Rollenspieltheorie Kriterien für gute Rollenspiele

Sohn des Südens

Der Narr
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14. August 2009
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Mal eine kurze Frage - angenommen ihr sitzt in einer Jury für einen Rollenspielpreis und müsst euch auf Nominierungen für die Kategorie "Bestes Rollenspieldesign" einigen. Was sind Kriterien die man veranschlagen könnte? Was macht ein Rollenspiel zu einem guten Rollenspiel bzw. gar womöglich dem besten? Illustrationen möchte ich mal direkt außen vor lassen, soweit sie nicht direkt mit dem RPG-Design gekoppelt sind (ein Rollenspiel könnte Regeln ja auch mit Abbildungen statt mit Texten erklären).
 
Mal eine kurze Frage - angenommen ihr sitzt in einer Jury für einen Rollenspielpreis und müsst euch auf Nominierungen für die Kategorie "Bestes Rollenspieldesign" einigen.
Auf jeden Fall nicht nach festen Kriterien vorgehen. :)

Denn wenn ich bestes Rollenspieldesign bewerten will, dann will ich ja nicht nur konventionelle Herangehensweisen werten.

Also am besten auch nicht die Illustrationen aus der Betrachtung ausnehmen.
 
So ganz feste Kriterien sind schwer. Aber Sachen die wichtig sind.
  • Präsentation und Verständlichkeit in Sprache und Layout
  • Als so wichtigen Unterpunkt dazu, dass er ein eigenen Punkt darstellt: klares Kommunizieren, was das Spiel sein will (Welche(n) Stil(e) es primär bedienen will)
  • Als wichtigster Punkt dann, wie genau und elegant sind die Regeln auf dieses Ziel hin designt.
  • Bonuspunkte für Innovation und Brillanz.
  • Bonuspunkte für hübsches Aussehen und schöne Sprache
  • Nur im Falle eines Gleichstandes nach obigen Kriterien, auf persönliche Vorlieben und Geschmack zurückgreifen. (Das is die Kunst)
Na ja, nun is es eigentlich doch ne recht feste Sache geworden. Aber natürlich ist es nicht nur im letzten Punkt, nicht immer ganz einfach zu entscheiden, was jetzt Vorlieben oder Abneigungen und was wirklich objektive (*hüstel*) Stärken und Schwächen sind.
 
  • Vollständigkeit der Regeln
    Es gibt Spiele die mitunter bewusst Teile der Regeln aussen vor lassen.
    Es gibt Spiele bei den Teile der Regeln fehlen weil sie nicht bedacht wurden.
  • Homogenität des Regeldesign
    Wird ein Grundprinzip verfolgt und ausgearbeitet oder mehrere Versatzstücke nebeneinander gestellt.
    [Wurf mit w10, dann Karten ziehen, dann 3w6 oder so]
  • Verständlichkeit der Regeln
    Ist das Regeldesign zugänglich
  • Stimmigkeit der Regeln gemessen an dem Designziel
    Wenn beabsichtigt ist das die Charaktere kompetent sind, jedoch aufgrund der Regeln sehr oft versagen.
    Wenn eine Spezialität eines Charakter abgebildet werden soll, jedoch Charaktere mit Spezialität aufgrund dieser in ein hintertreffen geraten können.
  • Involvierung der Spielbeteiligten
    Werden bestimmte Spieler bevorzugt, wie sehen die Regeln die Beteiligung am Spiel für den SL vor.
  • Komplexität / Niveau der Regeln
Allgemein glaube ich allerdings nicht das es möglich ist objektiv gute bzw. die beste Regeln festzustellen.
 
  • Geschlossenheit des Systems - wenn verschiedene Subsysteme sinnlose nebeneinanderstehen, erschwert das das Spiel. Andererseits erschwert das Festhalten an nur einer Mechanik auf Teufel komm raus unter Umständen ebenfalls den Spielfluss. Haben die Designer hier eine spielfreundliche Lösung gefunden?
  • Medieneinsatz - wurden die verschiedenen zur Verfügung stehenden Medien (Text, Bild, Diagramme usw.) sinnvoll genutzt? Beinhaltet auch eine angemessene Sprache.
  • Übersichtlichkeit - wie gut lassen sich einzelne Regelbestandteile finden?
  • Richtig gesetzte Schwerpunkte - wenn mein Spiel Verrat und Intrigen verspricht, bietet es dann auch Hintergrundmaterial für Verrat und Intrigen?
  • Neuerungen - Bringt das Spiel etwas neues ein und setzt es das nachvollziehbar um?
 
Wer zahlt mir am meisten Geld/Wer spendiert die besten Präsente?

Nein, im Ernst.

Skyrocks zwei Punkte sind entscheidend, da alle anderen Kriterien (, sofern sie den Anschein einer Objektivität wahren wollen) lediglich Unterpunkte sind.
 
Was Belchion sagt. Ich würde die "technischen" Punkte, die sich auf die Anwendung/Nutzung beziehen, in den Vordergrund stellen (vgl. z.B. Preisverleihung an Brettspielhandbüchern. Ja, das gibt's). Oder waren noch konkretere Punkte gemeint? Im Grunde sind sich die meisten bei solchen Dingen ja einig. Umso mehr verwundern dann die Ergebnisse, die man von Juroren präsentiert bekommt. Gut, manchmal liegts auch an Mangel an Konkurrenz.
 
Gerade im Wettberwerbsbereich tue ich mich ein bisschen schwer damit, sich nur auf gute Regeln zu beschränken.
Für sich genommen ist es kein Problem zu sagen, daß ein Bespiel RPG, mit 0815 Fantasy Setting, schwer verständlicher Sprache, bekackten Layout, aber großartigen Regeln, trotz allem ein gutes Rollenspiel ist.
Wenn ich aber dieses Spiel mit einem Konkurrenten vergleiche, der top geschrieben ist, ein super Layout hat und ein total innovatives Setting mitbringt, in den Regeln aber ein paar kleine Kinken hat und zu dem Schluss komme, dass RPG-A das bessere Spiel ist, dann fühlt sich das doch irgendwie nicht richtig an.
 
bei mir würden wahrscheinlich beide durchfallen. Die Frage sollte doch immer sein: Was ist einem die eigene Zeit wert?
 
Gibt es ein Spiel mit großartigen Regeln, an dem aber alles andere Scheiße ist? Ich kenne nur den umgekehrten Fall - das Spiel macht einen super Eindruck, aber die Regeln taugen nicht fürs Spiel.

Was bei mehreren Nennungen nun herauskam, auch in der Variante von Fassung, ist, dass (nun in meiner Formulierung) ein Spiel seine Versprechen einlösen sollte. Aber woher nimmt man die? Aus PR-Texten des Verlags? Aus dem Einleitungskapitel? Interpretiert man gar die Illustrationen oder Fluff-Texte?
 
1.1.) Welches Ziel hat das Spiel?
1.2.) => Wie gut erreichtes dieses Ziel?
Kommt drauf an. Ist der Wettbewerb eher ein "szene-inhärentes" Theorieding oder sowas, dann okay; auch wenn man sich streiten kann, was eigentlich alles als Designziel durchgeht. Ist es aber ein Designpreis, der dem Endkunden einfach nur tolle Produkte näherbringen soll, würde ich auch Punkte für erreichte Ziele geben, die das Spiel nicht hatte. Wenn ein schlecht designtes Spiel überraschend der totale Larp-Hit wird, weil die Regeln so großartig im Draußen funktionieren, wäre es langweilig, sich nur auf die ursprünglichen Ziele einzuschießen. Man kann auch gutes Design machen, ohne es zu wissen, und für den Endkunden kommt es aufs Selbe raus.

So viel zur üblichen, "objektiven" Herangehensweise. Ich würde als Alternative aber unbedingt noch hinzufügen: "Was man am geilsten findet." Wenn das alle machen und nichts Gegenteiliges behauptet wird, ist es ne klasse Möglichkeit, um das beste Spiel zu finden. Denn am Ende sind wir a) immer noch bei Medien, wo Subjektivität immer wahnsinnig wichtig bleiben wird, und b) dazu auch noch in einem Medium, dessen Kriterien ziemlich frisch sind und sicher nicht ihre letzte Überarbeitung erfahren haben.
 
Ganz wichtig ist definitiv, dass der fiktive Juror SEINE Meinung vertritt und nicht eine Meinung annimmt, weil er GLAUBT, sie vertreten zu müssen.

Beispiel: Der Juror selber findet "The Strange" ganz toll, nominiert aber D&D 5, und das nur deshalb, weil er meint, dass es für die Massen besser sei oder mehr Leute etwas damit anfangen können. Mich würde nicht interessieren, wovon der Juror glaubt, dass viele damit etwas anfangen können, sondern ich möchte bei einem Jury-Preis auch wissen, was der JUROR FÜR SICH ganz toll findet. (Darum sind auch Begründungen für Jury-Preise recht sinnvoll.)
 
ich glaube, daran scheitern viele Juroren. Wichtig finde ich außerdem, dass der Juror seine Meinung begründet.

Die Ziele, die man zur Bewertung heranzieht, sollten sich selbstredend auf Rollenspiel beziehen. Es mag sein, dass sich ein Buch besonders gut zum Fliegen erschlagen eignet. Das kann man dann ja auch so bewerten. Aber bitte nicht in einem Rollenspielkontext ("das ist ein tolles Rollenspiel, weil man damit so gut Fliegen erschlagen kann"). Daher ist es auch irrelevant, wenn das Ziel ist, möglichst viele Bücher zu verkaufen.
Vorworte sind gute Ansatzpunkte. Interviews mit Machern sind sicher noch besser. Illus, Flufftexte usw. sollte bei der Bewertung des Designzieles alles mit einfließen. Meistens geben die RPGs sich ja auch dolle Titel ("Vollmetall-Fantasy", "Atomic Punk"..), was nochmal Ansatzpunkte liefert. Man darf aber nicht vergessen, dass es das Ziel eines RPGs ist, den Fluff (Genre, Spielwelt, Atmosphäre) über Regeln zu vermitteln. Man muss das ja nur kombinieren, das muss ineinander gehen und beides steht meist in einem Buch. Wenn einfach nur der Fluff gut ist, dann muss das noch kein gutes Rollenspiel sein.
 
Hat das System einen Unique Selling Point, etwas wichtiges, was nur dieses System hat und es so einzigartig macht? Ein 0815 Fantasy Setting nur mit besseren Regeln reicht nicht, genauso wenig wie das System ist wie System XY nur mit besseren/schnelleren/etc. Regeln. Letzteres wäre eine Conversion und man könnte sich in der Publikation die Setting Informationen sparen.
Kann das System die Frage: Warum sollte ich es und nicht einen Konkurrenten spielen befriedigend und mit guten Argumenten beantworten. Ich meine nicht durch irgendwelche Marketingtexte, sondern aus dem Text der Publikation heraus.

Ich weis, dass es subjektiv ist, für mich ist auch ein wichtiges Kriterium bei der Bewertung des Systems: Inspiriert mich das System beim Lesen als Spieler zum Bauen eines Charakter und als SL zum Entwerfen von Abenteuern.
 
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