Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

AW: Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

Du meinst, man muss sich für eine Ausprägung entscheiden? Hm... Das könnte zur obskuren Situation führen dass jemand gar kein passendes Attribut einsetzen kann.

Nehmen wir unser heidnisches Kräuterweib das sich für Vater/Ketzer, Sohn/Teufelsanbeter und Hl.Geist/Heide entschieden hat - sie hat sich gegen die typische Rolle der Frau am Herd entschieden und hält nicht viel von der Kirche, ist aber eigentlich eine hilfreiche Person.
Diese Frau wird im Wald von einem Wolf angefallen und entscheidet sich ihren Wanderstock zu schwingen um sich zu verteidigen - welches Attribut soll sie dann heranziehen?
Ketzer? Mit Zweifeln hat das nicht viel zu tun.
Sohn? Doch nicht um etwas tot zu schlagen.
Heide? Mit eigenen Pfaden hat das nicht viel zu tun.

Da kämen eigentlich nur Vater(Härte, Unerbittlichkeit) oder Teufelsanbeter(Hass, Rache, Zorn) in Frage - und auf beides hat sie keinen Zugriff.
 
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Zu obigem Beispiel:

Es geht doch nicht darum, was sie nimmt, um mit einem Stock zuzuschlagen, sondern was sie an Glaubensaspekt einsetzt, das bildet sich in der Welt als Handlungsvariante ab.

Der Spieler meint auf einem bestimmten Aspekt jetzt passend und für die Situation stimmig seine SC-Kräuterfrau vorgehen zu lassen. Das könnte dann z.B. so aussehen:
Vater - Sie ist sich bewußt, daß der Vater den Menschen die Welt zum sich untertan machen gegeben hat und packt ihren Stock und schlägt mit dem tiefen Bewußtsein, daß der Wolf ihr vom Vater untergeordnet ist, das Vieh in die Flucht.
Ketzer - Jedes Tier, also auch der Mensch, handelt nach seinen Eigenheiten. Ein Wolf will etwas fressen. Da der Ketzer ein ebenso dominanter Aspekt wie der Vater ist, wird die Kräuterfrau Krach schlagen und sich aggressiv gebärden, um dem Wolf nicht als schwache Beute zu erscheinen. Dadurch verängstigt sie ihn so und zieht seine innere Selbstsicherheit des Räubers in Zweifel bis er das Weite sucht.
Sohn - Auch der Wolf hat ein Recht darauf zu leben. Sie greift in ihren Beutel und holt etwas Nahrung hervor und wirft es dem Wolf in nicht-aggressiver Weise hin, während sie innerlich ganz ruhig und gelassen ist. Der Wolf spürt ihre innere Stärke und schnappt sich schnell die hingeworfene Wurst und zieht davon.
Teufelsanbeter - Der Wolf ist mächtiger als ich im direkten Kampf. Daher laufe ich weg, aber nur zum Schein. Ich habe nämlich einen übelriechenden Sud dabei, denn ich im Laufen aus dem Beutel ziehe und dem verfolgenden Wolf ins Maul schütte. Dieses Gift hatte mir schon früher gute Dienste geleistet, wenn es darum ging meinem Nachbarn sein Vieh zu vergiften. Diesmal bekommt der Wolf die volle Ladung und er läuft verängstigt davon. Nach einer halben Stunde gehe ich den Spuren nach bis ich ihn blutend aus Mund, Nase und After vorfinde. Ich stupfe ihn noch mal kurz mit meinem Stecken um sicher zu sein, daß er tot ist, und hole dann mein gutes Abziehmesser heraus.
Heiliger Geist - Da der Zeitpunkt meines Todes bereits feststeht, kann ich ohne Furcht diesen Wolf, der ja auch nur Teil der Schöpfung ist, als das mögliche Hilfsmittel zu Vollendung meines Weges auf Erden akzeptieren. Daher bleibe ich ruhig und gefaßt stehen und sehe dem Wolf gelassen in die Augen. Ich bin ganz gelassen und weiß, daß der Herr mich dann zu sich rufen wird, wenn es an der Zeit ist und nicht früher. - Der Wolf ist durch dieses atypische Verhalten irritiert. So verhält sich kein Beutetier. Er ist unschlüssig, leckt sich die Pfoten um irgendetwas zu tun und läuft dann dem nächsten Geräusch im Wald nach.
Heide - Die alten Götter und die Geister haben mich gelehrt mit solchen einfachen Tieren umzugehen. Ich singe die Formeln zum Schutze und werfe meine Kräuter in die Luft, auf daß der Geist des Wolfes ein anderes Ziel auswählen möge. - Der Wolf ist durch den stechenden Geruch der zerpulverten Kräuter irritiert und eilt davon.

Das nur so aus dem Ärmel geschüttelt als Einsatz des Glaubensaspekts in einer Konfliktsituation. Wenn man solchermaßen ein reduziertes auf die Glaubensaspekte orientiertes System verwendet, dann muß man umdenken. Wirklich weg von der naheliegenden Handlungsorientiertheit und mehr die Handlung als Ausprägung der Aspektorientiertheit der Charaktere sehen.

Dabei kann es Vorlieben für den einen oder anderen Aspekt geben. Es kann auch völlig unpassende Aspekte geben. Wenn z.B. der Aspekt Heiliger Geist sehr stark ausgeprägt ist, dann würde hier z.B. Heiliger Geist 9 gegen Hunger 6 des Wolfes stehen und wahrscheinlich sich durchsetzen. Wenn aber die Kräuterfrau nur Heiliger Geist 5 oder gar nur 2 hätte, so wäre dieser Ansatz eher von einem tragischen Gefressenwerden gekrönt.

Man sieht also, daß die Aspekte natürlich unterschiedlich passend sein können, aber eben nicht, weil eine ganz bestimmte Handlung von einem Aspekt ermöglicht wird und von einem anderen nicht, sondern weil ein Charakter mit seiner spirituellen Ausprägung in einem bestimmten Aspekt einfach dessen Ausprägung in einer bestimmten Handlungsweise vorziehen wird - und damit natürlich auch höhere Erfolgswahrscheinlichkeiten hat. Wer stark im Glauben(saspekt) ist, dem hilft der Vater, und der Sohn, und der Heilige Geist. Wer sehr an sich selbst glaubt, der hilft sich selbst. Wer an die Irrlehren der Vergangenheit glaubt, dem helfen die heidnischen Geister. Wer den Teufel anbetet, dem hilft der Widersacher.

Diese Art der Auflösung von Konflikten ist bei HeroQuest, bei Over The Edge, und bei anderen ähnlichen Systemen ganz normal. Sie ist losgelöst vom handlungsorientierten und arbeitet viel mehr, als das hier bislang diskutiert wurde, mit der innerlichen Befindlichkeit zum Zeitpunkt des Konfliktes.
 
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Du meinst also totale, nur auf das gewünschte Ergebnis ausgerichtete Konfliktlösung? Hm... Klingt nach einer interessanten Ergänzung.

Ich wünschte ich könnte schon sagen ob nur ein Teil des Attributpaares übernommen werden soll, so wie b_u_g es vorgeschlagen hat. Ich schwanke hier immer noch in meiner Entscheidung.

Dafür bin ich mir jetzt in anderen Punkten endgültig sicher:
  • Es gibt Konfliktauflösung statt Taskauflösung.
  • Es gibt geschlossene Glaubensattribute, bestehend aus den sich gegenseitig beeinflussenden Paaren Vater/Ketzer, Sohn/Teufelsanbeter und Hl.Geist/Heide.
  • Es gibt ein offenes Merkmalssystem.
  • Der grundlegende Mechanismus ist ein Overrollsystem bei dem Attribut, Merkmal und Würfelwurf addiert werden.

Mit der Skala bin ich mir schon wieder unsicher, denn ein 20er-Schema ist vielleicht zu fein für meine Zwecke. Ich überlege mir ernsthaft ob ich nicht auf ein 6er-Schema umsteigen sollte(was auch intutiv zur Attributszahl und der Bedeutung der 6 als Summe aus Dreifaltigkeit und Gegenteilen wäre).
Als Würfel kämen dann explodierende 2w6 in Frage - Normalverteilung und eine vergleichbar niedrige Fumblechance(3%) sprächen dafür, ebenso dass man auf diesen Würfeltyp stets Zugriff hat. Explosionen auf dem w6 treten zudem relativ oft und erlauben so auch überraschende Erfolge.
 
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Skyrock schrieb:
Du meinst also totale, nur auf das gewünschte Ergebnis ausgerichtete Konfliktlösung? Hm... Klingt nach einer interessanten Ergänzung.
Zumindest so läuft es bei meinen Engel-Runden in den meisten Situationen mit Unsicherheitsfaktor (also wo überhaupt eine Arkana-Karte zu ziehen Sinn machen kann). Und auch bei HeroWars/HeroQuest ist das die Granularität für die einfache Konfliktauflösung (die erweiterte ist feingranularer und für ausgedehnte szenische Höhepunkte im Spiel gedacht, in denen einzelne Unterkonflikte größere Bedeutung bekommen). Aber auch bei anderen Systemen wie Over the Edge, Risus, Everway etc. findet sich diese Art der Konfliktauflösung.

Mein Eindruck ist der, daß man bei einer beständig feingranularen Konfliktauflösung dann doch wieder in die reine Handlungserfolgs-Schiene rutscht. Also wird dann statt "Wie geht die Begegnung mit den Flagellanten auf der Pilgerstraße aus?" aufzulösen und zu erzählen eben doch eine eher individualhandlungsbezogene Sache abgewickelt: "Höre ich die singenden und sich kasteienden Flagellanten bereits bevor ich sie sehe?", "Was sagt mir meine Menschenkenntnis über diese Leute?", "Wie schätze ich deren Anführer ein?", "Kenne ich das Familienwappen des Anführers, welches er auf seinen Gewändern trägt?", "Kann ich mich mit den von mir beherrschten Sprachen mit dieser von weither kommenden Gruppe verständigen?", "Kann ich in Erfahrung bringen, was sie gerade jetzt in diese doch sehr abgelegene Gegend führt?", usw.

Wenn man die Treiber in dieser Spielwelt als die spirituellen Gegensatzpaare in ihrer heiligen und unheiligen Dreifaltigkeit als DIE für einen Konfliktausgang bestimmenden Faktoren ansieht, dann ist nach meinem Gefühl eine feingranulare Konfliktauflösung innerhalb dieser Prämisse nicht stimmig genug.

Man kann sich die einzelnen Szenen als Herausforderungen an die Seelenlage des Charakters vorstellen. Siehe oben im Beispiel mit der Kräuterfrau. Da ging es NIE darum, ob sie vom Wolf angefallen oder gar getötet wird, sondern stets darum, wie ihre spirituelle Verfassung eine Herausforderung des Schicksals (bzw. Gottes) nun annehmen und bewältigen wird. Ein Scheitern ist ein echter Schicksalsschlag. Ein Erfolg bestärkt die Seele in ihrer inneren Überzeugungsausrichtung auf den betreffenden, erfolgreich dominierenden Pol.

Skyrock schrieb:
Ich wünschte ich könnte schon sagen ob nur ein Teil des Attributpaares übernommen werden soll, so wie b_u_g es vorgeschlagen hat. Ich schwanke hier immer noch in meiner Entscheidung.
Der Ansatz von Pendragon mit den sich wie auf einer Waage balancierenden Gegensatzpaaren, deren Summe stets 20 sein mußte, war auf alle Fälle interessant. Das erzwingt bei den Charakteren ein Entweder-Oder-Charakterkonzept. Ein Charakter kann nicht sowohl stark JA zum Vater sagen und dabei auch vollauf JA zum Ketzer. Es geht dann nur z.B. Vater 10 - Ketzer 10, Vater 15 - Ketzer 5 etc.
Ich fände ja die nichtgekoppelten Aspekte vom Aspekt der möglichen inneren Zerrissenheit her interessanter. Wie wird sich ein Charakter verhalten, dessen Vater und dessen Ketzer Aspekte GLEICHHOCH und dabei in beiden Aspekten ÜBERDURCHSCHNITTLICH ausgeprägt sind? Versucht dieser Charakter gleichzeitig "auf zwei Hochzeiten zu tanzen"? Oder kann dieser Charakter seine Neigung zu einer extremen Ausprägung z.B. des Ketzers nur verzweifelt durch Flagellation und das Sich-Selbst-Auferlegen von Gelübden und anderen Regeln (alles Ausprägungen des Kontroll-Aspekts des Vaters) im Zaume halten? Warum will so jemand das überhaupt im Zaume halten, wo er doch den Ketzer-Aspekt, wenn der eh so stark ist, ausleben könnte? Vielleicht hat er aber Angst davor es auszuleben, weil er dadurch mit anderen Dingen, die er liebt und schätzt (z.B. einer Ordensbruderschaft, deren Mitglied er ist) brechen würde?
Diese Art der inneren Zerrissenheit durch beiderseits stark ausgeprägte aber gegensätzliche Aspekte kann nur bei entkoppelten Aspekt-Charakteristiken auftreten.
Wie sieht das in der anderen Richtung aus? Wie denkt und fühlt ein Charakter, der WEDER den Vater NOCH den Ketzer Aspekt auch nur durchschnittlich verinnerlicht hat? Beides ist ihm gleich. Und beides hat für ihn kaum Bedeutung. Damit ist er weder von Kontrolle, Machtbewußtsein und anderen Vater-Aspekten geprägt, noch von dem Aufbegehren und der Selbstständigkeit des Ketzers. Für mich ein sehr interessanter Charakter. Noch interessanter könnte es werden, zu sehen, wo er dann tatsächlich seine starken Aspekte hat, oder ob überhaupt!

Ich würde momentan zu einer entkoppelten Ausprägung der Gegensatz-Aspekte raten. Das hält mehr Potential für innere Konflikte offen, welches zwar auch in gewisser Weise in der Pendragon-artigen, gekoppelten Variante möglich wäre, doch bei nur drei Paaren nach meinem Empfinden zu wenig Profil erlaubt (vor allem, wenn dann die Wertebereiche noch W6- statt W20 bezogen werden). Pendragon funktioniert, weil es VIELE solcher Werte-Balance-Skalen gibt, die einem Charakter durchaus eigenständige und ungewöhnliche Profile erlauben. Bei nur drei Skalen und geringem Wertebereich sind die Kombinationen der damit erschaffbaren Charakterwerte von vornherein eingeschränkter (was nicht in sich ein Mangel sein muß, nur nicht die gleiche Offenheit beinhalten würde, wie entkoppelte Aspekte).

Skyrock schrieb:
Dafür bin ich mir jetzt in anderen Punkten endgültig sicher:
  • Es gibt Konfliktauflösung statt Taskauflösung.
Das ist für dieses Setting auch nach meinem Empfinden das stimmige Vorgehen.
Skyrock schrieb:
  • Es gibt geschlossene Glaubensattribute, bestehend aus den sich gegenseitig beeinflussenden Paaren Vater/Ketzer, Sohn/Teufelsanbeter und Hl.Geist/Heide.
Das war ja durchaus absehbar, da es sich als definierendes Setting-Element darstellt.
Skyrock schrieb:
  • Es gibt ein offenes Merkmalssystem.
Hier hätte ich doch gerne mal ein paar mehr konkretere Beispiele gesehen. Vor allem, wozu diese "offenen Merkmale" dann eingesetzt werden sollen. Ich habe den Eindruck, daß man ALLE Konfliktauflösungen direkt mit den Aspekten allein schon vollauf befriedigend durchführen kann (letztlich zählt ja Karma und Drama ohnehin schon immer mit, BEVOR das Schicksal - hier in Gestalt einer Herausforderung der Seele des Charakters - eine Unsicherheit präsentiert; mit Karma wären ja alle Vorkenntnisse, Berufe, Standesprivilegien etc. bereits abgedeckt und Drama ist das für diese Herausforderung notwendigen Umfeld, damit die eigentliche Schicksals-Herausforderung überhaupt inszeniert werden kann.
Skyrock schrieb:
  • Der grundlegende Mechanismus ist ein Overrollsystem bei dem Attribut, Merkmal und Würfelwurf addiert werden.
Da hätte ich noch einen Vorschlag dazu (siehe weiter unten).

Skyrock schrieb:
Mit der Skala bin ich mir schon wieder unsicher, denn ein 20er-Schema ist vielleicht zu fein für meine Zwecke. Ich überlege mir ernsthaft ob ich nicht auf ein 6er-Schema umsteigen sollte(was auch intutiv zur Attributszahl und der Bedeutung der 6 als Summe aus Dreifaltigkeit und Gegenteilen wäre).
Die Numerologie ist sicherlich nett. Aber nicht mehr als das, wenn sie nicht WIRKLICH eine Rolle bei der Auflösung von Konflikten spielt. Das W6-Schema ist m.E. zu wenig abgestuft. Damit ergeben sich nur sehr grobe Nuancen und somit nur sehr wenig unterschiedliche Charaktere. Vor allem ist dann die Frage, wie stark dann ein "Erfahrungs-Anstieg" - hier also eher eine Festigung eines Glaubensaspektes bzw. eine Erschütterung (= Reduktion) eines anderen Glaubensaspektes (vor allem zwangsläufig bei gekoppelten Aspekt-Paaren der Fall) - den Charakter beeinflussen soll.

Ich könnte mir vorstellen, daß bei einer breiteren Skala von - sagen wir 1 bis 20 für jeden (ggf. auch noch entkoppelten) Glaubensaspekt ein Mechanismus greifen könnte, bei dem bei praktisch JEDER Herausforderung am Ende ein Bestärken des siegreichen Glaubensaspektes, ein Erschüttern des unterlegenen Glaubensaspektes oder ein Erhalt des Status Quo bei unentschiedenen, bzw. gleichwertigem Einfluß der beteiligten Aspekte bzw. Merkmale am Konflikt stehen könnte.

Beispiel: Die Kräuterfrau und die Wolfsbegegnung - kann sie mit ihrem etwas weniger ausgeprägten Vater-Aspekt den Wolf tatsächlich in die Flucht schlagen, so steigt der Vater-Aspekt durch dieses positive Feedback (Starker Glaube an den Vater hat sie beschützt) um 1 an. Hat sie keinen Erfolg, sondern war ihr Vertrauen an die Macht des Menschen über die Schöpfung, so wie es der Vater bestimmt hatte, zu gering und wurde sie von einem fahrenden Händler, der den Wolf in die Flucht schlug, mit Bißverletzungen noch rechtzeitig gefunden (ich gehe hier mal davon aus, daß das negative Ergebnis vom Spieler selbst geschildert werden soll - und daß der Spieler, so wie ich das von Engel her kenne, das alleinige Erzählrecht über den eventuellen Tod seines Charakters hat), dann hat ihr Vater-Aspekt gelitten und sinkt um 1. Ist es ihr nicht gelungen den Wolf mit seinem Merkmal "Hungriges Raubtier" oder so ähnlich mit ihrer Überzeugung signifikant zu übertreffen, so wird sie bei einem einfach nur höheren Endwert den Wolf zwar vertrieben haben, aber sich innerlich nie sicher sein, ob das nicht nur Zufall war. Andersherum, hat der Wolf nur knapp die Oberhand, so beißt er vielleicht einmal zu und fängt sich dabei einen Hieb mit dem Stecken und läuft danach weg- die Kräuterfrau bleibt nur leicht verletzt, aber auch nicht in ihrem Glauben erschüttert zurück.

Skyrock schrieb:
Als Würfel kämen dann explodierende 2w6 in Frage - Normalverteilung und eine vergleichbar niedrige Fumblechance(3%) sprächen dafür, ebenso dass man auf diesen Würfeltyp stets Zugriff hat. Explosionen auf dem w6 treten zudem relativ oft und erlauben so auch überraschende Erfolge.
Egal mit welchen Würfeln man wirft, so sehe ich die feste "Fumble-Chance" als ein enorm unstimmiges Relikt aus der Urzeit der Fantasy-Wargame-Rollenspielahnen. Was soll die Fumble-Chance in einer grobgranularen, eher erzählerisch-szenischen Konfliktlösung denn bewirken?

Mal ein Beispiel, wie ich mir das Grundkonzept von Attribut + Merkmal + Würfelwurf im "Ergebnisraum" eines Konflikts vorstellen könnte:
SC gegen NSC
Fall 1: SC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal) >>> NSC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal)
Hier ist das SC-Ergebnis SIGNIFIKANT höher als das des Widerstandes im Konflikt (das kann ein passiver Widerstand sein, wie z.B. die Schwierigkeit ein steiles Bergstück zu erklimmen, oder ein aktiver NSC, der z.B. seine eigenen Merkmale und Attribute gegen den SC einsetzt). Signifikant zu siegen heißt seinen Glaubensaspekt zu stärken. Die Merkmale sollten m.E. nicht so fluktuieren, da es nach meinem Eindruck bei der Grundkonzeption des Settings ja um das ständige Ringen der Seele im Kräftefeld der einzelnen Glaubensaspekte geht. Daher dürfen diese durchaus von jedem signifikanten Erfolg bestärkt werden (solange sie von signifikanten Niederlagen auch erschüttert werden können). Der Spieler schildert eine herausragende Lösung dieser Herausforderung, welche das Leben des Charakters bleibend in Richtung auf den angewachsenen Aspekt verändert hat (etwas, daß ins Charakter-Journal gehört, weil es ein signifikant-charakterprägendes Ereignis war).
Fall 2: SC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal) > NSC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal)
Hier ist der SC nur knapp erfolgreich. Der Spieler (oder der Spielleiter, wenn man nicht das Erzählrecht an die Spieler abtreten will) schildert ein knappes, erfolgreiches Bewältigen der Herausforderung, welches aber keine bleibenden Auswirkungen auf den Charakter haben wird.
Fall 3: SC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal) = NSC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal)
Hier ist ein echter Gleichstand oder ein Patt erreicht. Das wird entsprechend erzählt (Spieler oder auch SL), wird aber keine bleibenden Auswirkungen auf den Charakter haben.
Fall 4: SC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal) < NSC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal)
Hier ist eine knapp unterlegene Lösung aus SC-Sicht der Fall. Der SC wird nachteilige Effekte daraus erlangen, die aber nicht permanenter Natur sein werden.
Fall 5: SC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal) <<< NSC (Würfelwurf + Attribut + Merkmal)
Hier ist der SC in seinen Glaubensgrundfesten erschüttert worden. Er (ver)zweifelt an dem Glaubensaspekt, der ihn hier so schmählich im Stich gelassen hat. Der Glaubensaspekt wird reduziert, der SC traumatisiert (in physischen Herausforderungen, wie dem Klettern in einer Schlucht könnte er - je nach Recht beim Spieler oder beim SL - auch durchaus umkommen).

Man sieht, daß man hier KEINE "Fumble-Chance" braucht, die im schlimmsten Falle auch noch immer fest und unabhängig von der Kompetenz der Charaktere ist (wie die meisten typischen "natürliche 1" bzw. 100% Regelungen für kritische Fehler in konventionelleren Rollenspielregelwerken es tun).

Nach der obigen Schilderung für Wurf+Attribut+Merkmal muß man nur noch festlegen, was ein signifikant höherer Wurf als der des Gegenübers ist, um die fünf Erfolgsstufen zu erlangen (signifikanter Erfolg, einfacher Erfolg, unentschieden, einfaches Scheitern, signifikantes Scheitern). Diese Erfolgsstufen sind unabhängig von den Wertebereichen und den Würfel leicht definierbar. Beispiel mit W6: Attribute 1-6, Merkmale 1-6, 2W6 exlodierender Wurf => Erwartungswert 3,5 + 3,5 + ca. 9 (für das Explodieren) = 16. Signifikant sei jetzt einfach ein High-End-Resultat für Attribut 5+, Merkmal 5+ und Ergebnis auf 2W6 11+ => 21+. Man kann also bei W6-Basis festlegen: sobald das Ergebnis um 6 oder mehr höher ist, als das des Gegenübers hat man ein Signifikantes Ergebnis. Eine signifikante Niederlage (entspricht in etwa in den Auswirkungen einem Fumble ist aber nicht so unstimmig rein würfelabhängig begründet) wäre ein Ergebnis, in welchem man um 6 oder mehr dem Gegenüber unterliegt (wieder auf W6 und explodierende Würfel bezogen). - Diese kurze Skizze für 2W6 explodierend zu würfeln als Zufallszahlengeneratoren zeigt, wie ein sehr ausgeprägter Anhänger einer Richtung (Attribut Vater 6) mit hohem Merkmal (Wandersgeselle 5) nun Resultate von 6+5+2W6(explodierend) = 13+ erzielen wird. Erwarten kann er im Schnitt eine 20 - das ist somit schon mal deutlich höher als der durchschnittlich zu erzielende Wert von 16 eines Normalbürgers; und durch das Explodieren ist hier sogar die Chance recht gut, daß er eine 22+ erzielt und dem Normalbürger das Weltbild erschüttert (und seines stärkt).

Man kann sich noch überlegen, wie solche "Glaubensverletzungen" wieder "heilen" können: z.B. der erschütterte Vateraspekt kann nur durch bestimmte, eher autoritäre Verhaltensweisen so nach und nach wieder kuriert werden. Oder aber es gibt keine "Heilung", sondern der Aspekt muß in signifikant erfolgreich gemeisterten Herausforderungen wieder ansteigen. Etwas riskanter, aber bestimmt auch spannender im Spiel zu erleben.

Hier noch eine Alternative zu den 2W6 explodierend:
Warum nicht für die Gegensatzpaare (egal ob als Attribute gekoppelt oder entkoppelt) jeweils einen W6 (passend in unterschiedlichen Farben) würfeln (explodieren könnte der natürlich auch noch). Man würde dann den höheren der beiden Würfelwerte UND DEN ZUGEHÖRIGEN ASPEKT zur Auflösung der Herausforderung heranziehen (müssen!).
Beispiel: Kräuterfrau mit (in W6-Wertesystem) Vater 2 und Ketzer 3. Sie würfelt zwei W6, einen weißen für den Vater und einen schwarzen für den Ketzer: Weiß zeigt 3, Schwarz zeigt 4. Somit MUSS für diesen Konflikt Ketzer 3 + Schwarzer Würfel 4 + ein passendes Merkmal eingesetzt werden. Der Spieler muß somit in DIESEM Aspekt erzählen und kann nicht den anderen Aspekt zur Auflösung wählen.

Das ist jetzt mal nur eine Idee gewesen, die - wie ich finde leider - recht zufällig über die Ausprägung und den Einsatz der Aspekte entscheidet. Man könnte das auch mit normalen Spielkarten machen und nach Kartenfarbe rot/schwarz entscheiden. Aber eigentlich gefällt mit die Version mit den explodierenden 2W6 (oder xWy) besser.
 
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Nur kurz zur Grobkörnigkeit der Konfliktauflösung: ACK. Mir steckt einfach beim Schreiben der Beispiele noch die Taskauflösung in den Knochen da Konfliktresolution für mich noch ein relativ neue, wenn auch interessante Herangehensweise ist.

Bei den Attributen will ich auf jeden Fall bei gegenseitiger Verdrängung bleiben. Was den Charakter bei den Attributen genau ausmacht ist eine Frage der Interpretation und nicht der Regeln.
Bei D&D könnte ein Mensch mit Stärke 18 etwa wie ein junger Schwarzenegger aussehen, aber auch ein alter runzliger Shaolinmönch sein der in jahrzehntelanger Übung gelernt hat seinen Körper optimal einzusetzen.
Ebenso kann jemand mit, sagen wir, Vater 40% und Ketzer 60% ebenso gut ein junger Martin Luther am Anfang seiner Reformen sein wie auch ein Gesetzloser der sich nicht allzu sehr um die Ordnung schert, aber auch keine ernstzunehmenden Anstrengungen zur Änderung der Ordnung unternimmt. Auch der von dir genannte Kasteier ließe sich hier einordnen. (Ich verwende hier jetzt Prozentwerte weil die Skalierung wieder fraglich ist.)

Was feinkörnige Werte zur Definition von Persönlichkeiten angeht bin ich inzwischen vorsichtig geworden - schon V:tM konnte teilweise eine ziemliche Hirnmarterei werden bis man seinem Charakter die angemessensten Werte bei Gewissen, Selbstbeherrschung und Mut zugewiesen hatte, von Wesen und Verhalten ganz abgesehen. Hier ist meiner Spielerfahrung nach weniger oftmals mehr.

Zornhau schrieb:
Hier hätte ich doch gerne mal ein paar mehr konkretere Beispiele gesehen. Vor allem, wozu diese "offenen Merkmale" dann eingesetzt werden sollen.
Diese offenen Merkmale sollen, wenn sie zum Konflikt passen, zu Attribut und Würfelwurf addiert werden.
Generell ist alles was den Charakter beschreibt und genauer definiert ein angemessenes Merkmal. "Weitgereister Holzfäller" ist ebenso in Ordnung wie "bucklige Hexe", "ein starker Schwertarm", "geschickter Löffelschnitzer", "unerwiderte Liebe zu einer Ranghöheren", "kirchliche Unterweisung in den Exorzismen", "führt das legendäre Schwert Excalibur", "hat von Dämonen die Kraft erhalten die Natur seinem Willen zu unterwerfen", "spricht mit gespaltener Zunge" oder auch "mehr Glück als Verstand".

Nehmen wir beispielsweise mal an unser Recke will seine Geliebte befreien. Unglücklicherweise stehen zwei grimmige Wachen vor dem Turm in den sie gesperrt worden ist und versperren ihm den Weg.
Er könnte nun etwa auf Vater und "ein starker Schwertarm" setzen und die beiden Wachen erschlagen. Teufelsanbeter und "ein starker Schwertarm" würde auf etwas ähnliches hinauslaufen, allerdings würde er dann weniger aus Gerechtigkeitsempfinden heraus handeln, sondern mehr aus blankem Hass.
Er könnte aber auch Ketzer und "spricht mit gespaltener Zunge" davon überzeugen dass sie ihr Herr gerade an anderer Stelle dringender braucht und er ihre Ablösung ist. Etwas ähnliches könnte er auch mit Sohn und "unerwiderte Liebe zu einer Ranghöheren" erreichen, allerdings würde er dann nicht zur Lüge, sondern zur Wahrheit greifen und das Herz der Wachen so sehr rühren dass er seine Geliebte befreien kann.
Vielleicht steckt er aber auch seine Hände in die (zu der Zeit noch nicht erfundenen) Taschen und schaut sich nach einer anderen Lösung um - und mit Heide und "mehr Glück als Verstand" könnte er tatsächlich darauf aufmerksam werden dass da jemand vergessen hat eine Leiter wegzuräumen die genau die richtige Länge hat um hinter dem Turm ungesehen in ein Fenster zu kommen. Auch mit Heiliger Geist und "unerwiderte Liebe zu einer Ranghöheren" könnte diese Leiter dort liegen - in diesem Fall wäre es weniger Ausbruch aus den vorgesehen Bahnen, sondern Teil der göttlichen Vorsehung.

Thema Skalierung der Eigenschaften:
Bei einer 6er-Skala wären natürlich nur sehr erschütternde Ereignisse in der Lage wirklich Werte zu verändern.
Eine Skala von 1-20 wäre mir persönlich aber zu unspezifisch - ich bin ein Freund von numerologischen Spielereien und freue mich immer wenn ich eine solche in einem System finden kann, wie es etwa bei SR1-3(mit 6 Attributen und Werten in einer Skala von 1-6) oder der WoD(3*3 Attribute) der Fall ist.
Wenn es also schon eine breitere Spanne sein soll, dann auch eine bei der sich ein Bezug auf die 3 und/oder die 6 herstellen lässt.
Wenn es feiner sein soll würde ich am ehesten zu einer 12er-Skala greifen: Attribut(1-12), Merkmal(1-12) und Zufallsgenerator(2-12+) ergäbe eine beinahe symmetrische Form.

Das mit der Einteilung in verschiedene Erfolgschancen klingt gut - sobald die Skala und die Wertebereiche meines Systems endgültig feststehen muss ich ohnehin eine Tabelle mit typischen Schwierigkeiten erstellen um eine Abschätzungshilfe geben zu können. Die dahinterliegende Stochastik ist kein Problem für mich, zumindest bis in den verfolgenswerten Teil mit einer Wahrscheinlichkeit >1% hinein.

Thema Fumblechance
Ich mag Patzer einfach als Auflockerung des Spielgeschehens. Es ist eine rein irrationale, subjektive Vorliebe, außerdem basieren manche der interessantesten Annekdoten meiner Rollenspielerfahrung auf Patzern - in Systemen ohne diese wären sie nie im Leben entstanden :)

Zudem sind Fumblechancen bei Overrollsystemen notwendig damit bei sehr kompetenten Charakteren auch einfache Aufgaben mal scheitern können, kurz, damit kein automatischer Erfolg eintritt. Bei cinematischen Systemen mag es nicht wünschenswert sein wenn Conan auch mal beim Versuch eine Holztür einzutreten scheitern kann, aber ich will Martyrium auf SC-Ebene auf normalmenschlichem Niveau halten.

Sonstiges:
Die Idee mit der Attributsänderung durch besonders gelungene und mißlungene Konfliktauflösungen lasse ich mir mal durch den Kopf gehen.

Die Idee mit dem Wahlzwang durch Würfelwurf will mir nicht so recht gefallen da sie IMHO einen zu starken Eingriff in die Autonomie des Spielers darstellt. Die Frage der grundsätzlichen Herangehensweise sollte immer mehr eine Frage des Dramas und weniger des Zufalls sein.
 
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Ich bin noch einmal in mich gegangen, habe die Diskussion noch einmal nachgelesen, habe meine bisherigen Entwürfe angesehen und bin zu einer Beobachtung gekommen: Die Idee hinter Martyrium verzettelt sich, verfranst sich in unzählige sich widersprechende Richtungen und führt nirgendwo wirklich hin - es strotzt alles vor Inkohärenz. Das ganze hat sich in einen gordischen Knoten verwandelt bei dem nicht einmal ich sagen kann in welche Richtung es sich entwickeln soll, was die Arbeit daran einfach nur noch frustrierend macht.

Ich sehe nur noch drei Möglichkeiten:
1.) Ich ignoriere diese Beobachtung und wurstele weiter ziellos rum.
2.) Ich werfe alles hin.
3.) Ich zerhaue den Knoten, vergesse alles was bisher gesagt worden ist, lege noch einmal meine Ziele scharf und klar dar und fange von neuem an.

Meine Entscheidung fiel auf Option 3 weil Option 1 nirgendwo hin führt während ich für Option 2 schon zuviele Überlegungen und Energie in Martyrium gesteckt habe.

Also, durchatmen, vergessen, Neustart.

Setting

Für alle die erst jetzt eingeschaltet haben erst noch einmal das Setting von Martyrium (alte Hasen können diesen Absatz überspringen): "Finsteres Mittelalter" in einem Europa unbestimmter Jahreszahl, ohne Anspruch auf historische Akkuratheit. Es herrscht eine rigide Ständegesellschaft, Feudalismus und Vasallentum, Hexenverfolgung und vor der Stadtmauer aufgespießte Ketzer. Wie im Frühmittelalter sind die Wälder noch dichte Urwälder und die Straßen bloße Lehmpfützen. Der Baustil ist hoch aufragende, finstere Gotik während Plattenpanzer, Handbüchsen, Kanonen und Bidenhänder den Stand der Kunst in der Wehrtechnik darstellen(Spätmittelalter bis Neuzeit.) Hinzu kommen teilweise modernere Artefakte die die Stimmigkeit nicht stören, etwa Ölbilder und Kniebundhosen.
Die Metaphysik des Finsteren Mittelalters wird von der katholischen Heilslehre bestimmt: Der Mensch büßt durch sein hartes und schmerzvolles Leben die Erbsünde ab um in den Himmel zu kommen während Diener des Teufels wie Sukkubi, Waldgeister und schwarze Katzen aus dem Dunkeln flüstern und den Menschen zur Verdammnis verführen. Magie ist immer und unausweichlich Teufelswerk, ein verführerisch leichter Weg der am Ende in die Verdammnis führt.
Das Übernatürliche ist eher subtil, etwas das in den Schatten lauert und auf eine Art und Weise zuschlägt die von modernen Menschen wegrationalisiert würde. Todeszauber sind etwa keine Feuerbälle, sondern Herzattacken oder unglücklich umfallende Bäume. Geldzauber lassen kein Geld in einer Rauchwolke erscheinen sondern den Magier am nächsten Tag über eine Goldtruhe stolpern.
Könnt ihr euch vorstellen was rauskommt wenn man die Kulisse aus Jabberwocky, Ghouls'n'Ghosts und Castlevania in einen Topf kippt, kräftig umrührt und mit Figuren aus So lebten sie... im Mittelalter, Grimms Märchen, katholischen Heiligenlegenden und Goethes Faust belebt? Klasse, dann wisst ihr was auf euch zukommt.

Ausrichtung und Core Story

Was will ich haben? Was soll der Schwerpunkt werden?
Simulation. Der Schwerpunkt soll auf Situation-Exploration liegen, um mal Forge-Terminologie auszupacken. Die Begegnung mit und die Furcht vor dem Unbekannten.
Sekundär kommt Charakter-Exploration hinzu. Was bringt Leute dazu sich der dunklen Seite anzuschließen oder sie abzulehnen? Wie gehen sie mit der Konfrontation mit dem Unbekannten um? Wohin entwickeln sie sich? (Das muss noch einmal entschieden vom Narrativismus abgegrenzt werden. Es geht nicht darum sich über das Vehikel des Charakters zu einer Prämisse zu äußern, sondern um Simulation des Charakters und seiner Entwicklung angesichts der Konfrontation mit dem "Draußen". Das System leiht sich ein paar Kniffe und Techniken aus der Narrenecke aus die ich persönlich für diese Zwecke als nützlich empfinde, hat aber keinerlei Anspruch närrisch zu sein.)

Daraus leitet sich ab dass die Spielercharaktere Leute sein sollten, die

a.) sich in das "Draußen" wagen und das alltägliche "Drinnen" hinter sich lassen, um mal einen Rückgriff auf b_u_gs Bilder zu machen.
Zufrieden vor sich hin lebende Bauern und Zuckerbäcker wären also ungeeignete Charaktere da sie das "Drinnen" nicht verlassen.
b.) (noch) Entwicklungspotential zur hellen _und_ zur dunklen Seite des "Draußen" haben.
Eingeschworene Heilige und gefallene Dämonenanbeter wären also ungeeignete Charaktere, ebenso wie gänzlich unchristliche Charaktere wie Heiden, Juden und Moslems. Leute die aber gerade auf dem Weg zu einer von beiden Seiten sind und noch umfallen könnten, wie etwa ein Zauberlehrling der vor seinem ersten Teufelspakt steht oder der junge St.Ulrich mit seiner Wette mit dem Teufel sind völlig in Ordnung.

Um damit die Core Story zusammenzufassen:
Die Charaktere sind Leute die sich in das "Draußen" wagen und mit dem Unbekannten konfrontiert werden. Sie haben dabei beständig drei Wege zur Auswahl - den einfachen, breiten Weg der dunklen Seite der sie korrumpiert, den beschwerlichen, engen Pfad der himmlischen Seite der ihre Seelen schützt, aber entmenschlicht, und der vielleicht schwierigste Weg, der der Menschlichkeit der sich früher oder später auflöst und ihren Seelen nur den Weg nach oben oder unten weisen kann.

Das sind die Teile die in Stein gemeißelt sind und die ich mir nicht wegdiskutieren lasse, denn sie sind das Fundament auf dem der Neustart erfolgt.

Das folgende hingegen steht noch unter Vorbehalt:

System

Die Glaubenswerte
Das System sollte die Entwicklung zur himmlischen und zu höllischen Seite widerspiegeln, mit einem immer weiter wegbröckelnden Pfad der Menschlichkeit.
Nehmen wir für die Glaubenswerte wieder die Dreifaltigkeit, aber nun ordnen wir jedes Mal ein menschliches und ein höllisches Gegenstück zu:
* Vater / Ethik / Ketzer: Der Vater verkörpert die strenge Seite des Glaubens, die Gebote, Gesetze und Strafen. Der Ketzer lehnt sich gegen dieses Regelwerk auf und mißachtet es. Die Ethik steht unentschieden zwischen diesen beiden Wegen und versucht eine menschliche Entscheidung ohne Vorbelastung zu finden.
* Sohn / Stoik / Teufelsanbeter: Der Sohn vergibt und opfert sich für das Wohl vieler. Der Teufelsanbeter in seinem Hass und seinem Egoismus erkennt den Weg der Nächstenliebe nicht mehr. Die Stoik strebt nach Mäßigung der Gefühle und somit einem menschlichen Mittelweg.
* Heiliger Geist / Eudaimonia / Magus: Der Heilige Geist verkörpert das göttlich vorherbestimmte Schicksal und die Akzeptanz des selben. Der Magus lehnt sich gegen das göttlich auferlegte Schicksal auf und geht seine eigenen Wege. Die Eudaimonia ist das menschliche Streben nach dem persönlichen Glück, die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen äußeren Zwängen und innerem Streben.

Warum habe ich nun griechische Bezeichnungen für den menschlichen Pfad gewählt? Nun, die alten Griechen standen außerhalb des Christentums, kannten weder den einen Gott noch den einen Teufel; sie waren eine rein menschliche Gesellschaft deren hell strahlendes Licht im finsteren Mittelalter schon lange verloschen ist, so wie die Menschlichkeit der Charaktere im Spielverlauf erlöschen wird.
Und warum ist aus dem Heiden der Magus geworden? Um das religiozentrische in den Vordergrund zu stellen - der Magus ist ein biblisch anerkannter Sünder der sich eben gegen den Heiligen Geist stellt (s. Apg 8 für die Interessierten).

Die Summe jeder Eigenschaft mit ihren himmlischen, höllischen und menschlichen Ausprägungen ist immer 15. Ein strenger Inquisitor könnte etwa Vater 9, Ethik 5 und Ketzer 1 haben während ein antiker Philosoph(wenn er denn im finsteren Mittelalter leben würde) Vater 1, Ethik 13 und Ketzer 1 haben könnte.
Bei der Charaktererschaffung können diese jeweils 15 Punkte auf die drei Ausprägungen frei verteilt werden, allerdings mit folgender Einschränkung: Der himmlische und der höllische Aspekt müssen jeweils mindestens 1 und höchstens 5 betragen(schließlich hat der Charakter Anlagen zu beiden Richtungen, und sein endgültiger Pfad steht noch nicht fest).
Ich überlege auch himmlische Aspekte teurer zu machen um damit zu zeigen dass das der steinigere und schwierigere Weg ist.

Wie können sich diese Glaubenswerte nun im Spiel ändern?
1.) Der Hauptweg sind bedeutungsvolle Handlungen. Einem Bettler einen Penny in die Hand zu drücken oder weiterzuschlendern ist _nicht_ bedeutungsvoll. Eine Frau aus unter Lebensgefahr einem brennenden Haus zu retten oder sich vor dieser Aufgabe zu drücken ist dagegen bedeutungsvoll.
2.) Buße. Mit Bußen wie Ablaßbriefen, Fasten oder Geißelungen können höllische Punkte in menschliche Punkte umgewandelt werden, nie aber in himmlische Punkte. Heilig wird wer gut handelt, nicht wer viel Geld an die Kirche überweist.
Auch diese Bußen müssen bedeutungsvoll sein. Ich denke sie sollten nur dann gelten wenn sie Eigenheiten(s.u.) reduzieren. Ablaßbriefe könnten etwa die Eigenheit "Reichtum" reduzieren während Geißelungen "Robustheit" senken könnten.
3.) Besondere Erfolge und Mißerfolge bei Einsatz eines Glaubenswertes (s. Auflösung)

Steigerungen himmlischer und höllischer Werte nagen immer am menschlichen Wert. Wenn etwa der o.g. Inquisitor(Vater 9, Ethik 5, Ketzer 1) trotz widriger Umstände nach seinen Vorschriften handelt und damit Vater erhöht hätte er Vater 10(+1), Ethik 4(-1) und Ketzer 1(0).
Wenn der menschliche Aspekt eines Glaubenswertes auf 0 sinkt steht der Weg eines Charakters Richtung Himmel oder Hölle fest, je nachdem welcher Wert überwiegt. Seine Geschichte ist erzählt und er kann zu den Akten gelegt werden. Es ist davon auszugehen dass er sich zur Ruhe setzt oder bald stirbt. (Darum ist die Summe von 15 auch ungerade - einer der beiden übernatürlichen Aspekte _muss_ überwiegen!)

Eigenheiten
Dazu kommt noch eine gewisse Anzahl Eigenheiten à la The Pool, Risus und Wushu, offene Merkmale die Attribute, Fertigkeiten, Klassen, Beziehungen, Charakterzüge, besondere Besitztümer und sonstige Eigenschaften widerspiegeln können, mit einem Wert von 1-10.
(Beispiele:
Attribute: Adelig, Bärenstark, Gerissen wie Reinecke Fuchs, Robust, Scharfe Sinne
Fertigkeiten: Fährtenlesen, Starker Schwertarm, Weiß was Großmutter noch wusste
Klassen: Devote Magd, Geheimnisvoller Magier, Geiziger Händler, Pfiffiger Gauner, Stolzer Ritter, Weitgereister Tischlergeselle
Beziehungen: Einfluß auf das Sheriffbüro von Nottingham, Hass auf den bösen Landlord, Liebe zu einer unerreichbaren Edeldame
Charakterzüge: Hitzköpfig, Schwermütig, Sorglos
Besondere Besitztümer: Ein Splitter vom wahren Kreuz, Geerbter Plattenpanzer, Prall gefülltes Säckel, Seelentrinkendes Schwert aus der Hölle
Sonstige Eigenschaften: Gefahreninstinkt, Magische Macht über die Natur, Mehr Glück als Verstand, Schutzengel)

Wieviele Eigenheiten mit wievielen Gesamtpunkten es geben wird muss die genauere Ausarbeitung und das Playtesting zeigen.
Pflicht sollte auf jeden Fall mindestens eine Klasseneigenheit sein, denn jeder muss etws haben von dem er leben kann(und sei es nur Weltfremder Adeliger oder Buckliger Bettler...)

Auflösung
Ich sehe keinen Bedarf an Drama und Karma, also läuft es ganz klassisch mit Fortune.
Man nimmt zunächst eine passende Eigenheit (sofern vorhanden).
Dann _kann_ man dazu einen höllischen oder himmlischen Aspekt hinzunehmen der mit der Art und Weise wie der Konflikt aufgelöst werden soll übereinstimmt, _muss_ es aber nicht. Himmlische Aspekte werden bei dieser Hinzunahme halbiert da es mit ihnen schwieriger ist - es besteht also ein Anreiz sich gehen zu lassen und den bequemen Weg der Verdammnis zu gehen. (Menschliche Aspekte können nicht genommen werden - sie werden von der Metaphysik des finsteren Mittelalters nicht gestützt und dienen mehr als Maß für die Entfremdung als als eigenständige Attribute.)
Nun addiert man einen explodierenden 1w10 und vergleicht das Ergebnis mit einer Schwelle die entweder durch eine feste Zahl(passiver Widerstand, etwa das Erklettern einer Mauer) oder die Summe des gegnerischen Wurfes bestimmt wird(aktiver Widerstand durch einen handlungsfähigen Charakter).
Wenn bei diesem Wurf eine 10 fällt und ein Glaubenswert im Spiel war so wird dieser um 1 gesteigert. Der Glaube des Charakters an diesen Aspekt wurde gefestigt.
Wenn bei diesem Wurf eine 1 fällt und ein Glaubenswert im Spiel war so sinkt dieser um 1 zugunsten des menschlichen Aspekts. Der Glaube wurde erschüttert.

Eine Hinsicht in der ich noch schwanke ist Conflict vs Task Resolution. Die spirituellen Elemente des Spiels würden durch Conflict Resolution verstärkt während Task Resolution beim schrittweisen Explorieren des Unbekannten von Vorteil wäre da es die Spieler länger im Ungewissen lässt. (Gerade Wahrnehmungswürfe sind toll um Paranoia zu schüren und sich langsam vorzutasten.)

Verbesserungssystem
Noch keine konkrete Idee. Ich will es auf jeden Fall mit der Veränderung der Glaubenswerte koppeln da das die dramatischen Einschnitte im Leben des Charakters darstellt und ihn somit (im Gegensatz zu toten Orks) charakterlich weiterbringt.

Option: Kicker und Bangs
Für die die es etwas närrischer haben wollen oder die Konflikte ihrer Charaktere genauer festgelegt haben wollen gibt es die Option auf Kicker und Bangs.
Kicker kommen aus Sorcerer(das Spiel von Ron Edwards, nicht das aus der WoD).
Ein Kicker ist eine vor dem Spiel ausgearbeitete Situation die eine bedeutungsvolle Handlung des Charakters erzwingt, ihm dabei aber mehrere Optionen offenlässt.

Guter Kicker: "Ich habe herausgefunden dass das verrückte alte Kräuterweib nachts auf den Friedhof geht und mit den Toten spricht."
Das lässt eine Menge Optionen. Vielleicht verpfeift der Charakter das Kräuterweib an die Inquisition. Vielleicht erpresst er sie. Vielleicht versucht er bei ihr Magie zu erlernen. Vielleicht versucht er sie auf den rechten Weg zurückzuführen. Vielleicht...

Schlechter Kicker: "Ich habe mich im Wald verlaufen."
Und was willst du Komiker jetzt machen außer zu versuchen heimzulaufen? Wurzeln schlagen?

Bangs sind spontan ins Spiel geworfene Situationen die ähnlich wie Kicker eine bedeutungsvolle Handlung des Charakters erzwingen, ihm dabei aber auch wieder mehrere Optionen überlassen.
Ein zufälliger Kampf mit einer aus dem Busch springenden Räuberbande bei dem die einzigen Optionen Kämpfen und Fliehen sind ist kein Bang.
Wenn der Charakter aber mit dem Bogen in der Hand den bösen Sheriff von Nottingham sieht der seine Mutter zu Tode vergewaltigt hat und die Option hat ihn zu erschießen(und danach wahrscheinlich von seinen Wächtern getötet zu werden) oder ihn trotz seiner vielen Schweinereien laufen zu lassen... Das ist ein Bang.
 
AW: Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

Das hört sich ganz gut an. Was (mir) nicht ganz klar wird, ist ob die Glaubenswerte auch in negativer Hinsicht als Drang oder Laster fungieren und hier einen vielleicht vom Charakter ungewollten Drive nehmen. Also mehr in dem Sinne, dass einen ein Laster überkommt, als dass der Spieler dies in Erwägung zieht.
Handlungen könnten dann aus dem Glaubensystem kommen, statt nur ein System zu sein, dass die Gesamtheit des Charakters zu fassen.

(Außerdem solltest du ein paar Forge-Begriffe hier erklären oder zumindest ins Wiki verlinken, damit hier keine Fragezeichen entstehen. ;) )
 
AW: Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

Der Konflikt Conflict vs Task Resolution ist geklärt: Es wird Task Resolution geben um den primären Schwerpunkt, nämlich die schrittweise Exploration der Situation, zu unterstützen.
Da mir aber großartiges Numbercrunching zuwider ist bleibt das Auflösungssystem simpel. Das Kampfsystem gilt Risus-like für alle längerwährenden Konflikte vom Schwertkampf über die Diskussion bis hin zum Kuchenwettessen, eingesetzte Eigenheiten sinken um die Differenz zwischen den Würfen, wer zuerst bei 0 landet verliert.

Für das Verbesserungssystem ist mir endlich was eingefallen: Es wird einen Wert geben der die Anzahl der Glaubensänderungen festhält(vielleicht "Erfahrungen"?), der verheizt werden kann um Eigenheiten anzuheben, neue Eigenheiten zu erwerben, Würfe zu wiederholen, Wunder (oder teuflische Eingriffe) auftreten zu lassen... Ich werde es noch genauer ausarbeiten müssen.

Auf jeden Fall werde ich werde mal beginnen loszuschreiben um endlich mal die Konzeptphase hinter mir zu lassen und zu Potte zu kommen.

@Skar:
Nein, keine Charakterlenkung durch Glaubenswerte, das ist etwas das ich ähnlich furchtbar wie Railroading empfinde. (Ich mag beispielsweise auch nicht die Frenzyregeln aus VtM.)
Wenn Charaktere schon in die Scheiße geritten werden dann als bewußte Entscheidung des Spielers. Den Anreiz sich fallen zu lassen gibt es ja schon, aber es bleibt dem Spieler offen ob er für seinen Charakter den einfachen Weg der dunklen Seite wählt, somit überlebt und verdammt wird oder ob er sich für die helle Seite entscheidet, die zwar langfristig lohnender ist ihn aber kurzfristig seinen Hals kosten kann.

Welche Forgebegriffe sind denn unklar oder nicht aus dem Kontext heraus selbsterklärend? [wiki]GNS[/wiki] habe ich ja schon im Wiki verewigt(womit Situation, Character, Exploration, DFK und Narrativism geklärt sind), Kicker und Bangs wurden in meinem letzten Beitrag erklärt, Task und Conflict Resolution wurden in diesem Thread schon zu Genüge ausgewälzt...
 
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