Lynx
Tinte im Blut
- Registriert
- 13. April 2004
- Beiträge
- 2.057
Es ist ein Ausschnitt aus einem Charakterhintergrund:
( (c) by Lynx )
Leise knarzend wiegte sich das Schild im Wind. Längst wurde es nicht mehr von allen Streben des Drahtzaunes gehalten. Trotz der dünnen Eisschicht und des roten Staubes war seine Aufschrift zu erkennen. Quarantäne warnte in dicken Lettern jeden der lesen konnte davor, das hinter dem Zaun liegende Gebiet zu betreten.
Quarantäne, wie sehr sie dieses Wort in den letzten Jahren hassen gelernt hatte. Jeder hier, egal ob krank oder gesund, galt für die Außenwelt als Seuchenherd. Am schlimmsten waren die Spitalier. Die paar Male, die sie sich hatten blicken lassen, hatten sie statt zu heilen nur denuziantische Gedanken und Zweitracht gesät. Denn wer hier wirklich etwas hatte, und das war längst nicht jeder, lenkte sofort die forschenden Blicke der weißen Götter auf sich. Vor allem den außergewöhnlichen Patienten, wie die eigentliche Seuche dieser Region sie nannte, standen qualvolle Untersuchungen bevor.
Doch noch schlimmer war die Gefangenschaft. Niemand durfte hier raus. Wie ein schimmernder Wächter umzäunte er die Zone. Rein durfte jeder aber niemand war so verrückt, in das Land ohne Wiederkehr zu reisen. Diese Isolation brachte nur allzu oft Leid und Tod mit sich. Schöne weiße Götter!
Enodia biss sich auf die ohnehin schon blutige Unterlippe. Sie wusste, irgendwann müsste sie damit aufhören, wollte sie diese nicht eines schönen Tages verkrüppeln. Vor langer Zeit hatte sie es sich angewöhnt, in kniffeligen Situationen ihre Anspannung damit zu unterdrücken. Der Alte hatte nur geschmunzelt. Er war es, der sie trainiert hatte. Vor allem aber hatte er ihr das Lesen und Schreiben beigebracht. Er hatte ihr erklärt, dass Verständnis und Verständigung das A und O seien werden, wenn sie erst einmal entkommen wäre. Bis vor kurzem hatte sie nicht einmal seinen Namen gekannt. Es war eine ihrer zahllosen Prüfungen gewesen, diesen heraus zu finden. Enodia hatte sie alle bestanden oder überlebt, wenn auch einige nur, indem sie diese umging. Und heute war der Tag gekommen, dass Odin sie entließ. Er meinte es würde schon alles klappen und sie solle sich keine Sorgen machen.
Nun stand sie auf der kleinen Anhöhe, regungslos den Zaun beobachtend und dachte an die Zeit mit ihrem Mentor, oder besser mit ihrem Vater zurück. Unter ihr eröffnete sich das weite borcische Land; Die Freiheit. Der Schatten der alten Eiche gab ihr ein wenig Deckung, während die Zeit Minute um Minute verrann. Odin hatte ihre Geduld schon oft auf die Probe gestellt und im Laufe der Jahre hatte Enodia sich eine sehr ausdauernde Beharrlichkeit zu eigen gemacht. Doch heute geschah nichts. Weitere Minuten des stillen Harrens vergingen, ohne dass sich etwas regte. Das Mädchen wusste, würde sie jetzt versuchen den schimmernden Draht zu durchbrechen würde sie nicht weit kommen. Sie hatte schon einmal eine kleine Gruppe Ausreißer beobachtet. Nicht einmal die Hälfte von ihnen hatte es auch nur annähernd in die Freiheit geschafft. Man hatte Fallen um den Zaun herum aufgestellt, die einem im günstigsten Fall sofort töteten, anstatt zu verkrüppeln. Selbst wer diese überwand, hatte die eigentliche Hürde noch nicht überwältigt. Der schimmernde Draht war das eigentlich Gefährliche. An ihm fielen die Ausreißer wie die Fliegen. Odin hatte einmal etwas von Strom erwähnt, weitere Erklärungen aber unterlassen.
Ein kleiner roter Tropfen rann Enodias Lippe hinab. Noch immer war nichts passiert. Wenn sie weiter hier blieb, würde sie noch bemerkt werden. Die Sache gefiel ihr ganz und gar nicht. Es dauerte zu lange.
Gerade wollte das Mädchen im Geiste noch einmal den verschlungenen Pfad durch den Todesgürtel abgehen, da hörte sie das Bersten des Unterholzes hinter sich. Odins Stimme drang an ihr Ohr, doch da war noch etwas. Motorenlärm lies die Worte unverständlich werden. Verdammt, etwas war schief gegangen! Schutzsuchend zog Enodia sich in die Büsche zurück.
Die Geräusche kamen näher. Jetzt waren auch Stimmen zu hören. Männerstimmen die scheußlich grölten. Odin war der erste, der den Rand des Wäldchens erreichte. Hilfesuchend blickte er sich um. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Enodia pfiff kurz durch die Zähne, um auf sich aufmerksam zu machen. Tatsächlich entdeckte der Alte sie und kroch zu ihr in die Büsche.
„Bims hat uns verraten. Er sollte den Zaun lahm legen, aber er hat uns statt dessen diese Typen auf den Hals gehetzt. Sie werden mich töten.“
Das faltige, normalerweise recht fahle Gesicht des Alten hatte einen satten Rotton angenommen. Sein Atem pfiff leicht. Keuchend lehnte er sich ein wenig zurück.
„Nein, alter Mann. Wenn dann werden sie uns beide töten. Wir müssen sie überlisten. Wie viele sind es?“
Enodias Augen blitzten leicht auf. Diesmal war es keine Prüfung. Aber sie würde den Alten nicht zurück lassen, unter keinen Umständen!
„Zwei... Es sind zwei Männer auf Motorrädern. Sie werden gleich hier sein.“
„Gut, dann warte hier. Ich habe einen Plan“,
flüsterte Enodia und verschwand im Dickicht. Eigentlich war das ja gelogen. Sie hatte alles andere als einen Plan und wenn ihr nicht schleunigst einer einfiel hatten sie beide ein gewaltiges Problem. Sie war nur wenige Meter weit gekommen, als zwei Motorradfahrer aus dem Wald kamen. Ihre Maschinen waren schon leicht ramponiert und sie hatten einiges an Unterholz mit sich genommen. Unglücklicher Weise fingen sie an zu tuscheln.
Enodia biss sich auf die Lippen. Irgendwie musste man diese beiden Typen doch auch ohne Waffen erledigen können. Es schienen große zähe Brocken zu sein, beide in ranziges Leder gehüllt. Der eine von ihnen entlaubte ein wenig seine Maschine, während der Zweite ein Gewehr zog und auf die Buschreihen zielte. Das war gar nicht gut, nein, es war alles andere als gut. Mit zittrigen Fingern und pochendem Herzen beschloss das Mädchen weiter zu kriechen. Es musste hier doch irgendwo etwas geben, mit dem man die Männer auf Eis legen konnte. Ein leichter Anflug von Panik keimte in ihr auf. Langs würden sich die beiden sicher nicht dort aufhalten, sie wechselten bereits die Aufgaben. Wenn sie erst einmal damit begannen die Büsche zu durchkämmen wäre der Alte geliefert. Enodias Hände stießen auf harten Grund. Am liebsten wäre sie in dem steinernen Boden versunken.
Moment, Steine? Ihre Miene hellte sich ein wenig auf. Zumindest könnte man die Motorradfahrer damit ablenken. Natürlich war der Trick alt, doch in Erzählungen ging er immer auf. Die kalten Finger legten sich in eisernem Griff um einen kleinen Stein. Einen Augenblick verharrte die Hand regungslos. Dann warf Enodia den Stein mit aller kraft fort, hinauf in die Wipfel. Ein leises „Tock“ war zu hören, gefolgt von einem Schuss. Holzsplitter wurden aus der Rinde des Baumes gerissen und rieselten leise zu Boden. Sie hatte es vergeigt und voll vor einen nahen Baum geworfen.
Der zweite Fahrer hatte nun auch sein Gewehr wieder zur Hand genommen und begann in einem Bogen vom Baum aus herunter zu zielen.
„Kommt raus, kommt raus. Wo auch immer ihr ... seid!“
Enodias Herz blieb stehen, ihr Atem stockte.
(Abschnitt zwei ist gerade dabei abgetippt zu werden)
( (c) by Lynx )
Leise knarzend wiegte sich das Schild im Wind. Längst wurde es nicht mehr von allen Streben des Drahtzaunes gehalten. Trotz der dünnen Eisschicht und des roten Staubes war seine Aufschrift zu erkennen. Quarantäne warnte in dicken Lettern jeden der lesen konnte davor, das hinter dem Zaun liegende Gebiet zu betreten.
Quarantäne, wie sehr sie dieses Wort in den letzten Jahren hassen gelernt hatte. Jeder hier, egal ob krank oder gesund, galt für die Außenwelt als Seuchenherd. Am schlimmsten waren die Spitalier. Die paar Male, die sie sich hatten blicken lassen, hatten sie statt zu heilen nur denuziantische Gedanken und Zweitracht gesät. Denn wer hier wirklich etwas hatte, und das war längst nicht jeder, lenkte sofort die forschenden Blicke der weißen Götter auf sich. Vor allem den außergewöhnlichen Patienten, wie die eigentliche Seuche dieser Region sie nannte, standen qualvolle Untersuchungen bevor.
Doch noch schlimmer war die Gefangenschaft. Niemand durfte hier raus. Wie ein schimmernder Wächter umzäunte er die Zone. Rein durfte jeder aber niemand war so verrückt, in das Land ohne Wiederkehr zu reisen. Diese Isolation brachte nur allzu oft Leid und Tod mit sich. Schöne weiße Götter!
Enodia biss sich auf die ohnehin schon blutige Unterlippe. Sie wusste, irgendwann müsste sie damit aufhören, wollte sie diese nicht eines schönen Tages verkrüppeln. Vor langer Zeit hatte sie es sich angewöhnt, in kniffeligen Situationen ihre Anspannung damit zu unterdrücken. Der Alte hatte nur geschmunzelt. Er war es, der sie trainiert hatte. Vor allem aber hatte er ihr das Lesen und Schreiben beigebracht. Er hatte ihr erklärt, dass Verständnis und Verständigung das A und O seien werden, wenn sie erst einmal entkommen wäre. Bis vor kurzem hatte sie nicht einmal seinen Namen gekannt. Es war eine ihrer zahllosen Prüfungen gewesen, diesen heraus zu finden. Enodia hatte sie alle bestanden oder überlebt, wenn auch einige nur, indem sie diese umging. Und heute war der Tag gekommen, dass Odin sie entließ. Er meinte es würde schon alles klappen und sie solle sich keine Sorgen machen.
Nun stand sie auf der kleinen Anhöhe, regungslos den Zaun beobachtend und dachte an die Zeit mit ihrem Mentor, oder besser mit ihrem Vater zurück. Unter ihr eröffnete sich das weite borcische Land; Die Freiheit. Der Schatten der alten Eiche gab ihr ein wenig Deckung, während die Zeit Minute um Minute verrann. Odin hatte ihre Geduld schon oft auf die Probe gestellt und im Laufe der Jahre hatte Enodia sich eine sehr ausdauernde Beharrlichkeit zu eigen gemacht. Doch heute geschah nichts. Weitere Minuten des stillen Harrens vergingen, ohne dass sich etwas regte. Das Mädchen wusste, würde sie jetzt versuchen den schimmernden Draht zu durchbrechen würde sie nicht weit kommen. Sie hatte schon einmal eine kleine Gruppe Ausreißer beobachtet. Nicht einmal die Hälfte von ihnen hatte es auch nur annähernd in die Freiheit geschafft. Man hatte Fallen um den Zaun herum aufgestellt, die einem im günstigsten Fall sofort töteten, anstatt zu verkrüppeln. Selbst wer diese überwand, hatte die eigentliche Hürde noch nicht überwältigt. Der schimmernde Draht war das eigentlich Gefährliche. An ihm fielen die Ausreißer wie die Fliegen. Odin hatte einmal etwas von Strom erwähnt, weitere Erklärungen aber unterlassen.
Ein kleiner roter Tropfen rann Enodias Lippe hinab. Noch immer war nichts passiert. Wenn sie weiter hier blieb, würde sie noch bemerkt werden. Die Sache gefiel ihr ganz und gar nicht. Es dauerte zu lange.
Gerade wollte das Mädchen im Geiste noch einmal den verschlungenen Pfad durch den Todesgürtel abgehen, da hörte sie das Bersten des Unterholzes hinter sich. Odins Stimme drang an ihr Ohr, doch da war noch etwas. Motorenlärm lies die Worte unverständlich werden. Verdammt, etwas war schief gegangen! Schutzsuchend zog Enodia sich in die Büsche zurück.
Die Geräusche kamen näher. Jetzt waren auch Stimmen zu hören. Männerstimmen die scheußlich grölten. Odin war der erste, der den Rand des Wäldchens erreichte. Hilfesuchend blickte er sich um. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Enodia pfiff kurz durch die Zähne, um auf sich aufmerksam zu machen. Tatsächlich entdeckte der Alte sie und kroch zu ihr in die Büsche.
„Bims hat uns verraten. Er sollte den Zaun lahm legen, aber er hat uns statt dessen diese Typen auf den Hals gehetzt. Sie werden mich töten.“
Das faltige, normalerweise recht fahle Gesicht des Alten hatte einen satten Rotton angenommen. Sein Atem pfiff leicht. Keuchend lehnte er sich ein wenig zurück.
„Nein, alter Mann. Wenn dann werden sie uns beide töten. Wir müssen sie überlisten. Wie viele sind es?“
Enodias Augen blitzten leicht auf. Diesmal war es keine Prüfung. Aber sie würde den Alten nicht zurück lassen, unter keinen Umständen!
„Zwei... Es sind zwei Männer auf Motorrädern. Sie werden gleich hier sein.“
„Gut, dann warte hier. Ich habe einen Plan“,
flüsterte Enodia und verschwand im Dickicht. Eigentlich war das ja gelogen. Sie hatte alles andere als einen Plan und wenn ihr nicht schleunigst einer einfiel hatten sie beide ein gewaltiges Problem. Sie war nur wenige Meter weit gekommen, als zwei Motorradfahrer aus dem Wald kamen. Ihre Maschinen waren schon leicht ramponiert und sie hatten einiges an Unterholz mit sich genommen. Unglücklicher Weise fingen sie an zu tuscheln.
Enodia biss sich auf die Lippen. Irgendwie musste man diese beiden Typen doch auch ohne Waffen erledigen können. Es schienen große zähe Brocken zu sein, beide in ranziges Leder gehüllt. Der eine von ihnen entlaubte ein wenig seine Maschine, während der Zweite ein Gewehr zog und auf die Buschreihen zielte. Das war gar nicht gut, nein, es war alles andere als gut. Mit zittrigen Fingern und pochendem Herzen beschloss das Mädchen weiter zu kriechen. Es musste hier doch irgendwo etwas geben, mit dem man die Männer auf Eis legen konnte. Ein leichter Anflug von Panik keimte in ihr auf. Langs würden sich die beiden sicher nicht dort aufhalten, sie wechselten bereits die Aufgaben. Wenn sie erst einmal damit begannen die Büsche zu durchkämmen wäre der Alte geliefert. Enodias Hände stießen auf harten Grund. Am liebsten wäre sie in dem steinernen Boden versunken.
Moment, Steine? Ihre Miene hellte sich ein wenig auf. Zumindest könnte man die Motorradfahrer damit ablenken. Natürlich war der Trick alt, doch in Erzählungen ging er immer auf. Die kalten Finger legten sich in eisernem Griff um einen kleinen Stein. Einen Augenblick verharrte die Hand regungslos. Dann warf Enodia den Stein mit aller kraft fort, hinauf in die Wipfel. Ein leises „Tock“ war zu hören, gefolgt von einem Schuss. Holzsplitter wurden aus der Rinde des Baumes gerissen und rieselten leise zu Boden. Sie hatte es vergeigt und voll vor einen nahen Baum geworfen.
Der zweite Fahrer hatte nun auch sein Gewehr wieder zur Hand genommen und begann in einem Bogen vom Baum aus herunter zu zielen.
„Kommt raus, kommt raus. Wo auch immer ihr ... seid!“
Enodias Herz blieb stehen, ihr Atem stockte.
(Abschnitt zwei ist gerade dabei abgetippt zu werden)