regeltechnische Effektvielfalt

Skar

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Georgios äußerte hier im D&D-Forum folgendes zu D&D4 und 3.X: (Hervorhebungen durch mich.)

Georgios schrieb:
Der große Reiz an 4E ist für mich die augenscheinliche Leichtigkeit mit der ich 4E bedienen bzw. spielen kann um das zu erreichen. Ich habe 3E immer als Spiel für High-End-Regelmeister und Rollenspieler mit enzyklopädischem Bücherwissen kennengelernt.
4E kommt da von der anderen Seite heran. Die Regeln sind schneller erfasst und flexibel anwendbar. Die Unterschiede drücken sich in dem aus, was die Spieler damit anstellen. Genau das macht mich total an. Der Dungeon unterscheidet sich vollkommen vom Urwald oder der verwunschenen Stadt. Aber nicht weil ein ganz anderer Satz Regelmechanismen dort ausgepackt wird, sondern weil wir als Spieler uns das anders vorstellen. Wir nehmen es anders wahr und gehen anders damit um. Das ist ein Unterschied den ein Laie sofort begreift; ein Fachmann aber vielleicht nicht. Wo keine Regelvarianz ist, wie kann da ein Unterschied entstehen? Die selbe Regel hat doch auch die gleiche Umsetzung. Aber wenn der Kleriker in einem dunkelen Verlies eine Lance of Faith spricht, dann ist das etwas ganz anderes als wenn er es unter gleißendem Sonnenlicht tut. In einem Verließ ist es ein strahlendes hoffnungsvolles Licht. Auf offenem Felde nur ein Aufblitzen und ein Aufleuchten des Gegners. Gibt es dafür Regeln? Nein. Aber was in unserem Kopf abgeht, ist ganz anders.
Losgelöst von D&D4 und 3.X habe ich schon öfters beim Regelbau festgestellt, dass bei eingängigen, leichten (wenigen) Regeln die Effektvielfalt leidet.
Der gezielte Schuss ins faltige Gesicht des Erzmagiers macht regeltechnisch das Gleiche, wie der Hieb eines in Raserei befindlichen Nordlandbarbaren; er gibt halt +2.

Durch das Reduzieren von Charakterwerten und Vereinfachen von Auflösungsmechnanismen im Proben oder Kampf, werden auch die möglichen Ansatzpunkte von regeltechnischen Auswirkungen geringer. (Wenn ich kein Rüstungsschutz, Waffenqualität, Trefferzonen, Situationsmodifikator oder wasuauchimmer habe, dann kann ich diese auch nicht durch die regeltechnische Auswirkung modifizieren, es bliebt dann nur bei der +2 auf Angriff.)

Natürlich wird die Handhabung des Regelsystems dadurch auch wesentlich leichter. Die Spielbeteiligten wissen halt, dass sie bei einer besonderen Handlung oder Manöver ein +2 erhalten. Andererseits ist es immer nur ein +2. (Prinzipiell gesehen, natürlich mag es auch +2/+2 geben oder halt -2 in der Ausführung = +2 in der Auswirkung und natürlich gibt es davon ausgenommene Effekte: ein Rundumschlag macht kein +2 sondern trifft mehrere Leute.)

Interessant wäre für mich besonders, wie ihr die verminderte Effektvielfalt einschätzt. Vermindert sie das Spielerlebnis, weil sie nicht konkret abbildet, was passiert, oder kommt das Spielerlebnis eh aus der Spielsituation, sodass eigentlich nur Vorteile zu verzeichnen sind?

Und wie würdet ihr diese Frage für einen Rollenspiel-Anfänger beantworten? Möglicherweise hat dieser ja die jeweilige Spielsituation gar nicht so vor Augen, als dass diese das Spielerlebnis steuern kann und er verlässt sich da eher auf die Regelauswirkungen.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Ich finde ausdifferenzierte Regeln grundsätzlich besser. Insofern bin ich wohl eher ein Vertreter der Regeltechnischen Effektvielfalt. Zwar ist es immer eine ganz andere Geschichte, was man sich als Spieler vorstellen kann, aber genau diese Vorstellung, was da gerade "Im Spiel" passiert soll meiner Meinung nach einen regeltechnischen Niederschlag in auf dem Spieltisch haben. Wenn man nun aber immer die gleichen Effekte hat, die hinter dem Spiel stehen, dann wird das meiner Meinung nach nur ungenügent umgesetzt. "Das was in den Köpfen abgeht" und "das was auf den Notizblöcken abgeht" muss ineinander greifen, da das eine der Ausdruck des anderen ist.

Die Frage ist natürlich inwieweit solche Effekte zwingend in den Regeln stehen sollten: Es muss freilich nicht alles irgendwo stehen, aber die Grundlegenden Effekte der Spielwelt sollten vielfältig und ausdifferenziert sein.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Ich weiß nicht. Ich brauche keine effektvielfalt in dem ausmaß - das kann man als SL genausogut mit guten beschreibungen machen, statt mit noch mehr effekten und regeln, die man in der hitze des gefechts dann doch wieder vergißt...
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Und wie würdet ihr diese Frage für einen Rollenspiel-Anfänger beantworten? Möglicherweise hat dieser ja die jeweilige Spielsituation gar nicht so vor Augen, als dass diese das Spielerlebnis steuern kann und er verlässt sich da eher auf die Regelauswirkungen.

Möglichweise auch nicht. Das hängt immer davon ab, was der besagte Anfänger gerne macht und wie er an das Rollenspiel herangeführt wird.

Es gibt halt Leute, die sich gerne mit mehr oder minder komplexen Systemen auseinandersetzen, um daraus ihre Spielwelt zu erschaffen. Aber es gibt auch Leute, die gerne ihre Vorstellungskraft ankurbeln und diese dann nur zu Spielzwecken in konkreten Regeln ausdrücken müssen. Und es gibt die breite Masse, die sich irgendwo dazwischen wiederfindet.

Da allgemeingültige Tendenzen erkennen zu wollen, halte ich für wenig hilfreich. Eine der großen Besonderheiten beim Rollenspiel ist, dass jeder einzelne Spieler am Tisch so einen großen Einfluss auf die Spielqualität und die Spielart hat. Selbst wenn die große Masse total auf differenzierte Regeln abgeht, reicht es wenn man einen oder zwei Imaginations-fuzzis am Tisch hat und schon bringt einem diese tolle Erkenntnis nichts mehr. Für interessanter halte ich die Frage, wie man es schafft diese Ansätze unter einen Hut zu bekommen. Oder wie man seinen Nicht-Rollenspieler-Freunden womöglich den eigenen Spaß am Hobby auf eine Art und Weise erklären kann, die sie nachvollziehen können. Je nachdem wo sie sich in diesem breiten Spektrum wiederfinden.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Ich hab auch lieber ein komplexes System. Das verhindert nähmlich die merkwürdige Angewohnheit mancher Spieler einfach Sachen zu machen, die im Regelsystem nicht erwähnt werden und deshlab ja extra toll sein müssten
(wie ich schneid dem Gegner die Achillessehne durch, dann kann er ja nicht mehr kämpfen)
Wenn das System keine Trefferzonen hat, dann liegt die Entscheidung bim Sl ob das geht oder nicht... und das kann je nach Situation in die Hose gehen. Hat das System Trefferzonen, dann ist oben genannte Ansage regeltechnisch völlig abgedeckt und fertig.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Ich mag ja komplexe Systeme, die aber nicht zu kompliziert sind und den 10ten Dingsbumms-Ball mit geringfügig anderem Regeleffekt aufzuführen ist halt meist nur unnötig kompliziert.
 
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Ich wage zu bezweifeln, das der unterschied in den D&D Editionen vom Regelkonstrukt kommt. Die Edition 3.? war auch einfach und schnell zu erfassen, übersichtlich und hatte weit weniger sondermurks als AD&D. Was sie im laufe der Zeit so unübersichtlich gemacht hat sind über 20 Autoren die teils ohne sich abzusprechen "offiziell" sonstwas Pubiziert haben, daß es fürchterlich machte. Vor allem Zaubersprüche und Feats die nicht ins Regelsystem passen und Prestigeklassen, die irgend welchen sondermurks können der nicht in die Regeln gequetscht wurde sind hier zu nennen. So wuchs es zu einem unüberschaubaren geschwür aus Sonderregeln an. Das ist aber bei der 4. edition ganz genau so zu erwarten, denke ich... gebt ihr etwas Zeit "zu reifen".

Interessant wäre für mich besonders, wie ihr die verminderte Effektvielfalt einschätzt. Vermindert sie das Spielerlebnis, weil sie nicht konkret abbildet, was passiert, oder kommt das Spielerlebnis eh aus der Spielsituation, sodass eigentlich nur Vorteile zu verzeichnen sind?
Das kommt sehr drauf an, wie man spielt. In Dungeons & Drugdealers (Shadowrun) beispielsweise ist es gut, eine gewisse Anzahl an maneuvern zu haben mit festen regeln. nix mehr und nix weniger. So kommt keiner auf die Idee dem SL ein "sonstwassuperüber" maneuver aufzuschwätzen das dann durch die Beigeisterung der SL mit dicken Boni versehen das Regelwerk aushebelt...

Grundsätzlich bin ich ein Fan davon, mit einfachen Regeln sehr viele unterscheidliche Effekte abdecken zu können. Das gibt der SL die Werkzeuge in die Hand, auch Dinge die nicht im Regelwerk stehen abdecken zu können. Und ja: es geht einfach und vielseitig.
 
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Ich gebe zu, daß ich noch nichtmal D&D dabei im Kopf hatte sondern eher Rolemaster, aber D&D hat da auch ein paar Merkwürdigkeiten z.B. die ganzen Feats die +1 auf irgendwas geben, die haben ja den gleichen Regeleffekt, sind aber trotzdem einzeln aufgeführt, das wird es dann endlich wirklich unnötig kompliziert. (wenn auch noch nicht völlig unübersichtlich).
 
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Nein! Ein Plus +2 schleichen braucht einen anderen namen als ein +2 verstecken! Wäre doch sonst uncool wenn jeder das gleiche hätte ;)
 
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Bin der Meinung daß Regeln zumindest grundlegende Beispiele für jede vorstellbare Situation nicht schaden können, aber eine Extraregel je Extrasituation/Feat (D&D, DSA 4) ist nicht nur übertrieben und unnötig unubersichtlich sondern auch ziemlich sinnfrei, da, wie schon in vorigen Posts erwähnt, derselbe Effekt nicht 5 Regeln braucht....
In der Regel ist es sogar besser etwas weniger "rauspickende/extrawurstige", allgemeinere Regeln zu haben, die dafür von kompetenten Autoren (je weniger unterschiedliche Teams dwestro besser) geschrieben und getestet wurden.
 
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Ich brauche quasi null Effektvielfalt. Ob ein gezielter Schlag auf den Kopf +2 macht oder der Axtschwingende Barbar mit seinem Signature-Schlag +2 spielt für mich nur in Form der Beschreibung eine Rolle, wie Blut, Knochen und Eingeweide davonfliegen. Und das ziemlich unabhängig vom System. Es ist mir egal ob Vollmantelgeschosse durch die Rüstung gehen und weniger Mannstopwirkung haben als Teilmantelgeschosse die aufplatzen im Körper. Es reicht mir das unterschiedlich zu beschreiben...
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Naja, aber dafür ob sich nun das Teilmantelgeschoß an der Panzerung plattdrückt oder ob es hinten aus dem Rücken rausgeflogen kommt und ein Faustgroßes Loch hinterläßt, ... braucht man doch Regeln?

Ich glaube es geht eher drum, einheitliche Regeln für Effekte zu nehmen. Also das Vollmantelgeschoß nicht mit 2w6 zufallswert + Schadensbonus des Geschosses gleich oder höher den rüstschutz würfeln und im vergleich dazu das teilmantelgeschoss mit 3w8-Kaliber benutzen um die Panzerung zu unterwürfeln und dann w100 schaden zu machen. Es ist wünschenswert für beides die gleichen Regeln zu nutzen, dann hat man effektvielfalt trotz einfacher, übersichtlicher regeln: beispielsweise 2w6 gegen halbierte panzerung, schaden der duchkommt halbiert oder 2w6 gegen verdoppelte panzerung, schaden der durchkommt verdoppelt.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Ich kenne jetzt D&D 3.x nicht, aber nach dem was man so hört, entsteht dort die Komplexität ja dort vor allem in der Spielvorbereitung, also der Ausstattung des Charakters mit den nötigen Eigenschaften, um dann eine möglichst vorteilhafte Kombination von Effekten erzielen zu können.

D.h. Effektvielfalt ist nicht gleich Effektvielfalt. Worauf es m.E. vielmehr ankommt, ist der Input, und nicht der Output. D.h. wenn du den Output von Regelwerken (= Effekte) analysierst, ist es wichtig zu beachten, welcher Input benötigt wurde, um diesen Output zu erzielen.

Manche Systeme haben einen Katalog mit möglichem Input und limitieren den Input auf diese Weise, bringen also die Spieler dazu, aus diesen Optionen zu wählen. Andere lassen dies offen und bewerten den frei gewählten Input anhand allgemeiner Prinzipien (dein +2). Manche haben einen ellenlangen Input-Katalog, aber alles mit sehr spezifischen Anwendungsmöglichkeiten. Andere (damit wären wir wohl bei D&D 4) haben überschaubare Input-Kataloge, die aber in ihrer Kombination und Situationsabhängig einen höchst unterschiedlichen Effekt erzielen können.

Bei starren Katalogen werden dann oft vorher die besten Anwendungen sondiert und diese im Spiel ständig wiederholt, was langweilig ist. Bei flexiblen Katalogen passiert das nicht, aber trotzdem spielt der Effekt bei taktischen Überlegungen immer noch eine große Rolle. „Immer +2“ ist dann noch mal was ganz anderes, da ist der Effekt immer der gleiche und daher allein der Input entscheidend.
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Interessant wäre für mich besonders, wie ihr die verminderte Effektvielfalt einschätzt. Vermindert sie das Spielerlebnis, weil sie nicht konkret abbildet, was passiert, oder kommt das Spielerlebnis eh aus der Spielsituation, sodass eigentlich nur Vorteile zu verzeichnen sind?

Und wie würdet ihr diese Frage für einen Rollenspiel-Anfänger beantworten? Möglicherweise hat dieser ja die jeweilige Spielsituation gar nicht so vor Augen, als dass diese das Spielerlebnis steuern kann und er verlässt sich da eher auf die Regelauswirkungen.

Ich brauche keine detaillierten Regeln als Schnittstelle zwischen meinen Absichten/meiner Beschreibungen und der Fiktion/meinem persönlichen Spielerlebnis. (Das war doch Deine Frage?)

Es ist eher so, dass zu hoher Detailgrad im System zu viel meiner Ausmerksamkeit beansprucht und von anderen Aspekten ablenkt.

Anfänger kommen in den meisten Fällen auch ohne Effektvielfalt aus. Bei WuShu funktionierts zumindest. ;)
 
AW: regeltechnische Effektvielfalt

Losgelöst von D&D4 und 3.X habe ich schon öfters beim Regelbau festgestellt, dass bei eingängigen, leichten (wenigen) Regeln die Effektvielfalt leidet.
Der gezielte Schuss ins faltige Gesicht des Erzmagiers macht regeltechnisch das Gleiche, wie der Hieb eines in Raserei befindlichen Nordlandbarbaren; er gibt halt +2.
...
Interessant wäre für mich besonders, wie ihr die verminderte Effektvielfalt einschätzt. Vermindert sie das Spielerlebnis, weil sie nicht konkret abbildet, was passiert, oder kommt das Spielerlebnis eh aus der Spielsituation, sodass eigentlich nur Vorteile zu verzeichnen sind?
Hierzu habe ich - aus anderer Veranlassung - in einem anderen Forum mit bekannt seltsamer Teilnehmerschar folgendes geschrieben, was ich hier für durchaus passend als Antwort auf die gestellten Fragen halte.

Der ursprüngliche Anlaß war die Suche nach Möglichkeiten mehr Details, eine feinere Granularität in das Savage Worlds Regelsystem hineinzustopfen, um "Was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht"-Spielern Savage Worlds schmackhafter zu machen, indem man alles FFF aus SW herausoperiert und mehr GURPSitits-Erreger spritzt.

Hier meine Antwort dazu in überarbeiteter Fassung.


Große Kritik kommt mir bei SW immer in Bezug auf die Grobheit bei Fertigkeiten entgegen.
Dann solltest Du den betreffenden Personen mit GEDULD ERKLÄREN, daß Fertigkeiten in SW NICHT zur Charakterindividualisierung den Stellenwert haben, den sie aus anderen, fertigkeitsbasierten Systemen kennen mögen. - Savage Worlds ist "Edge-basiert", indem die Charakterindividualisierung über Edges (und auch über Hindrances!) läuft.

Einen Skillwert von d8 in Fighting zu haben gelingt in Fantasy-Gruppen fast jedem Charakter irgendwann einmal. - Nur was bedeutet das schon? - Nur, daß er einen "Basic-Attack&Defense"-Skill auf leicht überdurchschnittlichem Niveau gelernt hat. Mehr nicht.

Beispiel:
Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8 ist doch TOTAL ANDERES als der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8, und der ist wiederum anders als der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen.


Individualisierung erfolgt bei Savage Worlds in ausgesprochen geringem Maße über Skills bzw. Skill-Werte. Die Skills sind oft nicht mehr als das, was man als Grundwürfelgröße in die Hand nimmt, um seine individuell verschiedenen Spezialitäten einzusetzen.

SW sei zu grob um Charaktere detailliert darzustellen. Es geht das Charaktergefühl verloren wenn alle, die z.b. Nature gleich hoch haben, alles gleich gut können. Das Charaktergefühl wäre viel besser wenn ein Charakter Vorgelstimmen besser nachahmen kann als jemand anderes mit dem gleichen Naturewert.
Was soll "nature" sein? - Das ist KEIN Savage Worlds Skill. - Vogelstimmen nachahmen geht mit Persuasion, wenn es überzeugend klingen soll.

Charaktere werden in Savage Worlds nur so detailliert in Spielwerte umgesetzt, wie auch das Regelwerk detailliert ist: GROB.

Wie detailliert diese Spielwerte wirklich im Spiel DARGESTELLT werden, das wird NICHT vom Regelwerk beschränkt, sondern von der Phantasie und dem Engagement der Spieler.

Beispiele:

Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8:
Lyra ist eine Brythunische Sklavin bei einem fetten reichen Händlerprinzen aus Zamorra gewesen. Dieser ließ seine Sklavinnen oft gegeneinander mit Peitsche und Dolch antreten. Da Lyra schon immer schnell wie eine Klapperschlange gewesen ist, hatte sie die wenigsten Narben davongetragen. Das freute ihren Herren so, daß er sie im Zamorrischen Stile mit Zwei Messern ausbilden ließ und als Preiskämpferin gegen die Sklavinnen anderer Händlerprinzen antreten ließ. Ihr größter Sieg gelang ihr gegen eine Kushiten-Priesterin, die neben ihrer Speerkampfweise auch über hypnotischen Blick verfügte. Lyra war so schnell, daß sie ihre Messer der Priesterin in die Augen rammte. Ihr Herr war über seine hoch gewonnene Wette so erfreut, daß er sie nach dem Kampf besteigen wollte. Da hat sie ihm ihre siegbringenden Dolche in den feisten Hals gestoßen und ihre lange vorbereitete Flucht aus dem verfluchten Zamorra begonnen.

Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8:
Die Grenze zu den Marat-Ländereien war schon immer umkämpft und in Bewegung. Petter hat durch seine große Stärke und seinen robusten Körperbau gleich das Auge des Zenturios, der am Rekrutieren neuer Grenzlegionäre war, gefunden. Er wurde in die Vorkämpfer-Kohorte gesteckt, die mit schwersten Hellebarden den ersten Ansturm der auf unterschiedlichem Getier anreitenden Marat auffangen müssen und sich dann, von den eigenen Truppen abgeschnitten inmitten der Gegner in einer sensenartigen Bewegung zurück zu den Schlachtreihen der Legionäre zurückkämpfen müssen. Hier hat Petter schnell gelernt, daß es gilt keine Gnade zu zeigen, sondern eine "gesäuberte" Zone hinter sich zu lassen, in die die Legion vordringen kann für den Gegenschlag.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen:
Bruder Artinus ist das Töten leid. Aber noch viel mehr das Sterben seiner Brüder und Schwestern im nie enden wollenden Krieg auf dieser scheußlichen Welt des Leids. Er verabscheut das Schießen, aber schlimmer noch ist für ihn der brutale Nahkampf Mann gegen Mann. Den Brüdern in der Schöpfung des Herrn gegenüberzutreten und mit Molekularschwert und Explosivlanze den Garaus zu machen macht ihn fassungslos. Doch wenn er Leid mildern will, wenn er wirklich Leben retten will, so hat ihn die kleine Madre seiner Lanze überzeugt, dann muß er lernen, wie er ungeschoren durch den tobenden Kampf zu den verletzten, den ohne seine Hilfe Sterbenden kommt. Daher macht er Lauf- und Sprinttraining wie ein Besessener und schlägt sich mit dem im Nahkampf erstaunlich versierten Combat Engineer herum. Dieses Training hat ihm ein paar Male bereits Schaden erspart, da er so knapp, knapper als er es selbst für möglich hielt, den niedersausenden Schwertern oder stechenden Bajonetten der Feinde entgehen konnte. Mehr als dieses, den Gegner nicht schädigende, Kampftraining wird Bruder Artinus aber nicht absolvieren wollen. Sein erklärter Wille vor Gott ist, keinem Menschen das Leben zu nehmen.


Ich möchte gerne auch solche Ansprüche ansatzweise befriedigen (ich sehe das nicht ausschliesslich so). Vermutlich rinnt mir SW auch sonst als Kampagnensystem durch die Finger.

wie ginge das?
So, wie oben aufgezeigt.

Frage Deine Spieler, WOHER sie die zur Individualisierung gelernten Edges haben? Warum können sie so gut Kämpfen? Mit was haben sie das geübt? Und mit welchen Leuten? Gegen welche Gegner? - Was haben sie getan, um Survival (würde wohl am ehesten "Nature" entsprechen, nehme ich mal an) so gut zu können? Und in welchen Regionen haben sie das schon mal wirklich gebraucht? In zerbombten Städten ohne Wasserversorgung, wo trinkbares Wasser zu finden schwieriger ist, als in der Savanne? Oder bei einem aufziehenden Sandsturm?

Knowledge Skills dienen ja dazu weitere Skillbereiche zu erfinden aber die sollten die vorhandenen ja nicht abdecken und überstrapazieren darf man das auch nicht wegen der wenigen Steigerungen).
Du vergißt einen der WICHTIGSTEN Mechanismen in Savage Worlds, der DAS Individualisierungsvehikel schlechthin ist: Common Knowledge!

Beispiele:

Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8:
Lyra kennt sich in ihrer Heimat Brythunien aus, aber auch in Zamorras Händlerpalästen, den Gladiatoren-Arenen der Reichen und Mächtigen und den Sklavenquartieren. Sie kann anhand der Peischenstriemen erkennen, in welchem Händlerhaus eine Sklavin oder ein Sklave gehalten wird. Sie kennt die üblichen An- und Verkaufpraktiken der Sklavenhalter und weiß genau, wie die Sklavenjäger neue Ware einfangen. Sie kennt die Gladiatoren-Akademie und die dortigen Haupt-Lehrer. Sie hat schon Menschen aus aller Herren Ländern gesehen und erkennt aus der Haltung sofort deren Herkunft. Sie beherrscht Brocken jeder nur gebräuchlichen Sprache um "Du kämpfst wie ein Händlerprinz!" oder ähnliche Beleidigungen ihren Gegnerinnen entgegenzuzischen.

Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8:
Der Schwere Legionär Petter kennt die Grenzregion in und auswendig. Überall hat er schon mal gegen die bestialischen Marat gekämpft. Er kennt deren Kampftaktik nur zu gut. Er kann die unterschiedlichen Stämme anhand ihrer Reittiere unterscheiden und die Häuptlinge sofort identifizieren. Er kennt die Dienstordnung der Legion, seine Vorgesetzten und kann Lesen und Schreiben - zumindest soviel, daß er seinen Sold mit Namen quittieren kann. Alle Legionärsgesänge sind ihm wohlvertraut und er kennt alle Bordelle entlang der Grenze und deren Preis-Leistungs-Verhältnis. Er kennt die Schwachstellen in der Anatomie von Mensch, Marat und Bestien, daß er mit seiner Hellebarde so exakt agieren kann, wie ein Feldscher mit seinem Skalpell.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen:
Bruder Artinus kennt seine Ordensregeln, sein Ordensgelübde, die Struktur der Kirche, der kämpfenden Orden, die zivile Verwaltung der jeweiligen Präzeptorien, in denen er stationiert ist. Er kennt sich in Notfallmedizin aus und kann sofort beurteilen, ob ein geschundener menschlicher Körper noch zu retten ist, oder ob der Herr die Seele bereits zu sich geholt hat. Er kennt die meisten seiner Kameraden in seinem Präzeptorium mit Namen. Das Merken der Namen ist ihm wichtig, da er so gleich den Verletzten ansprechen kann und ihm Sicherheit geben kann, denn auf den schweren Kampfanzügen ist der Name unter Schlamm und Blut und bei schlechtem Licht nicht mehr zu erkennen. Er singt gerne im Chor seiner Einheit bei den Gottesdiensten mit. Er kennt für fast jede Gelegenheit ein tröstliches Zitat aus der Heiligen Schrift und meint es auch so, wenn er es vorträgt.


Alles völlig übliche, normale Anwendungen von Common Knowledge.

Manche Spieler schreiben sich das so explizit auf. Andere lassen sich eher spontan einfallen, was alles noch zu ihrem Charakterkonzept an Common Knowledge paßt.

Common Knowledge überträgt die Kenntnis-Ebenen aus dem Charakterkonzept ins Regeltechnische.

Und zwar all die kleinen Dinge, die ein Charakter, dessen Konzept XYZ ist, einfach KENNEN und KÖNNEN müßte.

Besteht Unsicherheit beim Ausgang solch einer Anwendung der Charakterkonzeptgrundkenntnisse, so ist ein Wurf auf Common Knowledge angezeigt.

Beispiele:

Zwei-Waffen-Kämpfer mit Ambidextrous, Quick und Two-Fisted mit Fighting d8:
Lyra, die entflohene Brythunische Sklavin, hat sich einer Karavane nach Aquilonien angeschlossen. Es ist heiß und Männer und Frauen laufen nur leicht bekleidet. Sie sieht bei einem der Männer, die beim letzten Halt in einem befestigten Dorf sich der Karavane angeschlossen haben, ein paar ältere Narben. Peitschennarben, die ihr unbekannt vorkommen, aber eine charakteristische Klingennarbe am linken Oberarm, die ihr bekannt vorkommt. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt, ob sie erkennt, daß diese Narbe eine von einem ihrer Ausbilder ist. Eine Bestrafung für dessen unaufmerksame oder disziplinlosere Schüler. Er hatte ihnen nicht nur in den Arm geschnitten, sondern die Klinge in der Wunde wie eine Rasierklinge nach unten gezogen. Das gab bleibende Andenken.

Der Heavy-Weapons-Kämpfer mit First Strike, Improved Sweep, No Mercy und Fighting d8:
Der neue Imperator hat befohlen Grenzbefestigungen in Form einer großen Mauer mit Wachtürmen anzulegen. Schwerer Legionär Petter ist dort in der Garnison stationiert. Sie sollen die Bautätigkeiten sichern helfen. Da bewegt sich etwas im Wald zehn Speerwürfe entfernt. Petter erkennt die große Silhouette eines Tiers gegen die Bäume, doch ist er sich nicht sicher, was für ein Tier. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt, daß dies eines der schnellen Antilopen-Biester ist, die die Marat als Kundschafter üblicherweise nur eine knappe Stunde vor einem massierten Angriff voraussenden. Gerade noch Zeit die Garnison zu mobilisieren.

Der Pacifist (Major) Combat Medic, der Fighting auf d8 nur gelernt hat um Improved Block, Improved Dodge zu seinem Fleetfooted hinzuzulernen:
Die Granaten und das Nadlerfeuer schlagen in die Stellungen im Erdgeschoß einer zerschossenen Schule ein. Bruder Artinus sieht zwei Brüder seiner Einheit über den mit Bombentrichtern übersäten Schulhof auf die etwas mehr Deckung bietende Stellung zueilen. Kurz vor Erreichen der schützenden Betonmauer fetzt eine Salve eines Hochgeschwindigkeits-Nadlers einem der beiden fast beide Beine ab. Man kann für einen Augenblick bis auf die weißen Knochen sehen, bevor das Blut nur so herausschießt. Artinus ist schon unterwegs. Mit rekordverdächtigem Antritt rennt er auf den Schulhof packt den Soldaten und zerrt ihn mit letzter Kraft hinter die Mauer. Alles ist voller Blut und der Soldat schreit so laut, daß die nächsten Granaten bestimmt zielsicherer treffen werden. Artinus möchte ihn beruhigen. - Ein Common Knowledge Wurf erbringt den Namen des Soldaten, daß er ein passionierter Reiter ist und daß er seinen Bruder im Hinterland schon länger nicht mehr besucht hat, weil dieser mit seiner Entscheidung zum kämpfenden Arm der Kirche zu gehen, nicht einverstanden war. Diese Informationen kann Artinus nutzen, den Schwerstverletzten zu beruhigen, während er daran geht, ein weiteres Leben zu retten.


Was ist der ERSTE Schritt bei der Charaktererschaffung in Savage Worlds?

Sich das Charakterkonzept überlegen.

Alles andere, alle Spielwerte usw. kommen erst DANACH.

Im Charakterkonzept steckt ALLES, was NICHT von den grobgranularen Skills, Edges, Powers usw. abgedeckt ist. - Daher ist hier die eigentliche, die wichtige Charaktererschaffungsarbeit verborgen.

Klar kann man auch einfach nur die Spielwerte notieren und losspielen. - Doch spätestens dann, wenn man meint, daß man etwas doch vielleicht mittels Common Knowledge wissen, kennen, können sollte, ist man (statt vor dem Spiel eben während des Spielens) dabei sein Charakterkonzept mit mehr Details, mehr Tiefe zu versehen.

Dasselbe gilt auch in hohem Maße für das Ausspielen der Hindrances. - Man kann sich diese vorher detailliert überlegen, oder mitten im Spiel überlegen, wie, wieso, warum, wann und WANN NICHT der jeweilige Charakter eine betreffende Hindrance ausspielt.

Beispiel:

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Lyra, das Brythunische Sklavenmädchen auf der Flucht, NICHT ihren Haß auf alle Sklavenjäger ausleben wird?

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Schwerer Legionär Petter in einer Stadt NICHT seinem Hang jede freie Minute im Bordell oder anderweitig mit Ficken zuzubringen ausleben wird?

Welchen Grund könnte es denn wohl geben, daß Bruder Artinus bei einem direkten Befehl eines vorgesetzten Bruders NICHT pazifistisch handelt, sondern diesem in den Rücken schießt?

Hindrances können ganz erheblich zur Detailvertiefung bei Savage Worlds beitragen.

Bloß weil das Regeltechnische viele Details regeltechnisch IDENTISCH behandelt, sind sie das doch noch lange nicht!

Wild Attack ist der wüste Bud-Spencer-Heumacher bei einer Western-Kneipenschlägerei. Wild Attack ist der mit hoher Finesse ausgeführte, hochriskante Fechttrick der "Schnellsten Klinge Spaniens" gegen den Mörder ihrer Eltern. Wild Attack ist das Zuschlagen des angepißten Barbaren mit dem Zeltpfosten, der gerade noch die Auslage eines Lotos-Händlers vor Regen und Staub schützte. Wild Attack ist der übermütige, unbalancierte Angriff des von seiner Unbesiegbarkeit überzeugten jungen Adeligen (Overconfident, Stubborn), der hier eine tolle Schau seiner Überlegenheit zu geben beabsichtigt.

Details kommen VON DEN SPIELERN (und dem Spielleiter) ins Spiel.

Die Regeln transportieren bei JEDEM Rollenspiel, sogar den detailliertesten, nur einen Bruchteil der tatsächlichen Details, die im Spielgeschehen beschrieben und als Spielweltfakten Einfluß haben.

Das gleiche Problem kommt mir bei Zaubern entgegen
("da unterscheidet sich ja nur das Trapping" :p).
Hier gilt dasselbe: "nur" das Trapping ist bei den allermeisten D&D-Zaubern und - neuerdings bei 4E - den Powers (egal ob Martial oder Arcane oder anderweitig) der EINZIGE Unterschied im Groben. - Ob nun +1d10 HP Schaden verursacht wird oder +1d8 fällt beim Vergleich mit Savage Worlds als hitpoint-losem System eh unter den Tisch. Übrig bleibt das Trapping für eine Smite-Power. Mehr nicht.

Umgekehrt: Smite mit Elektrizitätstrapping ist was ganz anderes als Smite mit einem Trapping, welches die Waffe in ein zubeißendes Reptil verwandelt oder die Waffe mit einer Flammenaura umgibt. - Es gelten hier die Zusatzeffekte des Trappings, die mit dem Spielleiter bei Trappingauswahl verhandelt werden müssen. - Wann wirkt z.B. Elektrizitäts-Smite nicht mehr? Wann stärker? - Wie wirkt sich das mit dem Zubeißenden Reptilkopf aus? Was für ein Reptil? Ein Schlangenkopf? Ist der giftig? Also statt +2/+4 gibt es nur +1/+2 und bei einer Wunde gibt es einen Vigor-Wurf, ob der Gegner einen Fatigue-Level erhält? OK? Gut. - Wie wirkt sich die Flammenaura aus? Gegenstände gehen mit 1 in 6 Chance in Flammen auf? ALLE Gegenstände oder nur besonders leicht entzündliche? Das kommt von einem Flammenkult? OK: ALLE Gegenstände!

Trapping-EFFEKTE basieren auf den generischen Effekten, sind aber - wie schon die Beispiele im Buch und in den diversen Setting-Bänden zeigen - eben verhandelbar. - Klassisches Beispiel: Säureschaden, der andauert, macht aus 2d6 oder 3d6 Bolt eben nur 2d4 für 3 Runden bzw. 3d4 für 3 Runden Schaden, weil ein Säuregel den Gegner trifft.

Individualisierung und Detailvertiefung sind und waren bei Savage Worlds NOCH NIE ein Problem. - Nur wer unter Rollenspiel ausschließlich das Entlanghangeln am Regelgerüst versteht, der könnte auf die falsche Idee kommen, daß hier Details fehlten, die andere Regelsysteme aufweisen.

Rollenspiel ist aber IMMER MEHR als nur die reine Regelabwicklung.

Ob minimalistische Systeme wie Risus oder detailverliebte Crunch-Monster ist da egal.



Und dann gab es dort noch jemanden, der aus Sicht seines eigenen, rein fertigkeitsorientieren, ach so "realistischen" Regelsystems sich einmischen mußte, und auf dessen Beitrag ich mich zu einer Antwort hinreißen ließ:




ich dachte das Spiel wäre fast und furious (fun ist ja nur eine rhetorisch geschickte Unterstellung), da muss man wohl bei den Details etwas zurückstecken, oder?
Was meinst Du bei "den Details"?

Die Details des REGELSYSTEMS sind grobgranular. - Das ist Absicht, damit viele unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten nach nur wenigen, schnell beherrschten Mechanismen abgewickelt werden können.

Aber die Details der SPIELWELT, der CHARAKTERE, und - wichtig - die HANDLUNGSDETAILTIEFE ist zu keinem Zeitpunkt gröber als die von anderen Rollenspielen mit mehr Regeltechnikdetail.

Die Regeltechnik soll doch IMMER nur das Erleben und die Dynamiken der Spielwelt, der Charaktere, der von den Spielern gewollten Handlungen UNTERSTÜTZEN.

Die Detailebene der Regeln ist VÖLLIG UNABHÄNGIG von der Detailebene der VORSTELLUNGEN der Spieler über Spielwelt, Gegenstände, Kreaturen, Charaktere, Ereignisse, usw. und deren Beschreibungen im Spiel.

Mit Risus spielt man doch Star Wars mit genau denselben Settingdetails wie mit Saga System Star Wars!

Es ist in meiner Erfahrung eher so, daß ein sehr detailliert aufgeschlüsseltes Regeltechnikgebilde eher die Spieler HEMMT sich FREI im Raum der Spielwelt mit ALLEN ERDENKLICHEN(!) DETAILS zu bewegen, sondern nur die im "Auswahlmenü" des Regeltechniksystems angebotenen (und damit zahlenmäßig und von der Detaillierung her zwingend GERINGEREN) Möglchkeiten genommen werden.

Überdetaillierte Regelmechanikmonster ersticken den freien Flug der Vorstellungskraft, das unbeschwerte Spiel mit allen ERDENKLICHEN Möglichkeiten, weit mehr, als daß sie helfen.

Wenn man STARK darauf hingewiesen wird "So und nur so macht man das hier. Das und nur das geht hier.", dann glauben das Systemneulinge erst einmal, weil man ja ansonsten die Regeln ÄNDERN, mindestens aber ERWEITERN müßte. Das kostet weit mehr Überwindung seitens der Spieler, als wenn man in einem Minimalsystem wie Risus einfach den "Kantigen, aber gütigen Polizei-Chef" spielt. Da holen Spieler IM SPIEL - und nur das zählt! - einfach MEHR aus den minimalen Angaben heraus, als aus einem dreiseitigen Charakterbogen samt Spielerhandbuch für jede Menge Sonderregeln.

Ich will damit nicht sagen, daß das REGELSPIEL schlechter ist als das Rollenspiel MIT den Regeln!

Savage Worlds hat ein paar schöne Subsysteme wie das Massenkampfsystem, welche als System auch für andere Zwecke verwendet werden können, und in sich interessante SPIEL-Erlebnisse erlauben - unabhängig vom Detaillierungsgrad (der z.B. bei Massenschlachten mit Zig-Tausenden Truppen anders ist, als wenn man damit eine parlamentarische Debatte zwischen vier Fraktionen und insgesamt 600 Personen abbildet). - DL:R hat ein Duell-Subsystem, welches von Texas Hold'em Poker abgeleitet ist, und für sich genommen schon viel Spaß macht.

Spielen der Regeln macht Spaß und SOLL Spaß machen. Macht das reine Regelspiel keinen Spaß, dann taugt der Regelautor nichts.

Aber richtig in die Detailtiefe zu gelangen, bedarf es nicht nur der Regeln (die können unterstützen, aber sind dafür nicht notwendig), sondern der VORSTELLUNGSKRAFT! Und die ist bei jedem Spieler ANDERS. Wie auch die jeweils aktuell bevorzugte Detailtiefe.

Wenn es mir bei einer Massenklopperei nicht drauf ankommt, wie ästhetisch mein Charakter den nächsten Extra wegputzt, sondern ich eher an der SCHIEREN ANZAHL niedergemachter Extras aktuell meinen Spaß habe, dann lasse ich das Ausschmücken oft weg und verwende "Rules Speak" bis ich mit meinem SC den Rekord an in einer Kampfszene kleingemachten Extras geschlagen habe. - Das macht auch Spaß und da vermißt NIEMAND Ausschmückungen und Details.

Wenn in einem etwas "privateren" Kampf der eine Spieler sagt "Mir reichts jetzt. Ich springe vor, haue dem Typen mit Wild Attack, Called Shot to the Head, meine Streitaxt in den Schädel.", dann setzt bei JEDEM am Spieltisch doch die Vorstellungskraft ein: Aus dem Gemisch aus Deutsch und Rules Speak bildet sich für JEDEN Spieler und den Spielleiter VON SELBST ein Bild der Situation. Ich stelle sie mir etwas anders vor als mein Nebenmann, aber JEDER stellt sie sich unter den geschilderten Randbedingungen (Vorspringen, Ungezügelter Rabiatangriff, Mitten auf den Schädel, mit der Streitaxt) vor. - Manch einer mit mehr Details. Aus unterschiedlichen "Kamerapositionen".

Die Figuren stehen noch genauso auf der Battlemap. Die Figur des Axtschwingers wird an die des Angegriffenen vorgeschoben. Dann wird gewürfelt. Mehr passiert auf der Battlemap nicht. - Doch ICH stelle mir das wutverzerrte Gesicht des Axtschwingers mit blutbesudeltem Bart und grollendem Kampfschrei vor. - Cut - Ich sehe die angstgeweiteten Augen des Opfers. - Cut - Die Axtklinge dringt durch den Helm in den Schädel des Opfers ein und der Gegner (ein Extra) kippt mit einer Wunde, die den Schädel bis in den Kiefer gespalten hat (Schadenswurf ist dermaßen explodiert, daß 6 Wunden herauskamen) nach hinten.

Ist das wirklich so neu und so ungewohnt, daß man VORSTELLUNGSKRAFT beim Rollenspiel einsetzen kann?

Nehmen wir mal an, daß ein Rollenspiel wie Savage Worlds weniger Details im Bereich der von den Spielern wahrgenommenen Spielwelt-/Charakter-/Handlungs-Details aufweist, WEIL die Regeltechnik darin einfacher strukturiert und einfacher zu verwenden ist.

Müßte dann nicht ENGEL mit dem Arkana-"System" total DETAILFREI daherkommen?

Da gibt es KEINE, ÜBERHAUPT KEINE Regeln, keine Spielwerte, keine Quantitäten, nichts. - Folglich (falls man der obigen Einstellung des Threaderstellers folgen mag): auch KEINE DETAILS!

Kann man deswegen Engel nach Arkana-"System" nicht spielen oder spielt man nur "Strichmännchen-Engel"?

Weit gefehlt!

Engel-Runden, mit denen ICH Erfahrungen gesammelt habe, sind sogar - was an der Mentalität der Spieler und an der Loslösung vom Regelspiel liegt - AUSGESPROCHEN DETAILREICH. - Detailreicher als die meisten mit schwergewichtigen Regelsystemen gespielten Runden!

Vielleicht liegt mein Unverständnis für das "Detail-Problem" daran, daß ich in meinen Savage Worlds Runden nur Spieler habe, die über Vorstellungskraft verfügen und nicht ein Stützkorsett engster Regeln zum Spielen brauchen?

Meine Spieler spielen AKTIV in ihrer gewünschten Detailtiefe.

Und zwar WEIL die SW-Regeln so klar, so grob, so leicht sind, daß die Spieler den KOPF FREI HABEN für MEHR PHANTASIE im Rollenspielen.
 
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