"Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Rinso

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Hallo,

ich hoffe, ich kann mein Problem einigermaßen verständlich machen. ^^

Ihr kennt sicher alle den Anfang vom Herrn der Ringe, in der das herzerreißend idyllische Auenland gezeigt wird, mit seinen grünen Wiesen, munter plätschernden Flüsschen, gemütlichen dicken Leutchen und fröhlich spielenden Kindern, als krassem Kontrast zu der grausigen Welt außerhalb, in die sich die Hobbits dann begeben.

In Rollenspielen gehts meist sehr düster zu, Konflikte sind das A und O einer jeden Handlung. Was mir ein all der beklemmenden Düsternis immer fehlt, ist der Auenland-Kontrast. Also eine Zeit, in der es den Charakteren wirklich über alle Maßen gut geht, in der sie nicht von irgendwelchen Sorgen oder Abenteuern belastet sind, und die sich auch tatsächlich ausspielen lässt, ohne dass dabei Langeweile aufkommt.
Meist wird so eine Periode so gehalten, dass man sagt "Ihr verlebt ein paar unbeschwerte Tage" - auführlichere Beschreibungen hören sich die Spieler dann nur mit halbem Ohr an, da sie verständlicherweise auf den spannenden, konfliktgeladenen Teil des Plots warten.
Trotzdem hätte ich es irgendwie gerne in meinen Geschichten mit drin, dass die Charaktere ein paar unbeschwerte Tage verleben, die auch ausgespielt werden - um den Spielern noch mehr zu verdeutlichen, wie entbehrungsreich und hart das ist, was sie später erleben.

Habt ihr irgendwelche Tips, wie man das glaubwürdig aufziehen könnte, ohne dass Langeweile einzieht?
 
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Ich suggeriere, ihnen wirklich mal ein paar schöne Seiten des Alltags angedeihen zu lassen: Die Nachbarin, die einen Apfelkuchen vorbeibringt, die Dorfkinder, die eine Geschichte über die Heldentaten des Helden hören wollen, eine Feier ihnen zu ehren, bei der man sie dann auch gleich versucht mit einer der Dorfschönheiten zu verkuppeln, Hilfegesuche der nachbarschaftlichen Art ("Du bist doch ein Kräftiger Held, hilf uns mal dieses Dachstützen aufzurichten!"), gefolgt von noch mehr Entschuldigungen zu feiern. Integrier sie in die Gesellschaft. Lass sie Teil einer großen Familie werden.

Und dann brenn als Kontrast das Dorf ab, metzele die Männer nieder, klau ihnen die Biervorräte und verschleppe Frauen und Kinder.

-Silver, mag Kontrastprogramme.
 
AW: "Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Da kann ich Silvermane zustimmen. Einfach den Leuten die schöne Seite ihrer Welt nahe bringen, vieleicht sogar Familien gründen lassen.
Danach kannst du dann das "Böse" seinen Zug machen lassen.

Du kannst auch, wie bei Herr der Ringe, die Helden bei Waldelfen verweilen lassen und sie mit Spielen, Tänzen und Elfenwein u.s.w verwöhnen. Ich denke mal das die Helden den Waldelfen dann gerne zur Seite stehen, wenn diese Bedroht werden.
 
AW: "Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Wenn es nicht immer eine lange dountime geben soll tuhen es auch kleine ruhe Oasen wo man die SC auch mal unverdient Freundlich behandelt ...

Die Grüne Dachterrasse im Grauen kalten Neon Asphalt Hölle...
Die Gute Alte Taverne mit warmem Bier und kalt ähhh warmen Essen und kalten Bier.
Einmal hatten sich die Knallharten SCs alle zu einer gemütlichen Partie Paintball hinreißen lassen da konnten sie auch mal ohne SC – SC kill ausmachen wer der Beste war und sprüche klopfen … (Und dabei auch mal wieder ihre Fähigkeiten verbessern)
Gib den SCs einfach mal eine Runde Uhrlaub vom Plot …
 
AW: "Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Ich zeige den SCs dann auch immer die Kontraste zu der Zeit "Im Feld" auf, täglich warmes Essen, sie müssen nicht selber jagen. Sie haben es trocken(ganz wichtig) und warm!! Sie können "bemuttert" werden von sehr sehr freundlichen alten Damen der Sorte, "Omi ist die beste". Sie können natürlich auch weibliche bekanntschaften machen (keine Prostituierten!), flirten...
Oder sie wohnen bei einer freundlichen Familie eines Dorfbewohnes (o.ä.) und helfen dafür mit bei der Arbeit auf dem Feld etc...

Solche Sachen machen auch als SL sehr viel Spass, und vor allem ist es Rollenspiel pur, ohne Würfel!
 
AW: "Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Eine schöne Zeit, gibt´s bei mir nur sehr selten:rolleyes: Bin vielleicht auch nicht besonders gut darin das rüber zu bringen, da ich ausschließlich Vampire in den letzten Jahren geleitet hab. Werd aber versuchen mehr dramatik und trauer, einfach mehr emotionen einzubauen.
Aber 00wuff hat bei dem letzten ED eine wirklich schöne zeit beschrieben. Es war der anfang und wir spielen in einem KR. Die persönlichen geschichten der verschiedenen chara´s wurden ausgebaut. Und jeder hat zwar irgendeine art von schwierigkeiten gehabt, aber meistens keine negativen. Naja was man halt unter negativ versteht. Der eine chara is hintergittern weil sie eine höhere was auch immer in brand gesteckt hat, ja und ich hab nach der trauung (man hat meinen chara zur hochzeit mit jemanden gezwungen) meinen Mann verprügelt. Ich fand das so gesehen ganz erheiternd.

Also würd ich mal so sagen, das eine gute/schöne Zeit nicht unbedingt eine Zeit ist wo man keine konflikte lösen muss. Man kann ja einbaun, dass man vielleicht in eine lustig und prikäre situation kommt. Überleg dir einfach einen eigenen kleinen plot mit höhepunkten, sonst wirds langweilig.
 
AW: "Schöne Zeit" glaubwürdig rüberbringen

Rinso schrieb:
In Rollenspielen gehts meist sehr düster zu, Konflikte sind das A und O einer jeden Handlung.
Konflikte - ja. Düster - nein. Es gibt auch ohne "Düsternis" genügend für eine Spielwelt NORMALE Konflikte, die man im Rollenspiel ausspielen kann. - Z.B. in Deadlands: man kann in einer ganz normalen Cow-Town spielen, in welcher es Animositäten zwischen dem Bürgermeister und dem größten Rancher der Region gibt, in welcher es der Sohn des Ranchers auf eine schöne Mexikanerin abgesehen hat, obwohl sein Vater die "Ungewaschenen" von South of the Border nicht ausstehen kann, in welcher der örtliche Sherriff gewisse Dinge über den Bürgermeister weiß, daß er diesen in der Hand hat (zu haben glaubt). Aus solch einer NORMALEN, nicht besonders düsteren Ausgangssituation kann man diverse Spielsitzungen lang die Stimmung des Ortes, seiner Bewohner und der dort vorhandenen Kräfte, entlang denen Konfliktpotential existiert, erspielen. - Und dann kommt eines Tages ein Fremder ohne Namen in diesen inzwischen vertrauten Ort und mit ihm zieht die Hölle auf Erden ein ...

Rinso schrieb:
Was mir ein all der beklemmenden Düsternis immer fehlt, ist der Auenland-Kontrast. Also eine Zeit, in der es den Charakteren wirklich über alle Maßen gut geht, in der sie nicht von irgendwelchen Sorgen oder Abenteuern belastet sind, und die sich auch tatsächlich ausspielen lässt, ohne dass dabei Langeweile aufkommt.
Das Problem daran ist das "über alle Maßen gut gehen" der Charaktere. Was heißt das denn?

Und gibt es denn im Auenland in der Zeit vor dem "Herrn der Ringe"-Handlungsablauf etwa KEINE Konflikte? - Ganz im Gegenteil! Natürlich gibt es dort Konflikte. Und natürlich mögen sich nicht alle (das Auenland ist nicht Teletubby-Land, auch wenn es manchen vielleicht so vorkommt).

Der Unterschied zu den späteren Konflikten ist jedoch das Ausmaß ("Wird mein Neffe nun Obergärtner oder nicht?" gegenüber "Wird das unaussprechlich Böse für immer die bekannte und die noch unbekannte Welt regieren?") und die Härte und Konsequenz, mit denen diese Konflikte ausgetragen werden ("Wenn er nicht Obergärtner wird, dann latsche ich dem Schuldigen immer über die Blumenbeete" gegenüber "Alle Leute, die ich kenne und liebe, müssen leiden, werden gequält, werden verslavt, werden getötet, wenn ich nicht mit ALLER MACHT das Unheil verhindere.").

Mal ein Beispiel aus HeroWars/HeroQuest: Hier gibt es eine welterschütternde Kampagne (Sartar Rising), die so beginnt, daß man normale Charaktere (in für seinen Stamm herausragenden Postionen zwar, aber noch ohne besondere Verwicklung in die kosmischen Konflikte) spielt. Die Konflikte des Kampagnen-Einstiegs sind für die Region, die Kultur NORMAL (Der Nachbarstamm klaut unsere Rinder, was tun wir? Eine fahrende Truppe Gaukler zieht durch das Dorf und plötzlich fehlen wertvolle Gegenstände in jedem Haushalt, was tun wir? Unsere Nachbar - die, welche uns Anfang des Jahres Rinder geklaut hatten - haben übers Jahr ordentlich Zuwachs in ihren Herden bekommen, warum holen wir uns nicht als Entschädigung ein paar Rinder zurück? Und zwar mit Zinsen!). Das heißt nicht, daß diese Konflikte langweilig wären, oder gar ungefährlich (ein Cattle Raid, wie er bei den dortigen Stämmen quasi Nationalsport ist, führt immer mal zu tödlichem Ausgang, wenn man dabei erwischt wird). - Diese Eingangsszenarien sollen eines bewirken: die Spieler(!) und nicht nur die Charaktere sollen mit dem Normalzustand der Welt vertraut gemacht werden. Sie sollen sehen, wie ihre Charaktere erfolgreich(!) in ihrem kulturellen Kontext agieren und so zu respektierten Persönlichkeiten ihres Volkes werden. Und das ist nur der Anfang. - Im zweiten Teil passiert dann das Schlimme. Da brechen kosmische Katastrophen über die so vertraute Gemeinschaft ein. Da geht es nicht mehr um die eigene Viehherde, sondern darum, daß die gesamte Identität des eigenen Volkes, des eigenen Glaubens, der eigenen Ahnenreihe für immer (und zeitlich rückwirkend!) ausgelöscht werden könnte (eine in HeroQuest durchaus REALE Bedrohung). Hier sind die Konflikte auf anderer Ebene, mit anderen Konsequenzen und mit weitaus größerer Härte vorliegend. Das Ganze bekommt einen bedeutenderen Charakter. Der Einfluß der SCs reicht viel weiter als vorher, und jeder Fehler, jeder Mißerfolg, jeder schlechte Plan kostet weit mehr als nur ein paar Wunden - er kostet Unmengen von Menschenleben und kultureller Identität. - Man könnte natürlich gleich auf der Ebene der kosmischen Konflikte starten, doch dann ist die Erfahrung des Verlustes, der Bedrohung, der grimmigen Entschlossenheit seine geliebte Familie, seine Heimat, seine Götter zu verteidigen meiner Meinung nach nicht so von innen heraus erlebbar, wie wenn man vorher eine echte spielerische Beziehung über mehrere Spielrunden hat aufbauen können.

Aber mit dem - wie ich finde recht simplen - Schwarz-Weiß-Kontrast "Hier ist das bunte Teletubby-Land" und "Dort ist das 'darke' Düsterland der Dunkelheit" hat dies wenig zu tun. - Teletubby-Land ist langweilig und man hat keine Reibungspunkte um als Spieler(!) eine Beziehung dazu aufzubauen, die dann in der größeren Bedrohungssituation erst so richtig zu wirken beginnt.

Rinso schrieb:
Trotzdem hätte ich es irgendwie gerne in meinen Geschichten mit drin, dass die Charaktere ein paar unbeschwerte Tage verleben, die auch ausgespielt werden - um den Spielern noch mehr zu verdeutlichen, wie entbehrungsreich und hart das ist, was sie später erleben.
Geschichten entstehen daraus, daß etwas passiert. Wenn die SCs nur ein paar Wochen abhängen sollen, sich eine Schankmaid nach der anderen ins Daunenbett ziehen und jeden Abend besoffen sind, dann passiert NICHTS BERICHTENSWERTES. Was willst Du ausspielen, wenn Du alle Konflikte vermeiden willst? - Und wenn Du die Konflikte nicht vermeidest (indem z.B. der große Bruder einer aus dem Bett verstoßenen Schankmaid mit ein paar seiner Kumpels dem SC, wenn er besoffen zum Pissen Richtung Misthaufen wankt, eins mit einem Knüppel überzieht und ihn dann im Mist liegen läßt, wo er durch einen Rattenbiß und seine offene Kopfverletzung sich eine infizierte Wunde, schwere Krankheit, Siechtum und eventuellen Tod holen könnte), dann passiert ja DOCH etwas, und das kann hart, entbehrungsreich, gefährlich, ja sogar (siehe infizierte Wunde) für den Charakter tödlich enden. Und das ist dann interessant und das kann man dann auch durchspielen.

Dauersaufen und Herumhuren ist nicht so recht das geschichtsträchtige Material. Wobei man natürlich mit dem richtigen Regelsystem auch hier die Konflikte aufzeigen kann, auch hier UM ETWAS agiert wird, auch hier Erfahrung gesammelt wird und man - eben bei EXPLIZITEM Ausspielen von Orgien, Sex, Exzessen (das Bacchanal-Rollenspiel läßt grüßen) - auch hier etwas nicht so Langweiliges wie Teletubby-Land erleben kann.

Wenn Du unbedingt den Kontrast "All inclusive Saufen im Cluburlaub" vs. "Al Qaida Boot-Camp" vermitteln willst, dann knallt Dir der "Kontrastregler" in beiden Richtungen so auf Anschlag, daß er abbricht.

Erzähle doch einmal etwas detailliert, welche Art von Kontrast dir genau vorschwebt, was für "Härten" den SCs bevorstehen sollen, ob es körperliche Härten (Ausdauerbelastungen, Hunger, Durst, ... ) sein sollen, ob es psychische Härten (mein Opa wurde zum Zombie und ich mußte ihm in den Kopf schießen, mein Bruder wurde zum Zombie und ... ) sein sollen, ob es spirituelle Härten (Ich bin ein Engel des Herrn und ein Bote des Lichts. Oder?) sein sollen. - Dann ist vielleicht klarer, wie die normale (weniger die "heile") Welt vorher aussehen sollte, und was man davon ausspielen kann, bzw. ob die "schöne Zeit" nur aus einem "Was ich in meinen Sommerferien gemacht habe"-Aufsatz bestehen sollte.
 
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