Rollenspiel als Selbsterfahrung - Suche Online- oder Tischrunde

Ubik

Reflektor
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Rollenspiel als Selbsterfahrung.



„Da Phantásien grenzenlos ist, kann sein Mittelpunkt überall sein – oder besser gesagt, er ist von überall her gleich nah oder fern. Es hängt ganz von demjenigen ab der zum Mittelpunkt kommen will. Und dieses innerste Zentrum Phantasiéns ist eben der Elfenbeinturm.“ Aus der Unendlichen Geschichte von Michael Ende


Hallo allerseits,


Ich denke das die Anziehungskraft von Rollenspiel für viele in den phantastischen Motiven liegt, die es verwendet. Diese können einen klassischen Ursprung haben, entlehnt z.B. von traditionellen Märchen und Mythen oder diese Motive stammen aus der Popkultur unseres postmodernen Globalisierungs-, Atom- und Weltraumzeitalters mit seinen Wundern und Schrecken. Engel, Aliens und kosmische Überwesen sind Ideen die auf keine äußeren Sachverhalte verweisen und trotzdem transportieren diese Bilder für uns eine Bedeutung die nachvollziehbar und faszinierend ist. Wie Symbole im Traum blubbern diese phantastischen Chimären in Form von Medien an die Oberfläche unseres öffentlichen Bewusstseins und laden dazu ein, dass wir uns mit ihnen beschäftigen und mit ihnen spielen. Für mich bedeutet Rollenspiel in erster Linie ein geselliges miteinander Spaß haben, aber das schließt eine bedeutungsvolle und bereichernde Erfahrung nicht aus. Man kann Rollenspiel auch als interaktiven Mythos verstehen, der durch die Gruppe Lebendigkeit gewinnt. Ich sehe die mythologischen Motive des Rollenspiels als Ausdruck unserer innerlichen Wesensstruktur und als Repräsentanten für gewisse menschliche Urerfahrungen wie Geburt, Kindheit, Pubertät, Liebe und Tod. Die Kommunikation mit anderen über das Rollenspiel, kann uns die Möglichkeit geben diese Urbestandteile des menschlichen Erlebens umfassender in unsere Sicht der Dinge zu integrieren. Der Gewinn des Ganzen liegt für mich in einem Zuwachs von Kreativität. Um so mehr unbewusste Wesensanteile durch diese phantastischen Symbole in unser Bewusstsein gespiegelt werden, um so mehr Farbtöne stehen uns in unserer Palette zur Verfügung um unser Leben zu gestalten. Meinem Verständnis nach, liegt dieser Ansatz bereits z.B. aber nicht exklusiv den Spielen der WoD Reihe, so wie RuneQuest zu Grunde. Allerdings ist die Erwartungshaltung und Absicht der Gruppe entscheidend dafür, ob das Potential dieser Spiele dann auch tatsächlich verwirklicht wird. Freundlichkeit und Respekt in der Gruppe sind ebenfalls grundlegend wichtig, damit man sich frei austauschen und den Szenarien unbefangen nachspüren kann.

Jeder spielt Rollenspiel ja so wie es ihm Freude macht, dieser Text hier ist lediglich ein Versuch von mir mit anderen Spielern unter euch in Kontakt zu kommen, die an einem Ansatz in die Richtung wie ich ihn hier beschrieben habe, Spaß hätten, also sagt mal piep! ;)
 
Nur als Tipp: Es ist für eine Runde immer von ausschlaggebender Bedeutung, wann und wo sie stattfinden wird, danach kommt dann meist die Frage nach dem System, das gespielt werden wird, falls es keines vom Handel ist, sollte die Mechanik kurz umrissen werden.

Rollenspiel kann durchaus Selbsterfahrungen ermöglichen, jedoch kann es noch viel mehr, ja ganz im Gegenteil kann es auch eine befreiende Wirkung haben, wenn man Dinge tut, die man eigentlich nicht machen möchte. Als Beispiel fällt mir da die riesige Kriegsspielszene ein, die zum großen Teil einen Krieg auch nie erleben möchte, sich lediglich die Hörner daran abstoßen. Aber das sind nur ein paar der Motive, warum Runden zusammen kommen. Häufig ist es auch nur ein nettes Beisammensein mit Unterhaltungsrahmen.

Ich wünsche Dir sehr viel Erfolg und empfehle Dir, auf der Drachenzwinge.de Dein Vorhaben als Runde anzubieten. Da hast Du die größten Chancen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey Harekrishnaharerama, danke für den Tipp, habe ich jetzt gemacht mit der Drachenzwinge, wie du das gesagt hast! :D

Ich sehe das genauso wie du in der Phantasie ist alles mögliche, Agressionsabbau über PnP-Kämpfe ist super und das beste am Rollenspiel sind die netten Bekanntschaften.
 
Für das Tanelorn könnte das vielleicht auch was sein, aber glaube mir, wenn Du das so schwammig anbieten willst, werden sich nur wenige melden. Du musst aktiv anbieten und einen klaren Rahmen setzen.
 
Ich glaube es geht hier um eine intensive Erfahrung, die man wahrscheinlich mal in Freundeskreisen gemacht hatte - das ist nach meiner Erfahrung leider so kaum replizierbar. Das Einzige was ich aus persönlicher Erfahrung da empfehlen kann, so oft wie möglich sich in eine Runde zu setzen und einfach mitzuspielen. Dann hat man die größte Chance, solche Momente für sich selber zu erleben. Für andere das zu planen, halte ich für fast unmöglich.

Erkenntnis, Selbsterfahrung oder Erleuchtung ist nicht zu erzwingen. Man kann sich theoretisch vorbereiten, aber wann und ob es dazu kommt, ist nicht nur von der inneren Einstellung abhängig, sondern und im besonderen Maße vom Umfeld.
 
Ubik schrieb:
Ich sehe die mythologischen Motive des Rollenspiels als Ausdruck unserer innerlichen Wesensstruktur und als Repräsentanten für gewisse menschliche Urerfahrungen wie Geburt, Kindheit, Pubertät, Liebe und Tod. Die Kommunikation mit anderen über das Rollenspiel, kann uns die Möglichkeit geben diese Urbestandteile des menschlichen Erlebens umfassender in unsere Sicht der Dinge zu integrieren. Der Gewinn des Ganzen liegt für mich in einem Zuwachs von Kreativität. Um so mehr unbewusste Wesensanteile durch diese phantastischen Symbole in unser Bewusstsein gespiegelt werden, um so mehr Farbtöne stehen uns in unserer Palette zur Verfügung um unser Leben zu gestalten.
Wenn man will, kann man das so beschreiben.

Geht aber auch ganz ohne Esoterik. :)

Die Grundbedürfnisse des Menschen sind Autonomie und Verbundenheit. (Ja, natürlich will man auch essen, trinken und schlafen.)
Ein Neugeborenes kommt aus der intensivst möglichen Verbundenheit. Ein Kleinkind wird irgendwann zu sprechen und zu laufen beginnen. Auch ganz ohne Training. Einfach weil es zuschaut und lernt und weil es dazugehören möchte. Es möchte aber auf Dauer nicht wie Mama oder Papa sein; es gibt ein Streben eine Identität zu erhalten, ein Individuum zu werden.

Werkzeug zu dieser Autonomie ist ganz allgemein gesagt Ausdruck. Man drückt seine Fähigkeiten aus und zeigt dabei etwas von sich. Ganz egal, ob es sportlicher oder mentaler Natur ist. Ob man ein Selfie postet, ein Gedicht schreibt oder sich unterhält.
Wir streben zum Ausdruck. Einige in der Tendenz zum öffentlichen Leben, andere für engere Kreise oder gar nur für sich selbst, manche sogar nur gegenüber der Maschine (scores). Ohne Ausdruck können wir aber nicht exisitieren und Ausdruck ermöglicht eben Autonomie und Verbundenheit.

Phantastische Umgebungen/Welten und Spiel geben hier einen ganz besonderen Nährboden. Phantastik ist grenzenlos und Spiel ermöglicht ein rückschlagloses Agieren. Rollenspiel insbesondere punktet durch eine große Spielfreiheit, man kann sich also ohne große Einengung durch Spielmaterialien einbringen.
Eine Spielgruppe ist insofern prächtig dazu geeignet sich unbeschwert auszudrücken und sich gegenseitig den Vorstellungsraum zu erweitern.
Eine Spielgruppe aus Gleichgesinnten oder Freunden erleichtert zudem noch das Fallenlassen.
Das Spielen im Rollenspiel ist Ausleben, ist Ausdruck, ist Autonomie. Das zueigen machen der Welt und das gemeinsame Bespielen des Vorstellungsraums ist Verbundenheit.
Rollenspiel ist daher eine so angenehme Erfahrung (sofern es bestimmte Anforderungen erfüllt). Dass es angenehm für den Einzelnen ist, ist ja nicht zwingend. Aber es ist ein guter Nährboden dafür.
 
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@Supergerm: Danke für deine Unterstützung, mit Vampire the Masquerade kenne ich mich allerdings nicht wirklich aus. Wenn Redeemer zum Beispiel Bock auf Mage: The Awakening hat oder generell mit meinem Spielansatz etwas anfangen kann, freue ich mich natürlich.

@harekrishnaharerama: Mensch ja, also da gab es auf jeden Fall die Zeit in der meine Freunde und ich Teenager waren und wir unbeschwerter und unzynischer waren. Man hat sich da weniger selbstzensiert und man floss mehr mit der gemeinsamen Geschichte, weil wir emotional weniger frustriert und verhärtet waren. Ich bin da nostalgisch und in meiner Wohnung häufen sich auch massig Spielsachen, mit denen ich damals viel mehr gespielt hätte, als ich es heute tue, einfach weil man nicht mehr soviel Bekanntschaften hat, mit denen man diese Sachen teilen kann. Aber hier und da gibt es doch noch diese Begegnungen und Erlebnisse mit Leuten. Ich denke, dass diese verspielten Begegnungen die um ihrer Selbst stattfinden eigentlich die wahre Freude bringen. Oft habe ich das Gefühl, dass dem heute diese Notwendigkeit im Weg steht sich selbst zu behaupten, um das angeknackste Selbstwertgefühl zu schonen, blöde Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft.

@Skar: Du schreibst da echt ein paar richtig gute Sachen. Verbundenheit, Ausdruck und das fruchtbar machen eines geteilten Vorstellungsraums. Ich glaube auch, dass man sich auf der einen Seite individualisieren will und auf der anderen Seite die Nähe zum anderen sucht. Irgendjemand hat gesagt, echte Kommunikation findet nur auf Augenhöhe statt, ich glaube das braucht viel Respekt vor den Unterschieden und Vertrauen in die Gemeinsamkeiten. Ich bin super Fan von Strange Things und den Steven Spielberg und Stephen King Geschichten auf den die Serie basiert. Das sind sehr empfindsame und auch sehr schreckliche Empfindungen die da zum Ausdruck gebracht werden, die liegen sehr nah am Wesenskern und jeder kann sie auch irgendwo emotional nachvollziehen.

Kennt ihr die Serie Harmonsquest, von dem Machern von Rick & Morty? Die Spielen Rollenspiel vor einem Studiopublikum und sind ziemliche Dorks, aber die Aufrichtigkeit der Spielsessions macht das ganze für mich sehr sehenswert.
 
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