Gleichberechtigung der Geschlechter im Rollenspiel

Skar

Dr. Spiele
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Gleichberechtigung der Geschlechter im Rollenspiel

Was sagt ihr zu diesem Thema? Im Gross der Rollenspiele wird nicht zwischen den Geschlechtern bezüglich der Eigenschatswerte differenziert.

Kann man daher das Rollenspiel als besondere Errungenschaft der Geschlechtergleichheit herausstellen? Oder liegen die Gründe dafür eher im vereinfachten Regelsystem?
Vielleicht gingen die ersten Rollenspiele auch explizit auf die Gleichheit ein? Und nachfolgende Systeme übernahmen es?

Oder seht ihr Gegenteil durch Illustrationen oder Hintergründe das weibliche Geschleicht sogar als im Rollenspiel benachteiligt (oder als benachteiligt dargestellt) an?
 
Unterschiede habe ich keine gesehen bisher, hatte aber auch sehr selten weibliche Charaktere in den Gruppen (was daran liegt, daß ich (als SL) niemandem erlaube ein anderes als sein Geschlecht zu spielen).

Naja, wenn du je einen männlichen und weiblichen Charakter mit den gleichen Werten heißt, ist es doch kein Problem, oder? Wieso sollte es Regelnachteile geben?

Sinniger wäre es doch, dies "auszuspielen". Eine Frau mit gleichen Stärkewerten wie ein Mann wäre zum Beispiel muskulöser, bzw. sportlicher.

Man muss ja nicht alles per Regel lösen.
 
In DSA hat es vielleicht als Vereinfachung des Regelsystems begonnen (was ich vermute), aber aufgrund der Ausarbeitung Aventuriens und nach dem Willen von Ulrich Kiesow wurde es auch offiziell, dass die aventurische Menschheit in einem grundverschieden ist von der irdischen: Die Durchschnittswerte (und auch -größen) von Mann und Frau sind tatsächlich gleich. Die Gleichberechtigung der Geschlechter in den meisten Kulturen daher die natürlichste Sache der Welt. Niemand im Mittelreich wundert sich über die Ritterin, die einen holden Jüngling vor den Schurken rettet, und niemand schimpft den Hausmann der gerne näht und seiner Frau gehorcht als unmännlich.

Leider ist es gar nicht so einfach, das den meisten Spielern darzulegen, da wir ja doch alle in einer etwas anderen Welt aufgewachsen sind. Es ist auch für die nicht leicht darzustellen, die sich darum bemühen, aber umso faszinierender finde ich den Umstand. Es braucht gehörig Phantasie, um sich so eine echte, gleichberechtigte Gesellschaft en detail vorzustellen.
 
Skar schrieb:
Kann man daher das Rollenspiel als besondere Errungenschaft der Geschlechtergleichheit herausstellen? Oder liegen die Gründe dafür eher im vereinfachten Regelsystem?

Das liegt wohl wirklich am System. Wobei mir mindestens ein Spiel einfällt, dass da Unterscheidungen macht. Allerdings nur für eine nicht-menschliche Spezies, die wohl wirklich recht gravierende Unterschiede hat.

Oder seht ihr Gegenteil durch Illustrationen oder Hintergründe das weibliche Geschleicht sogar als im Rollenspiel benachteiligt (oder als benachteiligt dargestellt) an?

Ob die Illustrationen in einigen Werken nun sexistisch sind oder nicht, darüber lässt sich streiten.

Dass das weibliche Charaktere benachteiligt werden, kann natürlich passieren, wenn die Welt patriarchalisch veranlagt ist. Anders herum fallen mir auch matriarchalische Kulturen aus verschiedenen Settings ein.

Wobei ich mich jetzt wieder frage, warum ich soviel Text über ein schwachsinniges Thema wie dieses verloren habe... 8)
 
Den Sinn dahinter sehe ich v.a. darin das Spiel auch für die Weibchen interessant zu machen und die Regeln einfach zu halten. Sobald man einmal anfängt Sonderregeln kommt man schnell in Schwulitäten.
Interessant fand ich den Text zu weiblichen Charakteren im B-Movie Horror RPG. Frauen bekommen -1 auf ihr Body-Attribut, weil sie weniger Muskelmasse haben, und zugleich wieder +1 auf ihr Body-Attribut weil sie Schmerzen besser aushalten. Raffinierter Kniff.

Es gibt übrigens auch Systeme in denen Frauen diskriminiert werden. Das kann interessant gemacht sein(die CP2020-Alternativwelt "When Gravity fails", in der der schiitische Fundamentalismus die treibende Kraft auf der Welt ist) oder auch einfach nur himmelschreiend dumm(F.A.T.A.L.).
 
Da sollte die manchmal durchaus schwierige Unterscheidung zwischen der Spielwelt und dem System gemacht werden... oder noch offener, die Absicht der Macher. Eine Ungleichheit in den Rechten der Geschlechter kann ein bewußt eingebrachter Hook des Hintergrunds sein, ein Teil der gesellschaftlichen Spannung. Oder die Spieldesigner drücken den Lesern ihre Meinung (bzw. Wünsche) zu dem Thema auf. Ein Negativbeispiel für Letzteres hat Skyrock ja schon genannt.
 
Ein Regelsystem das Frauen und Männer aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit mit verschiedenen Werten versieht ist also zwingend ein schlechtes Regelsystem? Ist also etwa auch Midgard 1880 schlecht weil Frauen bei den Schulfertigkeiten nur frauentypische Betätigungsfelder wie Konversation und Kunstverständnis wählen dürfen, während Männern auch Wissenschaften und Waffenfertigkeiten aus der Zeit des Militärdienstes zur Wahl stehen?
 
Das hab ich so nicht gesagt. Was der Hintergrund vorgibt kann sich natürlich auch auf die Werte auswirken. Das ist nichtmal in DSA anders, wo es auch die ein oder andere patriarchalischee Gesellschaft (und eine matriarchalische) gibt, mit verschiedenen Werten für die Geschlechter weil z.B. Frauen bei den Novadis einfach im Normalfall keinen Zugang zu den Kämpferprofessionen haben.

Es sind, um beim auffälligsten Beispiel F.A.T.A.L. zu bleiben, nicht unbedingt die Werte die hier den großen negativen Beigeschmack verursachen...

(Also, eigentlich schon, in ihrer Masse und Unnötigkeit, aber das hat mit dem Geschlechterthema nichts zu tun. ;) )
 
In der Tat ist der Großteil der Rollenspiele was die Geschlechter betrifft der Zeit voraus...
Aber eine andere Frage: Spielt Ihr das auch so? Meine Erfahrung zumindest ist, dass man die traditionellen Geschlechterrollen nicht soweit überwindet, dass zu rettende Wesen nicht die Tendenz haben, weiblich zu sein, ebenso wie der höherstehende männliche Teil der Bevölkerung immer noch galant zur Damenwelt ist (ja, auch das ist genau genommen nicht gleichberechtigt).

Ein geradezu umgekehrtes Beispiel wäre Castle Falkenstein, welches die Klischees des viktorianischen Zeitalters auch in Bezug auf die Rolle der Frau verfolgt, die dementsprechend entsetzt in Ohnmacht fallen darf und der besondere Ehrerbietung dargebracht wird, doch da dieses Spiel durch das Klischee lebt, wird dies meist augenzwinkernd als interessantes Detail wahrgenommen, nicht so sehr als Diskriminierung.
 
Regeltechnisch vorgegebene Benachteiligung weiblicher Charaktere ist in meinen Augen ein nicht wirklich geglückter Ansatz eine bessere Simulation einer recht subjektiv vom Regelautor wahrgenommenen Realität umzusetzen. Wenn man in Regelsystemen spielt, die weniger stark simulationsorientiert sind, dann kann man sich diese (die regeltechnisch motivierte) Fragestellung komplett schenken.

Insbesondere sollte man sich dann nämlich auch die Frage stellen, ob in solchen Regelsystemen Charaktere derselben Rasse Mensch (im Gegensatz zu eventuellen Aliens, Fremdrassen aus Fantasy oder Sci-Fi) in diesem System AUCH unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, woher sie auf der jeweiligen Welt kommen? Z.B. Erde, 2005: Japaner haben tatsächlich eine deutlich geringere Durchschnittsgröße als z.B. Nord- oder Mitteleuropäer. Bekommen japanische Charaktere im Rollenspiel dann Reichweitenabzüge, geringere Toughness, weniger Hitpoints, was auch immer? Falls ja, dann hat man aber immer noch das Problem der Durchschnittsgröße: Kann das simulationsorientierte System dann auch noch die Sumotori, die japanischen wandelnden Muskelberge des Sumo-Ringens mit abbilden? Also statt durchschnittlich 1,52 m groß und 48 kg schwer eben 1,98 m groß und 195 kg schwer. Und das allein bei männlichen Charakteren!

Ich behaupte einfach mal, daß es keinen Sinn macht regeltechnisch männlichen und weiblichen Menschen-Charakteren unterschiedliche Attribute etc. zuzuweisen. Bei Aliens, bei denen das eventuell abhängig vom Hintergrund stimmig geregelt ist, kann es eigentlich auch egal sein. Man trifft ja diesbezüglich den Diskriminierungsnerv nur dann richtig, wenn es sich um menschliche Männer und Frauen handelt statt um gobolische Myrks und Morks, nicht wahr?

Aber es gibt ja nicht nur Regeln, sondern auch die Spielwelten.

Dort findet man oftmals haarsträubende Gleichmacherei von Männern und Frauen. Nicht Gleich-Berechtigung und Gleich-Wertigkeit sondern eine schlappe Gleich-Macherei: "Das ist Jo, die Schmiedin, eine Ex-Kavalleristin der Grünen Dragoner" - Oh, Gott! Da denke ich immer gleich an die hormonmutierten russischen Kugelstoßer"innen" mit tiefer Stimme und Brustbehaarung. So etwas finde ich schlecht.

Aber woher sollen es denn die Entwickler von Rollenspielen auch anders kennen? Man nehme Tolkien: Frauen gibts fast garnicht in seinen Männerfreundschaftsepen. Sie tauchen am Rande auf als wunderschöne Lichtgestalten, die aber so zerbrechlich und verehrungsbedürftig sind, daß sie nichts Rechtes in der Welt bewegen können (ja, Ausnahme - aber auch nicht wirklich - Eowyn). Da sind bei Conan wenigstens selbständige, selbstbewußte, persönlichkeitsstarke Frauenfiguren (auch als Bösewichte!) vertreten. Na, immerhin.

Das Frauenbild ist in den meisten Rollenspielen einfach das, was man für ein dem jeweiligen Setting (abgebildet auf unsere historische Zeitleiste) plausibles Frauenbild hält. Z.B. Hochmittelalter-Fantasy (King Arthur Pendragon): Frauen von Adel und Bedeutung werden (ah, Tolkien hat hier geklaut) verehrt und umhätschelt wie unselbständige Kleinkinder (außer sie sind böse Hexen). Die "anderen" Frauen tauchen auf dem Ausrüstungsbogen des Ritters auf! Sie haben einen Namen und genau EINE irgendwie produktive Fertigkeit mit der sie das Hab und Gut des aus Minne zu den wichtigen Frauen ausziehenden Ehemann pflegen und mehren können. Sie gebären ihm in regelmäßigen Abständen Kinder, von denen die meisten sterben, bis auch sie, die Ehefrauen, dereinst im Kindbett dahinscheiden, worauf sich der zumeist noch recht potente Ritter eine neue, frische Ehefrau für mehr Kinder und zur Hofverwaltung holt. Das in Kürze das Pendragon-Frauenbild. Es wird da sogar explizit empfohlen KEINE weiblichen Spielercharaktere zu spielen, da diese kaum irgendetwas Bemerkenswertes tun können. Ach ja, hier gibt es KEINE Frauen in Plattenrüstung. Weder bei den Christen, noch den Mauren und gleich gar nicht bei den heidnischen Sachsen. Wo käme man da hin?

Aber: Pendragon erhebt KEINEN Anspruch auf Fairness oder historische Genauigkeit. Ganz im Gegenteil! Pendragon erhebt Anspruch darauf genau solche Aventiure fahrender Rittersleute spielen zu können, wie sie in den literarischen Quellen von Pendragon aufgeführt sind. Und in diesen Quellen hat die Frau leider nicht viel zu melden.

Ich finde Pendragon ist eine GUTE Umsetzung von Mallorys Tod Arthurs etc. und macht viel Spaß zu spielen. Nur sollten die Spielerinnen sich mit dem Gedanken anfreunden können, einen männlichen Ritter und Ehefrauenverschleißer zu spielen. Wer sich daran stößt, der bekommt aus dem Hintergrund, aus der Spielwelt, dem Setting seine Diskriminierungsallergie. Für den ist das dann nichts.

Castle Falkenstein wurde genannt. Oje. Noch sowas. Die Wahrnehmung der Frau in dem etwas verklärt Viktorianisch angehauchten Castle Falkenstein ist auch ohne jeglichen Anspruch auf historische Genauigkeit oder Gleichstellung. Die Gesellschaft ist nicht nur patriarchalisch, sondern militaristisch-patriarchalisch. Da haben Frauen leider nur den untersten Rang: Zivilist. Und man wird kaum eine Königlich Bayerische Luftflotten-Offizierin finden. - Aber. - Trotzdem können die Frauen in CF viel bewegen. Warum? Weil es ja NICHT streng historisch ist (nicht so wie Midgard 1880, wo eine Frau um ein Studium machen zu dürfen fast eine Revolution anzetteln muß). Es soll ja in CF das Gefühl der überdrehten Prisoner of Zelda und ähnlicher Abenteurer-Romane erweckt werden, gemischt mit viel Steampunk und gentleman-like Magick. Das ist ein leichherziges Setting, bei dem man Frauen-Charakteren zum einen schon in der Setting-Beschreibung mit der Femme Fatale einen adäquaten Action-Heldinnen-Archetyp vorgesehen hat, und zum anderen trotzdem die Möglichkeit gibt ihren männlich-doof-ritterlichen Mitspieler-Charakteren durch In-Ohnmacht-Fallen das letzte bisschen Steifheit abzunötigen. Andererseits ist dabei aber trotzdem etwas Konvention für ein stimmiges Spiel vonnöten. Z.B. nach dem Dinner werden die Herren unter sich bleiben und ins Raucherzimmer gehen, während die Damen sich im Salon beschäftigen. Wenn da selbst eine Femme Fatale die Herren durch ihre Anwesenheit brüskiert, dann macht das Spielen in diesen durch das "viktorianisch" in der Beschreibung von Castle Falkenstein selbstauferlegte Spiel unter "erschwerten gesellschaftlichen Bedingungen" den anderen Spielern nicht mehr soviel Spaß. Hier ist keine so starke Abstufung der Kompetenz weiblicher Charakter zu finden wie in King Arthur Pendragon, aber es kann mit Recht erwartet werden, daß sich männliche wie weibliche Spielercharaktere innerhalb der Konventionen des Comme il faut bewegen. Alles andere würde die Atmosphäre stören.

Zeitgleich ist Deadlands als Horror-Steampunk-Spaghetti-Western-Rollenspiel angesiedelt. Hier ist eine regeltechnische und aus dem Setting begründete Gleichstellung beider Geschlechter vorhanden. Mit Ausnahmen. So gibt es z.B. nur sehr wenige weibliche Texas Ranger (in den offiziellen Materialien explizit erwähnt: genau eine!). Dafür sind aber Positionen wie Pinkerton Agentin, weibliche Marshals, Sherriffs oder Mad Scientists sehr üblich. Ich würde sagen, es gelten dort noch in manchen "Traditionalisten"-NSC-Köpfen die Ansichten von vor dem Bürgerkrieg (auch was die Gleichstellung der Schwarzen anbetrifft), aber insgesamt ist hier eine sehr weit von dem historischen Old West angesiedelte Fantasy-Weird-West-Kultur geschildert, die "modernes" Verhalten der meisten Charaktere toleriert. Und das bewußt aus dem Setting heraus begründet. So kann es durchaus funktionieren.

Das für mich allerbeste Beispiel für eine Gleichstellung von Frauen in einem Rollenspielsetting jedoch findet sich auf der seit den 60er Jahren entwickelten Welt Glorantha. Hier wurde anfangs nach eher simulationsorienterten RuneQuest-Regeln inzwischen nach stärker erzählorientierten HeroQuest-Regeln (früher mal HeroWars genannt) gespielt. - Warum ist das für mich das Beste? - Nun, weil hier z.B. in der Kultur der Orlanthi-Sturm-Kult-Barbaren Männer und Frauen gleich-wichtige, gleich-wertvolle, aber eben auch VERSCHIEDENE Rollen im Clangefüge haben. Frauen haben Rollen, die in der mythologischen Vorgeschichte des Clans definiert wurden und die ihnen Rechte in der Zeit des eigentlichen Spielens zusichern. Und auch Pflichten. Und Frauen können ECHTE HELDEN sein. Nicht die superstarke Schmiedin, sondern die energische Lenkerin des Clan-Rings, die ihrem Clan zu mehr Macht verhilft, ihn gegen Krieg, magische Katastrophen und dergleichen bewahrt. Ja, sie kann auch kämpfen. Doch ist ihre wesentliche Rolle anders definiert. Die Krieger im Clan haben andere Kulte und andere Aufgaben - vornehmlich sich schlagen. Und sie sterben. Bald. Die Frauen - anders als in Pendragon - sind hier ein stabilisierendes Moment, aber mit Energie. Eine der magischen Gaben der Änhängerinnen der Erdgottheit Ernalda ist: "Get Things Done". Dies wirkt insbesondere, wenn die Männer des Clans mal wieder herumberatschlagen, herumplanen und sich gegenseitig an waghalsigen Vorschlägen zu übertrumpfen suchen, aber nichts voranbringen. Man muß mal eine aus Spielerinnen und Spielern gemischte Gruppe beim Spielen nach HeroQuest-Erzählregeln auf Glorantha erlebt haben, um die Tiefe der Erleuchtung nachempfinden zu können.

Nachdem ich das bei Glorantha so erlebt habe, kommen mir tatsächlich die meisten anderen Fantasy-Welten sehr krude und viel zu modern "zerdacht" vor. Gloranthas Kulturen haben eine Wurzel in der Vorgeschichte, in der Erschaffung des Universums, so wie es die Charaktere im Spiel kennenlernen, und die Charaktere haben Beziehungen, zu ihrem Klan, zu ihren Verwandten, zu ihren Göttern, zu einander(!). Diese Beziehungen stärken sie und verpflichten sie zugleich. Zu wahren Helden wird man, wenn die geballte Macht, der Glaube, das Vertrauen eine ganzen Gruppe an Leuten hinter einem stehen, ihre Ideen, ihre Hoffnungen und ihr Schicksal(!) auf einen oder mehrere Helden fokussieren und diesen somit erst ermächtigen das Schicksal nicht nur der Welt, sondern des Universums, so wie es ist und wie es schon immer gewesen sein wird, zu ändern. Darin ist in der Macht eines männlichen oder weiblichen Charakters überhaupt kein Unterschied. Alle - auch alle Fremdrassen-Charaktere - leben in der Welt und mit der Welt und alle ihre Entscheidungen haben Folgen. Die Konsequenzen sind jedoch in den seltensten Fällen persönlich auf den Charakter begrenzbar. In einer mystisch durchdrungenen Welt wie Glorantha hängt alles mit allem zusammen und jede Anwendung von Macht hat Konsequenzen. In diesem Machtgefüge ist jeder Charakter gleich wert, gleich würdig, gleich wichtig. DAS ist es, was ich daran begeisternd finde.

Und die Frauen-Rollen in den Glorantha-Kulturen sind eben Rollen INNERHALB des Settings. Und auch da gibt es die patriarchalischen Kulturen oder die matriarchalischen oder die Magokratien oder die - eher modern anmutenden - erleuchteten Völker der Roten Göttin usw. Egal welche Rolle in einer Kultur den weiblichen Charakteren zukommt, sie ist in Glorantha wesentlich tiefer durchdacht (zumindest wirkt es so), als in den meisten anderen Fantasy-Welten, bei denen ich so etwas in der Regel als aufgesetzt empfinde.
 
was regeln angeht stimme ich mit diversen vorrednern ueberein, macht keinen sinn, zumal sich die spieler da weitestgehend selbstgegulieren, da wird dann gerne mal auf koerperliche attribute zugunsten von sozialer kompetenz verzichtet (auch wenn diese soziale kompetenz von vielen mit dem sedution skill gleichgesetzt wird ...).

was die welt der rollenspiele ansich angeht, ist sie nicht weniger oder mehr sexistisch oder patriachal als der rest der welt. da mag es sein das welten keine geschlechtspezifischen berufsbeschraenkungen kennen, was aber nichts daran aendert das das vermittelte bild sehr wohl im bekannten ramen bleibt. die am haufigsten anzutreffenden weibliche charaktere lassen sich schnell auf begriffe wie vamp, amazone oder lolita eingrenzen. wichtigsts merkmal, und untrueglicher beweis fuer unterordnung unter patriachaler gedankenwelten, ist die immerwaerende schoenheit weiblicher charaktere und ueberproportional vieler NPCs. man schaue sich hier mal im forum die weiblichen avartare an ... muss man nichtmehr viel zu sagen (und wem das nicht reicht, begebe sich auf einen blick in das "anwesen der blutschwerter").

natuerlich transportieren RPGs auch unseren alltaeglichen sexismus, und da bilden die schreiber selbiger systeme und adventures keine nenneswerte ausnahme ...
 
Ascaso schrieb:
... die am haufigsten anzutreffenden weibliche charaktere lassen sich schnell auf begriffe wie vamp, amazone oder lolita eingrenzen. wichtigsts merkmal, und untrueglicher beweis fuer unterordnung unter patriachaler gedankenwelten, ist die immerwaerende schoenheit weiblicher charaktere und ueberproportional vieler NPCs.
Das kann ich so überhaupt nicht nachvollziehen. Zugegeben, in den Spielrunden, in denen ich spiele liegt der Frauenanteil etwa bei 50%. Da erlebt man diese oben genannten Klischees eher selten, genauer: gar nicht. Die Spielerinnen stellen einfach Charaktere dar. Die haben genausoviel oder sowenig Detail und Überzeugungskraft wie die ihrer männlichen Mitspieler. Mir ist jedenfalls noch kein Vamp untergekommen, keine Xena-Amazone, keine Lolita. Dafür eher solche Klischees wie Agent Scully, Miss Marple, Lady Catherine De Burgh, etc. Alles Frauen mit Durchsetzungskraft, aber nicht im Geringsten auf das "schön und doof"-Klischee passend.

Und wenn es um weibliche NPCs geht: in einer Spielwelt, wo ALLE weiblichen NPCs Anfang 20 sind und gerade vom Miss World Wettbewerb kommen, da stimmt entweder etwas nicht (Stimmigkeit in der Darstellung - man frage seinen Spielleiter danach) oder es handelt sich TATSÄCHLICH um eine Miss-Wahl (z.B. mit Zombies. Ich sage nur: "All Flesh must be Eaten!".).
 
Zornhau schrieb:
Z.B. Erde, 2005: Japaner haben tatsächlich eine deutlich geringere Durchschnittsgröße als z.B. Nord- oder Mitteleuropäer. Bekommen japanische Charaktere im Rollenspiel dann Reichweitenabzüge, geringere Toughness, weniger Hitpoints, was auch immer?
Der Durchschnittsasiate ist übrigens um 10 Zentimeter gewachsen seitdem sie aufgehört haben auf dem Boden zu sitzen. Nur mal so am Rance. ;)
 
Zornhau schrieb:
Zugegeben, in den Spielrunden, in denen ich spiele liegt der Frauenanteil etwa bei 50%. Da erlebt man diese oben genannten Klischees eher selten, genauer: gar nicht.

ausahmen bestimmen die regel ... ;) - dein glueck.

was die NPCs angeht - da dachte ich eher an die vorgefertigten, deren speerspitze dann systeme wie "macho weiber mit dicken kanonen" sind, aber auch bei DSA finde ich den prozentualen anteil jugentlicher schoenheiten hervorstechend - und wie gesagt, ich verweise nochmals auf etwaige weibliche forenavartare ... intime wie outtime (und mit "weiblich" meine ich die avartare, nicht die user).

ein anderer aspekt der mir noch eingefallen ist. bei fantasy systemen finden sich ja ab und an sog. "matriachale kulturen" (die feministin sagt jedoch nicht matriachat, sondern matriazentrismus - wieder was gelehrnt).
diese gesellschaften werden immer von schoenen und kaltherzigen pristerinnen gefuehrt. die gesellschaft ist autokratisch und despotisch, weil frauen die ihre interessen in die eigene hand nehmen, dies immer auf kosten ihrer weiblichen sozialen kompetenz tuhen (*wuerg*) - in der fantastischen trivialliteratur sind diese priesterinnen dann natuerlich immer fuerchterlich unbefriedigt und wollen in wirklichkeit immer nur mal so richtig ... und so weiter und so fort ...

ich wuerde dabei bleiben, das gesammte SF und fantasy genre ist ein riesiges sammelurium von (mitunter sehr platten) geschlechterklischees. das berifft RPGs nicht minder, und ich nehme mich da selbst nicht ernsthaft bei aus ...
 
Nun, so ganz gleich ist es ja doch nicht, denn die Umwelt behandelt ja immer noch den weiblichen Charakter anders als den männlichen, es ist schließlich nicht so, daß irgendwelche Piraten z.B. eine hübsche Frau genauso in Ruhe lassen würden, wie den Halbork. Ich würde meinen weiblichen Charakter nicht alleine in ein Nest notgeiler Männer schicken.
Und wobei ich auch so mein Problem habe, wenn ich eine gerade mal 1.55 m große und vielleicht 45 kg schwere Elfenfrau habe, die dann genauso viel Traglast bei Stärke 18 haben soll, wie der fast 2 Meter große Barbar. Wobei ich es richtig finde, im Kampf oder der Interaktion als Frau die gleichen Möglichkeiten habe. Das Problem bei der Sache sehe ich eher in den Spielern als in den Charakteren, da sich die männlichen Spieler in ihrer Ehre gekränkt sehen, wenn die einzige Frau der Party dem Monster den Todesstoß versetzt.
 
wenn ich eine gerade mal 1.55 m große und vielleicht 45 kg schwere Elfenfrau habe, die dann genauso viel Traglast bei Stärke 18 haben soll, wie der fast 2 Meter große Barbar.

Das Problem hier ist NICHT die selige Gleichberechtigung, sondern die systembedingte Unabhängigkeit von Größe, Gewicht und Attribut.

Oder auf gut Deutsch: Wenn du Stärke 18 hast, bist du sehr wahrscheinlich keine 45 Kg schwer, sondern hast eine Figur wie ein Gewichtheber. Ob nun Männlein oder Weiblein macht hierbei wenig Unterschied.

Auf der Gegenseite ist Gronk, der Halborkbarbar garantiert nicht gebaut wie Schwarzenegger, wenn er nur eine Stärke von 11 hat. Selbst bei möglichen 2 Metern Körpergröße dürfte seine Figur eher der Kategorie "lang und schlaksig" zuzuordnen sein.

Ansonsten habe ich mich seit meiner zu 75% aus Damen bestehenden SLA-Runde von etlichen Vorurteilen und Klischees befreit. Die meisten davon haben mit der angeblich mangelnden Gewaltbereitschaft des ach-so-zarten Geschlechts und der ach-so-kultivierten Freizeitplanung zu tun.(*)


(*) = Grandioses Highlight: Den unbeliebten Squadneuzugang (männlich, männlicher Spieler) mit Bier abfüllen und der bereits hackedichten Squadleaderin ins Bett schieben, dicht gefolgt vom manischen Grinsen der Death-Squad-Spielerin bei der Benutzung einer 12,7mm Sturmkanone an ungepanzerten Gangern.(**)

(**)= Betreffende Dame besaß auch ein schweres MG, mit der sie regelmässig Horden von nahezu harmlosen Kannibalenschweinen, Carriens und DarkNight-Terroristen niedermähte.(***)

(***)= Zugegebenermassen, irgendwie turnt mich das im Nachhinein doch an.


-Silver
 
Ich denke, die Gleichmacherei/Gleichberechtigung hängt auch stark davon ab, wie sehr sich die Spieler auf das Setting einlassen, bzw. ihm sich unterordnen. So habe ich z.B. in einer Runde Pendragon auch eine Spielerin gehabt, die eine derart souveräne Ritterin abgegeben hat, dass Mallory wahrscheinlich im Grabe rotieren würde. Die Frage ein anderes Geschlecht zu spielen oder jemand, der sich als Junge ausgibt oder eine Magierin, "weil das eben besser zum Setting passen würde ..." stellte sich überhaupt nicht. Es hat im Nachhinein auch keinen gestört, dass sie in den Aspekten der Minne nicht an vorderster Front stand, sondern eher schmunzelnd Tips gegeben hat. Ah, römisch war sie auch noch. ;)

Ich denke, in einem viktorianischen oder asiatischen Setting hätte das ähnlich ausgesehen und ich finde nichts Schlimmes dabei, denn die Spieler sind ja in 90% der Rollenspiele nicht Joe & Josephine Average, sondern etwas Besonderes. Das sollte der Spielleiter immer unterstützen, um ein Maximum an Spielspass zu garantieren.
 
Das Problem bei der Sache sehe ich eher in den Spielern als in den Charakteren, da sich die männlichen Spieler in ihrer Ehre gekränkt sehen, wenn die einzige Frau der Party dem Monster den Todesstoß versetzt.

Das ist nun wirklich ein peinliches Klischee, dass den Männern immer wieder vorgeworfen wird :rolleyes: Ich denke die Pubertät haben die meisten hier hinter sich .....


Oder auf gut Deutsch: Wenn du Stärke 18 hast, bist du sehr wahrscheinlich keine 45 Kg schwer, sondern hast eine Figur wie ein Gewichtheber. Ob nun Männlein oder Weiblein macht hierbei wenig Unterschied.

So schauts aus. Eine 1.55 m grosse Frau mit Stärke 18 sieht aus wie ein unattraktiver Muskelhaufen. Und da sich Rollenspiel auf der fiktiven Ebene abspielt, sträubt sich mein männliches Unterbewusstsein dagegen, etwas derartiges zu spielen. Dann doch lieber den hässlichen, männlichen Halbork ;)
 
pheeere schrieb:
Eine 1.55 m grosse Frau mit Stärke 18 sieht aus wie ein unattraktiver Muskelhaufen.

Das kommt wohl auch darauf an, wofür ein Attribut wie Stärke eigentlich steht. ;)
Wenn Stärke - beispielsweise - einfach nur den Schaden im Nahkampf repräsentiert, warum sollte dann Stärke 18 unbedingt mit einem "Muskelhaufen" gleichzusetzen sein?

mfG
bvh
 
Allen, die sich hier über "Sexismus im RPG wegen der Maße weiblicher SCs und NSCs" beschweren, würde ich gerne mal die Frage stellen, wieviele männliche Charaktere euch bekannt sind, die zu Halbglatze und Bierbäuchlein einen Wahlrossschnurrbart tragen und dabei zusätzlich zu ihren schiefen, gelben Zähnen noch ein kleines Achselschweißproblem haben? Machen wir uns nichts vor: RPG-Charaktere sind häufiger attraktiv uns sexy als irdische Normalos, egal ob Männlein oder Weiblein; das ist nicht schlimm, das ist nur wie im Film.
 
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