Königreiche

Cutter

Lasombra
Registriert
27. Juni 2006
Beiträge
1.636
[Aus einer Vampirrunde Dark Ages Runde. Mensch trifft das erste mal auf einen Nosferatu, der ihn rettet]

„In die Tiefen der Erde! Dorthin werden wir nun gehen.“ Maus hörte die Worte nur allzu genau, doch drang ihre Bedeutung nicht so schnell in ihren Kopf wie sie sollte. Noch zu frisch waren die Eindrücke die sich nun schmerzend durch ihr verletztes Bein zogen.

Man hatte sie töten wollen und dieser Mann vor ihr, der sie nun trug, war der Einzige gewesen, der sie als er sie aufgefunden hatte nicht töten wollte und nun mit sich nahm um sie zu verstecken und sich ihr Bein anzusehen. Maus wusste, dass dies besser als alles andere war, was sie in dieser Nacht erwarten würde. Ihr schmutzigen und Blut verklebten Hände gruben sich tiefer in den groben Stoff der Mönchsrobe, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass der Stoff nun ruiniert war.

Der Nachthimmel mit seinen matten Sternen, die ein fahles Licht auf Maus und ihren Begleiter warfen, verschwand über ihr und blanker Stein nahm seinen Platz ein und säumte den Weg in die Tiefe, den ihr Träger nun sicheren Schrittes einschlug. Weiter hinab in die Finsternis. Diese war nun das einzige was Maus sehen konnte. Doch ihrem Träger schien es anders zu gehen oder er kannte den Weg, mutmaßte die junge Frau, die nur den Weg erahnen konnte. Je tiefer sie kamen, desto wärmer und stickiger wurde die Luft und bisweilen kühlte ihr Gesicht ein Windhauch, der aus unzähligen kleinen versteckten Öffnungen aus der Decke in das innere des Schachtes strömte und die Luft erfrischte.

Der pochende Schmerz durchflutete immer mehr ihr Bein, während warmes Blut an ihm herab rinn und eine kleine Spur aus Blut hinter dem seltsamen Paar hinterließ. Wenigstens war die Bolzenspitze abgebrochen, dachte Maus, die gar nicht weiter an die Blutvergiftung oder das Fieber was sie durch diese Verletzung erleiden würde denken wollte.

Zu dem Pochen in ihrem Bein, gesellte sich nun, je tiefer sie kamen, das Pochen ihres Herzens in ihrem Kopf. Wann waren sie endlich da?

Abrupt tauchte vor ihnen eine schwere eisenbeschlagene Tür auf, die ihr Träger mit Leichtigkeit öffnete und dahinter ein schwaches flackern von Kerzen ihre Augen für einen kurzen Moment blendeten. Instinktiv hob die junge Frau ihren Arm, an dem noch immer fein säuberlich die Geldbeutel, die sie gestohlen hatte, hingen und nun ein leises Klimpern durch den Raum getragen wurde, zu dem sich Wasserplätschern gesellte als Maus aufhorchte und sich nun das erste Mal umsehen konnte.

Ein weiterer Gang und eine steinerne Treppe, deren Fugen keineswegs wie man es gedacht hätte mit Staub verschmutzt waren, tauchte vor ihr auf. An den Wänden waren in regelmäßigen Abständen Talglichter angebracht, die den Gang in ein dämmriges Licht tauchten und der jungen Frau nun zum ersten mal nach der Finsternis halfen sich neu zu orientieren. „Wo kommt das Wasser her?“ fragte Maus eher unterbewusst. „Na aus dem Bad.“ Antwortete ihr Träger ihr mit einer tiefen und dennoch ruhigen Bassstimme, die allzu angenehm in den Ohren von Maus verklang. „Ein Bad hier unten?“ fragte sie nun neugierig geworden wie so was hier hin kam weiter. „Warum sollte ich so was nicht hier haben?“ fragte nun ihr Träger und ging ein paar Schritte weiter ehe hinter den beiden die schwere eisenbeschlagene Tür ins Schloss fiel und Maus es noch nicht einmal merkte, dass nun ihr einziger Fluchtweg unwiederbringlich verschlossen war. „Stimmt auch wieder.“ Sagte die junge Frau und dachte noch immer nicht daran, dass hier Gefahr drohen könnte. Jedenfalls nicht mehr als dort oben.

Lautlos ging ihr Träger Treppe um Treppe weiter hinab ehe sie durch ein weiteres Steinportal schritten, an dem seltsame Buchstaben? oder waren es doch Zeichen? Eingeritzt waren. Dahinter eröffnete sich der jungen Frau, die schon lange nicht mehr an den Schmerz in ihrem Bein dachte, ein wahres Königreich. Eine riesige von Säulen getragene Halle die in das dämmrige Licht der Talglichter gehüllt war, baute sich vor den Augen der jungen Frau auf. Maus musste tief Schlucken um den Klos, der sich geradewegs in ihrem Hals gebildet hatte wieder herunter zu pressen. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Hier mussten ja Riesen wohnen. Staunend bemerkte sie nicht einmal wie ihr Träger langsam weiter ging. Die Luft war kühl und von angenehmen Düften durchzogen, die ihr in die Nase stiegen. Kein Schmutz und Staub waren zu sehen. Ihr Blick wanderte langsam vom marmornen Boden, in dem Reliefs eingelassen waren über die kunstvoll verzierten Wände hoch zu der Decke, die mit kräftigen Farben bemalt war. Vorsichtig konnte sie sogar einen Blick in einen der anderen hell erleuchteten Räume erhaschen und tatsächlich gab es hier ein riesiges Bad. Maus hatte so etwas noch nie gesehen. Sie wusch sich meistens, im Fluss, wenn überhaupt und selbst ihre ausgeraubten Opfer hatten nur eine kleine Waschschüssel.

Dies war purer Luxus, den sich selbst ein Adliger nicht leisten konnte, da war sich Maus sicher. Jetzt konnte sie erahnen, warum es immer Geschichten gab, dass Leute im Untergrund verschwanden. Hier war es so schön, dass niemand mehr weg wollte, dachte Maus und wie auf ein stilles Kommando hörte sie weitere Stimmen und sogar Schritte.

Ein Königreich unter der Erde mit riesige Hallen aus Stein, Bädern und einem Kolloseum sollten Maus noch erwarten, doch wusste die junge Frau nicht, dass dies der Erste Schritt in eine ganz andere Welt war...
 
Zurück
Oben Unten