Rezension QIN - The Warring States

Silvermane

Wahnsinniger
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QIN - The Warring States


Grundregelwerk


QIN - The Warring States ist ein Wuxia-Rollenspiel, welches von 7ème Cercle zuerst auf Französisch und nun endlich auch auf Englisch vertrieben wird.

QIN spielt zur Zeit der Streitenden Reiche, um genauer zu sein im Jahre 240 vor Christus, etwa 20 Jahre bevor Qin Shi Huang die anderen Reiche erobert und vereinigt. Entwicklungstechnisch gesehen findet gerade der Wechsel von der Bronze- zur Eisenzeit statt.

Aber genug langweilige Geschichte, wir sind also im alten China gelandet und erfreuen uns an der flexiblen Charaktererschaffung, die es uns erlaubt einen Charakter frei zu erstellen; für Unentschlossene sind ein paar Archetypen beschrieben, und auch einige ausgearbeitete Beispielcharaktere sind vorhanden.

Das Charaktererschaffungssystem ist ein relativ simples Point-Buy-System. Es gibt nur 5 Attribute (Feuer (Soziales), Wasser (Geschick), Erde (Mystisches), Metall (Kämpferisches), Holz(Mentales)) , und auch die Skillliste ist mit knapp 60 Einträgen (unter denen sich auch alle Waffentalente und Magieschulen finden) eher übersichtlich geraten.

Jeder Charakter erhält einen Vor- und einen Nachteil; diese werden ihn sein Leben lang begleiten und lassen sich weder Nachkaufen noch Loswerden; sie dienen eher dazu, dem Charakter ein wenig Persönlichkeit zu verpassen anstatt in die übliche Punkteschinderei zu degenerieren, die bei vielen anderen Systemen leider gang und gäbe ist.

Das grundlegende Würfelsystem ist Attribut + Skill +YyD, oder auch der Yin-Yang-Würfel, gegen einen vorher festgelegten Mindestwurf.
Zwei W10 (stilecht sollten sie schwarz und weiss sein) werden geworfen und das kleinere Ergebnis vom Größeren abgezogen. die Null zählt als Null. Ein Pasch ist eine Yin-Yang-Balance und somit ein entscheidender Erfolg, mit Ausnahme der Doppelnull, welche einen schrecklichen Mißerfolg darstellt.

Eine weitere Ausnahme ist beim Schadenswurf zu verzeichnen: Wenn der weiße Yang-Würfel ein höheres Ergebnis als der schwarze Yin-Würfel zeigt, darf die Differenz zum Schaden addiert werden.

Was wäre ein Wuxia-Film ohne seine ansprechenden Spezialeffekte? Langweilig, weswegen QIN natürlich Zugeständnisse an die Vorlage macht. Als "besondere Kräfte" existieren die Taos, die 4 Magieschulen und die Kampftechniken.

Kampftechniken können für jedes Waffentalent gekauft werden; je höher das eigene Waffentalent, desto ausgefeilter sind die verfügbaren Techniken. Hier finden sich Dinge wie das beeindruckende Wirbeln der Klingen, der Doppelschuss mit dem Bogen oder der KO-Schlag mit dem Streitkolben.

Taos hingegen sind die kleineren Übernatürlichen Tricks der Vorlagen: Das ignorieren der Schwerkraft, das Stehen auf wogenden Bambushalmen und dem Speer des Gegners, aber auch die Fähigkeit mit Chi und Handwerkskunst aussergewöhnliche Gegenstände zu erschaffen oder auch soziale Tricks für Höflinge und Intriganten.

Die 4 Magieschulen unterteilen sich in Innere Alchemie (das Stärken des eigenen Körpers durch die Kontrolle über ihn), Äußere Alchemie (das Brauen von Tränken, Giften und Salben), Weissagung (das Vorhersehen der Zukunft und das Finden von Dingen) und Exorzismus (das Bekämpfen von Geistern, Untoten und Dämonen).

Genug zum Crunch, nun zum angenehmen Teil: Das Buch sieht herrlich aus, die Zeichnungen sind ausgesprochen Stimmungsvoll, und selbst die von mir vielgeschmähte Prosaerzählung vor dem eigentlichen Text ist inspirierend und interessant (hier sei lobend "White Tiger, Eternal Hunger" erwähnt, welcher mich zum schmunzeln brachte).
QIN beinhaltet einige Recht umfangreiche Kapitel über das Setting und erklärt dem unbewanderten Neueinsteiger in einfachen Worten die Kultur des Alten China, inklusive so alltäglicher Dinge wie Frisuren, Kleidung, Essen, Zeitrechnung, Schmuck und vielen anderen Kleinigkeiten; aber auch Dinge wie das Regierungssystem der einzelnen Staaten. Natürlich wird auch Religion und Philosophie mitbehandelt; die Kapitel sind kurz und präzise, und Spieler wie auch der SL profitieren von deren Kenntnis.

Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. QIN benutzt ein recht simples und sehr flexibles Regelsystem, das mit einem Minimum an Buchhaltung zurechtkommt. Die Kräfte der Spieler sind eher bodenständig, etwa auf dem Niveau wie man es in den Filmen "Tiger & Dragon" und "Hero" sieht.

Die einzigen negativen Punkte, die man QIN ankreiden kann ist die eher knappe Waffen- und Rüstungsliste (wobei bedacht werden muß, das viele der exotischeren Konstruktionen erst viel, viel später erfunden und eingesetzt wurden) und die Existenz eines Metaplots (kurz gesagt, es geht um einen Zusammenhang zwischen dem Streiten der Reiche und einigen Drachen...), welcher allerdings Problemlos ignoriert werden kann.

Beide Daumen hoch; wer Wuxia ohne Buchhaltungssoftware und Monstercrunch beim Kämpfen spielen möchte, ist hier goldrichtig.

-Silver


P.S.: Das Buch ist momentan nur als PDF auf DrivethruRPG.com zu bekommen; eine gedruckte Fassung wird für September/Oktober erwartet.

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