Rezension Jenseits der Schwelle [B!-Rezi]

Infernal Teddy

mag Caninchen
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Jenseits der Schwelle


Cthulhu Abenteuersammlung [A!-Rezi] von Infernal Teddy


Nach Band Zwei liegt jetzt auch Band Vier der „Cthuloiden Welten Bibliothek“ auf meinem Schreibtisch. Noch mehr Abenteuer. Vier, um genau zu sein, und thematisch könnte man es als Gegenstück zum zweiten Band betrachten: Wieder ganz unterschiedliche Szenarien, doch wo es in „Aus Aeonen“ um zeitliche Verschiebung geht, haben wir es hier mit räumlichen zu tun. Die Abenteuer hier spielen alle in den Zwanzigern, doch an sehr unterschiedlichen Orten. „Aus Aeonen“ hat mir persönlich – trotz meiner Aversion gegenüber Fertigabenteuern – sehr gut gefallen, bleibt also abzuwarten, ob dieser Band, der Nachfolger, mir ebenso gut gefällt.

Unsere kleine Weltreise beginnt in Deutschland, um genau zu sein in Berlin und Danzig. Jemand ist in die Berliner Staatsbibliothek eingebrochen, und dabei wurde etwas Wertvolles entwendet und Siegmund Freud beauftragt, unter Umständen, sogar die Spieler mit der Wiederbeschaffung. Ich weiß nicht, wie es meiner werten Leserschaft geht, ich jedenfalls bin immer ein wenig skeptisch, wenn in einem Abenteuer berühmte historische Persönlichkeiten auftauchen. Schmeckt für mich ähnlich, wie wenn irgendwelche Super-NPCs irgendwo auftauchen. So, als würde man mit Elminster frühstücken oder mit Kaiser Hal einen heben. Jedenfalls führt die Spur nach Danzig, in ein Sanatorium, in dem Kriegsneurosen behandelt werden – und dort schlagen Ghoule zu… Insgesamt haben wir hier mal wieder ein Abenteuer nach dem Schema „Recherche, Recherche, Mythosmonster“. Ich bin darauf hingewiesen worden, dass Cthulhu-Spieler genau das von ihren Abenteuern erwarten, aber ich persönlich bin etwas enttäuscht davon, dass hier mal wieder alte Klischees aufgegriffen werden. Wie gesagt, Kaufabenteuer und ich…

Meine Abneigung gegen historische Berühmtheiten? Die kommt beim nächsten Abenteuer wieder zum Tragen: Bei „Der Herr der Winde“ erfahren wir angeblich, wie J.R.R. Tolkien zum „Herren der Ringe“ gekommen ist. Die Handlung ist recht linear (Wobei der Autor selbst das Szenario als für Anfänger gedacht beschreibt): Ein Hobbyarchäologe entdeckt einen keltischen Armreif und erleidet immer wieder Schreckensvisionen – früher wurde dieses Artefakt verwendet, um Ithaqua zu rufen. Neun Kultisten erfahren davon und verfolgen ihm, während er bei seinem ehemaligen Professor Unterschlupf sucht, einem gewissen Tolkien… Das dürfte das erste Mal seid langem sein, dass ich bei einem Cthulhu-Abenteuer herzlich gelacht habe. Klar, man könnte vermuten, hier läge ein Versuch vor, vom Herren der Ringe – Hype zu profitieren, aber meine Götter, dürfen Cthulhu-Spieler nicht auch mal Spaß haben?

Wer danach noch Lust auf Literatur hat sollte „Vom Winde verweht“ ausgraben, denn im nächsten Abenteuer geht’s ab in die Südstaaten, auf „Die Plantage“. Ein junger Mann ist verschwunden und Nachforschungen werden die Charaktere in die Sümpfe South Carolinas hinausführen. Irgendwann stolpern die Spieler über eine alte, heruntergekommene Plantage, auf der sie einem uralten Zauberer des Schlangenvolkes begegnen, der, zusammen mit einer Gruppe Kultisten, Yig herbeirufen möchte. Wieder mal ein Szenario mit einem überlangen Nachforschungsteil – dreieinhalb Teile Nachforschung, eineinhalb Teile Action. Langeweile.

Zum Abschluss hätte ich da noch ein Abenteuer, das sowohl in den Staaten, als auch in Transylvanien spielt, es geht auf „Das Schloss in den Bergen“. Einer der Spieler leidet unter Halluzinationen, die ihn dazu bringen, sich ernsthafter mit seiner Familiengeschichte zu beschäftigen – worauf hin die Spur nach Siebenbürgen führt. Doch scheinbar steckt hinter den Ereignissen mehr als „nur“ eine böse Familiengeschichte oder gar Vampirismus. Wenn dieses Szenario ein Roman oder eine Kurzgeschichte wäre, wäre ich begeistert. Als Abenteuer? Wieder ein Cthulhu-Abenteuer mit viel zu viel Recherche, viel zu wenig Action.

Ich sollte aufhören, Abenteuer zu rezensieren. Ich habe irgendwie das Gefühl, ich erwarte von den Autoren wesentlich mehr, als letzten Endes herauskommt. Dieser Band bietet vier solide Abenteuer und wenn man auf das gute alte „Cthulhu-Schema“ Abenteuer steht, dann dürfte einem dieser Band gefallen. Mir? Nicht wirklich. Das Tolkien-Abenteuer reißt es leider nicht raus, alles andere ist für meinen Geschmack nichts, für das ich Geld ausgeben möchte. Immer noch besser als „Terror Britannicus“, aber „Aus Aeonen“ bleibt weiterhin der Band der „Bibliothek“, den es zu schlagen gilt.Den Artikel im Blog lesen
 
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