Mecha

Silvermane

Wahnsinniger
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Zunächst mal ein paar Links:

Mecha Quickstart
Mecha

Tja, was soll ich sagen...gelesen und für gut befunden, allerdings wird es definitiv nicht jedermanns Geschmack sein. Aber mal der Reihe nach...

Mecha ist ein (halb-)universelles Rollenspielsystem mit und um Mechs. Es ist definitiv im Rules-Light-Bereich einzuordnen, und legt grossen Wert auf Genreemulation - wobei das angepeilte Genre sich am besten als "Mecha-Anime" zusammenfassen lässt. Gundam, Armored Trooper Votoms, Genesis Climber Mospeada und wie sie alle heissen, Mecha emuliert sie. Sogar besser als die "klassischen" Mechrollenspiele wie Heavy Gear oder Mekton Zeta. Primär dadurch, das Mecha "Verlängerungen" des Piloten sind anstelle von 2 Seiten Extracrunch auf dem Charakterblatt, die erstmal in mühevoller Kleinarbeit durchgerechnet werden müssen.

Es gibt 6 Skills (Field Ops, Mecha Combat, Personal Combat, Medic, Repair und Social) und 4 Attribute (Strength, Willpower, Intelligence, Agility), und Mecha bestehen aus 4 Attributen und 2 "Configurations". Das war's im Grossen und Ganzen auch schon - das Grundgerüst erinnert mich ein wenig an 3:16, Carnage Amongst The Stars, ist aber flexibler und nicht aktiv auf innere Streitigkeiten ausgelegt.

Zugrunde liegt dem Ganzen ein Würfelpoolmechanismus. Attribute rangieren von 1-6). Attribut x W6 werden gewürfelt, jeder Würfel unter dem dazugehörigen Skillwert (1-5) ist ein Erfolg. Einsen explodieren (geben also noch einen Bonuswürfel) und im Falle von gleichvielen Erfolgen geht die Runde an den Verteidiger.

So weit, so simpel. Mecha haben 4 Attribute (Armor, Weapons, Technology und Speed) die ebenfalls von 1-6 reichen. Diese werden auf die Grundattribute addiert, solange der Pilot in seinem Mecha sitzt. WAS GENAU WORAUF addiert wird, ist eine Stilfrage und dem Spieler überlassen - jedes Mechattribut muss einem Charakterattribut zugeordnet sein, wobei jedes Attribut nur einmal verlinkt werden darf.

Als praktisches Beispiel: Jemand der Armor + Strength verlinkt wird wie ein Fels in der Brandung auf dem Schlachtfeld stehen und ankommenden Schaden einfach ignorieren, da er von seiner Panzerung abprallt (idealisiert ausgedrückt), während jemand der Agility + Armor verlinkt eher wieselflink über das Schlachtfeld geistert und den gegnerischen Schüssen ausweicht. Wie viele andere Dinge in Mecha ist die Attributsverlinkung eine Stilfrage.

Die Verlinkten Attribute werden unter Attack, Defense, Movement und Engineering zusammengefasst und bilden die Grundattribute für den Kampf Mecha gegen Mecha. Waffen haben nur einen Namen, einen Typ und eine Optimalreichweite - der "Schaden" hängt vom Attack Attribut und der Entfernung zum Gegner ab.
Es sollte erwähnt bleiben das die Art der Verlinkung gleich bleibt, selbst wenn der Char seinen Mecha wechselt.

Mecha verwendet kein Geld, keine Ressourcenwürfe und hat keine exzessiven Ausrüstungslisten. Schaut euch die Vorbilder an: Hat jemals ein Protagonist nach Kleingeld fummeln oder sich Gedanken darüber machen müssen, woher die Ersatzteile kommen? Nein. Der Fokus liegt auf der Action auf dem Schlachtfeld und der Charakterentwicklung zwischen den Schlachten. Die einzige Ressource im Spiel ist "Overdrive", welcher durch besonders gelungene Würfe und soziale Szenen gewonnen wird. Overdrive ist mit Bennies oder Fatepunkten zu vergleichen und kann für Bonuserfolge ausgegeben werden, oder um Configurations zu aktivieren.

Configurations sind spezielle Subsysteme an Bord eines Mechs, die ihm einen Vorteil auf dem Schlachtfeld verschaffen - es gibt eine recht lange Liste, die viele gängige Elemente auf eine sehr abstrakte (aber regeltechnisch wirksame) Weise abdeckt. Sei es "Sniper", das ein Waffensystem vorübergehend mit enormer Optimalreichweite ausstattet, oder "Heavy Metal", das es dem Piloten erlaubt Würfel temporär von Manövrierbarkeit auf Verteidigung zu legen.

Mecha hat, ähnlich wie 3:16, einen "geregelten" Spielablauf. Jeder Spieler bekommt eine "Szene" seiner Wahl (zur Auswahl stehen Field Ops, Social, Recovery und Repair - jede davon verschafft dem Spieler oder der Gruppe einen bestimmten Vorteil beim gelingen. Social gibt einen Punkt Overdrive, Field Ops einen taktischen Vorteil im darauffolgenden Gefecht, Recovery heilt Wunden und Repair flickt zerschossene Mecha). Danach bekommt der SL eine Szene seiner Wahl, und es geht ins Gefecht.
Welches auf einer abstrakten "Bullseye" Karte stattfindet. Auf dieser Karte befindet sich meist ein "tactical Waypoint" dessen erreichen einen Sieg für die betreffende Seite darstellt, also das "Ziel" der eigentlichen Schlacht. Was das ist, hängt vom betreffenden Narrativ ab. Im Falle von epischen Duellen auf Leben und Tod fällt dieser Punkt natürlich weg - so billig kommt man nicht davon!

Diese an sich eigenartige, episodenhafte Struktur ist es IMHO, was die Nähe zur Vorlage ausmacht. Gleichzeitig ist es etwas, was den Spielern erlaubt die Story in ihrem Sinne voranzutreiben und gleichzeitig "Rollenspiel" zu ermöglichen - während nur ein Spieler in seiner Szene einen Skillcheck ausführt, so können andere durchaus in dieser Szene vorkommen.

Als Beispiel: Wenn einer der Protagonisten seinen Staffelkollegen zusammenflicken will, würfelt zwar nur er auf Medic, aber natürlich darf sich der Staffelkollege am Narrativ beteiligen. Irgendwann muss man dem anderen ja gestehen das man unsterblich bis über beide Ohren in ihn verliebt ist, oder? ;)

Auf der SL-Seite sei erwähnt das gegnerische Asse (diese arroganten, schick angezogenen Typen in den coolen Mecha die als Boss der Woche herhalten müssen) den gleichen Regeln unterliegen wie die SC. Es existieren ausserdem noch Mooks, die von den Spielern heroisch in grossen Mengen umgebrezelt werden müssen, um an das gegnerische Ass zu kommen. Business as usual, also.

Mecha enthält 3 SRS (so eine Art Minisetting) und Regeln um seine eigenen zu erstellen. Die enthaltenen SRS sind Steel Gunners: Destiny Tomorrow (ein vage an Gundam und Heavy Gear erinnerndes Setting mit leichten Horrorelementen), Revolution Deity Godblind - The Living City (aufständische Teenager in Power Armor gegen falsche Götter und deren Brut in einem Dark City-artigen Hintergrund) und Special Research School (50er Jahre Klischee-Highschool mit getuneten und tiefergelegten Mechas. Mit denen man Rennen fährt und Football spielt.).
Die präsentierten Settings sind origineller als zuerst vermutet; wichtiger ist, das sie genug Material beinhalten um ein Gefühl für das System zu bekommen.

Zusammenfassend gesagt, ich bin schwer begeistert - ein regelarmes System das das eigentliche Genre nahezu perfekt emuliert. Mecha ist zwar rules-light, aber in seinen Regeln erheblich bodenständiger als z.B. Bliss Stage (auch das ist Indie und beinhaltet Mecha, aber damit enden die Gemeinsamkeiten...). Wer sich das ganze näher anschauen möchte, dem seien die Quickstartregeln ans Herz gelegt.

Oh, und als kleines Schmankerl am Ende: Mecha hat eines der geilsten Charakterblätter die ich bis dato in einem Mecha-RPG bewundern durfte. Ich präsentiere:

Das Charakterblatt

-Silver
 
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