Mehr Regeln, besseres Spiel

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Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen? Ist es den Vertretern dieser Meinung wirklich noch nie untergekommen, dass ein mechanisches Element ein erzählerisches inspiriert hat? Beispielsweise eine eindrucksvolle Szene durch einen Würfelwurf provoziert, eine schöne Hintergrundgeschichte wegen eines dem Spieleffekt halber gewählten Vorteils entworfen, eine Fantasy-Dynastie mit all ihrem Hofzeremoniell und ihren Intrigen auf der geschickten Kombination obskurer Zusatzregeln gegründet wurde?

mfG
jjf
 
AW: Mehr Regeln, besseres Spiel

Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen?
Fördern tun sie das, abseits von konventionellem Regelschwerpunkten, wohl nur in Spezialaspekten.
Versuche ich diese starke Verregelungen aber generell innerhalb eines Spieles durchzusetzen, dann wirds doch sehr staubtrocken.

Ich würde daher eher weniger verregeln und den fluffigen Part der Spielgruppe überlassen. Spiele und Spieler brauchen manchmal Sonderrregeln/Hausregeln. Und wir wollen ihnen ja den Freiraum für ihre eigenen Schwerpunkte nicht nehmen, oder? ;)
 
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Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen?

Weil es halt nicht intuitiv klar ist, wie man Regeln in einem Rollenspiel richtig einsetzt. Deshalb wird es als störender Eingriff (und damit spielspaß-hemmend) gesehen, wenn die eigene Vorstellung dadurch verändert wird.

Dass die eigene Vorstellungskraft gerade durch den Gebrach der Regeln angeregt, unterstützt und auf Spielbarkeit hin gelenkt werden soll; das scheint manchen Rollenspielern nicht bewusst zu sein.
 
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Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen? Ist es den Vertretern dieser Meinung wirklich noch nie untergekommen, dass ein mechanisches Element ein erzählerisches inspiriert hat? Beispielsweise eine eindrucksvolle Szene durch einen Würfelwurf provoziert, eine schöne Hintergrundgeschichte wegen eines dem Spieleffekt halber gewählten Vorteils entworfen, eine Fantasy-Dynastie mit all ihrem Hofzeremoniell und ihren Intrigen auf der geschickten Kombination obskurer Zusatzregeln gegründet wurde?

mfG
jjf

Woher die Ansicht allgemein kommt, weiss ich nicht, aber ich kann dir sagen, warum ich das mal geglaubt habe: Ich habe lange Zeit ausschließlich DSA gespielt. Wie viele wissen, liegt der Unterschied zwischen DSA und einem Rollenspiel darin, dass ein Rollenspiel Regeln hat, die es erlauben, das Spiel in der vom Autor beabsichtigten Weise zu spielen, während DSA Regeln hat, die kein bisschen aufeinander abgestimmt sind oder irgendeiner gemeinsamen inneren Logik folgen würden und grundsätzlich genau das Gegenteil von dem bewirken, was die Autoren als Spielstile propagieren (nicht, dass sie sich ab der zweiten Edition jemals auch nur in Ansätzen einig gewesen wären). Ich will hier aber nicht über ein einzelnes System herziehen, denn DSA ist keine Ausnahme. Die allermeisten Systeme machen genau den selben Fehler und es war bloß (mehr oder weniger) Zufall, dass ich meine schlechten Erfahrungen ausgerechnet mit DSA gemacht habe. Von den wenigen Spielen, die man überhaupt by the book spielen kann, hat es noch keines geschafft, 100%ig das zu sein, was ich haben will.

Von dieser Ansicht abgewichen bin ich dann als ich festgestellt habe, dass man Regeln ändern kann. So spiele ich zwar nie by the book, aber stets regelgetreu.
Ich muss auch keine Charakterkonzepte mehr wegschmeissen, weil sie nicht von den Regeln abgedeckt werden und keine Würfelergebnisse fälschen, um meinen Charakter nicht zu entwürdigen.
 
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Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen?

Wahrscheinlich von Menschen, die nicht Willens sind, bessere Regeln zu entwerfen und/oder zu benutzen. Dafür gibts zwar in manchen Fällen gute Gründe, meist ist es aber Bequemlichkeit.

Ist es den Vertretern dieser Meinung wirklich noch nie untergekommen, dass ein mechanisches Element ein erzählerisches inspiriert hat?

Mir passiert das zumindest häufiger, ich kann da z.B. die Spirit of the Century Charaktererschaffung empfehlen, wo mechanische und erzählerische Elemente sehr schön verwoben werden.
 
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Mir passiert das zumindest häufiger, ich kann da z.B. die Spirit of the Century Charaktererschaffung empfehlen, wo mechanische und erzählerische Elemente sehr schön verwoben werden.

Hmm... kannst du das näher erläutern? Ich kenn das Spiel leider nicht.
 
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Ein Mindestmaß an Regeln sollte schon sein, aber bitte nicht soviel, das man davon erschlagen wird.
Keine oder wenig Ausnahmen, wenige Sonderregeln und bitte klar und stimmig strukturiert, ansonsten wird das Rollenspiel einfach zu problematisch in Arbeitsaufwand.
 
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Ja, wie schon Roland und Cyberdjinn sagen: Der Grund ist wahrscheinlich, dass viele Rollenspieler durch schlechte Regeln, die eben genau das nicht bewirken, verbrannt sind.
 
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Und wir wollen ihnen ja den Freiraum für ihre eigenen Schwerpunkte nicht nehmen, oder?

Dann müsste das beste Rollenspiel ein leeres Blatt Papier sein. Das ist zwar eine Meinung, die man sicher vertreten kann, dennoch ist es recht interessant, dass auch hier im Forum regelmäßig Rollenspiele, die aus mehr bestehen als einem leeren Blatt besondere - und besonders positive - Erwähnung erfahren...

mfG
jjf
 
AW: Mehr Regeln, besseres Spiel

Man kann immer noch die Regelmechanismen vergleichen und DSA ist ein Alptraum verglichen zu D&D.
 
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Der Grund ist wahrscheinlich, dass viele Rollenspieler durch schlechte Regeln, die eben genau das nicht bewirken, verbrannt sind.

Oder von solchen verzogen wurden. Regeln können wunderbar eine Geschichte "schreiben" (ungeplanter Charaktertod, SCs erfolgreicher als SL sich das dachte, etc.). Und gute Regeln - auch komplexere - machen SPASS wenn man sie anwendet. Nur ist das halt problematisch, wenn Spieler sagen "ich will von vorn herein wenig Regeln, weil Regeln und G'schichtenerzählen sind zwei einander diametral gegenüberstehende Pole!"
 
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Woher kommt eigentlich die Ansicht Regeln würden "dem Spiel" (im Sinn von: der Fiktion) im Wege stehen?
Kann ich - wie die anderen hier im Thread - auch nur vermuten.

Ich kenne diese Ansicht NUR und AUSSCHLIESSLICH aus einschlägigen Rollenspiel-Foren (und da auch nur von bestimmten Leuten geäußert).

Mir ist diese Ansicht VÖLLIG fremd.

Durch die gemeinsame Akzeptanz der Regeln akzeptieren doch ALLE Spielenden (Spielleiter wie Spieler), daß das, was aufgrund der Anwendung des Regelwerks an FAKTEN in der Spielwelt geschaffen wird, für alle verbindlich ist.

Und so kann der größte Evil-Overlord-NSC bei seinem theatralischen Abgang(sversuch) auch mal einen Kritischen Fehler würfeln und schmählich der Gnade der SCs ausgeliefert sein, statt sich in späteren Abenteuern als Nemesis zu profilieren. - Und der strahlende Held kann beim entscheidenden Schlag gegen das Bossmonster daneben hauen. Bei unserer D&D 4E-Testrunde so passiert - das Würfelglück war nicht mit dem Paladin und so hatte er zwar den Sieg maßgeblich vorbereitet, aber das mit seinem Leben bezahlt. Bei anderen Regeln, bei anderen Regelwerken hätte er es vielleicht überlebt. So hatte aber der letztendliche Sieg eine Note des Verlusts bekommen.

Manchmal schreiben die Würfel die SPANNENDERE Wendung der Geschichte als sich JEDER der Spieler und auch der Spielleiter das ausdenken könnte. - Klar sind manche Spieler bei erzählerisch orientierten Spielen in der Lage aus dem Stegreif überraschendste Wendungen zu fabulieren. Aber solche Spieler sind rar gesät und es ist auch nicht jedermanns Sache sich einfach einen Mißerfolg, ein Scheitern seines Charakters, seiner Identifikationsfigur "daher erzählen" zu lassen, "weil es so die bessere Story gibt".

Regeln nehmen auch den Unannehmlichkeiten des Charakterlebens (oder -sterbens) den Stachel des Ausgeliefertseins der persönlichen Willkür eines anderen Mitspielers. - Somit sind auch härtere Konsequenzen im Spiel eher akzeptabel, wenn sie von einem gemeinsam verwendeten Regelwerk durch Anwendung der Regeln entstehen.

Ist es den Vertretern dieser Meinung wirklich noch nie untergekommen, dass ein mechanisches Element ein erzählerisches inspiriert hat?
Offensichtlich nicht.

Dabei sind GERADE Rollenspiele mit Regelsystemen, die interessante Hintergrundelemente abbilden, für so etwas die Paradebeispiele. - Was alles in Deadlands aus einem Backlash eines Hucksters, ganz nach den Regeln, an Wendungen, Komplikationen, Charakterspiel resultiert, das gäbe es OHNE diese Backlash-Regeln nicht. So etwas würde sich niemand ausdenken, weil es ja nicht klar dargelegtes Setting-Element ist.

Ein Rollenspiel schafft mit Setting-Fluff und Regelmechanismen eine solide Grundlage, auf der die Phantasie und Kreativität der Spieler das Bild ihrer Charaktere, das Bild der Welt malen und alles in Bewegung setzen.

Das "weiße Blatt" ist KEIN Rollenspiel. Ohne einen Ansatzpunkt GIBT ES NICHTS, was man spielen könnte. - Wenn man "alles" spielen kann, dann spielt man eigentlich NICHTS, denn ohne Beschränkungen (und sei es das grobe Genre zu wählen), kann sich die Kreativität an nichts "reiben" und so keine Funken der Inspiration versprühen.

Das ist kreatives Vakuum.

Dass die eigene Vorstellungskraft gerade durch den Gebrach der Regeln angeregt, unterstützt und auf Spielbarkeit hin gelenkt werden soll; das scheint manchen Rollenspielern nicht bewusst zu sein.
Das ist ein bedauerlicher Mangel an Phantasie.

Ich mag z.B. zufallsbestimmte Charaktererschaffung - gerne mittels Lifepath, gerne mittels ausgedehntem Lifepath. - Das ist schon ein Spiel im Spiel. Das ist schon ROLLENSPIEL, weil man sich bei den auf Tabellen ausgewürfelten Ergebnissen mit eigener Phantasie und Kreativität ein "Warum" für die Ergebnisse einfallen läßt und die Ergebnisse miteinander vernetzt. So entfaltet sich aus einer "nackten" Zahlenreihe an Würfelwürfen ein Charakter, der NICHT vom Spieler gottgleich vorherbestimmt wurde, sondern wo der Spieler das, was die Götter des Zufalls ihm an Eigenschaften gegeben haben, mit eigener Kreativität zu einem WIRKLICH DREIDIMENSIONALEN Charakter modelliert.

Ich habe auch gute Erfahrungen mit Abenteuer-Generatoren gemacht. - Den einfachsten hätte man mit den 36-Plots von S.John Ross. Man wählt oder würfelt einen davon aus, nimmt noch einen zweiten als Komplikation und dann "meditiert" man darüber. - Heraus kommt ein cooles Szenario, das man aus eigener, UNINITIALISIERTER Kreativität nie so hinbekommen hätte, wie mithilfe dieses Kristallisationskeimes.

Epische Helden haben legendäre Erfolge und tragisches Scheitern an sich. Doch wenn mir jemand für seinen Charakter (z.B. nach Daidalos-"Nicht-Regelsystem" oder nach Arkana-"System") völlig UNMOTIVIERT Isoldes Liebestod für seinen Charakter nachstellt, dann finde ich das unglaubwürdig.

Würfelwürfe, Karten, sonstige Zufallsfaktoren und Resource-Management gepaart mit Regelanwendung ERHÖHT die Glaubwürdigkeit dessen, was gerade zu einem FAKT in der Spielwelt wird.

Wenn die Priesterin die Straßenräuber nicht "zerschmettert", sondern nach den Regeln BEKEHRT und sie dann mit einer Handvoll loyaler Gefolgsleute in die Ortschaft einzieht, statt zerschlagen und blutend sich dorthin zu schleppen, dann hat das eben schon die Geschichte geändert. Und es wurden FAKTEN geschaffen, die vielleicht anders sind, als es der Spielleiter (und auch der Spieler) gedacht hatten, aber die eine interessante(re) Geschichte erlauben.



Es ist jedoch nicht zwangsläufig so, daß "mehr Regeln" gleichbedeutend mit "besseres Spiel" ist.

Es muß heißen "mehr GUTE Regeln, besseres Spiel".


Auch Regeln können unglaubwürdige Ergebnisse erzeugen. Manche Regeln können schlichtweg in der Abwicklung JEDEN nerven und ärgern. Regeln können umständlich und der Bedeutung dessen, was geregelt wird, für die Gesamtkampagne überhaupt nicht angemessen sein.

Regeln transportieren IMMER auch ein Stück der Stimmung, des Settings. - Sogar generische Regelsysteme tun das - nur kann es sein, daß viele Settings mit Generika irgendwie "gleich schmecken", doch muß das nicht sein (vor allem nicht, wenn eine Settinganpassung etwas taugt - "gute Regeln" eben).

Taugliche Regeln sorgen für die Glaubwürdigkeit eines Settings - vorausgesetzt man wendet sie auch an!
 
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Was u.a. Vermi sagt: Viele Spieler kennen nur schlecht gemachte Regeln, die ihren Zweck nicht erfüllen, und schließen daraus dass sie der Feind sind.

Zornhau:
Du Glücklicher, ich kenne das umgekehrt. Diejenigen die Regelkontakt als positiv empfinden treffe ich vor allem online, während ich mich draußen wo der Pizzamann herkommt mit DSA- und WoD-Sozialisierten rumärgere die diese Einstellung vertreten, was nicht ganz unberechtigt ist wenn man gesehen hat wie deren Regeln dem Spiel in die Quere kommen und schließt dass es anderswo ähnlich aussehen muss.

Nicht umsonst glaube ich dass es wirklich Hirnschäden gibt.
 
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Ummm... nicht jedes Spiel bzw Genre BRAUCH viele regeln. Ich meine, Toon mit einem Regelgerüst wie Hero, Rolemaster oder d20 spielen zu wollen wäre, wie wenn man einem häschen einen amboss anbinden würde, oder? Bei einem Hard-SF RPG erwarte ich dagegen ein gewisses maß an regelgerüst.
 
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Ich habe leider viel zu oft eben genau jene Erfahrungen gesammelt wie Skyrock... :(
 
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Taugliche Regeln sorgen für die Glaubwürdigkeit eines Settings - vorausgesetzt man wendet sie auch an!
Fixed for truth!
Das Problem an Regeln ist, dass sie nicht ausreichend beherrscht werden. D'rauflosspielen ist halt viiieel einfacher.
Lieber mit weniger Regeln, als mit falsch oder willkürlich angewendeten! Mehr gute Regeln = besseres Spiel gilt dann, wenn insbesondere die Spielleiterin ;), aber auch die Spieler eine gewisse Souveränität im Umgang mit dem System besitzen.


Gute Regeln helfen beim Schaffen von Fiktion. Sind Quelle für Kreativität, gerade wenn man weniger gut 'drauf ist.
Blablabla... => Was Zornhau schrieb.
(Ich will endlich mal Rolemaster ausprobieren :( )

Freeform mag ich zwar auch. Meine Feststellung ist aber, dass der Spielspaß sehr viel mehr von der Tagesform der Spielenden abhängt als bei "konventionellem Rollenspiel".
 
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