Rezension Kobolde! [B!-Rezi]

Skar

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Kobolde


Das Bier- und Brezel-Rollenspiel


Das Grundregelwerk von Kobolde! ist die Übersetzung von Kobolds ate my Baby und liegt im Hardcover als Super-Delüx-Ausgabe vor. Eine andere deutsche Ausgabe exisitiert nicht. Das Format ist etwas größer als A5 und das Buch 48 Seiten. Illustriert ist es von John Kovalic, der vor allem durch die Munchkin-Illustrationen und Dork Tower bekannt ist. Die Übersetzung wurde durch Rainer Nagel erstellt.

Bei Kobolde! spielt man eben diese Geschöpfe. Sie sind ein kleines Volk hundeartiger Humanoider: unwichtig, schwach, dumm, faul, Kannibalen und ganz unten am Ende der Nahrungskette - aber halt, sie essen mit Vorliebe Babys - ja BABYS!!
Sie messen einen halben Meter Größe, haben borstiges, orangefarbenen Fell und besitzen große Köpfe, die fast kompett von ihren Mündern voller spitzer, scharfer Zähne eingenommen werden. Irgendwie müssen sie ja auch für ihre 13 Mahlzeiten pro Tag gerüstet sein.

Kobolde! nutzt die Bier-Regeln; das Bier- und Brezel-Rollenspielsystem. "Bier", weil man Kobolde! auch volltrunken spielen kann und "Brezel", weil diese den einzigen Sinn haben die Langeweile beim Biertrinken zu überbrücken. (Das Gesetz der Brezeln soll daher auch der Langeweile im Spiel vorbeugen, indem es Regeländerungen nach eigener Facon empfiehlt.)

Wir widmen uns daher kurz diesem Regelsystem. Es gibt folgende 4 Attribute:
  • Brutalofaktor: für alles was Stärke benötigt
  • Irrelevantes: für alles was sonst nicht erfasst wird
  • Ego: für kognitive Aufgaben
  • Reflexe: für alles was Gewandtheit benötigt
Dazu abhängig gibt es vier andere Attribute. Treffer, Substanz, Glück, Raffinesse und Geschicklichkeit. Zu den Attributen zugeordnet gibt es Fertigkeiten von denen der Spieler 6 wählen muss. Aufgrund der kurzen Aufmerksamkeitsspanne der Kobolde können sie sich nicht auf etwas spezialisieren und müssen je Attribut mindestens eine Fertigkeit wählen.
Das Würfelsystem dazu läuft wie folgt ab: Der SL - der heißt hier übrigens Bürgermeister - legt die Schwierigkeit des Wurfes fest. Die Schwierigkeit gibt an, wie viele W6 man würfeln muss. Die Augen werden addiert und müssen für einen Erfolg unter dem Wert des zugeordneten Attributs liegen. Je höher die Schwierigkeit, desto mehr Würfel müssen also geworfen werden.

Hinzu kommen noch zwei auszuwählende Vorteile und zwei Nachteile. je ein weiterer Vor- und Nachteil wird per Zufalsstabelle ermittelt. Hier eine Auswahl:
- Bellen wie ein Hund, um die Schwierigkeit eines Wurfes um 1 zu senken - funktioniert natürlich nur mit Bellen am Spieltisch.
- Schmeckt wie Hühnchen, sobald der Kobold eine Wunde erhält, müssen alle Anwesenden einen Ego-Wurf ablegen, um dem Verlagen zu widerstehen den Kobold aufzu(fr)essen.
- Wuschig, jeder Hund der dem Kobold begegnet wird ihm so lange folgen, bis er ihn ganz für sich alleine hat - den Rest denkt euch bitte...

Die Koboldausrüstung wird ebenfalls per Zufallstabelle bestimmt. Mit etwas Glück kann man hier ein Zauberbuch bekommen. Kobolde können zwar nicht so gut lesen, aber sie können zum Zauber auslösen eine Seite des Buches herausreißen und nach jemandem werfen.
Besonders ehrgeizige Kobolde können es darüber hinaus schaffen Kobold-Magie zu erlernen. Wichtig ist hier wieder, dass deren Anwendung somatisch ist - sprich der Spieler muss Gestik und Sprachkomponente des Zaubers am Spieltisch ausführen.

Für den Kampf sollten die Spieler in der Reihenfolge ihres Wertes in Irrelevantes am Tisch sitzen. So ist der Spieler zu Linken des Bürgermeisters immer zuerst dran und dann geht es im Uhrzeigersinn weiter. Für einen Angriff muss man mit Anzahl W6 der Geschicklichkeit des Gegners unter seinem eigenen Brutalowert würfeln (bzw. Reflexe bei Wurfwaffen und Ego bei Schusswaffen). Der erzielte Schaden ist waffenabhängig. Schaden vermeiden kann man indem man Kämpfe vermeidet oder - halt Rüstung trägt.
Verlorene Treffer lassen sich zum Beispiel durch das Essen von Babys regenerieren.

Erfahrung wird in Form von Siegpunkten gemessen, die man für zufällig zu ermittelnde Gegenstände einsetzen kann.

Beim Spielen von Kobolde! stirbt es sich sehr schnell - und häufig - und gnadenlos - grausam nicht zu vergessen - und vor allem lächerlich oft. Damit dies gewährleistet ist, geben viele Handlungen dem Kobold eine Quittung für einen schrecklichen Kobold-Tod. Wann immer man eine solche Quittung erhält würfelt man mit 2W6 und addiert die Anzahl der Quittungen. Ist das Ergebnis größer als 13 erleidet der Kobold einen schrecklichen Koboldtod.
Auslöser können z.B. folgende Anlässe sein:
- ein misslungener Fertigkeitswurf
- der Einsatz einer gefährlichen Fertigkeit
- Verstöße gegen Regeln. Z.B. das Vergessen König Torg - gepriesen sie König Torg - durch eben diesen Nachsatz zu huldigen
- der Einsatz magischer Gegenstände
- Gutdünken des Bürgermeisters zur Bestrafung des Kobolds
- unkoboldhaftes Verhalten
- und so weiter
- und so fort.

Fazit:
Kobolde! ist ein Fun-Rollenspiel, wer sich darauf nicht einlassen kann, der sollte es liegen lassen. Er würde definitv keinen Spaß an diesem Produkt haben.
Im Vergleich zu anderen satirischen Rollenspielen, gibt Kobolde! aber schon beim Lesen einen sehr hohen Erlebniswert wieder. Man muss die Herangehensweise also mögen, ist dies aber der Fall, wird man hier seinen Spaß bekommen. Viel davon!

Wer Kobolde! in die Hand nimmt, dem wird schnell klar werden, worum es sich hier handelt. Format, Einband und Preis runden die positiven Argumente ab. Ich spreche für dieses Spiel daher eine absolute Kaufempfehlung aus: Kauf! Kauf!

P.S. Falls es interessiert: Kobolde! scheint mir eine große Hommage an HôL (Human occupied Landfill) zu sein.Den Artikel im Blog lesen
 
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