Konzept für ein Low-/Dark-Fantasy-RPG (bitte um Bewertung)

Skyrock

t. Sgeyerog :DDDDD
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In einer nostalgischen Stunde in der ich alter DOS-Spiele gedacht habe überkam mich das Ding das jeden Rollenspieler früher oder später überfällt: Der Gedanke an ein eigenes Rollenspiel, von Scratch auf. Genauer gesagt gedachte ich den genialen alten Point-and-Click-Adventure "Robin Hood - Conquest of the Longbow" und "Plague of the Moon". Nun frage ich mich ob ich wirklich ein gutes Konzept im Kopf habe.

Nach dem Grundsatz dass ein Bild mehr sagt als 1000 Worte habe ich mir mal ein paar Dürer-Bilder herausgesucht die es schaffen die Atmosphäre dieses Settings wie ich es mir vorstelle zu treffen.

Apokalypse: Die siebenköpfige Bestie

Der Teufel verführt Betende zu "geschwetz und gelechter"

Der Teufel und der Erzengel Michael am Totenbett einer Rittersfrau

Vor dem Spiegel

Kurzcharakteristika:
  • Setting: finsteres Mittelalter - nicht historisch genau, aber finster und dreckig
  • Fantasylevel: sehr niedrig
  • Powerlevel: normalmenschlich
  • Spielstil(GNS): narrativ(moralischer Weg zwischen Himmel und Hölle)/ simulativ(mittelalterliche Kirchendoktrin und germanischer Sagen- und Märchenschatz)
  • Spielstil(5f): Storytelling/ Method Acting/ Tourism
  • Tödlichkeit: n/a(prinzipiell eher hart, aber durch die Opferregel kann man jederzeit einen Charakter wieder raushauen)

Das Mittelalter zwischen katholischer Heilslehre und Grimms Märchen
"Und zum Manne sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deines Weibes und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen -, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden."
-1. Buch Moses 3, 17-19


Die Bibel hat recht in diesem dreckigen Mittelalter der Breitschwerter und Kettenhemden, der stillen Gottesacker und der donnernden Handbüchsen: Die Welt wurde vor wenigen tausend Jahren von Gott binnen sieben Tagen geschaffen, mit allem was auf ihr kreucht und fleucht, insbesondere der Krone der Schöpfung, und ein göttlicher Plan wurde errichtet.
Dem Erzengel Luzifer gefiel diese festgezurrte Ordnung nicht, und so brachte er in Gestalt einer Schlange Adam und Eva die Erkenntnis und damit auch die Magie, die Fähigkeit den göttlichen Plan zu ändern, womit er Gott erzürnte.
Der Rest der Geschichte sollte bekannt sein: Adam und Evas Vertreibung aus dem Paradies, Luzifers Fall bis hin zu den anderen biblischen Gestalten wie Moses und Jesus - und schließlich bis hin zum Mittelalter in dem das Spiel abläuft.
Es gibt einen Himmel, aber um diesen zu erreichen muß der Mensch auf Erden durch Leiden, Schmerz, harte Arbeit und natürlich Ablaßbriefe die Erbsünde Adam und Evas abbüßen.
Zauberer umgehen durch ihre Magie diese Buße und zerstören die göttlich festgefügte Ordnung: Sie segnen die Kornfelder und lassen sie üppig wachsen wo Gottes Plan ursprünglich vorsah eine Dürre zu senden und die Menschen hungern zu lassen, sie zaubern sich einen Geldsegen herbei und legen sich damit auf die faule Haut statt ein ehrliches Handwerk zu betreiben, und sie hexen einem Nebenbuhler die Pest an den Hals um an eine Frau zu kommen die der göttliche Plan eigentlich als Ehefrau für den Nebenbuhler vorsah.
Allerdings macht sich Magie sehr schnell unbezahlt, sowohl auf Erden als auch im Jenseits. Auf Erden ist das Problem dass die Menschen mit einer Macht hantieren die sie nicht richtig verstehen - es gibt sehr rasch Rückschläge, und je destruktiver diese Magie ist und je stärker sie in den göttlichen Plan eingreift um so heftiger ist auch der Rückschlag.
Zudem verleiht Magie unrechtmäßige Macht, und diese Macht korrumpiert Geist und Seele. Je mächtiger ein Magier wird, je mehr er sich auf seine Magie verläßt, kurzum, je mehr er seine göttlich vorherbestimmte Buße umgeht und den göttlichen Plan stört, je mehr er gegen den christlichen Glauben verstößt mit seiner Zauberei, um so schwärzer wird seine Seele, und letztlich kann sein Weg nur in die Hölle führen.
Es gibt dennoch genug Menschen die sich entgegen des göttlichen Planes der Magie zuwenden, sei es aus Machtgier, ungesunder Neugier oder schlichter Unwissenheit, genauso wie Eva einst zu Luzifers Apfel griff.
Die Gefallenen sind immer noch auf Erden unterwegs um den Menschen zu versuchen, und sie haben vielerlei Gestalt - Heinzelmännchen und Poltergeister, Herdgeister und Succubi, Wölfe und Fledermäuse(ja, die galten damals als Wesen des Bösen), der ziegenbeinige Mann und der Menschenfresser die tief im Wald leben sollen, an der Stelle an der die Heiden Menschen und Tiere an sie geopfert haben sollen. Sie sind aber subtil und unsichtbar, nie direkt zu sehen, nur als indirekte Auswirkungen wenn ihre Flüche das Schicksal von jemandem zum bösen ändern, sie in Gegenstände und Menschen fahren, sich eines Morgens eine Kiste voller Gold vor der Haustür von jemandem findet um ihn von seinem ehrlichen Handwerk abzuhalten, sie die Träume der Menschen heimsuchen um sie zu versuchen und zu verführen.

Die Wege der Magie
"Wenn sich jemand zu den Geisterbeschwörern und Zeichendeutern wendet, daß er mit ihnen Abgötterei treibt, so will ich mein Antlitz gegen ihn kehren und will ihn aus seinem Volk ausrotten."
-3. Buch Moses 20, 6

"Es war aber ein Mann mit Namen Simon, der zuvor in der Stadt Zauberei trieb und das Volk von Samaria in seinen Bann zog, weil er vorgab, er wäre etwas Großes. Und alle hingen ihm an, klein und groß, und sprachen: Dieser ist die Kraft Gottes, die die Große genannt wird. (...) Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, daß Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes. Die kamen hinab und beteten für sie, daß sie den heiligen Geist empfingen. Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten sie die Hände auf sie, und sie empfingen den heiligen Geist. Als aber Simon sah, daß der Geist gegeben wurde, wenn die Apostel die Hände auflegten, bot er ihnen Geld an und sprach: Gebt auch mir die Macht, damit jeder, dem ich die Hände auflege, den heiligen Geist empfange. Petrus aber sprach zu ihm: Daß du verdammt werdest mitsamt deinem Geld, weil du meinst, Gottes Gabe werde durch Geld erlangt. Du hast weder Anteil noch Anrecht an dieser Sache; denn dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott."
-Apostelgeschichte 8, 9-10 und 14-21


Weiße Magie
Konstruktive Effekte die anderen helfen sollen
Beispiele: Schutzrituale gegen Magie, Heilung
Rückschlagschance: niedrig

Graue Magie
Effekte die niemandem aktiv schaden, aber eigennützig wirken
Beispiele: Liebeszauber, Geldsegen
Rückschlagschance: hoch

Schwarze Magie
Destruktive Effekte die anderen aktiv schaden
Beispiele: Flüche, Krankheiten anhexen
Rückschlagschance: sehr hoch

Als grundlegendes System denke ich an ein System aus Pfaden die verschiedene Aspekte der Magie abdecken und sich für alle drei Wege gebrauchen lassen.
Der Pfad der Heilung ließe sich etwa benutzen um jemanden zu heilen(weiße Magie), um sich selbst Bärenkräfte zu verleihen ehe man in einen Kampf geht(graue Magie) oder um jemanden die Pest an den Hals zu wünschen(schwarze Magie). Wer einen Pfad beherrscht kann alles versuchen was mit diesem Pfad möglich ist, aber je besser er ihn beherrscht umso besser sind seine Chancen. Und natürlich überlappen sich manche Pfade - so könnte man etwa ein Schutzzeichen vor dem Eindringen eines Geistes in ein Haus entweder mit dem Pfad der Geister oder dem Pfad des Schutzes anfertigen.
Pfade sollten sein:
  • Geister(Geister rufen, beherrschen und verbannen, Schutzkreise vor selbigen, Seelen entreißen, Geister in Dinge und Wesen fahren lassen)
  • Heilung(Heilungsrate verbessern oder Lebenskraft entziehen, körperliche Fähigkeiten verbessern oder verschlechtern, Krankheiten heilen oder anhexen, "Hexenschuss")
  • Natur(Tiere rufen und vertreiben, die Natur gegen die Menschen wenden lassen, Schutz vor den Unbilden der Natur wie Blitzschlag oder Kälte, Wachstum von Tieren und Pflanzen beeinflussen)
  • Schicksal(Schicksal deuten, Glückwünsche oder Pechsträhnen, tödliche Unglücke wie den unglücklich umfallenden Baum heraufbeschwören)
  • Schutz(Schutz vor und Reflektion von magischer Beeinflussung, Alpträumen, Pechsträhnen etc.)
  • Träume(Traumbotschaften senden, in Träume anderer eindringen, Alpdrücken bereiten, Alpträume abfangen)
Wenn jemand noch mehr Ideen für Pfade hat die in ein Low-Fantasy-System reinpassen, nur her damit :) Vielleicht wird das ganze aber auch ein offenes System ähnlich den Wissensfertigkeiten in SR... Im Moment ist ja eh noch mehr Brainstorming angesagt.
Als Würfelsystem denke ich an Okkultismus + (Magiepfad) + Würfel gegen einen Mindestwurf, der davon abhängt was man genau anstellen will. Ich werde da noch eine grobe Tabelle skizzieren müssen mit Modifikatoren je nach Länge(oder Verkürzung) des Rituals, Größe des Wirkungsbereichs und Heftigkeit des Effekts(Durchfall sollte leichter zu heilen sein als die Pest).

Die Rückschlagchance ist nicht abhängig von den Fähigkeiten des Zauberers, sondern von der Bösartigkeit und der Heftigkeit des Eingriffs in das Weltgeschehen. Ein Teil des Rückschlages manifestiert sich direkt als Unglück das mit dem gewirkten Zauber verknüpft ist. Wer etwa jemandem den Tod an den Hals wünscht könnte durchaus Erfolg haben, aber zeitgleich wird der Zauberer von einer Pechsträhne geplagt die seine Existenzgrundlage zerstört, seine Liebste kommt bei dem Unglück mit um, oder der Dämon der das Unglück angerichtet hat kehrt zum Zauberer zurück um ihn auf die gleiche Art und Weise zu töten.
Zudem senkt Magieeinsatz die Glaubenswerte(s.u.), die aber durch Ablaßbriefe, Bußetaten usw regeneriert werden können.

Der Weg des Glaubens
"Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach."
-Markus-Evangelium 14,38


Glauben hat nur wenige regeltechnische Effekte - Schutz vor Magie, Fähigkeit zu Weihen und gelegentliche von Gott gesandte Visionen und Zeichen(etwa die schwarze Katze die vor einem den Weg kreuzt).
Er ist es aber der auf den Weg ins Himmelreich führt, und er ist ein steiniger, dorniger und enger Pfad, auf dessen beiden Seiten das Böse und die Versuchungen lauern.

Glaube ist ein Balanceakt zwischen den drei Aspekten der Dreifaltigkeit und deren Gegensätzen:
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Der Sohn: Die weiche Seite. Barmherzigkeit, Nächstenliebe, das Hinhalten der anderen Wange
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Der Teufel: Egoismus, Hass, Neid
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Der Vater: Die harte Seite. Dogmatismus, Inquisition, Unerbittlichkeit
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Der Ketzer: Zweifel, Reform, Laissez-faire
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Der Heilige Geist: Die fremdartige Seite. Akzeptanz des göttlich vorherbestimmten Schicksals und Ranges
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Der Heide: Selbstbestimmung, Freiheitsdrang
Jeder der Aspekte der Dreifaltigkeit läuft auf einer Skala von 1-20. 1 heißt totale Sündigkeit, 10 ein ambivalentes Verhältnis und 20 totale Heiligkeit.
Niedrige Werte lassen den Charakter auf andere angsteinflößend wirken, Warzen sprießen oder ihn in Ohnmacht fallen wenn er geweihten Boden betritt. Hohe Werte lassen den Charakter ehrfurchtgebietend und heilig wirken, wo er seine Hände auflegt gesunden die Kranken und wo er entlanggeht weichen die Sünder zurück, allerdings ist er auch entrückt und abgehoben.

Jede Tat die der Spielleiter als signifikant bemisst hat Einfluß auf diese Skala, und eine einzelne Tat kann durchaus zwei oder gar alle drei dieser Aspekte beeinflussen.
Nehmen wir ein Beispiel aus der Bibel: Ein Priester ist auf dem Weg zur Sonntagsmesse und trägt sein bestes Gewand, als er auf der Straße einen Schwerverletzten erblickt der im Sterben liegt.
Wenn er dessen Leben rettet handelt er zwar barmherzig(Sohn +3 Punkte, Teufel -3 Punkte), aber er wird zu spät und blutbesudelt seinen priesterlichen Pflichten nachkommen(Vater -1, Ketzer +1). Zudem greift er damit in das göttliche Schicksal ein(Heiliger Geist -1, Heide +1).
Wenn er weitergeht ist es genau umgekehrt: Er kommt trotz schwerer Ablenkung exakt seinen preisterlichen Pflichten nach(Vater +1, Ketzer -1) und läßt das göttliche Schicksal walten(Heiliger Geist +1, Heide -1), aber er handelt hochgradig unbarmherzig(Sohn -3, Teufel +3).

Ablaßbriefe, Bußen usw verschieben unter 10 gefallene Glaubenswerte wieder Richtung 10.
Die Reichen schaffen es also ohne Probleme schwere Sünden zu begehen und dennoch auf dem Pfad Richtung Himmelreich zu bleiben, während die Armen sich großen Mühen unterziehen müssen.
Echte Heiligkeit verlangt aber Frömmigkeit in Worten und Taten und keinen vollen Geldbeutel.

Regeln:
Regeltechnisch habe ich keine großen Neuerungen im Kopf:
Charaktererschaffung geschieht punktebasiert, alles andere erscheint heute als Anachronismus.

Es hat 9 Attribute nach abgewandeltem WoD-Schema:
Körperlich: Robustheit(Konsti und Stärke in einem), Reaktion, Geschick
Sozial: Charisma, Manipulation, Aussehen
Geistig: Wahrnehmung, Intelligenz, Willenskraft

Wenige feste Fertigkeiten(20-30) nach einem ausgewogenen WoD-artigen Schema(Talente, Fertigkeiten, Wissen), dazu noch die Möglichkeit überspezialisierte oder irrelevante Fertigkeiten zu reduzierten Kosten nach einem freien System zu erwerben, ähnlich den Wissensfertigkeiten bei SR

Das Würfelsystem soll Richtung Interlock gehen(Attribut + Skill + Würfel), gestreckt auf eine 20er-Skala und dementsprechend mit Einsatz eines W20(erlaubt etwas feinere Skalierung als W10 und halbiert die Patzer/Critical-Chance).
Das Schadenssystem wird wohl einfach vereinfacht von Interlock geklaut, mit einer wichtigen Sonderregel die ich aus dem LARP-Bereich geklaut habe: Die Opferregel. Es liegt in der Hand des Opfers ob es getötet oder bis zur Unspielbarkeit verkrüppelt wird, oder ob es der Sache noch einmal haarscharf entgeht. Ich halte nämlich nur den Spieler selbst für kompetent genug zu entscheiden wie seine Charaktergeschichte weitergehen soll, nicht den SL oder gar die Würfel.

Das Regelsystem selbst sollte kurz sein - mehr als 30 Seiten auf keinen Fall, eher nur 20.
Der Umfang des Hintergrunds hängt von meiner Leidensfähigkeit ab, aber mehr als ein grober Abriss der Geschichte mit Zeittafel der wichtigsten Ereignisse des realen Mittelalters, Beschreibung der Metaphysik und Kirchenlehre für Unbedarfte und eventuell noch das eine oder andere Goodie wie ein ausgearbeitetes Dorf ist nicht angedacht, schließlich kann man für Details immer noch zum Geschichtsbuch greifen.

Eure Meinung ist gefragt!
Nun sagt mir: Klingt das brauchbar, oder verschwende ich lediglich meine Zeit mit Heartbreaker MMVII der kein Schwein außer mich und meine Freunde (und natürlich Wayne) interessiert?
 
Tja, speziell der Vodun stößt mir sauer auf, da der eigentlich eine Mischung aus afrikanischer Religion und Elementen des Christentums ist und eigentlich erst nach dem Mittelalter entstand. Es wirkt daher einwenig...anachronistisch, und in den europäischen Kulturkreis passt es auch nicht so recht.

Ebenso existierten Plattenrüstungen und frühe Feuerwaffen eine ganze Weile lang mehr oder weniger friedlich nebeneinander her, ein Verzicht vom einen zugunsten des anderen scheint mir unlogisch, wenn du schon auf historische Vorbilder zurückgreifen willst.

Was ich ein wenig vermisse ist das Extra(TM), etwas, das das Setting besonders macht. Was du momentan beschreibst erinnert vom Setting her an Harnmaster oder eine weniger optimistische Ars Magica-Kampagne.

In welcher Rolle siehs du denn die typische Spielergruppe so? Welche Art von Kampagne schwebt dir als Designer vor?

-Silver
 
Ich schließe mit Silvermanes Kritik an. Vielleicht sollte man statt Voodoo die typisch nordischen Praktiken der Hexerei berücksichtigen.

Plattenrüstung, Handbüchsen und Kanonen können durchaus koexistieren, sind IMO jedoch gar nicht so wichtig, da in irgendwelchen entlegenen Bauerndörfer eher selten.

Als Extra(TM) könnte ich mir zwei Szenarien vorstellen:

1. Die Charas sind verflucht. Egal, ob die Charas tatsächlich verzaubert sind oder nicht, sie glauben, dass sie aufgrund eines "Hexenmals" in absehbarer Zeit verrecken, außer es gelingt ihnen, die Hexe zur Rücknahme zu Fluchs zu bringen bzw. einen priesterlichen Segen zu erlangen bzw. einen Gegenfluch irgendeines "Magiebegabten" zu bewirken.
Der Fluch ist ein guter Anreiz, sich aus dem mittelalterlichen Dorf ins Unbekannte zu wagen.

2. Die Charas sind Zeitreisende (abgekupfert vom Buch "Timeline" bzw. den "Zeitrittern"). Sie sind im MA gestrandet, ohne fürs MA nützliche Fähigkeiten oder Wissen. Sie haben keine Ahnung, wie sie im MA gelandet sind, müssen sich erst allmählich orientieren. Langsam finden sie heraus, dass sie durch einen Fluch im MA gelanden sind. Rest: siehe oben.
Fällt zwar etwas aus dem von Skyrock definierten Rahmen, könnte aber dennoch interessant sein.
 
Silvermane schrieb:
Tja, speziell der Vodun stößt mir sauer auf, da der eigentlich eine Mischung aus afrikanischer Religion und Elementen des Christentums ist und eigentlich erst nach dem Mittelalter entstand. Es wirkt daher einwenig...anachronistisch, und in den europäischen Kulturkreis passt es auch nicht so recht.
Es geht mir weniger um die konkrete Religion - es geht mir mehr um die dahinter stehende Metaphysik.
Zum einen ist da die Unsichtbarkeit der Übernatürlichen, die für den Uneingeweihten nur durch ihre Effekte spürbar sind, etwas was den "Fear of the unknown"-Faktor hochtreibt und die Low-Fantasy-Komponente betont.
Zudem ist da noch diese Dreiteilung der Magie(weiß: hilfreich, grau: eigennützig, schwarz: schädigend, egal gegen wen und zu welch einem noblen Zweck), die man im europäischen Kulturkreis so nicht kennt.

Ich habe nicht vor die Loas selbst auftauchen zu lassen - ich denke viel mehr als die Loas als Metaphern, die sich je nach Paradigma des Zauberers als katholische Schutzheilige oder was-weiß-ich identifizieren lassen.

Silvermane schrieb:
Ebenso existierten Plattenrüstungen und frühe Feuerwaffen eine ganze Weile lang mehr oder weniger friedlich nebeneinander her, ein Verzicht vom einen zugunsten des anderen scheint mir unlogisch, wenn du schon auf historische Vorbilder zurückgreifen willst.
AFAIR gab es die Handbüchsen vor der Konservendose... Aber ich habe auch noch nicht gründlich nachgeforscht da das Spiel bisher nur eine im Hinterkopf herumschwirrende Idee ist.

Silvermane schrieb:
In welcher Rolle siehs du denn die typische Spielergruppe so? Welche Art von Kampagne schwebt dir als Designer vor?
Fest steht nur: Die Kampagnen sollten bodenständig sein. Kein gerettetes Universum, kein toter Drache, nur kleine Brötchen backen.

Da die Reisen einigermaßen realistisch gehandhabt werden sollen sollte das ganze auch wesentlich ortsgebundener ablaufen als man es sonst von Fantasy kennt. Die Geschichten um Robin Hood sind eigentlich ein recht gutes Beispiel: Das ganze ist auf einen Ort fixiert, und es sind immer wieder die gleichen NSCs mit denen interagiert werden muss.
Kampagnenmöglichkeiten die mir spontan in den Sinn kommen wären etwa ein Hexencoven, der seine antike Religion pflegt und vor der Verfolgung auf der Hut sein muss; eine Bande von Gesetzlosen à la Robin Hood; oder auch (tada, FAFS) die klassische Abenteuerergruppe die in die Welt hinauszieht weil sie vor einer ungewünschten Zwangsheirat fliehen mussten/ die Ernte dieses Jahr nicht gereicht hat/ um reich und berühmt zu werden. (Das letzteres wohl nichts wird steht auf einem anderen Blatt.)

KAM schrieb:
Plattenrüstung, Handbüchsen und Kanonen können durchaus koexistieren, sind IMO jedoch gar nicht so wichtig, da in irgendwelchen entlegenen Bauerndörfer eher selten.
Wäre vielleicht auch überlegenswert... Es geht mir mehr um die Stimmigkeit, weniger um einen großen Reenactment-Anspruch. Mich stört halt ein wenig das Fäntelalter der meisten anderen Systeme wo vom steinzeitlichen Faustkeil bis zum Stockdegen des 19. Jahrhunderts alles in einen großen Topf geworfen und einmal gut umgerührt wird.

Deine beiden Extra-Ideen sprechen mich nicht sonderlich an, auch wenn ersteres natürlich eine nette Kampagne abgeben könnte bei der man einen roten Faden hätte um verschiedene Charaktere beisammen zu halten.
 
Ich muss mich meinen Vorrednern anschließen. Das Ganze unterscheidet sich mehr oder weniger nur in Details von anderen Systemen. Es fehlt irgendwie das Besondere, ein neuer Denkansatz, ein "Cool, so ein Setting wollte ich schon immer mal spielen."
Im Moment sieht's noch ziemlich gesichtslos und unattraktiv aus.
 
Das von dir selber in deiner frech vorgetragenen ZdL-Kritik geforderte PLUS fehlt deinem Konzept völlig. Wenn du sowas willst: Spiel Hârnmaster und bau die Opferregel ein.
Oh, und bitte keine Triaden über "realistisches Mittelalter" o.Ä. Das von dir vorgestellte Spielkonzept ist das "finstere Mittelalter", das vom echten ungefähr genauso weit entfernt ist, wie das typischen "Burgfrollain und Edelritter" Epos. Ein Beispiel: Hexenwahn ist kein mittelalterliches Phänomen, sondern ein frühneuzeitliches.
 
Das taugt noch nicht einmal zu einem der vielbeschworenen "Heartbreaker".

Warum?

Das System:
Im Wes(en)t(lich)en nichts Neues. Keine Innovation, nur WoD-Plus-Minus-Klon. Langweilig, gibt es wie Sand am Meer, wird keinen mehr hinterm Ofen hervorholen. Macht aber nicht wirklich was, wenn wenigstens das Setting was hergibt.

Das Setting:
geht um ein Fantasy-System
OK. Also ist das Genre schon mal im meistbesetzten Feld aller Rollenspiele, der Fantasy, gelandet. Da gibt es ja schon richtig viel Material, mal sehen, ob man hier noch was sieht, was es nicht anderswo genauso gut oder besser gibt...
Es soll im Europa des Hoch- bis Spätmittelalters spielen - eine genaue Jahreszahl ist nicht nötig.
Nachdem nach diesem Satz auf die "Realismus"-Thematik abgehoben wird, ist eine GENAUE Jahreszahl sehr wohl notwendig, wenn man überhaupt mit solchen vollmundigen Sprüchen kommt wie: "ich verzichte auf Kompromisse zugunsten des romantisierten Bildes des Sword&Sorcery-Mittelalters".

Du machst hier nämlich Kompromisse zugunsten eines romantisiert-düsteren Bildes des "Dark Fantasy"-Mittelalters, die genauso gut oder schlecht wie alle anderen phantasievoll verzerrten Mittelalter-Interpretationen sind, gibts aber mit solchen Aussagen wie: "Es wird Feuerwaffen geben, nämlich Handbüchsen und Kanonen. Unzuverlässig, dreckig, ungenau, aber billig und mit leicht zu erlernendem Umgang, genauso wie es in der Historie war. Ich will ein rauhes Mittelalter haben wie es in den Geschichtsbüchern zu finden ist, ohne Kompromisse an Hollywood und Pro 7." selbst den Anspruch einer HISTORISCHEN EXAKTHEIT.

Den erfüllst Du mit Deinen schlichtweg falschen Aussagen z.B. zur Reisetätigkeit im Mittelalter aber überhaupt nicht. Es wurde sehr wohl und auch sehr weit gereist. Insbesondere in manchen Berufsständen sogar STÄNDIG!

Dein Mittelalterbild ist - zwangsläufig - NICHT historisch exakt. Das wäre auch kein Problem, wenn Du nicht solche Punkte wie "genauso wie es in der Historie war" oder "rauhes Mittelalter, wie es in den Geschichtsbüchern zu finden ist" bringen würdest. DEINE, und allein deine Vorstellung vom Mittelalter ist die einer rauhen, düsteren Epoche. Das ist ja OK für "Dark Fantasy". Man kann solch eine Prämisse setzen und von da auch seine dunkel-düster-dreckig-romantische Fantasy-Mittelalterwelt konzipieren. Aber komm mir da nicht mit historischer Exaktheit. Die kannst Du mit Deinem Ansatz komplett den Hasen geben.

Warum erhebst Du überhaupt diesen Anspruch, wo Dir doch klar sein müßte, daß auch Du eine Sicht auf das Mittelalter hast, die aus unserer heutigen Zeit geprägt ist, unsere Geschichtsforschung garantiert NICHT miteinbeziehen wird (ansonsten wärest Du ja wahrscheinlich Prof. für Mediävistik und würdest solche komischen "Realismus"-Themen meiden wie der Teufel das Weihwasser)? Was ist es denn, was Du WIRKLICH mit diesem besonders herausgehobenen "Schmutzigen Realismus" erreichen willst? - Soll die Spielwelt gefährlicher werden? Soll sie andere Konfliktpotentiale beinhalten, die Du nie hättest aufnehmen können, wenn Du z.B. in Vampire : DA oder Ars Magica gespielt hättest? Wenn da irgendetwas besonderes ist, daß NUR durch ein derartig verzerrtes Mittelalter-Darstellungsmittel herausgearbeitet werden kann, so solltest Du es klar formulieren können.

Was momentan (zumindest bei mir) ankommt, ist eine ähnlich stark wie die "Hollywood-50er-Jahre"-Mittelalter-Darstellung verzerrte, aber eben mehr in die Schmuddel-Düsternis-Ecke gehende Darstellung. Auf keinen Fall aber etwas, daß auch nur irgendwie historisch korrekt sein KANN und - so mein Eindruck - auch garnicht WILL. - Nur, WAS Du wirklich willst, kommt nicht klar genug rüber.

Zweitens, es gibt Übernatürliches - aber völlig anders als man es aus den FAFS kennt. In dieser Welt ist die Metaphysik des Voodoo die Wahrheit.
Und hier bist Du vollkommen im kulturellen Crossover-Bereich einer jeden komplett-unrealistischen Fantasy angekommen.

Aus Deiner Magie-Konzeption entnehme ich, daß Du Hexenjagden, Inquisition, Voodoo, und was weiß ich als Spielelemente haben willst. Das ist prinzipiell OK. Das Problem dürfte sein, daß ein solches kulturelles Crossover über Zeiten und Kulturen wie Voodoo ins (ja eigentlich christliche) Spätmittelalter zu bringen, VIEL Arbeit an der schlüssigen (nicht unbedingt logischen) Integration in den Hintergrund bedeutet. - Was meinst Du, wieviel Arbeit in Ars Magicas "Mythic Europe" gesteckt werden mußte, damit es so schlüssig und in sich stimmig rüberkommt, wie es heute der Fall ist. Und Ars Magica hat insbesondere "die Kirche im Dorfe gelassen". Die Magi sind eher zurückgezogen und stellen eine Gesellschaft neben der "normalen" Gesellschaft dar, haben aber trotzdem deutlichen Einfluß. Da sind die Einschnitte in das Historische gering gewesen, haben aber immer noch heftige Konsequenzen für das resultierende "Mythic Europe". - Für Deine Crossover-Mittelalter-Magie wirst Du Dich ganz schön ins Zeug legen müssen, wenn das Voodoo in Deinem Mittelalter nicht wie eine Eiterbeule herausstehen soll, die dann in Form von Unstimmigkeitsempfindungen bei den Spielern platzt, wenn man merkt, daß es eben NICHT dahin paßt.

Viel stimmiger wären die alten Keltischen, Druidischen Glaubens- und Geistervorstellungen noch neben der Kirche bestehen zu lassen und diese dann wirken zu lassen. Oder die Art der göttlichen Wunder aus "Ash - A secret history" von Mary Gentle, einem GENIALEN Roman, der 1476 spielt, wo man schmutzige Söldnerheere, Plattenrüstung, Kanonen, Harkebusen, Magie, Golems, und Eugenik mit einem schrägen Mittelalter verquickt hat, das harmlos (beinahe) historisch akkurat beginnt und komplett anders endet. Sehr guter Roman, den ich Dir als Inspiration nur empfehlen kann.

Wie gesagt. Noch nicht mal ein "Heartbreaker".

Schau Dir mal als Spielsystem die NWoD-Regeln an, da diese - inzwischen - Standardregeln garantiert alles abdecken, was Du Dir sonst an Rad neu erfinden müßtest. Oder nimm GURPS, Cthulhu 1000 AD, Vampire : DA, Ars Magica (z.B. wenn Du ohne die starken Magi spielst, dann hast Du Deine sehr verletzlichen und "unheldenhaften" Normal-Bürger, Groks genannt).

Für einen stimmigeren Hintergrund kann ich neben Ars Magica noch diverse GURPS-Bände (gerade auch GURPS Religion) empfehlen.

Schau Dir eventuell auch das A Magical Medieval Society an. Ein Buch, welches sich über die möglichen sozialen Auswirkungen der faktischen Existenz von Magie in einer ansonsten mittelalterlich wirkenden Gesellschaft ausläßt.
 
Silvermane schrieb:
Was ich ein wenig vermisse ist das Extra(TM), etwas, das das Setting besonders macht.

Mit ein wenig Wohlwollen die "bösen Märchen". Gerade durch die Kobolde und Menschenfresser, die Alltagsmenschen als Charaktere, die vorhandene aber im verborgenen bleibende Magie, fühle ich mich an diverse (deutsche) Sagen und Märchen erinnert - und das finde ich recht interessant, da diese Themen im Rollenspiel oft nur in einem "modernen" Zusammenhang aufgegriffen werden.

mfG
bvh
 
@ "Historische Genauigkeit":
OK, da habt ihr mich überzeugt. Wenn ich ernsthaft einen Reenactmentanspruch verfolge trete ich sehr schnell ins Fettnäpfchen, und viele meiner Ideen entfallen.
Ich sollte dann also vielleicht weniger "Reales Mittelalter" sagen, sondern mehr "Finsteres Mittelalter", durchaus verzerrt in Richtung der Sagen- und Märchenwelt, eben Stimmigkeit statt Authentizität.

@ Magiesystem:
Ich kenne mich mit den keltischen und germanischen Vorstellungen von der Metaphysik nicht wirklich aus.
Ist bekannt wie diese Völker zwischen den verschieden guten/bösen Formen von Magie unterschieden haben?
Wie (un)sichtbar ist das Übernatürliche dort?
Das sind die Dinge ich gerne in Kurzform wüsste ehe ich anfange groß nachzurecherchieren, denn davon hängt ab ob es in mein Bild des Settings besser hineinpasst.

@ Voodoo:
Da es einige falsch verstanden zu haben scheinen, nochmals deutlich:
NEIN, es wird keine rasselschwingenden Afrikaner im Lendenschurz geben. Das wäre in der Tat ein Stilbruch.
Es geht mir lediglich um die Metaphysik:
Die Übernatürlichen("Les Invisibles") sind, wie der Name schon sagt, stets unsichtbar. Immer. Zumindest solange sie ein Uneingeweihter sucht.
Wenn sie die materielle Welt beinflussen wollen müssen sie von etwas materiellem Besitz ergreifen, womit sich dämonische Besessenheiten emulieren ließen, aber auch solche Ideen wie sich bewegende Wasserspeier oder Golems. Es ist nichts offensichtlich übernatürliches - alles bleibt unsichtbar, im Schatten.
Die Magie ist ebenso: Keine Feuerbälle - wenn man jemandem den Tod an den Hals wünscht kommt er eben durch ein Unglück um. Keine Wunderheilung - ein Ritual schickt keinen von einem Hitpoint wieder auf Maximum, sondern verhindert nur Wundbrand und verbessert die Regeneration ein wenig.
Das ist letztlich die Idee ich rüberbringen will, die Idee der unsichtbaren, subtilen Magie, die Idee der "Furcht vor dem Unbekannten".

Schließlich ist da als Feature noch diese afrikanische Vorstellung von der Dreiteilung der Magie je nach Bösartigkeit(die sich auch durch die Geisterwelt zieht) und die Vorstellung von den Rückschlägen für graue und noch stärker schwarze Magie, die ich sehr faszinierend finde. Magie wird nicht durch eine Astralenergie(DSA) beschränkt oder danach wie stark man in die Realität eingreift(Mage) - die Einschränkung kommt dadurch dass es für böse Taten mit Magie noch viel bösere Rückschläge gibt.
Für die Interaktion mit Geistern gilt das gleiche. Wer wirklich mächtiges anstellen will muss mit den wirklich bösartigen Geistern verhandeln - kurzfristig kann ein Zauberer dort sehr mächtig werden, aber auf lange Sicht wird er die Geister die er rief nicht los und sie vernichten alles was ihm lieb und teuer ist und vernichten ihn am Ende selbst.

Die Loas selbst sollten nicht auftauchen. Stattdessen interagieren die Zauberer mit Naturgeistern, Dämonen, Elementarkräften und anderen übernatürlichen Wesen aus dem europäischen Sagenschatz, die lediglich als Merkmal die besonderen Eigenschaften der "Les Invisibles" haben - Unsichtbarkeit, kein direktes Erscheinen in der physischen Welt, nur Sichtbarkeit in Auswirkungen für den Uneingeweihten.

blut_und_glas schrieb:
Mit ein wenig Wohlwollen die "bösen Märchen". Gerade durch die Kobolde und Menschenfresser, die Alltagsmenschen als Charaktere, die vorhandene aber im verborgenen bleibende Magie, fühle ich mich an diverse (deutsche) Sagen und Märchen erinnert - und das finde ich recht interessant, da diese Themen im Rollenspiel oft nur in einem "modernen" Zusammenhang aufgegriffen werden.
Das wäre natürlich eine Idee. Ich denke wenn ich das System angehe sollte ich diese Richtung stärker betonen.
In diese Richtung gibt es ja auch kaum was, so weit ich weiß. Ars Magica und WoD Dark Ages sind ja eigentlich nicht darauf ausgelegt dass man Normalmenschen spielt, und haben mit Cthulhu 1000AD gemeinsam dass das übernatürliche Element darin schon recht... markant, systemtypisch ist, und weniger das klassische Bild aus Märchen und Sagen bedient.

[kleine Randnotiz zum Regelsystem]
Zornhau schrieb:
Im Wes(en)t(lich)en nichts Neues. Keine Innovation, nur WoD-Plus-Minus-Klon.
Eigentlich mehr ein Interlock-Plus-Minus-Klon ;)
Bei der WoD bediene ich mich lediglich bei der ausgewogenen Einteilung von Attributen und Fertigkeiten, einem der wenigen positiven Punkte die ich dem Storyteller-System zugestehe.

Ist natürlich nicht sonderlich innovativ, aber das habe ich auch nie behauptet.
Lediglich die Idee der Opferregel würde ich als Innovation betrachten, zumindest für den P&P-Bereich (im deutschen DKWDDK-LARP gibt es sie ja, wie schon weiter oben geságt, bereits ein paar Jährchen).
 
So, ich habe nun die Ratschläge bezüglich Historie die in diesem Thread aufgetaucht sind befolgt und genauer festgelegt was ich will:
Ein dreckiges, rauhes, finsteres Mittelalter, ohne Zierrat und ohne Glanz. Nicht unbedingt historisch akkurat(das interessante und in die Atmosphäre passende Motiv der Hexenverfolgung würde sonst z.B. herausfallen), aber eben finster.

Von b_u_g kam der Vorschlag den Fokus auf die "bösen Märchen" zu legen, eben die Konfrontation mit dem unbekannten und unverständlichen. Eine Welt in der Hexe nicht die kleinen Kinder isst weil die Gesellschaft so gemein zu ihr war, sondern eine in der sie es tut, einfach weil sie böse ist.

Wo seht ihr noch Potential? Was lässt sich in einem solchen Setting noch an besonderen Ideen verarbeiten, was für ein PLUS lässt sich hineinpacken?

Ich denke in der Magie-Triade steckt noch Potential - eine nur schwache aufbauende positive Kraft, eine bereits schon etwas mächtigere und bockigere eigennützige egoistische Kraft, und am stärksten und wildesten eine zerstörende negative Kraft.
Was wäre wenn jede dieser Kräfte ihre eigenen "Agenten" in der Geisterwelt hätte, "Agenten" die versuchen ihre ihnen eigentümliche Kraft zu stärken, einfach weil sie Verkörperungen dieser Kraft sind, "Agenten" die auch in der physischen Welt der Menschen Anhänger suchen?
Quasi Mage meets Grimms Märchen meets Cthulhu - unverständliche, unmenschliche Kräfte die sich ungesehen inmitten der Menschheit verstecken und versuchen ihre Kraft in die dominierende Position zu führen, eine dominierende Position die sich als verhängnisvoll für den Rest des Universums erweisen könnte.
 
Was wäre wenn jede dieser Kräfte ihre eigenen "Agenten" in der Geisterwelt hätte, "Agenten" die versuchen ihre ihnen eigentümliche Kraft zu stärken, einfach weil sie Verkörperungen dieser Kraft sind, "Agenten" die auch in der physischen Welt der Menschen Anhänger suchen?
Quasi Mage meets Grimms Märchen meets Cthulhu - unverständliche Kräfte die sich ungesehen inmitten der Menschheit verstecken und versuchen ihre Kraft in die dominierende Position zu führen, eine dominierende Position die sich als verhängnisvoll für den Rest des Universums erweisen könnte.

Eine durchaus Interessante Idee, die allerdings schon im seligen Sturmbringer-RPG breitgetreten wurde, wo die 3 Grundprinzipien (Ordnung, Chaos und Balance) miteinander stritten und bestimmte Sterbliche als "Agenten" auswählten und mit besonderen Kräften ausstatteten.

Wenn ich's recht bedenke waren die Chaoslords vom Aussehen her teilweise recht cthuloid. Ich weiß also nicht, ob du hier nicht mit viel Aufwand das Rad neu erfinden würdest, speziell weil das Sturmbringer RPG auf eher niedrigem Kräfteniveau angesiedelt ist.

-Silver
 
Skyrock schrieb:
Wo seht ihr noch Potential? Was lässt sich in einem solchen Setting noch an besonderen Ideen verarbeiten, was für ein PLUS lässt sich hineinpacken?

Ich denke in der Magie-Triade steckt noch Potential - eine nur schwache aufbauende positive Kraft, eine bereits schon etwas mächtigere und bockigere eigennützige egoistische Kraft, und am stärksten und wildesten eine zerstörende negative Kraft.
Spontane Idee: Man nehme die Christliche Dreifaltigkeit (Vater, Sohn, Heiliger Geist) und nehme mal an, daß sie zwar Teile eines Ganzen sind, aber Teile, die bisweilen auseinanderstreben, ihre eigenen Interessen mit der Schöpfung verfolgen und ihrem jeweiligen Aspekt der Gottheit ergebenen Dienern unterschiedliche übernatürliche Fähigkeiten gewähren, alle subtil und von Zweiflern als Zufälle, Schicksalsfügung etc. abgetan.

Das egoistische Prinzip: Der Vater. Macht was er will und nur, was er will. Schert sich einen Dreck um Verantwortlichkeit und hat die Macht eines Gottes und das Verantwortungsbewußtsein und die Launen eines Vierjährigen. Das ist das "graue" Magiekonzept (Du sollst KEINE Götter neben mir anbeten, denn ICH bin der Herr Dein Gott!).

Das altruistische Prinzip: Der Sohn. Opfert sich selbst für andere, heilt den Geist, die Seele und den Körper, nährt die Hungernden usw. Übernimmt Verantwortung, die nicht einmal die seine ist, einfach, weil es "gut" ist das zu tun. Das ist das "weiße" Magiekonzept (Gebet, so wird Euch gegeben.).

Das Fremdartige, das Unverständliche: Der Heilige Geist.
Kein Mensch kann verstehen, was diese Kraft eigentlich bewegt, warum etwas passiert, was ihre Ziele und ihre Werte sind. Wo der Vater und der Sohn anthropomorphe (Teil-)Gottheiten sind, die irgendwie aus dem menschlichen Erfahrungshorizont eine gewisse Verständlichkeit erfahren können, so ist der Heilige Geist vollkommen FREMDARTIG. - Eine so fremdartige Intelligenz, daß von vielen ihre Aktivitäten als das "Böse" wahrgenommen werden. Sie läßt eiskalt ganze Landstriche von Pest und Hungersnot heimsuchen, und keiner kann verstehen, wieso gerade jetzt, wieso hier. Nun gibt es aber Menschen, die sich freiwillig, aus Machtgelüsten oder aus Neugier mit dieser Macht eingelassen haben und von dieser manipuliert werden, bzw. meinen zu verstehen, was diese Macht will und DAS ist erst das Böse an sich. Nämlich das falsche Verständnis für den Heiligen Geist und sein Wirken umgesetzt mit allem Fanatismus und aller Konsequenz, zu der ein Mensch fähig ist, erschafft das Böse überhaupt erst. Das ist dann die "schwarze" Magie.


Die Dreifaltigkeit übt nicht zwangsläufig ihren Einfluß über die Kirche aus, die eher dem Sohn und auch dem Vater mehr Aufmerksamkeit widmet, sondern JEDER könnte prinzipiell die Verbindung zu einem Aspekt für sich entdecken. Da wird - so ähnlich wie bei Unknown Armies oder HeroQuest/HeroWars - eine gewisse fanatische Hingabe notwendig sein, weshalb Heilige Männer und Frauen wie Märtyrer (weiße Magier), Heiler (weiße Magier), Exorzisten (weiße oder graue Magier - oder interessante Abarten von schwarzen Magiern ;)), Hexen (graue Magier), Beschwörer (schwarze Magier), Alchimisten (graue Magier), Eremiten (graue Magier), etc. eigentlich alle irgendwie geistig gestört sein MÜSSEN, um diese Tiefe der Hingabe zu ihrem gewählten Prinzip zu erlangen.


Hier ist auch eine Frage der Toleranz der offiziellen Kanäle der Kirche für bestimmte Arten dieser Magie offen. Heilige, Exorzisten etc. werden wohl toleriert werden, aber was ist mit Alchimisten?


Jeder der drei Wege könnte menschenverachtende Praktiken nach sich ziehen:

Weiße Magier könnten sich selbst opfern oder - verblendeterweise - das Selbstopfer einer Mutter verlangen um ihr Kind zu heilen. Es könnten Flagellanten durch die Gegend ziehen, die so ihrem Gott tatsächlich näher kommen und mehr Macht (wieder UA) ansammeln könnten.

Graue Magier könnten die Idee haben, ihren Neigung zur beständigen Kontrolle über alles (Aspekt: Der Vater) als Feldherren, als "Berater" von Fürsten, als Inquisitoren auszuleben und mit jedem Leben, über das sie gebieten können, kommen sie ihrem Gott näher.

Schwarze Magier könnten sich überlegen das, was sie als Willen des Heiligen Geistes erkannt zu haben glauben, zu beschleunigen - z.B. wenn sie glauben, der Heilige Geist will das Himmelreich auf Erden herbeibringen, was aber erst geht, wenn die Siegel des Buches aus der Offenbarung auch geöffnet werden; da muß man halt um etwas gutes zu erreichen erst einmal durch die schlechten Zeiten der Apokalypse hindurch, und um den Menschen das lange Leid zu verkürzen, helfen die schwarzen Magier kräftig nach, die Apokalypse so bald wie möglich und so vollkommen wie möglich herbeizubringen. Mit dieser Endzeit-Idee verüben sie dann unaussprechliche Taten, die aber aus dem (ursprünglichen) Willen etwas Gutes zu bewirken herrühren, wobei diese schwarzen Magier inzwischen so fanatisch verblendet sind, daß sie ihr schlimmes Tun auch nicht mehr als dies erkennen können (etwas, daß bei vielen Fanatikern üblich ist).

Das ergibt insgesamt eine Art extrem-finsteres Mittelalter, wo alles Schlimme der Alpträume der Menschen wirklich wird und wo aber die Verantwortung für das Gute wie das Böse nur im Menschen selbst liegt. Die Gottheit(en) ist(sind) so entrückt, daß sie nicht direkt eingreifen sondern ihren für Menschen eh nicht verständlichen Zielen nacheifern, indem sie die Macht des Glauben der Menschen als IHRE Energiequelle gebrauchen. Eiskalt und entrückt wie die Großen Alten beobachten sie die menschlichen Insekten ihrer eigenen Schöpfung.

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(Noch eine Idee nebendran:
falls man ein regeltechnisches Konzept für "Sünde" hätte, so könnte man mit einbauen, daß z.B. Ablaß-Briefe einen Käufer TATSÄCHLICH frei von Sünde kaufen können.

Das wäre eine weitere übele Sache, weil so tatsächlich die Reichen sich alles unethische erlauben können und am nächsten Morgen ihren Sünden-Ablaß kaufen können, der sie wirklich rein in der Seele werden läßt. - Das hört sich schon fast pervers an, entspricht aber einem wohl vor der Reformation tatsächlich existenten Glaubensaspekt. Warum sonst hätten z.B. die Fugger ordentlich Geld in Ablaßbriefe für sich und ihre Familie investiert? So materialistisch wie solch ein Handelshaus war, MUSS es einen "return on invest" dafür gegeben haben.

Das ist eine Art des spirituellen Materialismus, die nicht nur im christlichen Europa, sondern auch in Asien und Afrika verbreitet war und noch ist. - So etwas mit konkretem(!) Effekt in einem Spiel habe ich außer bei HeroQuest/HeroWars auf Glorantha noch nicht gesehen.)
 
Coole Idee. Und AFAIK auch wirklich mal was neues *thumbs up* :D

Ob das die einzige spirituell bedeutsame Macht sein sollte, wäre noch fraglich, aber das Grundprinzip ist sehr interessant. Die Ablaßbriefe würden dem Ganzen dann noch die Krone aufsetzen.
 
@ Zornhau:
Sehr schöne Ideen
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Ich müsste ein wenig darüber klären ob und wie sie in mein Setting hineinpassen, aber so oder so muss ich anerkennen dass sie sehr schön sind.
 
Um die Ablass&Sünden-idee noch ein wenig weiterzuführen, würde ich behaupten, dass "Sünde" sich jeweils auf die Aspekte der Dreifaltigkeit aufteilt, gegen die sie gerichtet ist (andere Götter anbeten: Vater; jemandem nicht helfen: Sohn; sich gegen Vorbestimmung auflehnen*: Heiliger Geist). Die 'Magier' der einzelnen Aspekte können Sünde ihres Patrons erkennen und werden wahrscheinlich dann gegen denjenigen agieren. Reduzierung des Sündenkontos findet unterschiedlich statt: Der Sohn bevorzugt die Beichte, der Vater den Ablass und der heilige Geist eine dritte Form.

Womit gleich die nächste Frage kommt: Wie viele Magier gibt es? Ist jeder Dorfpfarrer einer oder wirklich nur Märtyrer-waiting-to-die?


*Gleich noch ein Grund, warum der fiese Schwarzmagier die durchs Land streifenden und Gutes tuenden Helden nicht ausstehen kann
 
So, ich habe jetzt ein paar Stunden darüber 'geklärt', und diese Dreifaltigkeitsidee erscheint mir immer noch passend.
Man könnte sie auch gut in das "Les Invisibles"-Schema einpassen - schließlich kann man die Dreifaltigkeit nicht sehen, man kann nur an sie glauben. Nur wer auch an sie glaubt kann sie fühlen, keinesfalls aber bewußt erfassen.

Was es aber auf jeden Fall noch geben müsste sind ausgeglichene Magiebegabte, ähnlich den Traditionen in Mage, die sich aller Aspekte bedienen, aber dafür nicht so versiert darin sind einen bestimmten Aspekt zu verwenden und öfter einmal Rückschläge durch ihre Magie erleiden - und immer darauf achten müssen nicht in eines der Extreme zu verfallen und eine verwirrte, fanatische Drohne einer der Kräfte zu werden.

Zu klären wäre natürlich auch wie bewußt sich die Begabten dieses Schemas sind.
Wenn es ihnen unbewußt ist ist der Fear-of-the-unknown-Effekt größer.
Wenn es ihnen bewußt ist heißt dass das die extremen Magiebegabten sich entweder bewußt für ihren Weg entschieden haben, oder der Ansicht waren dass sie das Feuer beherrschen würden das sie entzündet haben: Das würde mehr Raum für tragische Charaktergeschichten bieten.
Mal sehen ob es irgendeinen Mittelweg gibt mit dem man das beste beider Optionen einfangen kann...

Wo wir schon von Tragik reden: Interessant wäre auch zu wissen ob und wo man die gefallenen Engel in diesem Dreifaltigkeitsschema einordnet.
Das pikanteste wäre wohl wenn sich die Gefallen unter allen drei Aspekten finden lassen, als Machtverleiher und Nährer des Egoismus(Vater), als Lichtbringer die dem Menschen die Fackel der Erkenntnis bringen(Sohn), und als Rebellen die als Leidensbringer in den großen Plan eingeplant sind(Heiliger Geist).
Einem mittelalterlichen Mensch der realisieren muss dass zwischen Himmel und Hölle, zwischen Himmlischen und Gefallenen kein echter Unterschied besteht dürfte buchstäblich der Boden unter den Füssen weggerissen werden, da alles erschüttert wird woran er je geglaubt hat - totale Dekonstruktion, Sanity Loss 1d10/1d100.

Das mit den Ablaßbriefen klingt interessant, wäre aber auch davon abhängig inwiefern eine Verbindung von Dreifaltigkeit und Kirche besteht. Ich werde die Idee auf jedem Fall mal noch im Hinterkopf behalten und sehen, ob und wie sie sich irgendwo einfügen lässt.

Irgendwie muss ich so langsam die Kategorisierung des Systems ändern:
gnostisches Low-Fantasy-Mittelalter-Horror-RPG ;)
 
Was passiert aus den finsteren Kreaturen, die im Dunkel der Nacht lauern? Rotkappen und Heinzelmännchen kann ich mir nur schwer als Wesen vorstellen, die in den Großen Plan(TM) integriert sind ...
 
Artificial schrieb:
Rotkappen und Heinzelmännchen kann ich mir nur schwer als Wesen vorstellen, die in den Großen Plan(TM) integriert sind ...
Wie wäre es mit Verkörperungen eines oder mehrerer Aspekte? Redcaps passen gut in das Schema des Heiligen Geistes, während Heinzelmännchen und andere Hausgeister mehrheitlich in den Aspekt des Sohnes fallen.

Dass dem gemeinen Bauer auf dem Feld diese akademische Einteilung nichts hilft und er nur weiß: "Da sind Monster", steht auf einem anderen Blatt.
 
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