[HârnMaster] Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

gastmann

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Ich habe ein Problem mit der Diebesgilde bei HârnMaster, der Lia-Kavair: Sie passt überhaupt nicht in das sonst so um Realismus oder Stimmigkeit bemühte Setting.

Wie kann es in Kleinstädten organisierte Kriminalität geben? Jeder, der in einem Dorf aufgewachsen ist, weiß, dass jeder jeden kennt und alles über jeden weiß. Nun sind die Städte Hârns alle größere Dörfer nur zwei kommen (knapp) über die 10.000 Einwohnergrenze. Da wäre ein hauptberuflicher Krimineller stadtbekannt. Zumal in einer mittelalterlichen Welt mit wenig Kontakten/Informationen über die Stadtgrenzen hinaus, die soziale Kontrolle innerhalb einer Gemeinde sehr hoch sein dürfte.
Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Bürger einer Stadt im Rahmen seiner „bürgerlichen“ Tätigkeit betrügt, schmuggelt oder stiehlt, aber wenn sind das Einzeltäter oder einzelne kleine Banden und keine organisierte Gruppe mit Meister-Lehrlingsverhältnissen und einem Insel-weitem Netzwerk. Aber genau so soll ja die Lia Kavair aufgebaut sein.
Bin ich der einzige, der hier ein Problem hat?
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

Hi gastmann!

Ich sehe das Problem nicht so dermaßen groß wie du. Eigentlich gibt es meiner Meinung kein Problem mit den Lia-Kavair.

Ich ahbe jetzt nicht das Quellenmaterial vorliegen, aber im Grunde wird dort ja schon beschrieben, dass die Lia-Kavair in ihrer Organisation unterschiedlich strukturiert sind. Manche sind nur örtliche Schlägerbanden, andere geheime "Diebesgilden" mit einiger Macht.
Ferner stellt man schnell fest, wenn man in den verschiedenen Kingdom-Modulen von HârnWorld auf Beschreibungen von Lia-Kavair-Mitgliedern stößt, dass diese tatsächlich sehr geheim operieren. Die meisten "tarnen" ihre Profession hinter einer offiziellen Kulisse, wie beispielsweise als Händler.

Es sollte eigentlich klar sein, dass die Anzahl der jeweils örtlichen Gildenmitglieder eher gering ist. Allein schon durch die von dir gegebene Begründung: Zu viel Aktivität fällt auf, und zu viele Köche verderben den Brei, d.h., die Gefahr für Verrat steigt mit der Mitgliederzahl. Außerdem ist davon auszugehen, dass größere "Gilden-Sitze" nur in den großen Städten Hârns existieren.

Außerdem findet man im offiziellen Material auch noch den Hinweis darauf, dass die Gilde ihre "Gesichter" öfter mal austauscht, um zu bekannt gewordene Gestalten durch frische Leute zu ersetzen.
Ich denke, es ist davon auszugehen, dass "ausgemusterte" Mitglieder in eine andere Stadt zu einen anderen Gildensitz geschickt werden - oder sie werden notfalls zum Schweigen gebracht.

Unterstützt wird das Ganze meiner Meinung nach dadurch, dass es wenig Mitglieder gibt, und sich die "Gildenmeister" untereinander vermutlich zumindest schriftlich alle kennen. Über entsprechende (vermutlich irgendwie "kodierte") Briefe werden diese wohl miteinander kommunizieren.

Andererseits wird auch irgendwo geschrieben, dass die Lia-Kavair mancherorts ein geduldetes Übel sind, denn sie halten das Maß der kriminellen Aktivitäten wenigstens gering und unter ein wenig Aufsicht und Kontrolle.

Insgesamt sollte man die Lia-Kavair aber nicht so sehen, wie die moderne Mafia. So gut vernetzt sind sie nun auch wieder nicht.

Ich suche mal den Lia-Kavair Artikel raus, vielleicht finde ich da noch ein bisschen Material.


Cheers

Timo
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

Manche sind nur örtliche Schlägerbanden, andere geheime "Diebesgilden" mit einiger Macht.
Daran krankt es doch schon. Wenn ich in einer 4000-Einwohner-Stadt eine Schlägerbande habe, gehe ich zum Stadtvogt und sage: „Der Kurt, der Fritz und der Heinz haben mich gestern zusammengeschlagen/haben Schutzgeld verlangt, usw...“ und dann ist die Schlägerbande am Arsch. Jeder, der keiner anständigen Beschäftigung nachgeht, steht im Generalverdacht ein Verbrecher zu sein. Der Aufwand, den man daher betreiben muss, um als Krimineller anonym zu bleiben, scheint mir sehr hoch. Ich wage zu behaupten, dass die kriminelle Energie, die man aufbringen muss, Gewinn aus Verbrechen weit übersteigt.

Außerdem findet man im offiziellen Material auch noch den Hinweis darauf, dass die Gilde ihre "Gesichter" öfter mal austauscht, um zu bekannt gewordene Gestalten durch frische Leute zu ersetzen.

Wenn ein neues Gesicht in eine 4000-Einwohner-Stadt kommt, werden sich doch die guten Bürger fragen, wer das ist, woher er kommt, was er macht usw. Man ist unter ständiger Beobachtung, schlechte Vorraussetzungen für einen Kriminellen.

Mich würde generell mal interessieren, was ein Historiker zu „organisierter“ Kriminalität im Mittelalter sagen kann.
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

gastmann schrieb:
Daran krankt es doch schon. Wenn ich in einer 4000-Einwohner-Stadt eine Schlägerbande habe, gehe ich zum Stadtvogt und sage: „Der Kurt, der Fritz und der Heinz haben mich gestern zusammengeschlagen/haben Schutzgeld verlangt, usw...“ und dann ist die Schlägerbande am Arsch.
Nicht, wenn man nicht alle Zugehörigen der Schlägerbande kennt. Nicht wenn der Stadtvogt gerüchteweise mit denen unter einer Decke steckt. Nicht, wenn man gehört hat, dass die Schlägerbande zu einem riesigen Netzwerk gehört.

Es sind also schon gegenteilige Szenarien denkbar.

Zudem muss der Kriminelle ja nicht vollzeitaktiv sein. Der Händler, der nebenher verbotene Ware verschiebt/hehlt/schmuggelt (und damit möglicherweise hohe Kontakte geknüpft hat) zum Beispiel.
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

Eine Schmuggler/Hehlerbande, ein korrupter Stadtvogt, illegales Glücksspiel in einer Kneipe, das kann ich mir alles vorstellen. Aber wie um Himmelswillen soll ein überregionales Netzwerk enstehen, dem sowohl Hehler in Tashal als auch Zuhälter in Coranan angehören sollen. Der Hârndex spricht sogar von Ortsgruppen der Lia-Kavair, die in der Regel in jeder Stadt anzutreffen sind und die der Leitung eines "Gildenmeisters" unterstehen, Kriminelle bilden doch keine Vereine.
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

Das geht eher, wenn sich die "Gilde" nicht vor Ort gründet, sondern wenn von einem zentralen Punkt ein Netzwerk ausgesandt wird. Also 200 Mann werden auf Städte verteilt.
Die wären dann untereinander vernetzt und man könnte sich kennen.
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

@ gastmann: Kann dein Problem mit einer so gut organisierten Diebesgilde verstehen, wenn es sich in jedem Fall um Hauptberufliche handeln würde und die "Gilde" genauso organisiert wäre, wie die offiziellen Handwerker.

Allerdings wird in vielen Städtebeschreibungen erwähnt, das Gastwirte, Juweliere und andere "angesehene" Bürger dazu gehören und der "Gilde" sogar vorstehen.

Das man sich untereinander kennt und hilft kann ich mir sehr gut vorstellen, damit der einzelne Kriminelle weis, wohin und zu wem er flüchten kann bzw. seine "Ware" los wird.

Dazu kommt, das einiges reisendes Volk zu dieser "Gilde" gehört. Die örtlichen und zugereisten Vertreter der "Gilde" werden zusammenarbeiten, damit das Risiko für den einzelnen kleiner wird (gerade weil es sich um kleine Orte handelt).

... und damit nicht irgendwelche "Amateure" zuviel Schaden anrichten und Aufmerksamkeit verursachen.
 
AW: Lia Kavair - die Diebesgilde bei Hârnmaster

Kriminelle bilden doch keine Vereine.

Öh? Erzähl das mal den Sizilianern :)

Du musst bedenken, dass die Lia-Kavair nicht unbedingt unbekannt sein müssen. Manche Straftaten werden auch einfach nicht angezeigt, weil der einfache Bauer fürchten muss, irgendwann von "Kollegen" des Angezeigten Besuch zu bekommen. Und der Sheriff ist weiiiiit weg.
Die Lia-Kavair haben ihre Zentren sicherlich in den großen Städten, aber auch Dörfer haben Güter und Möglichkeiten, die es in einer Stadt nicht gibt. Und auch der einfache Taschendiebstahl wirft etwas ab, vor allem wenn man Prozente von allen Beuteln bekommt.

Ich würde da aber generell nicht in so großen Dimensionen denken. Die Lia Kavair sind auf fernabliegenden Siedlungen sicherlich oft nicht mehr als eine Handvoll Beutelschneider und Betrüger, die einen kleinen Anteil an die Organisation abdrücken, um in Ruhe gelassen zu werden.

Die Städte müssen auch nicht immer so klein sein, wie Du denkst. Gerade zu Marktzeiten (Sommermarkt, Wollfeste und Jahrmärkte lassen eine kleine Siedlung von 500 Seelen mal schnell auf das vierfache (oder mehr) ansteigen. Und dann sind jede Menge potentielle Opfer da und keiner kennt keinen. Ein fest für die Gilde der Lia-Kavair.
 
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