Musikneuvorstellungen

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Seit es kein anständiges Radio mehr gibt (also seit der Privatisierung des Radios/TVs) kommt mir seh r viel Musik gleich und "zurechtgestylt" vor. Richtig gute Neuvorstellungen oder Geheimtipps gibt es selten. Deshalb dachte ich mir, fang' ich einfach mal einen Strang an, um danach zu fragen.

Mir gerade untergekommen sind die Indians:
 
Mir spukte ein ähnlicher Thread schon seit einer Weile im Kopf herum, jetzt warst du schneller... :oops:

Kürzlich entdeckt und enorm angetan hat es mir die französische Band Dionysos. Aufmerksam geworden durch das Buch "Die Mechanik des Herzens" von Mathias Malzieu, dem Sänger der Band und das dazugehörige Album "La mecanique du coeur". In dem Buch geht es um einen Jungen, dessen Herz zu schwach ist und deshalb eine Kuckucksuhr als Schrittmacher eingesetzt bekommt. Er verliebt sich in eine fast blinde Tänzerin, die viel zu eitel ist und deshalb nie ihre Brille aufsetzt und reist ihr mit Georges Meliérs bis nach Andalusien nach.
Wer aufgrund des Covers eine niedliche kleine Steampunk-Liebesgeschichte erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Alle anderen erwartet eine sehr leidenschaftliche Geschichte mit interessanten Charakteren, Ecken und Kanten und kleinen frivolen Elementen.

Das Album behandelt die Stationen des Buches und gibt sie musikalisch wieder. Dabei wechselt die Band nonchalant zwischen allen möglichen Stilrichtungen hin und her und es finden sich Elemente aus Rock, Chanson, Rockabilly, Hip Hop, Filmmusik aus Spaghetti-Western und Industrial wieder, alles sehr harmonisch ohne aufgesetzt zu wirken. Die Texte sind sowohl französisch als auch englisch, was aufgrund des charmanten französischen Akzents des Sängers sehr niedlich klingt. Ich sag nur Spaghetti-Western aus dem Lied L´homme sans trucage (mein persönlicher Liebling)... Außerdem wartet eine Coverversion von "Oh when the saints...", die sehr an Nick Cave erinnert.

Die früheren Alben Haiku und Western sur la neige weisen noch nicht die kompakte Struktur und Eleganz des späteren Werkes auf und wirken etwas roher, allerdings ist der sehr eigene Stilmix schon erkennbar und man merkt, in welche Richtung sie sich entwickeln werden. Entwickelt haben werden. Ihr wißt schon...

Le jour plus froid du monde von La mecanique du coeur


Don Diego von Western su la neige


Cocinelle von Haiku
 
Ich habe gerade gesehen, daß der Strang besser in die Medien passen würde . . . wenn ein Mod das liest, dann kann der Strang gerne verschoben werden, danke.

Die neue Hoffnung der Deutsch-Rock-Szene - Selig:
 
Neu? Die sind noch aus der Mitte der 90er... ;) Haben sich aber mal 10 Jahre Pause gegönnt, so ungefähr. Kennt das noch jemand?



Die folgende Band hab ich mal eher zufällig mitbekommen. Thomas Wollny ist ja schon so ein kleiner Ausnahme-Pianist der deutschen Jazz-Szene und mit seiner Band [em] macht er im klassischen Jazz-Trio (Klavier, Bass, Schlagzeug) echt gute Sachen. Am interessantesten ist die Punk-Attitüde, mit der die drei Musiker an ihre Sachen herangehen, so daß recht eigenwillige Ergebnisse entstehen. Von Cembalo-Klängen geht es da bis zu einer der genialsten Coverversionen von "Das Modell" von Kraftwerk.

 
Muß zugeben, ich steige teilweise völlig aus dem Mustopf. In den Neunzigern hatte ich weder Fernsehen noch Radio . . . aber nett. Freut mich, daß da doch was gelaufen ist, nachdem die Sender nicht mehr gezwungen wurden 20% Deutsche Lieder zu bringen. Ich vermisse ja die Deutsche Welle immer mal wieder
 
Vielleicht jetzt mit Label kein absoluter Geheimtip mehr, aber immer noch eine Empfehlung: Coppelius, die einzige Band mit Butler. Von Freunden mal mit auf ein Konzert genommen und Wahnsinn, was für eine Show! Die Musik wurde schonmal als "Kammer-Core" bezeichnet, aber so richtig steht sie zwischen allen Stühlen. Zwei Klarinetten + Gesang, Cello, Bass und Schlagzeug, dazu Klamotten (und Stil!) aus dem 19. Jahrhundert sowie der bereits erwähnte Butler sorgen für eine intensive und aufgeheizte Stimmung. Dabei ist der Butler auch der einzige, der zwischen den Songs die Ansagen macht, ansonsten nimmt er den Herren die Hüte und Mäntel ab, serviert auch mal im Publikum den einen oder anderen Absinth oder darf (ganz allein!) mal auf eine Triangel (gibt es auch im Band-Shop...) hauen oder den Schlagzeuger gleich ersetzen, wenn er einen Anruf aus Japan bekommt.
Einmal waren sie hier mit sage und schreibe acht Zugaben und haben insgesamt fast drei Stunden gespielt! Das Publikum kannte kein Erbarmen und irgendwann sind sie im wahrsten Sinne des Wortes von der Bühne geflüchtet...
Zum Teil erinnert die Musik vom Aufbau an X-Japan, ist aber erfreulich eigenständig und bietet von langsameren Grotesk-Balladen bis hin zu Mosh-Pit-Anheizern ziemlich viel. Müßte eigentlich auf der grassierenden Steampunk-Welle ganz gut mitschwimmen können.

Video und Alben werden der Band nicht gerecht, das ist eine Band, die man live erfahren MUSS!
 
Mit dem kommenden siebenten Album sind sie zwar keine Neulinge mehr, aber dennoch laufen sie zum großen Teil unter dem Radar: Angizia.
Ursprünglich bin ich auf sie gestoßen, als ich geschaut habe, was die Jungs von Dornenreich sonst so machen und Eviga und Gilvan (damals noch) auch bei Angizia waren bzw. im Falle von Eviga immer noch sind. Tja, und was soll man sagen...
Sie sind auf jedenfall sehr seltsam und eigen, die Musiktheaterstücke, die einem hier präsentiert werden.
Aber damit man sich selbst ein Bild machen kann, einfach mal ein Probestück aus dem am 15. März erscheinenden Album "Des Winters finsterer Gesell"


Und zur Retrospektive:
Zu den ersten beiden Alben "Die Kemenate scharlachroter Lichter" und "Das Tagebuch der Hanna Anikin" kann ich nicht viel sagen, da sie (noch) nicht den Weg zu mir gefunden haben. Gefunden habe ich die Band mit dem Album "Das Schachbrett des Trommelbuben Zacharias". Darin geht es um einen Armeetrommler, der seine Gabe für das Schachspiel entdeckt gemäß der Idee seines Vaters, daß jede Schachfigur ein eigenes Leben hat und man damit, wenn man sich entsprechend in die Figuren hineindenken kann, den Ausgang einer Partie bereits vorher wissen kann. Sein größter Gegner wird der Kinderzar.
Draus das Intro "Pique Dame und Rachmaninow, 1904". Das Video ist nicht vorhanden, aber dafür das Lied.


Danach folgte "39 Jahre für den Leierkastenmann", in dem es um eine Gruppe jüdischer Kinder aus Lemberg geht, die aufgrund diverser Schicksalsschläge das fidele Leben von Straßenmusikanten und Zirkusleuten annehmen und in die Wirren beider Weltkriege geraten. Das ist das in meinen Augen am leichtesten zugängliche Werk der Truppe, die Begeisterung für jüdische Musik und Lebensweise ist stärker als in anderen Alben zu bemerken.
Daraus "Der Wein der Lumpensammler, 1923".


Das anschließende "Ein Toter fährt gern Ringelspiel" ist hingegen eher mau, die Deklamationen selbst für Angizia-Verhältnisse sehr exaltiert und die ebenfalls typische, fast schon mantra-artige Wiederholung von bestimmten Wendungen und Ausdrücken, die thematisch das jeweilige Album bestimmen, ist mir hier zu arg. Dennoch finden sich einige schöne Sachen wie zum Beispiel der "Totenackerswing". Das Album dreht sich um die nicht ganz so toten Bewohner eines Friedhofs und ihre diversen Neuzugänge.


Danach erschien mit "Kokon" wieder etwas ganz anderes, ein schaurig-schönes Schachtelstück, auf wenige Instrumente reduziert wird hier eine intensive und unheimliche Atmosphäre erzeugt, auch das Überdrehte des Vorgängeralbums ist nicht zu finden (wir sprechen aber immer noch von Angizia, also hat das nicht für alle was zu bedeuten...).
Hier das abschließende Stück "Neigung zum Nichts".
 
Früher haben wir als Kinder genau diese Art von Songs auch immer gemacht :D
Mittlerweile stehe ich mit meinem Alter langsam zu meiner Einfältigkeit und muß nicht mehr krampfhaft daraus ausbrechen. Höre auch gerne Folk, Country, solide Soul-Jazz Geschichten, das andere macht mich einfach nervös . . . außer Punk ;)
 
Naja, das gehört eben so zum Stil der Band. Ich find´s spannend. :D

Vorhin gerade gehört: Atoms for peace mit "Judge Jury and Executioner". Thom Yorke von Radiohead, Flea von RHCP, das wird doch was. Das Album "Amok" ist im Februar erschienen und bietet interessante Rhythmen, verschachtelte Aufbauten und spannende Klangräume.



EDIT: Und wenn es schon um Klangexperimente geht: Pantha Du Prince hat mit "Elements of Light" ein elektronisches Album abgeliefert, das sich mit der Aufgabe beschäftigt, Licht mittels Glocken hörbar zu machen. Die Glocken selbst wurden im Studio eingespielt und mit elektronischem Krimskrams untermalt.

 
Seit es kein anständiges Radio mehr gibt (also seit der Privatisierung des Radios/TVs) kommt mir seh r viel Musik gleich und "zurechtgestylt" vor.

Nme.com?
http://www.nme.com/
haben auch ein eigenes online-radio.
Ansonsten: www.radio.de und channel mit genre-richtung seiner wahl eingeben? (hör da vor allem swing und glee (serie) radio)
Alternativ: Klassik-Radio hat nen Soundtrack, Lounge, Oper und Live - Kanal. www.klassikradio.de
 
Spielen, bis die Polizei kommt
Jetzt ist die Zeit für rohen Sound in ungeschliffener Pose: Die beiden Landstreicher Guaia Guaia und ihr Dada-Pop-Hop sind die Sensation des Jahres.

guaia.jpg
http://blog.zeit.de/tontraeger/2013/07/19/guaia-guaia_16236
 
Wie meinstn das? Ich hatte da halt ne Metal-Sendung und alle die ne Sendung hatten mussten da hin. Da lief dann deutscher Reggae und so ne Grütze und die neue Platte von AC/DC bspw. war "viel zu hart". Wie ich diese Sitzungen gehasst hab:mad: Aber ne eigene Metal-Sendung hätte ich schon ganz gerne wieder:whistle:
 
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