Nicht einmal der Tod

Salomé

stupid fucking rope
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15. Juli 2003
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Komm, lüg mich an, lüg mir ins Gesicht. Ich weiss, du wirst es tun und ich warte nur darauf, dass es endlich geschieht.
„Ich liebe dich, mein kleiner Engel.“ Siehst du, es war doch ganz einfach. Warum hast du so lange gezögert mir diese säuselnde Lüge unterzuschieben?
Du nimmst mich in den Arm und ich pflücke in aller Ruhe die blonden, langen Haare von deinem Jackett.
„Ich hab dich so vermisst.“ „Wir haben uns doch gestern erst kennengelernt...“ „Aber seitdem verging keine Sekunde, in der ich nicht an dich denken musste...“
Ich lächle, weil ich mir nicht sicher bin, ob diese Haare nun deiner Frau – oh ja, ich hab den Abdruck deines Eheringes längst bemerkt, der Ring, den du schnell in deiner Tasche hast verschwinden lassen, als du mich gestern in der Kneipe entdeckt hast – oder deiner Sekretärin gehörten. Aber eigentlich ist es auch egal, denn ich weiss, dass du den Beiden jeweils die gleichen Lügen servierst, mit denen du mich hier abspeisen willst.
Du bist nicht besser, als all die, die vor dir von mir fasziniert waren, von der Unschuld die ich darstelle. Ich, der kleine blonde Engel, mit einem Lockenkopf, der nach dem Aufwachen wirklich absteht, als sei es ein Heiligenschein, mit der blassen Haut, als hätte ich noch nie die Sonne erblickt, mit Augen, die so tief und glänzend sind, dass man in sie eintauchen und sich einfach darin verlieren kann. Du begehrst diese Unschuld an mir und du bist nur einer von vielen in der Reihe derer, die in Versuchung sind mir eben jene Unschuld einfach zu nehmen. Aber du wirst keinen Erfolg haben, nein, das wirst du nicht... aber noch bist du dir dessen nicht bewusst.
Deine schwieligen Finger streichen über meine Oberarme, sind in meinem Schoss und reissen mich aus meinen Gedanken. Deine Lippen sind bereits überall, auf meinem Rücken, meinen Schultern. Ich unterdrücke den Brechreiz, den du tief in meinem Magen verursachst. Ich frage mich immer wieder, warum ich es habe so weit kommen lassen, jedes Mal, wenn ich an diesem Punkt angekommen bin und trotzdem passiert es mir immer und immer wieder.
“Ich bin verheiratet“, murmel ich leise. Du fährst empor und starrst mich verwirrt an. Die spöttische Frage, die in dein Gesicht geschrieben steht, in dem abwiegelndem Schmunzeln in deinen Mundwinkeln, der Unglaube springt mich förmlich an. Ich weiss genau was du jetzt denkst, dass ich mit meinen zarten 16 Jahren bereits verheiratet bin ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Aber das bin ich, nach schottischem Recht.
„Das macht doch nichts...“ wiegelst du alles ab und willst mich ins Bett ziehen, aber ich springe auf.
„Weißt du, er sitzt im Gefängnis...“ Nein, es schockt dich nicht im Geringsten und ich beuge mich langsam hinab, um meinen Mantel aufzuheben und du missverstehst.
Natürlich missverstehst du... Jeder von euch hat diese Geste bisher missverstanden.
„Das macht doch nichts... und er erfährt es doch auch nicht. Komm wieder ins Bett.“
Du glaubst mir kein Wort. Und noch mehr: Es ist dir vollkommen egal, was ich sage. Du willst nur endlich besitzen, wonach dir schon so lange lüstet, nur um mich danach wegzuwerfen, als hättest du nie mit mir zu tun gehabt. Ich kenne Männer wie dich. Wegen Männern wie dir ist mein Geliebter im Gefängnis. Und genau das sage ich dir auch.
„Was soll das heissen, Männern wie mir?“ Du bellst mich an, fährst empor, doch du kommst nicht weit.
Denn eben in dem Moment, in dem du aufbegehren zu ersuchst, zuckt meine Hand vor. Die polierte Klinge des Katanas blitzt gefährlich im Schein der Deckenlampe auf. Mit einem leisen Surren zerteilt das edle Schwert die Luft, die uns Beide als einziges voneinander trennt, um nur wenige Millimeter vor deinem Gesicht zu verharren.
„Wegen Männern wie dir. Männer, die sich nehmen wollen, was sie nicht verdient haben.“
Du starrst mich an und ich kann deine Angst förmlich riechen, die aus jeder Pore deines Körpers kriecht, gepaart mit dem Schweiss, der dir nun kalt auf der Stirn steht.
Du begreifst, endlich... aber viel zu spät.
Meine Hand zuckt zurück und das Schwert, dass wie eine Verlängerung meines Armes wirkt, nicht etwa wie ein Fremdkörper, den ich nur festhalte, zeichnet eine geschwungene Acht durch die Luft. Du ziehst scharf die Luft ein und scheinst noch nicht realisiert zu haben, was eigentlich passiert ist, bis du die feinen Blutspritzer auf meiner bleichen Haut entdeckst. Dein Blick, von Entsetzen und wilder Panik gepaart lässt mich wieder dieses tiefe Mitleid empfinden, dass mich jedes Mal überkommt, wenn es soweit ist. Also bringe ich es hinter mich und schenke dir einen schnellen, schmerzlosen Tod, denn du hast ihn verdient. Männer wie du sind Schuld, dass ich von meinem Geliebten getrennt bin.

„Jean, mein Liebster. Endlich. Ich dachte du kommst nicht mehr.“
In luftiger Höhe kauere ich auf dem Fenstersims deiner Gefängniszelle und drücke mein bleiches Gesicht an die Gitterstäbe, um dich küssen zu können.
„Ich hatte noch etwas zu erledigen.“
Du fragst schon lange nicht mehr nach dem Blut auf meiner Kleidung, in meinem Mundwinkel. Du fragst auch schon lange nicht mehr danach, warum ich dich des Tags nicht mehr besuche, warum meine Haut sich seltsam klamm anfühlt oder warum ich noch keinen Tag gealtert bin, seit du ins Gefängnis kamst, während du bereits dein jugendliches Aussehen eingebüsst hast und zu einem erwachsenen Mann herangereift bist.
„Jean, du weißt doch, dass ich mir Sorgen mache, wenn du nicht...“ „Niemand kann uns trennen, Ian.“ Ich lächle und du schlingst die Arme um meinen toten Körper, der sich in deiner Gegenwart so lebendig anfühlt, als wäre alles wieder so wie früher. „Nicht einmal der Tod...“ höre ich mich selbst, wie von ganz fern flüstern und in diesem Moment ist mein Entschluss gefasst: Ich werde dich hier rausholen und ich werde dich küssen.
Niemand wird uns jemals trennen, Tenshi... Nein, nicht einmal der verdammte Tod.



A.I.M 29/2/04
 
"Ich sitze hier und staare dich an, niemals war ich mir mehr bewußt als gerade in dem Augenblick. Du, bist einzigartig. Ich möchte dir sagen das ich dich liebe, aber Liebe allein wird nicht im mindesten dem gerecht dessen was ich dich für dich empfinde. Ohne dich bin ich nichts, eine leere Hülle die darauf wartet von dir gefüllt zu werden. Ohne dich sterbe ich. Den meine Seele braucht deine Seele und mein Leib braucht deinen Leib. Es ist keine leere Floskel wenn ich dir sage ich kann ohne dich nicht exestieren. Gnadenlos und hofflungslos bin ich dir verfallen. Bin süchtig nach dir, du bist mein Opium.Weißt du das ich dich mehr als mein Leben liebe, dass du alles für mich bist, alles was für mich noch zählt? Ich kann nicht aufhören an dich zu denken. Ich wünschte ich könnte die Luft sein die du atmest und ich wünschte ich wäre anders, um dir gerecht zu werden. Ich will deine Narben für dich tragen und ich will deine Kämpfe kämpfen. Wäre ich nur halb so ein Mensch wie du es bist, dann wäre ich perfekt."

Wie gern würde ich dir soetwas schreiben? Aber ich kann es nicht, weil ich dumm bin. In meinem Kopf stehen die Worte so deutlich, doch habe ich einen Stift in der Hand zerbersten die Buchstaben in einem wirren Strudel.

Jean, mein Jean. Wann nur kann ich wieder bei dir sein? Ja, ich habe getötet, ja ich weiß es sollte mir Leid tun. Nein, das tut es nicht. Niemals.

Weißt du wie es damals war? Dich zu sehen? Wie ein aufgeschrecktes Kücken hast du dich in die Wand gedrückt und hast ihn angestaart. Jean, ich weiß das du es wegen mir getan hast. Du, bist ein Kämpfer, mit Leib und Seele. Ja, ich bin schuldig. Ich bin ein Mörder und ich bin dein Sklave.

Ich habe die Narbe gesehen die er dir zugeführt hat. Wie ein wildes Tier bin ich auf ihn gesprungen habe nach ihm geschlagen mit aller Kraft die ich mobilisieren konnte. Blind vor Zorn, der sich wie ein Geschwürr in meinen Eingeweiden gefressen hatte und ich schlug, ich schlug so fest ich konnte. Sein Jochbein platze unter meinen Hieben weg und ich konnte nicht aufhören. Ich konnte es einfach nicht. Als sein Blut aus der Nase tropfte wie Wasser, da erregte es mich. Meine Rache für dich war alles was ich in dem Moment hatte, war alles was ich brauchte. Er flehte um Gnade, aber er bekam sie nicht. Denn er hatte gegen dich die Hand erhoben. Ich drosch auf ihn ein bis meine Arme ganz lahm wurden und die übersäuerten Muskeln anfingen zu zittern, aber noch immer wollte mir mein Herz keine Ruhe gönnen und so erhob ich den schlaffen Leib und mit den letzen Kraftreserven donnerte ich seinen Kopf gegen die Wand. Weißt du das sein Genickbruch bis in meine Schulderblätter vibrierte? Als sei ich seine Verlängerung. Ja und dann wurde ich so müde, so unsagbar müde.

Jean, a ghráidh! Habe ich dir gut genug gedient?


NVG
 
Super! Sehr geil.

(Auch wenn ich die Brücke von Teil1 auf Teil2 nicht so recht schlagen kann...)
 
Out of Character
Ich push es mal hoch. Die selben Charaktere, ein anderer Zusammenhang, eine andere Geschichte:


Ja, es tat ihm schon wieder leid, so wie es meist der Fall war. Aber seine eigenen Fehler zuzugeben war schier unmöglich und nagte tief an seinem Stolz. Aber dennoch. ER hatte gesehen wie Sean ihn angesehen hatte, aber darüber hinaus war das Vertrauen zu seinem Mann größer als alles, es brauchte nur seine Zeit bis er das einsah.
Er hatte sich großzügig an Lilys Blumen im vorgarten vergriffen als er sich aufmachte nach Jean zu suchen, wissend das er ihm Verzeihen würde, so wie Ian ihn ebenfalls alles verzeihen würde.
Vielleicht lag es in der Luft, vielleicht war es die Art wie der Wind schwieg aber noch bevor er die Wiese betrat auf der Jeans lebloser Körper lag, wusste er das etwas schreckliches geschehen war. Er spürte es...im Herz...weil eine Faser einfach zerriss auf das man sie niemals mehr würde kitten können.
Vielleicht war es auch der Grund, dass Schotten einfach den Tod und seine Gesichter kannte, bei ihrer bewegten Geschichte durchaus verständlich.
Er sah Jean und er sah das Blut, die große Lache in der er lag, Jeans Lebensblut, Ians Herzblut erschreckend wie klar er sehen konnte ohne das der Schmerz ihn auf der Stelle übermannte und ihn schier in den Wahnsinn trieb. Mit kühler Berechnung beugte er sich zu seinem Geliebten und hauchte ihm einen Kuss auf die kalte Stirn. Ian sah kein Blut mehr, dass unter Jeans heller Haut in den blauen Venen pulsierte, seine grausige Bestandsaufnahme ging weiter, während Ians Blut anfing zu kochen und sich in Lava verwandelte. Jean war tot....tot...tot.
Und neben ihn lag bewusstlos eine blutverschmierte Perry. Jean hatte verloren, doch er war nicht ohne Kampf gegangen und seinen Kampf...würde Ian vollenden. Das Perry nicht die jenige sein könnte, die Schuld an Jeans Tod hatte kam ihm nicht in den Sinn. Er brauchte einen Schuldigen. Die Schuldige lag hier vor ihm.
Ungeachtet ihrer Ohnmacht und ihrer Verletzung riss Ian sie an den Haaren empor. Der Schmerz durchbohrte Perry wie einen Pfeil und sie stöhnte gequält auf. Zeit für erklärende Worte hatte sie nicht. „SIEH MICH AN“ schrie Ian ihr mit gellender Stimme entgegen und riss solang ihren Kopf herum bis er einen ganzen Büschel Haare in der Hand hatte. Er wusste etwas schreckliches war geschehen, aber er war nicht in der Lage zu fassen, dass es bedeutend würde, das sein Geliebter niemals mehr neben ihm erwachen würde. Perry winselte und versuchte sich los zu machen, kraftlos schlug sie nach ihm. Ians Zorn, Trauer, Wut und Schock waren gefährliche, zerstörerische Waffen die er einzusetzen wusste. Das Blut trommelte in seinen Ohren. Wie die Trommeln der Vergangenheit die seine Clansbrüder in den Krieg hatten ziehen lassen. Ian holte aus und donnerte mit aller Kraft seine Faust in ihr Gesicht. „Du wirst sterben und ich werde dich töten. Nicht heute, nicht morgen, sondern jeden Tag ein Stück.“ Seine dunklen Augen loderten und er war wie ein wildes Tier das Blut geleckt hatte und immer noch mehr wollte. „Tut das weh? TUT es weh?“ und in seinen gepeinigten Blick mischte sich der schiere Wahnsinn über den Verlust, des Liebsten was er auf der Welt besaß. Ohne Rücksicht auf Verluste schleuderte er sie hart auf den Boden, Perry die einfach unfähig war sich zu rühren versuchte davon zu krauchen. Erfolglos. Mit aller Macht trat Ian auf sie ein und zerschmetterte ihr ohnehin schon lädiertes Bein. „Irgendwann wirst du mich anflehen, dass ich dir den Tod schenken möge. Ich habe nichts mehr was mich antreibt. Aber du wirst Tausende male für seinen Tod büßen.“ Er war ein Barbar und er fühlte sich noch nicht mal schuldig dabei, da sein Gewissen tot zu seinen Füßen lag. Perry schrie, sie winselte, sie weinte und als ihr Bein brach holte sie die Bewusstlosigkeit in die schützende Umarmung.
Ian beugte sich in die Knie und hob Jeans leblosen Körper auf die Arme und nun gab es keinen Zorn mehr, keine Wut aber der Schmerz der ihn in den Wahnsinn katapultierte. Sein Atem entwich seinen Lungen wie das Pfeifen eines Dudelsacks und er trug Jean davon um mit ihm unter einen abgelegenen Baum die Sonne untergehen zu sehen, auf das Jeans Seele zum Himmel fliegen konnte und vielleicht hatte Gott ein Einsehen und erlöste Ian gleich mit.
 
Zuerst einmal: Handwerklich ausgezeichnet, manchmal übertreibt ihr ein wenig mit der Dramatik, die Geschichten gewinnen dadurch aber mehr als sie verlieren.
Alle drei Teile sind sehr gut. Das Problem, dass ich dabei sehe ist, dass der erste Teil in sich abgeschlossen ist. Er erzählte eine Geschichte, transportierte eine Stimmung, besaß eine Kernaussage. Ich hätte diesen Teil so gelassen wie er war und ihn seinen würdigen Abschluss gelassen.
 
*Loumalebenzustimmt*
War auch mein Gedanke. Das, was ganz oben stand, war sehr schön rund in sich, alles danach hat dann irgendwie - hm, *passendeWortesuchtundnichtfindet* - wie, wenn man einen Kreis öffnet, und dann isses einfach keiner mehr, aber was neues ganzes isses irgendwie auch nichtmehr...
(Hoffe mal, ich mach mich da jetzt nicht allzu unbeliebt...)
 
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