Rezension Rückkehr der Helden [B!-Rezi]

Greifenklaue

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Rückkehr der Helden


Rückkehr der Helden heißt das Brettspiel aus dem Hause Pegasus, in welchem man ein ganzes Heldenleben nachspielen kann – von den ersten kleinen Auftragen über „seine“ Heldentat bis hin zur Schlacht gegen den ultimativen Bösewicht.

Der erste Blick in den stabilen Karton offenbart reichlich Spielmaterial von fast durchgehend guter Qualität. Das variable Spielbrett aus 16 Feldern (knapp 17*17 cm jeweils) ist aus stabiler Pappe und lässt sich gut aus den Bögen lösen. Selbiges gilt für die Counter, Spielkarten, die Heldenfiguren und Heldenbögen. Dazu mehr als 25 rote Glassteine als Lebenscounter, 5 Plastikstandfüsse, 1 Beutel aus undurchsichtigem Stoff, lackierte Holzsteine, 5 kleine Holzwürfel und gar 4 kleine Halbedelsteine. Zwei kleine Mankos bei ansonsten vorbildlicher Ausstattung: ein Glascounter war schon beim Öffnen kaputt und beim Drücken der Pappfiguren in die Plastik knicken diese leicht ab. Da es zehn Heldenfiguren, aber nur fünf Füße gibt, ist ein Wechsel durchaus nötig und es so dann früher oder später zu verknickten Figuren kommt. Bei der Verpackung wurde mitgedacht, nach Spielende läßt sich das Material sortiert ablegen und das so, dass es kaum durcheinandergerät, auch wenn der Karton auf dem Kopf transportiert wird.

Kommen wir zur Anleitung, genauer: den Anleitungen. Spielregeln, Kurzregeln, Glossar, Aufbau des Einstiegsspiels und dort auf der Rückseite Regeln fürs Solospiel. Hier liegt auch der größte Kritikpunkt. Die Spielregeln sind in wörtlicher Rede geschrieben als Gespräch zwischen jeweils einem Newbie und Experten gehalten und werden Thema für Thema durchgeackert. Das klingt erstmal gar nicht schlecht, aber erwies sich beim ersten Probespiel als desaströs. Als beim Aufbau erste Fragen auftauchten, dauerte das Nachlesen lange, blieb erstmal unklar und teils lieferten Regeln, Glossar und das Einstiegsspiel scheinbar andere Erklärungen. Nach rund anderthalb Stunden haben zwei von drei erfahrende Rollenspielern aufgegeben – wovon einer das Spiel schon vor längerem einmal gespielt hatte – und ich stand ohne Spieler da. Erst zwei Flaschen Wein ein Wochenende später überredete dann neue Probespieler zu einer zweiten Runde. Das Hauptproblem ist, dass im Einstiegsspiel und im normalen Spiel einige Dinge anders behandelt werden, aber dies nicht immer klar gekennzeichnet ist. Insbesondere welche Counter nun in den Beutel gehören war ein echtes Rätsel (die Antwort: alle doppelseitig bedruckten), nur im Probespiel sind einige von diesen schon aufgebaut.

Aber das Durchbeißen hat sich dafür schlußendlich echt gelohnt - kommen wir zum Spielablauf. Nachdem die Gebietskarten vier mal vier angeordnet sind, entsteht dadurch eine modulare Welt mit vielen Anlaufpunkten. Nachdem 32 verdeckte Chips, je 2 pro Platte verteilt sind, darf sich jeder einen Helden aussuchen: Krieger, Priester, Magier, Zwerg, Elf, jeweils männlich / weiblich (beide Geschlechter mit identischen Werten). Einen Helden zeichnet seine Nahkampf-, Fernkampf-, Magiefertigkeit, seine Bewegungsweite, Lebenspunkte, Startgeld und eine Sonderfähigkeit bzgl. Geheimgängen aus. Der Zwerg z.B. findet Geheimgänge im Gebirge immer, hat die höchsten Lebenspunkte (5), ist ein passabler Nah-(6) und Fernkämper (5), hingegen ein schlechter Magier (3). Dafür bekommt er viel Gold (4), ist aber langsam (2). Zusätzlich bekommt jeder Held zufällig eine Heldentat zugeteilt: eine heilige Reliquie aufspüren, ein Diadem bergen, dieDame Daphne befreien oder zum adeligen Haus aufsteigen. Anfangs kommt man früher oder später an den verdeckten Countern vorbei, die man erstmal sichten kann, bevor man mit seiner Heldentat beginnen sollte. Darunter können unter anderem Monster, Begegnungen oder Aufträge sein.

Eine Kampfbegegnung läuft folgendermaßen ab. Nach dem Aufdecken kommt es zum Kampf, ein Ork hat z.B. die Werte 0/-1/0. Diese Modifikatoren werden auf die eigenen Werte draufgerechnet. Der Zwerg müßte z.B. im Nahkampf eine sechs oder niedriger würfeln mit zwei W6, im Fernkampf hingegen vier oder niedriger. Einige Monster sind auch nur auf bestimmte Arten zu bekämpfen, sprich, nicht immer kann man seinen besten Wert ins Feld führen. Belohnung sind manchmal Gold, meist aber Erfahrungsmarker. Hat man zwei Erfahrungsmarker in einer Fertigkeit gesammelt, darf man 3 Würfel nutzen bis hin zu 8 gesammelten Markern, dann darf man gar 5 benutzen. Die beiden niedrigsten Würfel werden jeweils gewertet. Sollte die Probe jedoch nicht bestanden werden, kostet das einen Lebenspunkt. In der nächsten Runde kann man den entscheiden, ob man weiterkämpfen will oder lieber die Flucht ergreift. Der Zwerg hat neben 5 Grundpunkten Lebensenergie noch bis zu 3 Punkten aus Rüstung, wobei insgesamt nur 4 Gegenstände aufgenommen werden können – also ganz anders als Munchkin. Gegenstände wie Schwert (Nahkampf steigt von 6 auf 7 oder 8, je nach Preis und Qualität), Bogen oder Zauberstab wären dann eine Möglichkeit, seine Werte zu erhöhen. Eine andere Möglichkeit bieten Lehrmeister, die im Laufe des Spiels besucht werden können, sobald sie gezogen sind. Sobald nämlich eine Begegnungsmarker abgearbeitet ist, wird aus dem Beutel einer nachgezogen und kann so nach und nach weitere Spielelemente freischalten. Manche diese Marker sind mit Koordinaten versehen (G6 z.B.) und werden entsprechend dort ausgelegt: der Basar (Waren werden feilgeboten), Questgegenstände oder weitere Kampfbegegnungen. Auch Aufträge verschiedener Komplexität sind zu finden. Mal soll man dem Waldläufer Stiefel zu bringen, mal muss eine Nachricht überbracht werden. Da man nur vier Slots für Aufträge hat, sollte man sich überlegen, den ersten Auftrag anzunehmen, wenn weder der Waldläufer noch der Basar zum Stiefelkauf ausliegt.

Soweit also erstmal das grundsätzliche Spiel, welches auf gelungene Art die ersten Schritte eines Helden nachstellt. Da viele der Marker individuell sind und besondere Sachen bewirken, muss während der ersten Spiele öfter mal nachgeschlagen werden, was denn dieser Chip nun bedeuten soll, zumal manche Beschriftung echt kryptisch ist. Aber es macht auch richtig Spaß, die Möglichkeiten mancher Chips zu entdecken. Da es keine direkte Konfrontation zwischen den Helden gibt, schließlich kämpft man auf einer Seite, kann man über diesen Umweg seinem Mitspieler Steine in den Weg legen.

Früher oder später wird dann der erste Baustein für die eigene Heldentat gezogen (für jede sind im Prinzip zwei gezogene Counter nötig) und diese kann erledigt werden: einmal müssen teure Kerzen besorgt werden, ein anderes Mal ein Monster besiegt werden, in dessen Hort sich ein besonderer Gegenstand befindet. Sobald das passiert ist, kommt der Chip „Der Namenlose“ in den Beutel und sobald dieser dann gezogen wird, beginnt die Endphase des Spiels. An allen wichtigen Wegen blockieren nun seine Diener die Passage, die man sich dann frei kämpfen muss. Um in sein Schloß zu gelangen, braucht man den Halbedelstein als Schlüssel, den es wiederum für die erfüllte Heldentat als Belohnung gibt. Mit etwas Glück hat man den schon, wenn der Namenlose – eigentlich einer von sechs unterschiedlichen Endgegnern mit unterschiedlichen Eigenschaften (mal nicht per Magie zu bekämpfen, mal heilt er sich dadurch, dass er Schaden beim Helden verursacht, alle haben aber mehrere LP) – ins Spiel kommt, wenn nicht sollte man sie nun tunlichst vollenden. Der Sieg über den Namenlosen, ein Kampf auf Leben und Tod, ist dann der Höhepunkt und zugleich das Ende des Spiels.

Wenn der Namenlose ins Spiel kommt, zeigt sich, ob man seinen Helden gut gewählt hat – oder vielmehr ob man auf`s richtige Pferd gesetzt hat. Ist er werden im Fernkampf noch mit Magie zu bekämpfen, hat der Magier ein dickes Problem und kaum Chancen, während andere sozusagen auch gleich hinmarschieren könnten, ohne neben einem Lehrmeister die fette Axt zu benötigen. So macht es sich immer während des Spiels bezahlt neben seiner besonderen Fertigkeit auch die anderen auszubauen. Trotzdem ist das Ende dann leider unbalanciert und mehr vom Zufall abhängig als von eigenen Entscheidungen. Allerdings gibt es mit der Begegnung Mäuse noch die Möglichkeit, frühzeitig zu erfahren, gegen wenn es zu kämpfen gilt. Allerdings wollen auch die erstmal gezogen werden.

Während das erste Spiel zu zweit noch 5 Stunden dauerte, geht es mit zunehmender Regelsicherheit deutlich schneller. Auch ist es davon abhängig, ob man schnell seine Heldentat beginnt und so der Namenlose-Marker ins Spiel kommt. Wenn hier alle ein Gentlemen-Agree treffen und erstmal trainieren, kann die erste Phase dauern, andererseits kann man die Mitspieler schon früh unter Druck setzen, wenn man beispielsweise herausgefunden hat, wer der Namenlose ist und nur eine Fertigkeit ausreichend ausbaut. Einige wenige Karten bieten Interaktion zwischen den Mitspielern, z.B. Turniere auf denen man sich messen kann oder ein Auftrag, bei dem man das Haus eines Mitspielers beklauen darf.

Erwähnenswert sind noch die Soloregeln, in welcher nur eine bestimmte Anzahl an Runden zur Verfügung und die Diener des Namenlosen nach und nach ins Spiel kommen. Außerdem lassen sich die Spiele über Siegpunkte vergleichen. Ein durchaus gelungener Bonus.

Fazit: Nach der ärgerlich hohen Einstiegshöhe der Regeln ergibt sich ein sehr gelungenes Brettspiel, welches auf unterhaltsame Art und Weise die komplette Laufbahn eines klassischen Helden nachzeichnet. Bei mir eines der wenigen Brettspiele, welches ich auch regelmäßig spielen werde.Den Artikel im Blog lesen
 
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