunner die zumindest einen festen Job haben und ein Dach über Kopf - die Aufträge führen sie nachwievor tief in die Scheiße, aber man ist besser ausgebildet und ausgerüstet (Dafür ist dann wieder die Scheiße tiefer und größer).

Bei unsere Hausmacher-D&D-Runde gab es oft genug Situation wo kläglich gescheitert wurde (i.e. ein katastrophaler Patzer nach dem anderen simultan von mehreren Spielern geworfen wurde), aber zumindest haben es die SC noch geschaft gerade noch so lebendig aus der Situation herauskamen.

Natürlich gehört es hinzu - so ist das bei meiner jetzigen dynamischen militärischen Kriegslangzeitkampgane auch der Fall, d.h. man kann Scheitern und hat es dann auch schwerer. Ist wie im richtigen Leben, manchmal verliert man, und manchmal gewinnen eben die anderen. Es gibt eben auch Dinge welcher eine SC/ein Spieler NICHT beeinflussen kann, zumindest bei mir in meinen Runden, weil ich das lebensnäher finde, und das hats nicht mit SL-Allmacht, Railroading oder starren Plotrunning zu tun.

Finde auch ein Scheitern muss ein, das den SC vor Augen geführt wird das sie eben doch keine Götter sind, und lernen kann auch daraus, es beim nächsten Mal besser zu machen, sich mehr Mühe zu geben, aber auch einfach auch wieder aufzustehen, dem Schicksal den Mittelfinger zeigen, und weiterzumachen. "Don't give up till it's over, don't quit if you can - The weight on your shoulder will make you a stronger man ... " :whistle:
 
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@Scathach
Ja, mach ich auch gerne:
* Der erschlagene Räuber entpuppte sich dann doch als Stadtwache mit nem Steckbrief in der Tasche.
* Die Helden unterwegs im Savannengebiet. Hunger, Durst. Endlich wird ein Tier gesichtet, der Elf schießt den vermeintlichen Kojoten, ein Festmahl in der kargen Gegend. Wenig später begegnet ihnen ein weinender Junge "Habt ihr meinen Hund gesehen? Mein Hund ist weg."
* Ein Holzfällerdorf wird gerade von Goblinhorden angegriffen, als die Helden ankommen. Was werden sie tun? Natürlich den Menschen beistehen. Nach dem Kampf finden sich überall angekettete Goblinkslaven im Ort...
* Helden sind in absolutem Zeitdruck unterwegs. Mittags sichten sie Oger. Zum Abend treffen sie auf der Straße 3 Kinder, die in Gegenrichtung unterwegs sind...

Hat sich aber nie so intensiv durchgezogen wie bei Vampire. Das sind eher seltene Ereignisse, da meiner Meinung viele Rollenspiel zu große Kampfkraft mit sich bringen und da ein Erfolg nach dem anderen folgt.
 
Tolle Beispiele, sowas haben wir laufend in irgendeiner Form :D

Hat sich aber nie so intensiv durchgezogen wie bei Vampire. Das sind eher seltene Ereignisse, da meiner Meinung viele Rollenspiel zu große Kampfkraft mit sich bringen und da ein Erfolg nach dem anderen folgt.

Hm, ich denke nicht mal, dass das an der Kampfkraft liegt. Denn oft lassen sich solche Sachen nicht durch Kampf lösen, man erkennt "richtig" oder "falsch" nicht so einfach.
Als SL muss man da willens sein, moralische Zwickmühlen, schwierige Entscheidungen, solche Begebenheiten etc. einzubauen.
Und im Gegenzug muss man als Spieler bereit sein, auf sowas auch einzusteigen. Vielleicht sogar versuchen, entsprechende Sachen wieder gerade zu biegen.

Wenn alle nur auf Teufel komm raus kämpfen und "gewinnen" wollen, dann ist das Spielerlebnis mehr auf Erfolge ausgelegt -
was ja auch ok und legitim ist.
 
Ja Traveller ist eins der Systeme wo man im Erschaffungssystem sterben kann und habe gehört, es gibt noch eins aber da bin ich mir net mehr so sicher aber das hat mich damals schon arg verstört.
 
@Skar
Erinnerst du dich an "Schatten über Bögenhafen" bei Warhammer? In dem Abenteuer ist das Scheitern explizit vorgesehen. Das hätte dann dazu geführt, dass da wo Bögenhafen stand ein Chaostor entstanden wäre. Ihr wart auch verdammt kurz davor, aber dann kam wieder einmal eine glückliche Attacke von einem von euch dazwischen und hat den Obermotz kurz vor knapp weggeputzt.
 
Meine Frau hatte am WE ein einscheidenes Erlebnis. Sie hat eines der im Moment überall aufpoppenden Abenteuerbücher gelesen. Nachdem sie das 10te man gestorben war, hatte sie keinen Bock mehr...
 
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