Lilaea

Barak Thor

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15. April 2010
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Lilaea

Die "Anvenna" triebt lautlos durch den leeren Raum des Quadranten 85x 4y nahe des heimatlichen Stroon-Systems. Das Patroullienschiff der Roten Hand war bereits seit 29 Tagen die Stroon umliegenden Sektoren abgeflogen und hatte nach Piraten und Schmugglern Ausschau gehalten.

"Ich freu mich darauf wenn wir endlich wieder auf Frggum sind", meinte Leutnant Recha Lerat zu ihrem Kapitän Ibrahim Gavok während sie beim Mittagessen in der Messe saßen.
"Ja diese wochenlange Patroullie ist schon anstrengend – ich glaube ich werde mit meine Frau nach Blau fliegen und das Wochenende über nur am Strand liegen und ausspannen. Wir können ja wenigstens von Glück reden, dass der Flug keine besonderen Ereignisse aufwies", antwortete der Kapitän.
"Hat Thamiel den Sektorscan schon abgeschlossen? Dann können wir nach dem Mittag den Rückflug durch den Hyperraum starten..." - "...und zum Abendessen sind wir in Stroon", ergänzte Recha den Satz ihres Vorgesetzten.
Ibrahim lehte sich über den Stuhl und sah zum Bootsmann, der in der Küche stand: "Meyer, was haben sie uns denn heute Gutes zubereitet."
"Tja Sir, Filet Mignon in Salbeisahnesoße an pochiertem Chicoree ist leider aus... Kartoffelklöße und Schweinsbraten aus der Dose tut`s hoffe ich auch!", scherzte er.
"Na dann immer mal her damit", war die Antwort der Kapitän. Der Koch klingelte eine alte Schiffsglocke:"Essen fassen!", rief er durch das Schiff.
Drei weiter Leute betraten die Kantine, die gerade mal 2 Tische mit Bänken umfasste, allesamt festgeschraubt im Boden.
"Hoho!", Seargent Michela Agento rieb sich die Hände – "Hast wohl das Sonntagsessen aufgemacht!", freute sie sich, als sie das eingelegte Schweinefleisch sah.
"Für meinen Schatz nur das beste!", war die Antwort des Smutje.
"Ich weiß doch das du auf mich stehst", meinte Harald Dargsen der Maschinist und versuchte Agento den Teller vor der Nase weg zu schnappen.
"Ah...!", verbot Meyer mit einem Schnauben und hielt den Teller zurück: "Cap first!", sprach er, nahm einen zweiten Teller und brachte das Essen an den Offizierstisch.
"Bitte sehr!", sagte er und stellte höflich das Essen vor dem Kapitän und seinem ersten Offizier ab. Dann dreht er sich um: "Und nun zu euch Maden...", wandte er sich der wartenden Crew wieder zu, ging hinter den Tresen der Kombüse und füllte die Teller.
"Da hat Meyer aber ganz schön in seine Trickkiste gegriffen", sprach Recha mit sarkastischem Unterton, als sie einen Klumpen Mehlkloß in die eingedickte bräunliche Soße tauchte. Aber kaum das sie den dritten Bissen heruntergeschluckt hatte dröhte ein Alarmsignal durch die Messe.
"Nichtmal Scheiße können wir hier in Ruhe essen", war der Kommentar des Maschinisten.
Gavok dagegen hatte die Serviette genommen und sich den Mund abgewischt, während er aufstand.
Er tippte gegen sein Kommunikationsgerät am Handgelenk, dass mit einem Subvokalmikrofon am Kehlkopf verbunden war: "Was ist los Thamiel?", fragte er, schmiss die Serviette auf den Teller und begab sich Richtung Brücke.
"Wir haben einen Kontakt, Sir!", rauschte es in allen Komlinks.
Auch die anderen waren aufgesprungen und waren wieder auf ihre Stationen gegangen.
Mittlerweile hatten Ibrahim und Recha die Brücke erreicht.
Diese war mit 3 Stationen ausgestattet Navigation, Taktik und Kommandostation. Obermaat Mohinder Thamiel saß an der Navigation und hatte bereits die Sensordaten auf den Hautschirm gelegt. Recha nahm an der Taktik platz und bereitete Waffen und Schilde vor. Ibrahim blickte auf die Daten am Kommandopult.
"Sensorabtastung?", fragte Ibrahim schnell.
"Läuft noch – Daten werden geladen", war die Antwort des Obermaats. Aber auch mit dem Satz waren die Daten auf der Konsole dem Bildschirm und der Holokarte aufgerufen.
"Die VS-1485 "Lilaea" – Imperial-Klasse Handelsschiff der A-Kategorie, diverse Produkte und Wartungsmaterialien, Crew 19, Waffen offline, Schilde offline, Antrieb offline, waren die Informationen die direkt ins Auge stachen.
"Was macht die "Lilaea" soweit hier draußen?", fragte sich der Kapitän laut.
"Vielleicht ist sie aus dem Hyperraum gefallen", war Rechas Vermutung.
"Laut Datenbank ist die "Lilaea" seit 11 Tagen überfällig und wird vermisst – außerdem lässt der aktuelle Zustand einen gewöhnlichen Kollaps des Hyperraums wohl kaum vermuten. Da drüben läuft nichts!", erklärte Thamiel verwundert.
"Meyer, Funkboje aussetzen – Sergeant Agento bereit machen für Außeneinsatz!", befahl Ibrahim ins Komlink: "Leutnant, Sie werden mit Agento und Dargsen auf die Lilaea übersetzen und nachschauen was da vor gefallen ist!"
"Ay Kapitän!", gehorchte Recha und verließ ihre Station, um sich für den Einsatz bereit zu machen.
"Thamiel bringen sie uns an den Steuerbordhangar!", befahl Ibrahim weiter.
"Ay", sagte Thamiel und steuerte das Schiff in Position: "Hm verdammt anscheinend sind auch die Hangartore dicht. VS-Überbrückungscode funktioniert nicht. Alles tot."
"Dann müssen wir eben manuell rein – haben sie das mitbekommen?", fragte er in den Kom.
"Ja Sir!", kam es von Recha zurück.
Diese stand gemeinsam mit dem Maschinisten und dem Marine-Sergeant in Einsatzkleidung an der Andockschleuse.
"Tja..., umziehen Mädels!", witzelte Harald lustern.
"Wenn wir wenigstens auch was zusehen bekämen", war Michaelas Konter.
Recha dagegen hatte bereits ihre Schutzweste abgeschnallt und den Overall ausgezogen: "Macht hinne!"
Auch die anderen beiden fingen nun an ihre Weltraumanzüge anzulegen. Michela hatte es am schwierigsten, da sie sich in einen Kampfanzug einquetschen musste. Diese waren hauteng und Agento brauchte Hilfe beim Versiegeln. Dafür fühlte sie sich sehr wohl optimalen Schutz genießen zu können und das integrierte Sturmgewehr ließ ihr auch in der Offensive an nichts fehlen.
Harald und Recha dagegen hatten bloß Standartanzüge und Pistolen, dazu hatte Harald noch einen Koffer mit den wichtigsten Werkzeugen, um die Luftschleuse des Imperial II zu knacken.
Als sie alle bereit waren betraten sie gemeinsam die Luftschleuse.
Recha hatte ein mulmiges Gefühl, als sich die Tür hinter ihnen schloss – Weltraumeinsätze waren nicht ganz ihre Sache und sie hatte immer eine gewisse Übelkeit verspürt, wenn sie in Schwerelosigkeit war.
Die Luft wurde aus der Kammer gesogen als das Außenschott sich öffnete. Die Drei blickten in den leutenden Sternenraum.
Agento sprang als erste los. Langsam bewegt sie sich aus dem Schott hinaus in die Leere. Als sie sich einige Meter vom Schiff entfernt hatte zündete sie ihre Manöverdüsen, machte eine leichte Drehung und da lag sie vor ihr: Majestätisch gewaltig war sie die Imperial II-Klasse wie sie da im All schwebte.
"Alles klar?", fragte Michaela den Leutnant. Recha war einen Moment geistesabwesend gewesen.
"Sicher!", antwortete sie und fühlte sich ertappt. Das war für eine Offizier kein angemessenes Verhalten während eines Einsatzes.
"Na dann können wir ja loslegen! - Nicht wahr Harald?", rauschte es freudig durch die Helme.
Harald öffnete vorsichtig seinen Werkzeugkoffer. In den Raumanzügen zu hantieren war weit schwieriger, als es einem Mechaniker lieb sein konnte. Ein Gerät nach dem anderen nahm Harald aus dem Koffer und werkelte munter an der Luftschleuse rum.
"Wie lange wirds dauern?", wollte Recha wissen.
"Gut Ding will Weile haben – 5-10 Minuten würde ich schät... hm das wars wohl", antwortet Harald als sich überraschend das Schott öffnete.
"Das ging ja schnell – genau wie im Bett was?", kam es von Michaela.
"Da hab ich mich wohl mal wieder selbst übertroffen", meinte Harald stolz.

Die Drei betraten das Schiff über die Luftschleuse und kamen auf einem Gang im Unterdeck.
Im Schiff selber war es nahezu Stockfinster. Nur gelegentlich leutete noch eine der Notbeleuchtungslampen.
"Atmosphäre ist OK!"; sagte Recha auf ihren Umgebungsscanner achtend.
"Die Energie ist also nicht vollständig weg", meinte Harald: "Dann läuft auf jeden Fall noch einer der Notfallgeneratoren und ich kann auf der Brücke die Protokolle aufrufen und gegebenfalls den Generator neustarten."
Michaela schaltet ihr Licht am Anzug ein. Im Gegensatz zu den kleinen Taschenlampen von Harald und Recha gab diese ausreiched Licht ab, sodass man nicht auf Nachtsichgeräte angewiesen war.
"Dann vorwärts zur Brücke!", befahl Recha.
Zügig gingen sie durch die düsteren Gänge, die Abschnittsweise in rotes Dimmerlicht gehüllt waren, das durch das weiße Licht der Armlampe am Kampfanzug erhellt wurde.
Harald sah etwas nachdenklich aus, als die Drei das Mitteldeck erreichten: "Mir ist das grade eben auch schon aufgefallen, aber sehen sie mal hier Leutnant! Die Inneren Sensoren sind offensichtlich stark beschädigt worden. Als hätte jemand darauf eingeprügelt", stellte er fest.
"Aber wieso sollte jemand die inneren Sensoren zerstören?", fragte sich Sergeant Agento.
"Piraten die das Schiff geentert haben vielleicht, aber warum gibt es dann keine Spuren an der Außenhülle des Schiffes?", meinte Recha darauf: "Wir sollten vorsichtiger sein."
Die dunklen Gänge, die Totenstille, der mysteriöse Fundort, der Zustand des Schiffes – all das bereitete Recha große Sorgen und das mulmige Gefühl, das sie bereits beim Start hatte, verstärkte sich zusehenst.
"Oh Fuck!", stöhnte Michaela angewidert. Sie war einige Schritte vor der Gruppe gegangen.
"Was ist dort?", Recha schob sich neben den Marine und ihr wurde speiübel. "Bloß nicht in den Anzug kotzen...", materte sie sich ins Hirn und unterdrückte den Drang.
Vor ihr lag ein Sicherungsschott, davor lag ein Bein und eine blutige Masse, die einst Becken und Oberschenkel gewesen war.
"Boah, ich möchte nicht wissen wie der Typ dahinter aussieht", meinte Michaela.
"Ich fürchte nur wir müssen durch das Schott", antwortete Harald und machte sich auch schon daran das Bedienungspult zu überbrücken.
Das fast 20 Zentimeter dicke Stahlschott öffnete sich langsam und gab den jämmerlich entstellten Körper des Mannes, den es eingequetscht hatte, frei.
"Weiter!", befahl Recha, aber der Ekel war ihr ins Gesicht geschrieben. Am liebsten hätte sie die Mission hier beendet und hätte einem Bergungschiff den Job überlassen. Aber für einen Soldaten der Roten Hand war das unmöglich.
Bis zur Brücke war es nicht mehr weit, nur noch ein paar Gänge", dachte sie sich.
Die Brücke selber war hastig verlassen worden. Kaffeebecher und Notizpads standen oder lagen noch auf den Konsolen.
"Die Evakuierungskapseln wurden aber nicht genutzt oder?", wollte Michaela wissen.
"Nein der Scanner hatte nichts feststellen können", bestätigte Harald.
"Legen sie los Harald, ich will nicht unnötig länger hierbleiben!", befahl Recha erneut.
"Bin schon dran....", antwortete er. "Hmm..", grummelte er, nachdem er einige Minuten auf der Kommandokonsolte herumgetippt hatte. "Nichts zu machen, irgendwas hat den Speicher überlastet und die Kontrollen überschrieben. Wir müssen zum Hauptenergiekern, wenn wir überhaupt noch was retten wollen."
"Dann los – Agento vor!", kam es von Recha, die schleunigst runter in den Reaktorraum wollte.
Wieder ging es in die, ins rote Zwielicht getaucheten, Korridore.
Michaela hob die Hand zur Faust – Stopp hieß das.
"Was ist los", flüsterte Recha in ihren Helmfunk.
"Ich glaub ich hab was gehört!", meinte Michaela ungläubig. Recha entsiegelte daraufhin ihren Helm, um besser lauschen zu können.
Da war es – irgendwo den Flur hinuter – ein leises metallisches Klopfen durchdrang die Stille.
"Was ist das? Es kommt von weiter vorne", sagte Harald, der mittlerweile ebenfalls seinen Helm abgenommen hatte.
Vorsichtig begaben sie sich weiter in Richtung des dumpfen Hämmern. Es hatte etwas rythmisches, aber kein Morsecode, was auf Crew hinweisen würde. Es war immer im gleichen Takt. Schlag um Schlag.
Michaela strahlte mit der Armlampe nach vorne – dort kam das Klopfgeräusch her.
Jemand in eine Decke gehüllt saß vor einem versiegeltem Schott, das nach links ab ging– Messe stand in großen Buchstaben daneben und die Person hämmerte ununterbrochen gegen die Pforte.
"Hallo? Marinesergeant Michaela Agento, Rote Hand!", rief Michaela der Person zu und bewegte sich langsam weiter auf diese zu.
"Hilfe...Hilfe", wimmerte sie. Es klang wie eine junge Frau.
Recha rückte nach. Irgendwas war komisch – was musste diese Frau erlebt haben, dass diesen Schockzustand hervorrief. Noch immer hatte sie sich nicht umgedreht, sondern sie polterte weiter mit einer Schraubenschlüßel gegen die Tür.
Michaela war dicht dran und fasste die Frau an der Schulter und zog einen Teil der Decke über den Kopf.
Recha erschrack und sprang zur Seite weg, als ihr Michaela entgegengestoßen wurde.
Unter dem Umhang versteckte sich ein Wartungsroboter, dessen rotglühenden Augen den Sergeant erfasst hatten. Die Hände waren keine Arbeitsgeräte mehr – stattdessen prangten angeschweißte Metallklingen an den Armstümpfen, welche ununterbrochen auf den Kampfanzug von Michaela einhämmerten und die Isolierschicht zerfetzten.
Ein lautes Kreischen der Maschinen ertönte – das Schott zur Messe öffnete sich. Ein Bild des Grauens zeichnete sich ab.
In der Messe hatte sich die Crew verbarrikadiert, doch gegen die Übermacht der Wartungsmaschinen hatten sie keine Chance. Zerrissen Körper und Gliedmaßen, mehr hatte sie nicht übrig gelassen. Weiter Maschinen strömten auf Michaela zu. Recha und Harald hatte bereits versucht mit ihren Handfeuerwaffen den Roboter zu erledigen doch die Kugeln prallten am Stahlskelett ab. Michaela gelang es so gerade zwei der Roboter in der Tür in Schach halten.
"Laufen Sie zum Energiekern!", brüllte Harald Recha an, der wegen des tobenden Gefechtes nicht weiter kam. "Rebooten sie das System mit ihrem Überbrückungscode und lösen sie eine EM-Welle aus", schrie er weiter.
Recha war fast starr vor Angst, war sie doch erst frisch aus der Offiziersschule gekommen. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet und vorbereit war sie für diese Art von Situation auch nicht. Das hatte nichts mit den Trainingseinsätzen gemein.
"Laufen sie schon", schrie Harald erneut, den viel mehr als den Leutnant antreiben und zusehen wie die Wartungsmaschinen Michaela langsam zu Hackfleich verarbeiten würden, konnte er nicht tun.
"Machen sie schon, ich halt die Mistviecher schon auf", stöhnte Michaela unter Schmerzen.
Dann kam auch Recha wieder zur Besinnung und rannte los, so schnell sie nur konnte. Im Schein der Taschenlampe war kaum etwas zu erkennen und in ihrer Panik wusste sie nicht, ob sie in die richtige Richtung lief.
Rechts dann die Treppe runter - endlich. Sie stand im Maschinenraum – der große Generatorkern vor ihr.
"Hauptkonsole?", überlegte sie und trat an ein Pult. Sie zitterte und die klobigen Handschuhe erschwerten das tippen. Hastig versuchte sie diese auszuziehen, doch je schneller sie es versuchte, desto schwieriger schien es zu gehen.
"Geschafft!"
Hinter ihr hörte sie bereits das Schlurfen der Wartungsroboter. Sie gab ihren VS-Sichheitscode ein. Um den Generator zuckten Blitze, es wurde laut, Leben erfüllte das Schiff - nur einen Moment dann ging alles aus. Jede Lampe Leuchte oder Holomarke. Alles.
Sie hörte noch wie die Wartungsmaschinen geröstet zu Boden fielen. Sie sackte auf die Knie zusammen völlig erschöpft.

Dann rauschte der abgeschirmte Funk in ihrem Helm. "Hey Leutnant, saubere Arbeit, aber Michaela hat es schwer erwischt. Melden sie dem Kapitän, dass wir hier schnell Hilfe brauchen und dann sprengen sie das linke Hangartor damit die "Anvenna" andocken kann!"
Recha stand auf:"Bin schon dabei!"
 
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