Rollenspieltheorie Railroading

Hoffi

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Oder: wie bringe ich die SC dazu das zu machen was ich von Ihnen erwarte?


Ist nicht alles was der SL sagt Railroading im weitesten Sinne?
Es kommt nur drauf an wie man es verpackt.

SC: Ich rufe Mr. X an.
SL: Mr. X geht nicht an das Telefon.

Railroading? Ja. Schlimm: Nein

Jetzt Ihr!
 
AW: Railroading

Ist nicht alles was der SL sagt Railroading im weitesten Sinne?

Wenn man eine Definition soweit faßt ist sie sinnlos.

[Hippie]
Alles beinhaltet irgendwie alles, du. Das ist eine total wichtige Erkenntnis. Auch so für den Weltfrieden und so.
[/Hippie]


Tybalt
 
AW: Railroading

Railroading ist, wenn der Spielleiter Entscheidungen vorwegnimmt, welche die Spieler selbst treffen wollen (weil sie genau deshalb überhaupt spielen). Darum ist nicht alles was der SL tut aus irgendeinem Blickwinkel Railroading. Aber darum ist Railroading immer schlecht.

Wenn der SL Entscheidungen vorweg nimmt, die die Spieler nicht treffen wollen (z.B. wie die NSCs heißen, wie der Ort aussieht an dem sie gerade sind oder mit welchen Problemen sie konfrontiert werden); dann trägt er lediglich seinen Teil zu einem flüssigen Spiel bei.
 
AW: Railroading

Ist nicht alles was der SL sagt Railroading im weitesten Sinne?
Im weitesten Sinne: Natürlich. Ohne ein gewisses Maß an Railroading und und SL-Willkür ist Rollenspiel schlichtweg unmöglich. Dabei halte ich es wie Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

SC: Ich rufe Mr. X an.
SL: Mr. X geht nicht an das Telefon.

Railroading? Ja. Schlimm: Nein
Das ist nicht nur Railroading, das ist sogar noch SL-Willkür, schließlich durfte der Spieler nicht drauf würfeln und der SL hat einfach so entschieden.
 
AW: Railroading

Oder: wie bringe ich die SC dazu das zu machen was ich von Ihnen erwarte?

Erwarte von ihnen Dinge, die sie gern machen und/oder die ihnen plausibel erscheinen. Erwarte nicht zu viel.


Als ich das letzte Mal (widerwillig) ein Kaufabenteuer als Basis für eine Spielrunde verwandt habe, war meine größte Sorge, dass die Spieler irgendwas völlig abwegiges anfangen.
Da die Spieler sich einigermaßen an die Genrekonventionen hielten und auch (bis auf kleine Ausnahmen) keine völlig hanebüchenen Pläne verfolgten, ging die Sache überraschend gut.
 
AW: Railroading

Kaufabenteuer ist da glaub ich der richtige Einwurf.

Eigene Abenteure passen in der Regel ja besser auf die Gruppe als gekaufte.

@Ehron: Warum sollte ich den Char darauf würfeln lassen ob Mr.X da ist? Ich weiss das er nicht da ist. Ich lass den Char ja auch nicht drauf Würfeln ob er ans Atmen denkt.
 
AW: Railroading

Ich denke es kommt auf die Wichtigkeit an.
Wenn ich den Spielern die Möglichkeit verweigere Mr.X anzurufen, weil sie plaudern wollen oder irgendwas was so sowohl für die Story wie für den Charakter wie für den Spieler unwichtig ist, tun wollen... hey, ich sorg dafür das die Story weitergeht und nicht versandet.
Wenn ich aber den Spieler daran hindere etwas zu tun was für seinen Charakter wichtig ist, weil es mir nicht in den kram passt, dann ist das Railroading.
 
AW: Railroading

Grundsätzlich gibt es m.E. Situationen, in denen Railroading das kleinere Übel, oder sogar ein sinnvolles Werkzeug ist. Handlungsfreiheit ist nur dann spassig, wenn sie auch mit relevanten und erschliessbaren Handlungsoptionen verbunden ist.
Welche Richtung ich im Wald nehme, wenn es überall gleich grün ist, ist mir ehrlich gesagt egal. Da lasse ich mich lieber innerhalb von 1W6+1 Tagen zum Plot-Dorf railroaden.

Railroading, sinnvoll eingesetzt:
- Zur Abkürzung von Hartwurst-Zählerei.
- Zur Abkürzung von Situationen ohne relevante Entscheidungsoptionen, an deren Ausspielen seitens der Spieler kein Interesse besteht.
- Sich aus der Logik der Spielwelt und des Szenarios glaubwürdig ergebene punktuelle Beschränkung der Handlungsfreiheit.

Railroading, spassmindernd:
- Weitergabe von literarischer Onanie der Abenteuerautoren, oft verbunden mit Vorwegnahme von Spielerentscheidungen und -empfindungen.
- Degradierung der Spielercharaktere zu Zuschauern oder Mitläufern durch übermächtige NPCs.
- Offensichtlich unglaubwürdige Beschränkung der Handlungsoptionen der Spieler zur "Rettung des Plots".
- Von den Spielern wird zur Weiterführung des Plots eine genau definierte Handlung erwartet, die nicht logisch erschließbar ist.
- Der Plot wird markiert durch eine Reihe Zaunpfahl-winkender knallrot-leuchtender Goblins.
 
AW: Railroading

Im Wiki gibt es einen recht guten Artikel zum [wiki]Railroading[/wiki].
 
AW: Railroading

Ich denke, das ist immer ein Geben und Nehmen. Als SL hab ich schon so 2-3 Plots, die in einem bestimmten Gebiet passieren können oder auch nicht. Ich streue Hinweise darauf aus und die Spieler entscheiden, ob sie auf die Hinweise reagieren oder nicht. Manchmal sind sie da ein bißchen blind und reagieren eher nicht (oder meine Hinweise waren nicht gut). Gerade zu Beginn eines Abenteuers railroade ich deshalb schon mal, damit die Handlung überhaupt in Schwung kommt. Allerdings nur, wenn das nötig ist und die Spieler nicht von selbst auf die gestreuten Hinweise reagieren.

Früher habe ich meinen Spielern absolute und totale Handlungsfreiheit gelassen, was schon ab und zu mal damit geendet hat, daß sie einen kompletten Abend eingekauft haben o.ä. Im Prinzip nicht schlimm, wenn sie sich anschließend nicht beschwert hätten, daß ja nichts passiert wäre.

Insofern: Railroading ja, um die Handlung voranzutreiben oder ein Abenteuer überhaupt in Gang zu bringen. Ansonsten sollen die Spieler Herr ihrer Charaktere bleiben. Und wenn sie die Lösung nicht finden oder das Uber-Monster bekämpfen möchten ... ist doch nicht mein Problem! ;)
 
AW: Railroading

Das mit dem Railroading geht mir jetzt auch schon eine Weile durch den Kopf. Bisher hab' ich den Begriff nur benutzt, wenn es wirklich nur einen oder einige Handlungsstränge gab', die von Seiten der SL ausgearbeitet wurden und alles was außerhalb dessen lag' mit der Begründung "geht nicht weil ist nicht" abgeschmettern wurde. Deshalb benutze ich den Begriff Railroading überhaupt nur, wenn ich den Vorgang kritisieren will.

Um mal von dem Telefonbeispiel weg zu kommen: Die Charaktere wollen vom Dorf zur Höhle am Berg. Es gibt nur einen Weg, der führt durch den Wald und da sind die Räuber. Das soll ja schonmal vorkommen. Ist das Setting jetzt schon Railroading? Wohl kaum. Ich mache zwar Vorgaben, schließe innerhalb dieser aber erstmal nichts pauschal aus.

Los geht es da, wo ich als SL die Möglichkeiten der SCs beschneide, um sie dazu zu zwingen etwas so zu machen wie ich es mir vorgestellt habe.

Zurück zum Beispiel: Der einfachste Weg auf den wohl jede SL vorbereitet sein wird, ist offensichtlich "Wir latschen den Weg durch den Wald, achten auf Hinterhalte und wenn die Räuber kommen gibt es Fratzengeballer."

Können die SCs zufällig fliegen und schwirre direkt zur Höhle, gibt es halt kein Fratzengeballer. Meiner Ansicht nach Railroading wäre es, wenn alle magischen Flugartefakte (oder so) jetzt plötzlich nicht mehr funktionieren, von mir aus weil es bei den Räubern einen Hinweis gibt, den die Helden in der Höhle brauchen werden.

Es sind ja aber durchaus Situationen denkbar, die nicht so klar sind. Wenn die Charaktere zum Beispiel in der Luft angegriffen werden, weil mir als SL zu dem Zeitpunkt wo die Idee mit dem Fliegen aufkam eingefallen ist, dass das hier ja immernoch die "Greifensteine" sind und es deshalb natürlich auch Greifen gibt.

Müssen die Charaktere deshalb im Wald notlanden und treffen doch noch auf die Räuber, dann sind die Charaktere (praktisch, praktisch) wieder zurück an dem Punkt, wo ich sie ursprünglich "haben wollte". Railroading-Artig wird es IMHO aber erst, wenn ich es ganz massiv auf diese Notlandung anlege. Mit Sicherheit Railroading ist es, wenn ich anfange Gesetzte der Logik und Spielregeln zu brechen, um mit Gewalt "meinen Plot" durchzupauken.
 
AW: Railroading

Der schreckliche Sven bringt es auf den Punkt. Manchmal ist das Leben wirklich so einfach. Danke! :)
 
AW: Railroading

Ich denke auch was Sven da geschrieben hat trifft es ziemlich genau... Für mich spricht auch nichts dagegen, die Charaktere ungestört über den Wald zur Höhle fliegen zu lassen und ihnen den Hinweis dann nicht oder auf anderem Wege zukommen lassen...
Da sollte man als SL immer dynamisch reagieren...
 
AW: Railroading

Dynamik ist genau das Stichwort.

Wenn man sich das Abenteuer überlegt, dann darf man sich als SL halt nicht überlegen was die SCs nach und nach machen, sondern wie die Welt funktioniert.

Welche Motivation haben die NSCs? Was ist an welchen Orten los, ohne das die SCs da aufgetaucht sind? Was würde passieren, wenn die SCs einfach mal gar nichts täten? Und so weiter... weg von der absoluten Zentrierung auf die Runde.

Wenn man sich da die wichtigsten Sachen überlegt hat, kann man zur Kontrolle ob man nichts vergessen hat und wirklich bescheid weiss ein paar Ansätze überlegen und die durchgehen. Dabei hilft es natürlich die 'üblichen Pläne' der SCs zu kennen. Es spricht finde ich auch nichts dagegen genau diese mal zu vereiteln, wenn das ins Abenteuer passt. Sonst wird die Bande noch träge... ekelhaft. ;)

Ich als SL wähle zum Beispiel die "Gegner" auch nicht danach aus ob sie den SCs gegenüber angemessen sind. Das Hauptkriterium für mich ist immer, ob die NSCs ihre Aufgabe in der Welt wahrnehmen können oder nicht. Im Gegenzug zwinge ich meine SCs aber auch nicht sich mit ihnen anzulegen.

Natürlich braucht diese Art Abenteuer zu designen Erfahrung, aber die braucht eine gute Spielleitung immer. Wenn man es so macht, ist Railroading völlig unnötig.
 
AW: Railroading

Wenn man sich das Abenteuer überlegt, dann darf man sich als SL halt nicht überlegen was die SCs nach und nach machen, sondern wie die Welt funktioniert.

Welche Motivation haben die NSCs? Was ist an welchen Orten los, ohne das die SCs da aufgetaucht sind? Was würde passieren, wenn die SCs einfach mal gar nichts täten? Und so weiter... weg von der absoluten Zentrierung auf die Runde.
...
Das Hauptkriterium für mich ist immer, ob die NSCs ihre Aufgabe in der Welt wahrnehmen können oder nicht. Im Gegenzug zwinge ich meine SCs aber auch nicht sich mit ihnen anzulegen.
Das sind reine Plausibilitätsbetrachtungen. - Diese anzustellen kommt bei so manchen Vertretern der "extremen Seite" des Rollenspiels nicht gut an.

Natürlich braucht diese Art Abenteuer zu designen Erfahrung, aber die braucht eine gute Spielleitung immer.
Und daß ein Spielleiter ERFAHRUNG braucht, um mehr Freiheitsgrade für seine Spieler überhaupt zu ermöglichen, wird auch ungern gesehen. - Die Erfahrung sollen möglichst ausführliche Spielleiterregeln ersetzen.

Wenn man es so macht, ist Railroading völlig unnötig.
Eben. - Das heißt aber JA zu Plausibilitätsbetrachtungen zu sagen. Und JA zur Erweiterung der spielleiterischen Möglichkeiten durch Erfahrung zusagen. - Das hat in anderen Themen hier im Forum schon zu rasanten Karussellfahrten und harten Worten geführt.
 
AW: Railroading

Reines "plausibles Ausspielen der Spielwelt" setze ich nur eingeschränkt ein. Sollte diee Handlung nur noch an den Spielern vorbei passieren, die Spieler sich nur noch im Kreis bewegen o.ä. werde ich zum fiesen railroadenden Illusionisten und lasse etwas passieren, um die Spieler wieder ins Spiel zu bringen.

Frei nach dem Motto "Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt..."
 
AW: Railroading

Reines "plausibles Ausspielen der Spielwelt" setze ich nur eingeschränkt ein. Sollte diee Handlung nur noch an den Spielern vorbei passieren, die Spieler sich nur noch im Kreis bewegen o.ä. werde ich zum fiesen railroadenden Illusionisten und lasse etwas passieren, um die Spieler wieder ins Spiel zu bringen.

Diese Technik nennt sich imho "Bang" und ist Forge-geprüft und offiziell für auch für True GMs (TM) erlaubt.

Und Plausibilitätsabwägungen (innerhalb der Logik der Spielwelt und des Spielstils) ist immer noch ungeschlagen...wenn mir jemand Spielleiterregeln die so gut funktionieren serviert nehme ich sie gerne an.
 
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